A 1700 Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 107|
Heft 36|
10. September 2010 Nach vier Jahren waren bei 1,2 %der intraoperativ und bei 0,95 % der extern bestrahlten Frauen ein loka- les Rezidiv aufgetreten (Differenz 0,25 %; p = 0,41). Für die Nichtun- terlegenheit der neuen Technik war eine Grenze von 2,5 % definiert wor - den. Komplikationen und Toxizitä- ten waren in beiden Armen gleich häufig (3,3 versus 3,9 %, p = 0,44);
in der intraoperativ bestrahlten Gruppe gab es mehr aspirations- pflichtige Wundserome, aber weni- ger Strahlentoxizitäten vom RTOG- Grad 3–4 (0,5 vs. 2,1 %, p = 0,002).
Fazit: Beim frühen Mammakarzi- nom, das brusterhaltend operiert werden kann, ist die einmalige in- traoperative Bestrahlung des Tu- morbetts (gegebenenfalls mit exter- ner Nachbestrahlung) durchaus ei- ne Alternative zur mehrwöchigen externen Radiatio. Damit lassen
sich Wartezeiten zwischen Operati- on und Bestrahlung vermeiden, und auch die Mitbestrahlung intrathora- kaler Strukturen wie Herz, Lunge und Ösophagus entfällt weitge- hend. Den Autoren zufolge könnte die neue Strategie wegen der einfa- cheren und zeitsparenden Applika- tion der Bestrahlung auch Kosten senken.
„Das Konzept der einmaligen in- traoperative Bestrahlung ist innova- tiv und radikal“, kommentiert Prof.
Dr. med. Jürgen Dunst (Lübeck).
Geändert wurden gegenüber der Standardbehandlung das Zielvolu- men (Teilbrust- statt Ganzbrustbe- strahlung), die Fraktionierung (bei adjuvanter Bestrahlung ist eine fraktionierte Bestrahlung bislang Pflicht) und die Dosishomogenität (bisher gilt eine Dosisinhomogeni- tät von etwa 15 % als akzeptabel, in der TARGIT-Studie beträgt sie phy-
sikalisch 300 %, biologisch über 600 %). Die bisherigen Daten ergä- ben keinen Nachteil gegenüber der Standardmethode, aber der Effekt der Radiotherapie zeige sich bei Frauen mit Tumoren, bei denen Lo- kalrezidive spät auftreten, erst nach 5 bis 10 Jahren, so Dunst. Sollten sich die Ergebnisse im weiteren Verlauf der Studie bestätigen, könn- te die einmalige intraoperative Be- strahlung des Tumorbetts (gegebe- nenfalls mit zusätzlicher externer Nachbestrahlung) eine Alternative zum bisherigen Standard sein. Für Deutschland seien Einsparungen unwahrscheinlich, weil die ambu- lante externe Bestrahlung relativ schlecht vergütet werde. Josef Gulden
Vaidjy JS et al.: Targeted intraoperative radio- therapy versus whole breast radiotherapy for breast cancer (TARGIT-A trial): an internatio- nal, prospective, randomised, non-inferiority phase 3 trial. Lancet 2010; 376: 91–102.
Bislang war nicht bekannt, ob sich mit einer um einen Sensor ergänz- ten Insulinpumpe die Stoffwechsel- einstellung bei Patienten mit Dia- betes mellitus Typ 1 verbessern lässt, wenn trotz täglich mehrfacher Insulininjektionen das Therapieziel nicht erreicht wird. Die Frage wur- de in einer multizentrischen rando- misierten Studie über ein Jahr un- tersucht.
Bei der mit einem Sensor ergänz- ten Insulinpumpe wird mit Hilfe ei- nes unter der Haut eingepflanzten
Glukosesensors alle fünf Minuten die Blutzuckerkonzentration ge- messen. Der Messwert wird draht- los an einen Glukosemonitor gesen- det, und der Patient appliziert sich mit der Pumpe die entsprechende Insulindosis. In der STAR-3-Studie (Sensor-Augmented Pump Therapy for A1C Reduction) wurde bei 329 Erwachsenen und 156 Kindern mit nicht ausreichend kontrolliertem Typ-1-Diabetes die Wirksamkeit ei- ner sensorergänzten Pumpenthera- pie mit einer konventionellen Insu- lintherapie mit täglich mehrmali - gen Injektionen verglichen. Der HbA1c-Wert sank mit der Pumpen- therapie von 8,3 auf 7,5 %, während er in der Kontrollgruppe nur von 8,3 auf 8,1 % abnahm (p < 0,001) (Grafik). Schwere Hypoglykämien waren mit 13,31 vs. 13,48 pro 100 Personenjahre in beiden Gruppen ähnlich häufig.
In einem begleitenden Editorial wird darauf hingewiesen, dass die STAR-3-Studie damit – wie auch einige andere randomisierte Studi- en – den Wert der kontinuierlichen
Blutzuckermessung belegt hat: ver- besserte Einstellung des Diabeti- kers ohne Erhöhung des Hypogly- kämierisikos. Allerdings ist die Umsetzung dieser Technik in den klinischen Alltag nicht so einfach.
Neben Kostenaspekten ist eine sorgfältige Schulung des Patienten zum Selbstmanagement seiner Er- krankung erforderlich. Die Technik stellt an den Patienten erhöhte An- forderungen: Er muss mit dem Sen- sor umgehen und auf eventuell auf- tretende Störungen richtig reagie- ren können, und er muss ein zusätz- liches Gerät am Körper tragen.
Fazit: Die moderne Technik der mit einem Sensor ausgestatteten Insu- linpumpentherapie kann schlecht eingestellten Typ-1-Diabetikern helfen, die Blutzuckereinstellung zu verbessern. Sie erfordert jedoch eine umfangreiche Schulung des Patienten und eine hohe Bereit- schaft zur Mitarbeit.
Dr. rer. nat. Susanne Heinzl
1. Bergenstal RM et al.: Effectiveness of sensor- augmented insulin-pump therapy in type 1 diabetes. NEJM 363; 2010: 311–20.
2. Wolpert HA: Continuous glucose monitor - ing––coming of age. NEJM 363; 2010:
383–4.
GRAFIK
Glykiertes Hb in Abhängigkeit von der Therapie DIABETES MELLITUS TYP 1
Insulinpumpentherapie mit kontinuierlicher Blutzuckerbestimmung
HbA1c-Wert (%)
Monate
Injektionstherapie
Pumpentherapie
modifiziert nach: Bergenstal RM, NEJM 363; 2010: 315