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Archiv "Erstaunen über die Controriforma" (12.11.1982)

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Academic year: 2022

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Erstaunen

über die Controriforma

Die Tagung, über die hier berichtet wird, steht vor dem Hintergrund ei- ner anhaltenden Diskussion über die Psychiatriereform in Italien: hat das Experiment (das vor allem mit dem Namen von Basaglia verbunden ist) Bestand, stagniert die Reform, soll sie gar zurückgeschraubt werden?

Letzteres wird — unter dem Namen Controriforma — auch in der Regie- rung und den sie tragenden Parteien diskutiert. Die Verfasserin des Ta- gungsberichtes ist den Gedanken Basaglias verbunden und arbeitet in Triest an einem reformierten Projekt mit. NJ Vom 25. bis 27. Juni fand in Porde- none, einer Kleinstadt in der Nähe von Venedig ein nationaler Kon- greß zum Thema: „Psychiatriere- form: Strukturen und bestehende

Modelle" statt. Veranstalter waren die Vereinigung italienischer Kom- munen, Provinzen und die Region Friaul, Organisator war die Unitä Sanitaria Locale Nr. 11 von Porde- none. Thema waren der aktuelle Stand der Psychiatriereform, die Realisierung der Gesetze Nr. 180 vom Mai 1978 (Gesetz zur Ab- schaffung der Irrenhäuser und zum Ausbau eines Netzes von ter- ritorialen Diensten) und Nr. 833 zur allgemeinen Gesundheitsre- form sowie Stellungnahmen zur sogenannten Controriforma. Am 1. Kongreßtag berichteten Vertre- ter der einzelnen Regionen vom aktuellen Stand der Psychiatriere- form sowie den Schwierigkeiten und Widerständen bei deren Reali- sierung. Am Abend fand eine Po- diumsdiskussion mit Vertretern der Controriforma, Politikern und einem Psychiater der „Psichiatria democratica" statt. Der Samstag war der Arbeit in vier großen Grup- pen gewidmet, zu den Themen:

„Dipartimento di Salute Mentale", rechtliche und verwaltungstechni- sche Maßnahmen, Fortbildung, Psychiatrie und Justiz. Am Sonn- tagmittag wurde der Kongreß mit einer Präsentation der vorange- gangenen Arbeiten und einem ab- schließendem Communique been-

det. Als ausländische Vertreter wa- ren J. Hannibal von der WHO und Louison aus Frankreich anwe- send, die beide ihr Erstaunen über die Controriforma ausdrückten, da die italienische Psychiatriereform im Ausland mit großem Interesse verfolgt werde.

Trotz starker regionaler Unter- schiede bei der Realisierung der Psychiatriereform wurde einstim- mig beschlossen, daß „man nicht zurückkehren könne", sondern für eine konkrete Realisierung der Gesetze zu kämpfen habe, wobei den Regionen die Aufgabe zufalle, entsprechende Verfügungen be- züglich des Aufbaus von territoria- len Diensten, der Fortbildung des Personals und der endgültigen Überwindung des Irrenhauses zu erlassen. Die Vertreter der Ge- werkschaften sprachen sich eben- falls für eine korrekte Anwendung der Gesetze und für eine fundierte Analyse der bestehenden Modelle aus. Der Kongreß appellierte an die politischen Vertreter, konkrete Schritte zur Realisierung der Re- form einzuleiten. Es wurde wieder- holt festgestellt, daß der Aufbau eines Netzes von territorialen Diensten eng mit einer Verringe- rung der Zahl der (Zwangs-)Ein- Weisungen verbunden sei bzw. die Einweisung fast überflüssig ma- che. Daher komme den territoria- len Diensten eine zentrale Bedeu- tung zu, die Dienste müßten rund um die Uhr geöffnet sein, Über- nachtungsmöglichkeiten bieten und mit ausreichendem Personal ausgestattet sein (1 Psychologe/

Psychiater pro 10 000 Einwohner und 1 Pfleger pro 1000 Einwoh- ner). Ferner habe die Praxis ge- zeigt, daß die Einrichtung von ter- ritorialen Diensten und die Auflö- sung der Irrenanstalten ein verän- dertes politisch-kulturelles Ver- ständnis bezüglich der Psychiatrie im allgemeinen, der Praxis der Einweisung und Aussonderung sowie der Auffassung vom abwei- chendem Verhalten zur Folge ha- be. Die Gesetzesvorschläge der

„Controriforma" würden — so hieß es auf dem Kongreß — absurdum geführt, da man nicht ein Gesetz

BLÜTENLESE

Jeremias zum zweiten

„Kränze die eine, die gebä- ren soll" — ein guter, viel- leicht gar ein frommer Wunsch. Doch dem Prophe- ten Jeremias, dem wir ihn in den Mund legten, lag ande- res am Herzen. Das so zeit- gemäße Zitat aus Jeremias 22 (23), das in Heft 38 ver- fälscht wiedergegeben wur- de (ein Hörfehler bei der te- lefonischen Übermittlung durch den „Entdecker"), lautet vielmehr: „ ... die Du jetzt auf dem Libanon woh- nest und auf Zedern nistest, wie wirst Du stöhnen, wenn Dich Wehen ankommen wer- den, Krämpfe wie eine, die gebären soll."

Der falsche Jeremias in Heft 38 hat übrigens auch sein Gutes gezeugt. Unter den vielen ratlosen Lesern, die unseren blütenlesenden Dr.

Fleiß anriefen, war auch ei- ner, der sich „verdammt noch mal eigens eine Bibel kaufen mußte, um die Sache aufzuklären." NJ

ändern könne, bevor sich dessen Tauglich- bzw. Nichttauglichkeit nicht in der Praxis habe bewähren können. Da aber das Gesetz bisher erst von einigen Regionen konkret umgesetzt worden sei, fehle es an Daten, Fakten und Analysen als Grundlage für eine fundierte Kritik am Gesetz selbst. Das Gesetz an sich sei weder falsch noch ideolo- gisch schlecht, sondern es gelte, bei Schwierigkeiten deren konkre- te Gründe zu analysieren.

„Gegenüber der Controriforma sind wir sehr stark." sagte A. SIa- vich in seinem Schlußwort und rief die Teilnehmer dieses Kongreßes zum weiteren Kampf für die Psych- iatriereform auf.

Beate Lange Via San Cilino 16 (EX-O.P.P.) 1-34100 Triest

KURZBERICHTE

76 Heft 45 vom 12. November 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe B

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