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Archiv "Ärzteproteste: Mit langem Atem" (24.02.2006)

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und 20 000 Ärztinnen und Ärzte hatten am 18. Januar ihre Praxen geschlossen, um in Berlin gegen unzumutbare Arbeitsbedingungen und unzureichende Honorare zu demon- strieren. Bundesweit gingen an diesem Tag mehr als 30 000 Ärzte auf die Straße. Wer glaubte, die Protestwelle würde nach diesem vorläufigen Höhe- punkt abebben, sieht sich inzwischen ei- nes Besseren belehrt. Denn das Beson- dere an den derzeitigen Ärztedemon- strationen ist, dass sie zum großen Teil von der „Basis“ ausgehen und in den Regionen ihre Fortsetzung finden.

So solidarisierten sich zwei Wochen nach der Großveranstaltung in der Hauptstadt mehr als 2 000 Ärzte aus Praxen und Kliniken, um am 8. Februar in Essen gegen eine drohende Staatsme- dizin, die Unterfinanzierung des Systems und eine überbordende Bürokratie zu demonstrieren. Am selben Tag machten

auch 200 Ärztinnen und Ärzte im bran- denburgischen Teltow auf die schlechten Rahmenbedingungen aufmerksam. Für den 1. März haben verschiedene Ärzte- verbände zu Protestkundgebungen in Dortmund und Bielefeld aufgerufen, am 15. März soll vor dem rheinland-pfälzi- schen Landtag in Mainz eine Großde- monstration stattfinden. Gipfeln sollen die Veranstaltungen in einem zweiten bundesweiten Protesttag am 24. März in Berlin, der nach dem Willen des Initia- tors, des Vereins „Freie Ärzteschaft“, den Auftakt zu einer Protestwoche bil- det, in der viele Praxen geschlossen blei- ben sollen. Doch auch im Vorfeld des 24.

März schlossen oder schließen Ärztin- nen und Ärzte aus Protest ihre Praxen.

Gegen das Arzneimittelspargesetz und die unzureichende Finanzierung der am- bulanten medizinischen Versorgung richtete sich die Aktionswoche der Berli- ner Kassenärzte vom 6. bis 10. Februar.

Gut 3 000 Ärzte ließen ihre Sprechstun- de zeitweise ausfallen. Die Aktion soll fortgesetzt werden. Auch in Niedersach- sen und Brandenburg kam es zu Praxis- schließungen. Langfristig denkt Medi Deutschland. Der Verband strebt für Ende Juni bundesweite Praxisschließun- gen an. Einen Bürokratiestreik haben die Ärzte in Baden-Württemberg ausge- rufen. Im Februar sollen dort keine An- fragen der AOK mehr beantwortet wer-

den. Es werden keine neuen Patien- ten mehr in Disease-Management-Pro- gramme eingeschrieben. Bundesweit verteilen Ärzte Handzettel und sam- meln Unterschriften ihrer Patienten.

„Es vergeht kein Tag ohne irgendeine Aktion“, sagt der Pressesprecher des Hartmannbundes, Michael Rauscher.

Der Verband ist Mitorganisator vieler Protestveranstaltungen. „Die Mobilisie- rung an der Basis ist enorm.“ Die Tat- sache, dass die Politik – zwar überrascht von der Heftigkeit der Proteste – bislang keine sichtbaren Kurskorrekturen vor- genommen hat, scheint daran nichts geändert zu haben. Erst am 17. Februar hat der Bundestag, offenbar unbeein- druckt von den Widerständen aus der Ärzteschaft, dem Arzneimittel-Versor- gungs-Wirtschaftlichkeits-Gesetz und damit der umstrittenen Bonus-Malus- Regelung zugestimmt. „Solange die Po- litik nicht reagiert, geht der Protest wei- ter“, ist der Präsident der „Freien Ärzte- schaft“, Dr. med. Martin Grauduszus, überzeugt. „Wir brauchen einen langen Atem.“ Grauduszus rechnet fest damit, dass die Kollegen diesen haben, denn er geht davon aus, dass der Protesttag am 24. März ähnlich erfolgreich verläuft wie der am 18. Januar.

Zweiter bundesweiter Protest zeitweilig umstritten

Dabei ist die Ärzteaktion nicht unum- stritten. In der vergangenen Woche hatte sich die Projektgruppe „Tag der Ärzte“, der hauptamtliche Mitarbeiter verschie- dener Ärzteverbände,unter anderem des Hartmannbundes, angehören, gegen eine zentrale Demonstration als Folgeveran- staltung zu der am 18. Januar ausgespro- chen. Das Arzneimittelspargesetz sei am 24. März bereits verabschiedet, und Eck- punkte für eine große Gesundheitsre- form lägen noch nicht vor, begründete die Projektgruppe ihre Zurückhaltung und empfahl stattdessen, die Proteste zunächst auf regionaler Ebene fortzuset- zen. Der Hartmannbund-Vorsitzende Dr. med. Kuno Winn hatte sich jedoch von dieser Haltung distanziert.Die Argu- mente der Projektgruppe seien zwar fak- tisch nachvollziehbar, sie nähmen jedoch die Stimmungslage der Ärzteschaft nicht ausreichend auf, hatte er erklärt. Die Be- A

A442 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 8⏐⏐24. Februar 2006

Ärzteproteste

Mit langem Atem

Seit Wochen demonstrieren die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte gegen eine fehlge- leitete Gesundheitspolitik. Ein Ende der Protestaktionen ist vorerst nicht in Sicht.

Foto:ddp

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A444 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 8⏐⏐24. Februar 2006

denken der Projektgruppe sind inzwi- schen ebenfalls zerstreut. Die Spitzen von neun großen Ärzteverbänden haben am vergangenen Freitag beschlossen, am 24. März eine weitere zentrale Protest- kundgebung zu veranstalten, wie der Ge- schäftsführer des NAV-Virchow-Bundes, Hartwig Lange, gegenüber dem Deut- schen Ärzteblatt bestätigte. Die Projekt- gruppe werde diese organisieren. „Das schließt aber weitere regionale Pro- testaktionen nicht aus. An der Basis ru- mort es weiterhin“, betonte Lange.

Ärger mit dem Ministerium

Ärger hat die Ankündigung des neuer- lichen Protesttages mit anschließenden Praxisschließungen auch der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung ein- getragen. Ihr Vorsitzender Dr. med.

Andreas Köhler war deswegen am 9. Februar zu einem Gespräch mit dem Staatssekretär im Bundesgesundheits- ministerium, Klaus-Theo Schröder, ge- laden. Dieser hatte mit Sanktionen gedroht, für den Fall, dass es bei der Ak- tion zu einer Gefährdung des Sicher- stellungsauftrages und damit zu einer Gefährdung der Patientenversorgung kommen könnte.

Doch eine solche Eskalation der Er- eignisse kann auch nicht im Interesse der Ärzte liegen. Die sehr positive öffentli- che Wahrnehmung der Ärzteproteste dürfte umschlagen, sobald Patienten ge- fährdet werden. „Das Entscheidende ist, dass wir sensibel vorgehen und das Inter- esse der Patienten berücksichtigen“, be- tont Hartmannbund-Sprecher Rauscher.

„Wir demonstrieren mit den Patienten.“

Auch Grauduszus betont, die Versorgung bleibe gewährleistet: „Es soll niemand zu Schaden kommen.“

Ob die ärztlichen Proteste – immer- hin die größten in der Geschichte der Bundesrepublik – ein Umdenken in der Gesundheitspolitik einläuten wer- den, ist offen. Die Hartnäckigkeit, mit der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ihren Kurs verfolgt, spricht eher dagegen.Allerdings vermelden die großen Ärzteverbände, dass die Frak- tionen im Bundestag das Gespräch mit den Ärzten suchen. Auch Ministerin Schmidt hat offenbar Gesprächsbereit- schaft signalisiert. Heike Korzilius

KOMMENTAR

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ermingerecht sind die Kranken- häuser der Verpflichtung nach- gekommen und haben zum 1. August 2005 die geforderten

„strukturierten Qualitätsberichte“

via Internet unter www.g-qb.de der Öffentlichkeit zur Verfügung ge- stellt. Die Hauptlast der monatelan- gen Bearbeitung und Fertigstellung trugen die für das Qualitätsmanage- ment zuständigen Mitarbeiter. Hin- terfragt werden sollte, ob mit den nun vorliegenden Qualitätsberich- ten den ursprünglichen Absichten der „Erfinder“ wirklich entsprochen

wird. Diese wollten auf Grundlage einer allgemein angestrebten Trans- parenz den Patienten eine Entschei- dungshilfe bei Elektivbehandlungen bieten. Leider sieht die Realität ganz anders aus. Macht man sich die Mühe und begibt sich ins Internet, so wird man von Qualitätsberichten im Um- fang von 50 bis 150 Seiten pro Kran- kenhaus erschlagen. Der Basisteil beinhaltet hauptsächlich Strukturda- ten und die so genannten Top-10-Li- sten. Mit diesen können die Patien- ten als medizinische Laien nur wenig anfangen. Die Angaben stellen somit keine Hilfe für eine Krankenhaus- wahl dar. Im daran anschließenden Systemteil wird man mit der jewei- ligen Qualitätspolitik und dem Kli- nikmanagement vertraut gemacht.

Dabei kann jedes Haus inhaltlich wie auch im Umfang frei entschei- den, welche Kriterien dem Leser an- geboten werden sollen. Der so wich- tige Anspruch auf Vergleichbarkeit entfällt somit.

Eine Befragung im November 2005 von allen innerhalb einer Woche neu aufgenommenen Elektiv-

patienten und deren Angehörigen ergab, dass drei Prozent wussten, dass es Qualitätsberichte im Inter- net gibt. Von ihnen machte aber niemand Gebrauch. Welch ein deprimierendes Ergebnis! Umso schmerzhafter erscheint diese Tat- sache, wenn man den Arbeitsauf- wand bis zur Fertigstellung be- denkt. Da damit vor allem ärztliche Mitarbeiter befasst sind, geht bei der derzeitigen Personalsituation die Erarbeitung der Qualitätsbe- richte unvermeidlich zulasten der Patientenversorgung.

Das von der Politik vorgegebene Ziel, strukturierte Qualitätsberichte als eine Entscheidungshilfe für die Patienten anzubieten, wird verfehlt.

In einer Pressemitteilung vom 29.

September 2005 gestand der AOK- Bundesverband, die federführende Institution bei der Durchsetzung der Qualitätsberichte, ein, dass für die Patienten die effiziente Nutzung sehr schwierig ist. Selbst für Leser mit ei- ner schnellen Auffassungsgabe sei es mühsam, die gesuchte Information aus der Fülle von 120 000 PDF-Seiten herauszufiltern. Angesichts dieser Blamage wird nun von der AOK ein Datenbanksystem mit Abfrageopti- on gefordert. Die Verantwortlichen müssen künftig sinnvollere Metho- den zur Beobachtung der Qualität in den Krankenhäusern entwickeln.

Notwendig sind wenige, einfach ver- ständliche, aber konkret definierte Indikatoren. Diese müssen auf die Hauptzielgruppe, auf die Patienten, abgestimmt werden. Erst dann wird eine Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen medizinischen Einrichtun- gen möglich sein. Dr. med. Dirk Müller

Qualitätsberichte

Ziel verfehlt

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