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B R E N N P U N K T

© 2015 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 14 (2015) Nr. 10 17

Sofort harmonisch

Mit intensiven Terahertz-Feldern lassen sich in Festkörpern fast instantan hohe Harmonische erzeugen.

D

ie optische Spektroskopie dient schon seit über einem Jahrhundert dazu, Infor mationen über elektronische Materiezustände zu gewinnen. So hat die präzise Vermessung der Übergangsener- gien von Atomen entscheidende Impulse für die Quantenmecha- nik geliefert. Die Entwicklung intensiver Laser vor rund fünfzig Jahren ermöglichte Experimente der nichtlinearen Optik. In diesem Regime hängen die Eigenschaften der Materie nicht mehr linear von der Amplitude des elektromagne- tischen Feldes ab, und es lassen sich beispielsweise höhere Harmonische der eingestrahlten Frequenz erzeu- gen. In atomaren Systemen wird dieser Prozess schon seit einiger Zeit erfolgreich erforscht [1]. Die aufgrund der nichtlinearen Dy- namik von Elektronen in extrem intensiven elektromagnetischen Feldern abgestrahlte Strahlung lässt sich etwa nutzen, um ultrakurze Attosekundenpulse (10–18 s) zu er- zeugen. Dieses Forschungsfeld, in dem rasch oszillierende optische Lichtfelder Elektronen bewegen und steuern, heißt auch Lichtwel- len-Elektronik.

Kürzlich haben Physiker der Universitäten Regensburg und Mar- burg die Bewegung von Elektronen, die durch extrem intensive Tera- hertz-Felder getrieben werden, in einem Galliumselenid-Halbleiter- kristall auf einer Femtosekunden- Skala beobachtet und detailliert analysiert [2]. Diese Versuche zei- gen, dass die hohen Harmonischen quasi-instantan und fast ausschließ- lich durch die positive Halbwelle des anregenden Terahertz-Pulses erzeugt werden (Abb. 1). Das ist be- merkenswert, weil es klar zeigt, dass die Emission von hohen Harmo- nischen in Festkörpern andere Ur- sachen haben muss als in atomaren Systemen. Für ein Atom als kleines lokalisiertes Objekt mit diskreten gebundenen elektronischen Ener- gieniveaus lässt sich die Erzeugung hoher Harmonischer mit einem Dreistufenmodell beschreiben,

d. h. feldinduzierte Ionisation eines Elektrons, Beschleunigung und Rekollision [1]. Dieser Vorgang ist immer mit einer gewissen Zeitver- zögerung verbunden. Festkörper stellen dagegen eine periodische Anordnung von Atomen dar. Diese Periodizität führt dazu, dass die erlaubten elektronischen Energien kontinuierliche Bereiche (Bänder) haben und die Wellenfunktionen über den gesamten Kristall aus- gedehnt sind. Das macht die Dy- namik von Festkörperelektronen in starken elektromagnetischen Feldern recht komplex. Hierbei treten Effekte auf, die in atomaren Systemen nicht existieren [3], wie die nahezu instantane Emission in Galliumselenid. Sie lässt sich nicht durch das Dreistufenmodell beschreiben, sondern durch einen neuartigen quantenmechanischen Interferenzeffekt erklären: Da un- mittelbar nach der Anregung die Energie der Elektronen zunächst nicht eindeutig bestimmt ist, befin- den sich die Elektronen in einem Superpositionszustand, zu dem mehrere Bänder beitragen. Je nach Richtung des Terahertz-Feldes ist

die elektronische Interferenz kon- struktiv oder destruktiv. Daraus resultiert eine starke bzw. schwache Emission. Die Messungen und ihre quantentheoretische Analyse geben dabei erstmalig Aufschluss über die genaue zeitliche Struktur und die fundamentalen Prozesse, die der Erzeugung hoher Harmonischer in Festkörpern zugrunde liegen.

Drei Effekte sind wesentlich, um die Beobachtungen [2] zu erklären.

Erstens das so genannte Interband- tunneln: Ist der Halbleiter undotiert und im Grundzustand, bewirkt ein schwaches elektrisches Feld kei- nen Stromfluss, da in vollständig gefüllten Bändern keine Elektro- nen beschleunigt werden können.

Wenn das elektrische Feld aber stark genug ist, können Elektronen die Energiebarrieren zwischen den Bändern durchtunneln, und es fließt ein elektrischer Strom [4]. Bei den in [2] verwendeten extrem ho- hen Feldamplituden von bis zu fast 50 MV/cm tunneln die Elektronen innerhalb von Femtosekunden in andere Bänder. Solche hohen Feld- amplituden sind erst seit Kurzem im Labormaßstab möglich.

Abb. 1 Ein Terahertz-Feld mit einer Am- plitude von 47 MV/cm und einer Zentral- frequenz von 33 THz (schwarze Linie) regt die Elektronen in Galliumselenid an.

Die resultierende Emission (grüne Kur- ve) wird über Summenfrequenzmessung mit einem weiteren Puls und Integration über ein Frequenzfenster von 490 bis 523 THz gemessen. Die gestrichelten senkrechten Linien entsprechen den Maxima des anregenden Terahertz-

Feldes, und die Fehlerbalken geben die Ungenauigkeit der Messung des zeit- lichen Maximums der Emission an. Man erkennt deutlich, dass die Erzeugung hoher Harmonischer für positive Feld- amplituden deutlich stärker ausfällt als für negative und dass keine messbare Verzögerung zwischen dem Maximum des anregenden Feldes und der Emission detektiert wurde.

0,0 0,5 1,0

normalisierte Intensität

–50 –25 0 25 50 Elektrisches F

eld ETHz in MV cm–1

aus [2]

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B R E N N P U N K T

18 Physik Journal 14 (2015) Nr. 10 © 2015 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Prof. Dr. Torsten

Meier, Department Physik, Universität Paderborn, Warbur- ger Str. 100, 33098 Paderborn

Zweitens spielt die Beschleuni- gung durch das Feld eine weitere entscheidende Rolle: In einem nicht vollständig gefüllten Band beschleunigt ein elektrisches Feld die Elektronen so, dass sich ihr Quasi-Impuls proportional zur Feld amplitude zeitlich ändert.

Erreicht der elektronische Quasi- Impuls den Rand der 1. Brillouin- Zone, so wird das Elektron Bragg- reflektiert und führt seine Bewe- gung am gegen überliegenden Rand der ers ten Brillouin-Zone fort.

Erreicht das Elektron nach voll- ständigem Durchqueren der ersten Brillouin-Zone seinen ursprüng- lichen Quasi-Impuls, so spricht man von einer Bloch-Oszillation.

Für ein statisches Feld bedeutet dies, dass ein Elektron, das nicht in ein anderes Band tunnelt, eine periodische Bewegung im Impuls- raum und eine oszillatorische Be- wegung im Ortsraum ausführt [5].

Bei den in [2] verwendeten extrem starken Terahertz-Feldern führen die Elektronen „dynamische“ (weil durch ein Wechselfeld erzeugte) Bloch-Oszillationen [6] aus. Die schnelle räumliche Bewegung der Elektronen führt dann zur Abstrah- lung hoher Harmonischer.

Würde man nur das Interband- tunneln und die Beschleunigung durch das Feld berücksichtigen, könnte ein Festkörper nur ungerade Vielfache der Anregungsfrequenz abstrahlen, und die Emission würde nicht von der Polarität des elektri- schen Feldes abhängen. Die aktu- ellen experimentellen Ergebnisse lassen sich aber erklären, wenn drittens eine fehlende Inversions- symmetrie vorliegt: Wie die Auto- ren von [2] gezeigt haben, entstehen die hohen Harmonischen dominant nur für eine Polarität des elektri- schen Feldes. Dafür ist eine Sym- metriebrechung notwendig. Daher ist dieser Effekt nur in Materialien wie Galliumselenid möglich, die nicht-inversions symmetrisch sind.

Nur dann können optische Matrix- elemente zwischen allen relevanten Bändern existieren, wodurch die Elektroneninterferenz [2] und auch die signifikante Erzeugung gerader Harmonischer [6] möglich sind.

Aufwändige Simulationen waren notwendig, um die experimentellen Resultate sinnvoll interpretieren zu können. Sie haben gezeigt, dass sich die experimentellen Resultate unter Berücksichtigung von fünf Bändern hinreichend präzise beschreiben

lassen. Das belegt, wie man auch in diesem extremen Regime der Licht- Materie-Wechselwirkung mit einer auf dem Bändermodell basierenden dynamischen Quantentheorie die relevanten Prozesse erhalten kann.

Die faszinierenden Erkenntnisse der Forscher aus Regensburg und Marburg sind richtungsweisend, um Konzepte für eine neuartige Licht- wellen-Elektronik auf Basis von Festkörpern zu entwickeln, bei der sich elektrische Ströme schnellst- möglich durch elektromagnetische Wechselfelder, also Licht, erzeugen und steuern lassen. Das könnte viel- fältige Möglichkeiten eröffnen, um Festkörper als kompakte und ultra- schnelle Bauelemente zu nutzen.

Torsten Meier [1] P. B. Corkum, Phys. Rev. Lett. 71, 1994 (1993); T. Brabec und F. Krausz, Rev.

Mod. Phys. 72, 545 (2000)

[2] M. Hohenleutner et al., Nature 523, 572 (2015)

[3] M. Wegener, Extreme Nonlinear Optics – An Introduction, Springer (2005) [4] C. Zener, Proc. R. Soc. A 137, 696 (1932) [5] F. Bloch, Z. Phys. 52, 555 (1929); J. Feld-

mann et al., Phys. Rev. B 46, 7252 (1992);

C. Waschke et al., Phys. Rev. Lett. 70, 3319 (1993)

[6] O. Schubert et al., Nature Photonics 8, 119 (2014)

Die Gaia-Mission soll ein Prozent der rund 100 Milliarden Sterne der Milchstraße vermessen und ein dreidimensionales Modell unserer Heimatgalaxie liefern (http://sci.esa.int/gaia).

Gaia durchmustert dafür den Himmel von seinem Orbit um den Lagrange-Punkt L2 aus und misst immer wieder Positi- onen, Entfernungen, Eigenbewegungen, Helligkeit, Farben und Temperaturen der Sterne. Zu mehr als 100 Millionen Sternen soll die Sonde auch die Radial geschwindigkeiten bestimmen. Ende August hat Gaia das erste Jahr der Routine- phase erfolgreich absolviert. Ergebnis davon sind bereits

272 Milliarden astrometrische und 54,4 Milliarden photome- trische Messungen sowie 5,4 Milliarden Spektren. Aus den Daten ließ sich auch ein eindrucksvolles Milchstraßen-Pano- rama gewinnen (Abb.), in dem die Sternendichtever teilung und die lichtschluckenden interstellaren Gas- und Staub- wolken zu erkennen sind. Unterhalb der galaktischen Ebene sieht man die beiden benachbarten Zwerggalaxien, die Große und die Kleine Magellansche Wolken. Gaia soll noch bis 2018 weiter messen. Mit den endgültigen Ergebnissen ist allerdings erst 2021 zu rechnen. (AP)

V E R M E S S E N E M I S S I O N

ESA/Gaia CC BY-SA 3.0 IGO

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