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Archiv "Junge Ärzte zieht's aufs Land!" (15.08.1984)

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Aktuelle Politik

Junge Ärzte zieht's aufs Land!

Einige bemerkenswerte Aspekte der Arztzahlenentwicklung 1983

Wolfdieter Thust, Thomas Stührenberg

U

m der sich immer deutlicher abzeichnenden Überversor- gung entgegenzuwirken, hat die Kassenärztliche Bundes- vereinigung gemeinsam mit den Spitzenverbänden der Kranken- kassen eine Neuorientierung der Bedarfsplanung gefordert.

Der unterbreitete Vorschlag ver- folgt neben quantitativen auch qualitative Aspekte. Er soll er- möglichen, das Verhältnis zwi- schen Allgemein- und Gebiets- ärzten einerseits sowie Gebiets- ärzten zueinander andererseits zu verbessern und künftig vor- rangig die Niederlassungschan- cen für Allgemeinärzte zu unter- stützen. Auch eine Ausgewo- genheit der Gebietsärzte unter- einander wird damit angestrebt.

Die vorgeschlagene Lösung dürfte auch innerärztlich kon- sensfähig sein. Sie vollzieht nämlich im Grunde nur ordnend etwas nach, was seit einiger Zeit in Ansätzen in der Praxis schon zu beobachten ist. Nicht nur die skizzierten aktuellen Ergebnisse der Gesamtbewegungen in der Arztzahlentwicklung können hierfür ins Feld geführt werden, sondern insbesondere auch die jüngsten Veränderungen bei den Allgemein-/Praktischen Ärz- ten sowie die regionale und al- tersmäßige Verteilung der Arzt- gruppen, durch die im wesent- lichen die primärärztliche Ver- sorgung sichergestellt wird.

Hierzu liegt inzwischen eine dif- ferenzierte Sonderanalyse der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung vor, deren Ergebnisse die Richtigkeit des von der Kas- senärztlichen Bundesvereini- gung und den Spitzenverbän- den der Krankenkassen einge- schlagenen Kurses voll bestäti- gen.

Wie bereits im Vorjahr hat auch 1983 der Brutto-Zugang an All- gemeinärzten wieder zugenom- men. 625 Allgemeinärzte (+ 5,1 Prozent) sind 1983 neu in die kassenärztliche Versorgung ein- getreten.

Gleichzeitig haben 485 Allge- meinärzte die kassenärztliche Tätigkeit aufgegeben, so daß der Netto-Zugang im letzten Jahr bei + 2,1 Prozent lag. Damit konnte wieder ein Netto-Zugang verzeichnet werden, nachdem in den Jahren vor 1982 mehr All- gemeinärzte ausgeschieden als neu eingetreten waren.

Ein zweiter, die Gruppe der All- gemeinärzte betreffender Trend ist noch bemerkenswert: Von den Ärzten, die 1979 die Ge- bietsbezeichnung erworben hatten, führten nur die Hälfte nach außen hin diesen Titel. Die Seit Jahren warnen ärztliche Berufspolitiker eindringlich vor einer zu erwartenden „Ärzteschwemme". Was in zahlreichen anderen Berufen schon längst traurige Wirk- lichkeit ist, tritt nun immer deutlicher sichtbar auch bei den Ärzten ein. 6,2 Prozent betrug 1983 der Brutto-Zu- gang bei den an der kassenärztlichen Versorgung teil- nehmenden Kassen-/Vertragsärzten, und das sind wie- der weit über 3000 neue Kassenärzte mehr. Damit hält der steigende Trend der letzten Jahre ungebrochen an.

Allein durch den immer noch relativ hohen Anteil an gleichzeitig ausscheidenden Kassenärzten wird die Ent- wicklung zum Teil kompensiert. Aber die Prognosen aus den Hochrechnungen der letzten Jahre (siehe DEUT- SCHES ÄRZTEBLATT, Heft 15/1981 und Heft 31/1982) be- stätigen sich mehr und mehr: Der Altersberg schmilzt zu- nehmend ab, und die Zahl an Neuzugängen schlägt im- mer stärker zu Buche.

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12 452 12 204 12 309 12 515 12 293

ZUGELASSEN ALS PRAKT. ARZT

ZUGELASSEN ALS ALLGEMEINARZT 100

90-

80-

70 -

60-

50-

40-

30

20

10 Anteil in 5;

Quelle: Bundesarztregister der KBV

Darstellung 1:

Entwicklung der Zulassungsart der Allgemein- mediziner 1979 bis 1983

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Arztzahlenentwicklung

andere Hälfte trat als Praktiker auf (Darstellung 1). In den letz- ten Jahren hat sich das Verhält- nis insoweit verbessert, als der Anteil derjenigen, die die Ge- bietsbezeichnung der Allge- meinärzte besaßen und führten, ständig stieg, denn 41 von 640 neu zugelassenen Allgemein- ärzten nahmen nicht unter ihrer Gebietsbezeichnung Allgemein- medizin, sondern als Praktiker an der kassenärztlichen Versor- gung teil.

Damit ist der Anteil der Allge- meinärzte, die als Praktiker zu- gelassen sind, im Jahre 1983 auf 3000 Ärzte zurückgegangen.

Entsprechend der Altersstruktur der Allgemeinärzte wird der An- teil weiter zurückgehen. Die jah- relangen Bemühungen um die Förderung der Allgemeinmedi- zin scheinen in dieser Richtung

Früchte zu tragen.

Erstaunlich hoch lag im letzten Jahr mit + 20 Prozent der Brut- to-Zugang bei den Praktischen Ärzten. Dieser hohe Zustrom wurde allerdings durch eine par-

allel verlaufende, in etwa gleich hohe Abgangsbewegung ausge- glichen. Diese hohe Ausschei- dequote ist bemerkenswert, da aufgrund der relativ jugendli- chen Altersstruktur der Prakti- schen Ärzte ein solch hoher Ab- gang statistisch nicht zu erwar- ten war.

Hinter dieser Auffälligkeit ver- birgt sich ein für die Gruppe der Praktiker typischer Vorgang: der Übergang in eine Gebietsbe- zeichnung. Der Wechsel zu ei- ner Gebietsbezeichnung oder auch ein Statuswechsel führt zu Bewegungsvorgängen, die von dem altersbedingten Ausschei- den zu trennen sind. Demgemäß muß in „echte" und „unechte"

Abgänge unterschieden wer- den. Der echte Abgang be- schreibt dabei das Aufgeben der kassenärztlichen Zulassung.

Demgegenüber ist der unechte Abgang lediglich eine rechtliche Veränderung. In erster Linie wird ein Wechsel der Gebietsbe- zeichnung vorliegen. So läßt sich ein Praktischer Arzt, der die

Weiterbildung zum Internisten absolviert hat, als solcher zu. Er gibt also seine kassenärztliche Zulassung nicht auf, sondern

„firmiert" als Internist und nicht mehr als Praktischer Arzt.

Diese Arztbewegungen sind im Rahmen einer Sonderanalyse für das Jahr 1983 näher unter- sucht worden (Darstellung 2).

Danach waren von den bei den Praktischen Ärzten zu verzeich- nenden 660 Abgängen etwa 57 Prozent — also fast zwei Drittel —

„echte" Abgänge. Von den tat- sächlich als Person aus der kas- senärztlichen Versorgung aus- geschiedenen Ärzten waren ein Viertel unter 50 Jahre alt.

Das wirft die Frage nach den Ur- sachen auf. Mit Hilfe der seit ei- niger Zeit beim Bundesarztregi- ster verwendeten Daten-Konfi- guration ist es möglich, auch diese Frage zu beantworten. Da- nach haben rund 50 Prozent der Praktischen Ärzte unter 50 Jah- ren auf die Zulassung verzichtet.

In erster Linie dürften wirt- schaftliche Gründe eine Rolle gespielt haben. Mit 36 Prozent wird als Ausscheidegrund die örtliche Veränderung angege- ben: also Wegzug ins Ausland oder Umzug in den Einzugsbe- reich einer anderen Kassenärzt- lichen Vereinigung, wobei eine neue Niederlassung im Arztregi- ster zum Erhebungsstichtag noch nicht verzeichnet war.

Bei den unechten Abgängen lag in nahezu allen Fällen eine Ge- bietsbezeichnung vor. Zu über 80 Prozent ließen sich Prakti- sche Ärzte als Allgemeinärzte

zu.

Aus diesen teilweise recht kom- plexen Zusammenhängen ist folgendes festzuhalten: Abgän- ge, hinter denen lediglich eine Gebietsbezeichnungs-Ände- rung steht, spielen in der Ge- samtzahl der dokumentierten Abgänge an Praktischen Ärzten eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die wesentlichste Ab- 2346 (10) Heft 33 vom 15. August 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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gangsursache stellt, wie gesagt, der Wechsel vom Praktischen zum Allgemeinarzt dar.

Aufbauend auf der strukturellen Betrachtung der im Jahr 1983 erfolgten Bewegungen bei All- gemein-/ und Praktischen Ärz- ten, nun ein Blick auf die regio- nale und altersmäßige Vertei- lung von Arztgruppen, die die primärärztliche Versorgung si- cherstellen!

~ Trifft es zu, daß - wie oft zu hören und zu lesen ist- die älte- ren Ärzte sich eher auf dem Land und die jüngeren eher in den Großstädten niederlassen, und

~ ist es richtig, daß Gebietsärz- te grundsätzlich nur in Groß- städten zu finden sind?

Diese Fragen bildeten den zwei- ten Schwerpunkt der Sonder- analyse, deren wichtigste Er- gebnisse anhand einiger Dar- stellungen erläutert werden sol- len.

Um die regionale Verteilung der in freier Praxis tätigen Kassen- ärzte zu dokumentieren, wurden in Anlehnung an die Ortsgrößen-

Quelle: Bundesarztregister der KBV

klassenstatistik des Statisti- schen Bundesamtes fünf Ein- wohnergrößenklassen gebildet:

Orte unter 5000 Einwohnern, Or- te mit 5000 bis 20 000, mit 20 000 bis 100 000, mit 100 000 bis 500 000 Einwohnern und Orte schließlich über 500 000 Ein- wohner. Darstellung 3 zeigt zu- nächst nur die räumliche Vertei- lung der ausgewählten Arzt- gruppen - Praktische Ärzte, All- gemeinärzte, Internisten, Frau- enärzte sowie Kinder- und Au-

genärzte - für die genannten Einwohnergrößenklassen. Der Überblick scheint auf den ersten Blick die bekannte Auffassung zu bestätigen, daß sich die pri- märärztlich tätigen Ärzte ten- denziell eher auf dem Land und die übrigen Gruppen sich stär- ker auf Orte ab 20 000 Einwoh- ner konzentrieren.

Das läßt den Schluß zu: Je spezi- fischer das Fachgebiet und die Tätigkeit, desto mehr geht der

Darstellung 3: Regionale Verteilung ausgewählter Arztgruppen in Prozent je Arztgruppe

·~

<v

5bis/

20 000

unter 5 000

Quelle: Bundesarztregister der KBV

(4)

»--Altersgruppe

60 bis 65 über 65 50 bis 59

40 bis 49

1 384 = 10,1 1 413 = 10,3 % 1 590 = 11,6

4 747 = 34,6 %

Summe 13 720 = 100,051

l

Altersgruppe unter 40 Anzahl / Anteil in % 14 586 = 33,4

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Arztzahlenentwicklung

Quelle: Bundesarztregister der KBV

Darstellung 4:

Regionale Ver- teilung der nie- dergelassenen Praktischen Ärzte in ausge- wählten Alters- gruppen 1983 (im ersten Block links bedeutet zum Beispiel die Zahl 23, daß von den un- ter 40jährigen Praktikern [33,4 Prozent aller Praktischen Ärz- te] 23 Prozent in Orten unter 5000 Einwoh- nern niederge- lassen sind).

Trend in die Großstadt — ein durchaus plausibler Befund! Be- merkenswert ist allerdings, daß immerhin 17 Prozent der Interni- sten und jeweils 19 Prozent der Frauen- und Kinderärzte auch in Kleinstädten zwischen 5000 und 20 000 Einwohnern arbeiten. Ei- ne Gewichtung, die bei diesen Arztgruppen sicher nicht als selbstverständlich zu erwarten war!

Mit Blick auf die eingangs ange- sprochene Problematik der Ver- teilung der von Jahr zu Jahr mehr in die kassenärztliche Ver- sorgung eintretenden jungen Ärzte wurden diese Befunde nunmehr mit der Altersstruktur der jeweiligen Arztgruppe ver- knüpft. Dabei ging es insbeson- dere darum, die Stichhaltigkeit der immer wieder zu hörenden Behauptung zu überprüfen, jun- ge Ärzte ließen sich lieber in der Stadt als auf dem Land nieder und in ländlichen Bereichen ar- beiteten vorwiegend die älteren Ärzte.

• Die Untersuchung hat genau das Gegenteil ergeben: die jun- gen zieht es aufs Land, die älte- ren in die Stadt!

Zunächst die Praktischen Ärzte!

Ein Drittel aller Praktiker ist un- ter 40 Jahre alt und arbeitet ein- deutig mehrheitlich in Klein- städten und ländlichen Regio- nen — 55 Prozent dieser jungen Ärzte in Ortschaften bis zu 20 000 Einwohnern beziehungs- weise fast 80 Prozent in Orten bis zu 100 000 Einwohnern (Dar- stellung 4).

Das zweite Drittel, die 40- bis 49jährigen Praktischen Ärzte, verteilt sich etwas gleichmäßi- ger auf alle gebildeten Regio- nen. Immerhin 16 Prozent aus dieser Altersgruppe befinden sich sogar in Ballungszentren mit über 500 000 Einwohnern.

Dieser Anteil ist bei den 50- bis 59jährigen mit 23 Prozent und bei den über 60jährigen Prakti- kern mit 28 Prozent bedeutend höher. Zwar machen diese bei- den Altersgruppen zusammen nur ein Drittel aller Praktischen Ärzte aus, dennoch bleibt fest- zuhalten:

• Die jüngeren Ärzte sind ten- denziell eher in kleinstädtischen und ländlichen Gebieten zu fin- den und die älteren Ärzte eher in

mittel- und großstädtischen Be- reichen.

Bei den Allgemeinärzten stellen die über 60jährigen Ärzte be- kanntlich einen Anteil von fast 50 Prozent. Sie verteilen sich mehrheitlich auf Klein- und Mit- telstädte sowie auf Großstädte mit bis zu 500 000 Einwohnern.

Die jungen Ärzte, die bei den All- gemeinärzten zwar anteilsmäßig kein so großes Gewicht haben wie bei den Praktikern, prakti- zieren aber ebenfalls mehrheit- lich in den kleineren Städten und Landregionen (Darstell. 5).

Wenden wir uns nun den Inter- nisten zu (Darstellung 6): Rund 45 Prozent dieser Arztgruppe sind zwischen 40 und 49 Jahre alt. Sie stellen damit den größ- ten Anteil. Zu fast 80 Prozent verteilen sie sich auf die Städte mit über 20 000 Einwohnern, sind aber mit immerhin 21 Pro- zent auch in Orten von 5000 bis 20 000 Einwohnern vertreten.

Diese Verteilung ist in den Al- tersgruppen über 50 Jahre signi- fikant zugunsten der größeren Städte verschoben: 85 Prozent der Internisten dieser Alters- gruppen sind in Städten mit 2348 (12) Heft 33 vom 15. August 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

(5)

Altersg uppe

über 500 000

e 100 bis 0 500 000

60 bis 65 2 226 = 17,9 %

40 bis 49

1 907 = 15,3 % 50 bis 59

3 142 = 25,3 %

über 65 Summe 2 771 = 22,2 % 112 452 = 100,0%

Altersgruppe unter 40 Anzahl / Anteil in % 12 406 = 19,3 1

26

100 bis 500 000 ,›e

0 20 bis

\100 000

Altersgruppe

Altersaruooe

Anzahl / Anteil in % I 1 496 = 15,5 638 = 6,6 %

Summe 9 670 = 100,0 %I über 65

50 bis 59 60 bis 65 40 bis 49

unter 40

1 297 = 13,4 % 4 332 = 44,8 % 1 907 = 19,7 %

Darstellung 5:

Regionale Ver- teilung der nie- dergelassenen Allgemeinärzte in ausgewählten Altersgruppen 1983

Quelle: Bundesarztregister der KBV

über 20 000 Einwohnern bzw.

fast ein Drittel in Großstädten tä- tig.

• Die jüngeren Ärzte unter 40 Jahren machen bei den Interni- sten zwar erst 16 Prozent aus.

Trotzdem ist auch bei dieser Arztgruppe von der Verteilung

her die gleiche Tendenz zu er- kennen wie bei den Praktikern und Allgemeinärzten: Die Jun- gen bevorzugen die weniger

dicht besiedelte Region. Immer- hin sind heute schon 22 Prozent der unter 40jährigen Internisten in Kleinstädten tätig.

Was die Frauen-, Kinder- und Augenärzte betrifft, so läßt sich zeigen, daß sie — erwartungsge- mäß — mehrheitlich in Städten ab 20 000 Einwohnern aufwärts niedergelassen sind. Rund ein Viertel der unter 40jährigen die- ser Arztgruppen sind aber auch

in der Region 5000 bis 20 000 Einwohner zu finden.

• Betrachtet man die Befunde insgesamt, so ist festzustellen:

Die signifikant bessere Vertei- lung der jüngeren Ärzte aller Arztgruppen auf die kleinstädti- schen und ländlichen Regionen ist sicher maßgeblich mit eine Folge der guten bis überguten Versorgung in den Städten und Ballungszentren.

Quelle: Bundesarztregister der KBV

Darstellung 6:

Regionale Ver- teilung der nie- dergelassenen Internisten in ausgewählten Altersgruppen 1983

(6)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

DER KOMMENTAR Arztzahlenentwicklung

• Der Schluß liegt nahe, daß wegen der hohen Arztdichte in den Städten die neu hinzukom- menden jungen Ärzte mehr und mehr aufs Land ausweichen werden.

Die dargestellten Befunde zei- gen von den Arztgruppen wie von deren Altersstruktur her grundverschiedene Verteilun- gen. Daraus ließe sich einerseits für manche Regionen durchaus ein Bedarf ableiten. Anderer- seits sind die Befunde aber auch besonders geeignet, den Ersatz- bedarf zu bestimmen, der in den nächsten Jahren in den ver- schiedenen Regionen für die entsprechenden Arztgruppen zu erwarten ist. Denn aus der Al- tersstruktur läßt sich der zu er- wartende Arzt-Abgang ziemlich exakt bestimmen.

Genau damit stehen jetzt erst- mals verläßliche, weil differen- zierte Beurteilungsgrundlagen zur Verfügung für die mit dem gemeinsamen Vorstoß der Spit- zenverbände der Krankenkas- sen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung angestrebte Umorientierung der Bedarfspla- nung. Das Wissen um eine re- gionale Verteilung der Ärzte — aufgegliedert nach ihrer Alters- struktur — ist sicher als die wich- tigste Grundlage für eine künfti- ge Bedarfsplanung anzusehen.

Bei dieser geht es letztlich dar- um, unter prinzipieller Wahrung der Niederlassungsfreiheit durch vernünftige, sachgerech- te und den jungen Ärzten zu- mutbare Lenkungsmaßnahmen eine regional und fachgebiets- bezogen möglichst gleichmäßi- ge und ordnungsgemäße Ver- sorgung der Versicherten si- cherzustellen und dabei den ärztlichen Nachwuchs optimal in das System der kassenärztlichen Versorgung zu integrieren.

Anschrift der Verfasser:

Dr. rer. nat. Wolfdieter Thust Dr. phil. Thomas Stührenberg Haedenkampstraße 3

5000 Köln 41

Alleingang

Nachdem Blüms Bemühungen, zwischen Bund und Ländern ei- nen Kompromiß über die Reform des Krankenhausfinanzierungs- gesetzes zu erzielen, vorerst ge- scheitert sind, hat das Bundesar- beitsministerium im Alleingang ei- nen Referentenentwurf eines Ge- setzes zur Neuordnung der Kran- kenhausfinanzierung vorgelegt.

Er soll am 22. August von der Bun- desregierung verabschiedet und am 5. Oktober im Bundesrat bera- ten werden. Der Bundesarbeitsmi- nister war mit den Ländern des- halb nicht ins Reine gekommen, weil die Länder künftig in eigener Verantwortung über die Bedarfs- planung und über die Finan- zierung der Krankenhausinvesti- tionen entscheiden und die Letzt- entscheidung bei den Kranken- hauspflegesätzen behalten wol- len. Der Konzeption Blüms wollen daher einige Länder einen eige- nen Gesetzentwurf entgegenstel- len.

Umstritten zwischen Bund und Ländern sind vor allem die Kom- petenzen der Bundesländer bei der Krankenhausbedarfsplanung und der Festlegung der Pflegesät- ze. Der Bund will die Rechte der Länder beschneiden und den Krankenkassen mehr Verantwor- tung einräumen. Durch eine Neu- regelung der Pflegesatzbildung und des Pflegesatzverfahrens will der Bund zudem Anreize für eine wirtschaftliche Betriebsführung der Krankenhäuser schaffen. Das derzeitige Selbstkostendeckungs- prinzip soll entfallen zugunsten eines Vergütungssystems, das wirtschaftlich arbeitenden Kran-

kenhäusern erlaubt, Überschüsse zu erzielen und Rücklagen zu bil- den. Für Verluste, die auf Unwirt- schaftlichkeit zurückzuführen sind, sollen die Krankenhäuser selbst einstehen. An die Stelle des heute geltenden vollpauschalier- ten Pflegesatzes sollen zukünftig differenziertere leistungsbezoge- ne Abrechnungsmöglichkeiten treten können.

Darüber hinaus sollen Kranken- häuser und Krankenkassen zu- künftig die Pflegesätze selbst ver- einbaren. Bei Nichteinigung ent- scheiden, so der Referentenent- wurf aus dem Bundesarbeitsmini- sterium, nicht mehr die Länder, sondern Schiedsstellen, die mit Vertretern der Krankenhäuser und Krankenkassen sowie mit Neutralen besetzt sind.

Der Gesetzentwurf Blüms sieht darüber hinaus vor, daß sich der Bund künftig nicht mehr an der Krankenhausfinanzierung, die in die alleinige Verantwortung der Länder übergehen soll, beteiligt.

Bei der dualen Finanzierung der Krankenhäuser über Pflegesätze einerseits und öffentliche Investi- tionsförderung andererseits soll es allerdings bleiben. Die Länder müßten infolgedessen eigene Krankenhausgesetze erlassen, in denen die Investitionsfinanzie- rung sowie die Bedarfsplanung zu regeln sind.

In einer Anhörung zu dem Refe- rentenentwurf am 31. Juli 1984 be- mängelten die Vertreter der Ärzte- schaft insbesondere, daß der an- gesichts der besonders hervorge- hobenen ärztlichen Verantwor- tungsfunktion eigentlich selbst- verständlichen Forderung der Ärzteschaft nach Einbezug des ärztlichen Sachverstandes in alle relevanten Entscheidungsprozes- se in keiner Weise Rechnung ge- tragen worden ist. Der im Entwurf vorgesehene Beirat für Pflege- satzfragen sieht nicht einmal mehr die Mitwirkung ärztlicher Selbstverwaltungskörperschaften vor. Eine Reform der Kranken- hausfinanzierung kann die Zu- stimmung der Ärzteschaft indes nur finden, wenn ihr bei der Kran- kenhausbedarfsplanung, der Auf- stellung der Krankenhausbaupro- gramme, der Pflegesatzgestal- tung sowie vor allem bei den Empfehlungen über Maßstäbe und Grundsätze für die Leistungs- fähigkeit und Wirtschaftlichkeit der Krankenhäuser ausreichende Mitwirkungsrechte eingeräumt

werden. HJM

2350 (14) Heft 33 vom 15. August 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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