DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Prinzipien ärztlichen Handelns
mit zu begründen, daß der Kolle- ge ja auch wieder eine Kur mache, daß sich die eingezahlten Beiträ- ge doch auszahlen müßten.
Umgekehrt sollte die Besinnung auf die Notwendigkeit medizini- schen Handelns auch nicht vor den Medizinalbehörden und dem Gesetzgeber Halt machen, wenn es darum geht, verantwortbare Ansprüche zu befürworten oder solche, die zweifelsfrei unberech- tigt sind, auch abzulehnen.
Für die Anerkennung einer Schwerbehinderung ohne Funk- tionseinbußen zum Beispiel be- steht keine echte Indikation. Ent- sprechendes gilt etwa auch für die Zeitberentung nach erfolgreicher Karzinombehandlung. Bekannt ist, daß lange Arbeitsruhezeiten in solchen Fällen die Lebens- und Heilungschancen nicht begünsti- gen, sondern eher negative Aus- wirkungen nach sich ziehen.
Die Medizin im Sozialstaat steht in der Versuchung, zur Vermittlerin
gesellschaftlicher Präferenzen zu werden. Vielfältige Anspruchsbe-
rechtigungen aufgrund gesund- heitlicher Merkmale ohne echte Bedürftigkeit sind realisierbar und gewährleisten Privilegien.
Immer spürbarer wird es jedoch für alle, daß jede ärztliche Maß- nahme auch eine ökonomische Relevanz hat. Die Ausweitung des Medizinbetriebes führte zu Kon- sequenzen, die der Solidarge- meinschaft immer größere Lasten aufbürden.
Die Redlichkeit der Indikations- stellung ist damit sowohl Sache des einzelnen Arztes als auch der Sozialbürokratie. Alle müssen ei- ner nicht notwendigen Gewäh- rung von Hilfen aller Art widerste- hen, um dem heute allenthalben sichtbaren Phänomen zu begeg- nen, das in einem Ausspruch von Mattern aufgezeigt wurde: „Die Struktur unserer ausgedehnten sozialen Sicherungen hat mehr krankmachende Wirkungen als heilende."
Nachbemerkung
Vor zwei Jahren erschoß ein Arzt, den seine Kollegen „Goldfinger"
nannten, seine Frau und sich. Was immer er in seiner beruflichen Tä- tigkeit angefaßt hatte, war ihm zu materiellem Überfluß und schließ- lich zum Überdruß erwachsen. Die tonangebende Boulevardzeitung nannte ihn einen der erfolgreich- sten Mediziner seiner Heimat- stadt. Über seine Behandlungser- folge wurde nicht gesprochen.
Tödlich für den Arztberuf wäre der Verlust des zentralen ärztlichen Anliegens: Dem Patienten zu hel- fen, weil er Hilfe braucht, fußend auf medizinischen Einsichten und Kenntnissen und geleitet von hu- maner Verantwortung gegenüber dem einzelnen sowie der Gesell- schaft.
Anschrift des Verfassers:
Dr. med. Klaus Dropmann Arzt für Innere Medizin Kitschburger Straße 245 5000 Köln 41
FÜR SIE GELESEN
Z
ur Erforschung des Zusam- menhangs zwischen Knochen- erkrankungen und Langzeitein- nahme von Steroiden bei Asthma wurden 128 stationäre Asthmapa- tienten, alle über 40 Jahre alt, die 12 Monate lang täglich oder jeden 2. Tag ein Glucokortikoid genom- men hatten, mit Krankenberichten von 54 anderen Asthmatikern glei- chen Alters, die über längere Zeit keine Steroide genommen hatten, verglichen.Bei 14 Patienten (11 Prozent) mit Langzeitsteroidtherapie wurden insgesamt 58 Rippen- bzw. Wir- belbrüche nachgewiesen, wäh- rend bei Patienten, die über län- gere Zeit keine Steroide genom- men hatten, keine Frakturen fest- gestellt wurden. Weiterhin wur- den prospektiv 30 stationäre Asth- mapatienten im Alter zwischen 20
Frakturen und Verlust von Knochensubstanz durch
Steroidtherapie bei Asthma bronchiale
und 70 Jahren auf ihre Medikatio- nen (Nicht-Steroide) und mögli- cherweise zusätzliche Krank- heiten, die als Komplikation die Knochenmineralisierung stören, untersucht. 8 der 19 Asthmapa- tienten mit Langzeit-Steroidthera- pie hatten Rippen- bzw. Wirbel- frakturen, während bei keinem der 11 Patienten ohne Steroid- Langzeittherapie Frakturen dia- gnostiziert wurden.
Außerdem zeigten Photonenab- sorptiometrie-Messungen der Knochendichte des distalen und des proximalen Radius, daß die
trabekuläre, nicht aber die korti- kale Knochenmasse in der ersten Patientengruppe unter dem Nor- malwert lag; für die letztere Grup- pe traf dies nicht zu.
Bei der Langzeit-Steroidgruppe gab es keine signifikante Korrela- tion zwischen Knochendichte und Dosis oder Dauer der Steroidbe- handlung.
Nach Meinung der Autoren be- steht bei Asthmapatienten ein Zu- sammenhang zwischen einer Langzeittherapie mit Steroiden und einer verminderten trabekulä- ren Knochendichte sowie einer erhöhten Zahl von Rippen- bzw.
Wirbelfrakturen. Dpe
Adinoff, A. D.; Hollister, R.: Steroid-Induced Fractures and Bone Loss in Patients with Asth- ma, The New England Journal of Medicine 309 (1983) 265-268, Dr. J. R. Hollister, 3800 E. Col- fax Ave., Denver, CO 80206, U.S.A.
288 (72) Heft 5 vom 3. Februar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A