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S P E K T R U M AKUT
(4) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 42, 22. Oktober 1999
Epidemiologie
Weniger Krebstote in Europa
D
er Kampf gegen den Krebs ist nicht gewon- nen, aber die Entwicklung eröffnet Hoffnun- gen. So könnte man die jüngsten WHO- Zahlen zur Krebssterblichkeit in Europa zusammen- fassen, die Fabio Levi von der Universität Lausanne jetzt in Lancet vorstellt (1999; 354: 742–743). Sie zei- gen, daß der günstige Trend, der erstmals 1988 fest- gestellt wurde, sich auch in den 90er Jahren fortsetzt.Die altersbereinigten Mortalitätsziffern der meisten Krebserkrankungen sind in Europa entweder gesun- ken oder haben sich zumindest stabilisiert. Zwar ist der Lungenkrebs bei Männern noch immer mit Ab- stand die häufigste Krebstodesursache, die Zahl ist aber von 52,4 auf 49,8 pro 100 000 gesunken. Die Ur- sache dürfte der Rückgang des Tabakkonsums sein.
A
m Magenkrebs, der 1955 noch die Statistik an- führte, sterben heute nur noch halb so viele Männer und Frauen. Der Grund wird in der besseren Lebensmittelkonservierung vermutet. Die Todesraten von Dickdarm, Pankreas, Blase, Ösopha- gus, Mundhöhle und Pharynx haben sich bei Männern stabilisiert. Nur die Zahl der Todesfälle am Prostata- krebs ist gestiegen, wenn auch nur gering von 15 auf 15,5 pro 100 000. Einen günstigen Trend gibt es auch bei den beiden häufigsten malignen Tumoren von Frauen: Die Todesfälle an Brustkrebs und Dickdarm- krebs sind seit Ende der 80er Jahre rückläufig. Das gleiche gilt – allerdings bereits seit 1955 – für das Zer- vixkarzinom. Die Todesraten für das Ovarialkarzi- nom und die Leukämie sind stabil, die Mortalitätszif- fern beim Pankreaskrebs leicht angestiegen.E
ine ungünstige Entwicklung gibt es weiter beim Lungenkrebs der Frau: Seit 1955 haben sich die Zahlen fast verdoppelt auf jetzt 9,6 pro 100 000. In der Altersgruppe der 35- bis 64jähri- gen stiegen sie von 7,7 pro 100 000 zwischen 1955 bis 1959 und auf 14,3 zwischen 1990 bis 1994. Wenn sich die Entwicklung fortsetzt, könnte Lungenkrebs bei Frauen vor dem Darmkrebs bald die zweithäufigste Krebstodesursache sein. Ähnliche Entwicklungen wurden kürzlich auch für die USA mitgeteilt (Jour- nal of the National Cancer Institute 1999; 91: 660–661).Dort halten Epidemiologen den erneuten Anstieg der Lungenkrebssterblichkeit auch bei Männern für möglich, seit der Anteil der Raucher unter den Ado- leszenten wieder zugenommen hat. Daten der natio- nalen „Youth Risk Behavior Surveillance System“
zeigten, daß an den High Schools heute 36,4 Prozent der jungen Erwachsenen rauchen, gegenüber nur 27,5 Prozent in 1991. Rüdiger Meyer