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Archiv "Datensparsamkeit: Auswerten, nicht nur sammeln!" (15.10.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 41

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15. Oktober 2010 A 1979

KOMMENTAR

Prof. Dr. rer. biol. hum. Dieter Hölzel, Tumorregister München

E

in neues Wort geht um im Ge- sundheitswesen – die Datenspar- samkeit (DS): Die notwendige Dokumen- tation für sektorübergreifende Qualitäts- sicherung (sQS) ist unter Beachtung des Gebots der DS zu entwickeln (SGB V

§ 137 a 2). Ist das die Befreiung von überbordender Bürokratie? Sind die fet- ten Sammeljahre vorbei? Der Begriff DS ist schwer zu fassen. Er erschließt sich aus dem Gegenteil, der Datenverschwen- dung, dem Verstoß gegen DS (VgDS).

Aus begrenzter Realitätssicht, der sQS für Krebskranke, sollen Bekanntes und Geplantes beleuchtet werden.

Ein VgDS ist Datenzweckfreiheit, auch nicht belegte Versorgungsdefizite zählen dazu. Ohne Zweck- und Nutzen-

nachweis bundesweit Dokumentation anzuordnen, demonstriert Macht, ist aber ein VgDS. Es wird Misstrauen si - gnalisiert: ohne totalitäre Kontrolle kei- ne Qualität! Ein VgDS ist, wenn nicht für jedes Merkmal die „Ws“ beantwor- tet werden: Was, wozu, wer, wie, wann?

Bei Krebs sind Langzeitergebnisse der internationale Maßstab. Es mutet ar- chaisch an, dem Arzt das Follow-up abzuverlangen. Bei fast vier Millionen Krebskranken trifft die jährliche Anfrage auf > 95 Prozent Geheilte, abgesehen vom „Wo ist der Patient?“. Auch Mach- barkeit produziert VgDS: Statt jeden Beteiligten, den Pathologen, Operateur, Onkologen mit seinen wenigen Daten einzubeziehen, wird einer honoriert, für die anderen mitzudokumentieren. Das ist Verzicht auf sQS, also auf Begleitung und Unterstützung der Versorgung.

VgDS folgt auch aus ungebroche- nem Technologieglauben, durch Ver- netzung und Schnittstellen würde Wis- sen entstehen. Die Daten fließen in Auszählprogramme, ein Jahresbericht wird erstellt, die Macher halten ihn hoch, der Arzt füllt den Papierkorb.

Auch Pseudonymisierung ist ein VgDS.

Er verhindert die Nutzung! Ärzte dürfen

im Krankenhaus auf Befunde, Arztbrie- fe, Tumorkonsile zugreifen. Das fördert die Qualität! Ein Arzt in einem anderen Krankenhaus oder in der Praxis kann nicht seine Patienten auflisten, Befunde und Therapien anderer sehen. Er muss sein „tumorfrei“ mit vollständiger Iden- tifikation für Höheres weiterleiten. Eine sQS wird so konterkariert.

Immer neue Pilotprojekte sind ein VgDS. Bei DMP Brustkrebs sind Tausen- de Frauen übertherapiert worden, weil die Kostenerstattung an die Axilladis- sektion gekoppelt war. Risikoausgleich wurde als Qualitätssicherung verkauft.

Aber die Nicht-DMP-Patientinnen profi- tierten von innovativer Sentinelbiopsie.

Die Bundesgeschäftsstelle Qualitätssi-

cherung ist weltweit einmalig, produ- ziert also Unvergleichbares, kann aber nicht Patienten und Diagnosen, zum Bei- spiel bei beidseitiger metachroner Brust- krebserkrankung, unterscheiden. Für die Einstellung der Projekte hat keiner die Befugnis. Schon wieder wurde eine Diagnose für die sQS ausgewählt – der Darmkrebs. Aktionismus statt Nachhal- tigkeit! Macht, Machbarkeit, Misstrauen und Mutlosigkeit verhindern evolutionä- re Entwicklungen für alle Krebskranken.

Strukturen für alle Krebskranken aufbauen, Alternativen erproben, auf engagierte Ärzte vertrauen – das sind Entwicklung fördernde Ziele. Das leis- ten Krebsregister bei hoher DS. Die Mitwirkung ist zum Teil freiwillig, das Ziel soll überzeugen. Ärzte werden in überschaubaren Regionen vernetzt. Ein großes Dienstleistungsspektrum bietet Vergleiche zum Versorgungsstandard und zur Konkurrenz. Man hat Zugriff auf die Daten seiner Patienten, die jah- relang fortgeschrieben und genutzt werden. Organzentren werden unter- stützt. Die Validität der Daten wird durch intensive Datenpflege gestärkt.

Todesbescheinigungen werden einge- arbeitet. Durch die Mitwirkung aller

Ärzte und den Einwohnermeldeabgleich entfällt der VgDS durch unnötiges Fol- low-up. Öffentlichkeit und Ärzte erhal- ten Transparenz. Die Daten werden erst auf Länderebene pseudonymisiert.

Der Ansatz motiviert. Man ist neugie- rig auf Vergleiche der Routine mit Studi- en. Hohe Versorgungsqualität und regio- nale Stabilität sind erstaunlich und inter- national vorzeigbar. Deshalb reicht eine schlanke sQS. Allerdings gibt es auch VgDS: Es werden zu viele Daten gesam- melt und zu wenige ausgewertet. Aber organisatorische, technische und inhalt- liche Optimierungen belegen Lernfähig- keit. Man stellt sich mit Ergebnissen der scientific community. Das alles gibt es für 50 Cent pro Versicherten und Jahr,

kostengünstig im Vergleich zu DMP- Kosten, sehr wenig für eine Erkrankung, an der 40 Prozent erkranken und 25 Prozent sterben. Mit keiner einzigen Funktion werden Patienten beeinträch- tigt – im Gegenteil, sie erhalten eine moderne Infrastruktur, die Versorgung, Transparenz und Sicherheit fördert.

Krebsregister sind arbeitsfähig und end- lich angemessen auszubauen.

Es macht stutzig, wenn solche Chan- cen für Patienten, Ärzte und den Onko- logiestandort Deutschland nicht genutzt werden. Der Verdacht liegt nahe: Die an sich selbstverständliche DS ist eine Er- findung der Bürokratie! Neuer Bürokratie wird ab sofort positiv DS bescheinigt!

Aber in Zeiten überbordender Bürokratie sind geplante und laufende Dokumenta- tionen zu prüfen, optimieren, ersetzen oder zu streichen. Verschlankungen sind gefordert. Man kann nicht so weiter mit

„impero, probo, colligo, rem facio, ergo sum*“ Daten über das Gesundheitssys- tem nur sammeln. Das Gesundheitssys- tem ist mit Daten zu verändern! sQS braucht das klassische cogito.

*für Fachfremde: ich ordne an, ich dokumentiere, ich sammle, ich mache Geld mit Daten

DATENSPARSAMKEIT

Auswerten, nicht nur sammeln!

T H E M E N D E R Z E I T

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