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Archiv "BERICHT ZUR LAGE: Meinungsmafia" (19.08.1976)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

BRIEFE AN DIE REDAKTION

BERICHT ZUR LAGE

Eine Situationsanalyse wird mit der folgenden Zuschrift versucht:

Meinungsmafia

Kennzeichnend für den Tiefstand des geistigen Klimas und die schwindende Moralität in unserem Land ist das einer Kulturnation nicht würdige verleumderische Kesseltreiben auf die freipraktizie- rende Ärzteschaft. Eine machtbe- sessene, meinungsbeherrschende Minderheit von sachunkundigen Ideologen, Opportunisten, unreifen Dilettanten, aber auch von verstie- genen Sozialromantikern und von Bewußtseinsverengerung befalle- nen notorischen Weltverbesserern will unser angeblich so mieses Ge- sundheitswesen „reformieren", das heißt im Klartext: die Existenz der freien Kassenärzteschaft soll zer- schlagen werden, die Ärzteschaft steht auf der gesellschaftspoliti- schen Abschußliste. Zu diesem Zweck wird in gehässiger und ge- radezu zynischer Meinungsmanipu- lation vorsätzlich Sozialneid und

„Krisenbewußtsein" geschürt, die geistige Atmosphäre systematisch vergiftet und versucht, die Öffent- lichkeit auf einen Kurs gegen „die Ärzte" zu trimmen ... Als Gipfel- punkt dieser schäbigen Hetzkam- pagne und psychosozialen Vergif- tung unseres Volkes fehlte jetzt nur noch, den Ärzten vermittels Staats- dekret eine Plakette an den für sie

„doch ausreichenden Einheits- rock" zu heften, um sie damit als

„Ausbeuter der Nation" öffentlich zu brandmarken ... Die Meinungs- mafia linkssozialistischer Prägung züchtet mit geistlosen Schlagwor- ten und dummdreisten Verallge- meinerungen, oft in verquollenem Soziologendeutsch eine aggressive Haltung gegenüber den Ärzten, die sich auch heute noch durch indivi- duelle Leistung, Risikobereitschaft und Arbeitsfreude von der Masse der Arbeitnehmer abheben müs- sen.

Bei ihrem Trommelfeuer auf die freie Ärzteschaft geht es aber nun

den Aposteln einer sozialistischen Zwangsreligion gar nicht so sehr um die Verbesserung der me- dizinischen Betreuung, sie scheren sich im Grunde einen Dreck um die Kranken und Hilfesuchenden, es geht ihnen auch nicht so unbedingt um die Eindämmung der Kostenflut im Gesundheitswesen. Vielmehr bleibt ihr Endziel die Verwirkli- chung ihrer revolutionären Ideolo- gien und oft abstrusen „Denkmo- delle" zur Änderung unseres frei- heitlich-liberalen und pluralisti- schen Gesellschaftssystems. Die Verstaatlichung des Gesundheits- wesens ist aber der entscheidende

In einem Satz

Exorzismus ist billiger als Mitscherlich!

Dr. med. Oswald Baumeister Clemens-Bolz-Weg 11 8000 München 70

Hebel dazu. Nach Lenin hat jede Sozialisierung der Gesellschaft mit der Medizin zu beginnen. Der Stand der freiberuflich tätigen Ärz- te paßt aber nicht in das Vermas- sungsbild der sozialistischen Plani- fikateure. Die freie Arztpraxis ist ein Fremdsystem in jedem dirigisti- schen Planungsprinzip. Als letzte Säule eines einstigen Systems gei- stiger Autoritäten stellt der Arzt in seiner humanitären Eigenständig- keit ein entschiedenes Ärgernis dar, verfügt auch nicht über „Ar- beitnehmerqualitäten" und steht dem sozialistischen Egalitarismus im Wege. In einer totalen sozialisti- schen Meinungsverwaltung hat der freie Arzt als natürlicher Sachwal- ter seiner Patienten keinen Platz mehr. Aus diesem Grund muß er verplant, d. h. abgeschafft werden.

Eine lohnabhängige „Ärzteschaft"

von Gesundheitsingenieuren und Medizinalfunktionären ist das Ziel der „Gesundheitsreformer". Die freie Arztwahl, oft das letzte, was Die Würde des Menschen

Worte den Auftrag zu seiner Ret- tung gebe. Immer muß helfend ein- gegriffen werden, wo das Bewußt- sein bereits geschwunden ist. Wo die Urteilsfähigkeit aber noch be- steht, hat nur der betreffende Mensch über sich Gewalt, auf kei- nen Fall der Arzt.

Kant verwirft den Selbstmord in seiner „Metaphysik der Sitten" un- ter dem sechsten Paragraphen der Tugendlehre: „Das Subjekt der Sittlichkeit in seiner eigenen Per- son zernichten ist ebenso viel, als die Sittlichkeit selbst aus der Welt vertilgen". Aber die lebenser- haltende Moralität oder, was das- selbe ist, das Ich, kann durch keine äußere Maßnahme gestützt wer- den, wenn volle Urteilsfähigkeit ge- geben ist, wie wir diese bei Er- wachsenen zunächst immer anzu- nehmen haben. Eine äußere Zwangsmaßnahme zur angeblichen Stützung des moralischen Lebens- willens ist selbst unmoralisch. Das sagt nicht nur Kant, sondern auch die Deklaration von Tokio. Sie führt im fünften Punkt ihrer „Richtlinien der Ärzte bei Folterungen usw."

aus: „Wenn ein Gefangener die Nahrungsaufnahme verweigert, der Arzt ihn aber für fähig hält, sich ein unbeeinflußtes und vernünftiges Urteil über die Folgen einer freiwil- ligen Nahrungsverweigerung zu bil- den, so soll er nicht künstlich er- nährt werden."

Um die Frage der Zwangsernäh- rung wurde in jüngster Zeit scharf gestritten. Die Deklaration könnte auf diese Frage keine so erstaun- lich eindeutige Antwort geben, hät- te sie diese nicht auf Kants Gedan- ken stützen können. — Unsere phi- losophische Betrachtung möchte zeigen, daß die Deklaration von Tokio keine zufälligen und leicht veränderlichen Beschlüsse enthält, sondern daß sie auf festen Grund- lagen der Erkenntnis steht und darum jeden Arzt bei seinem Tun

rechtlich und moralisch stützt.

Anschrift des Verfassers:

Dr. phil. habil. Diether Lauenstein Am Berge 3

5804 Herdecke

2178 Heft 34 vom 19. August 1976 - DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Erfolgreiches Filmseminar der Bundesärztekammer

Das erste Seminar für „filmende Ärzte", das die Bundesärztekam- mer in diesem Jahr veranstaltete, fand so großen Anklang, daß eine Fortführung — eventuell mit leicht geänderter Konzeption — für An- fang 1977 in Aussicht genommen wurde.

Der Teilnehmerkreis des ersten Se- minars „Film in der Medizin", das im Frühjahr 1976 in Köln unter Lei- tung von Dr. Pierre Kandorfer statt- fand, reichte vom Hobbyfilmer bis zum Professional. Vierzig filmende bzw. filminteressierte Ärzte mach- ten von diesem erstmaligen Fortbil- dungsangebot in Sachen Film Ge- brauch. Mit Unterstützung von be- kannten Film- und Fernsehfachleu- ten wurden für die Herstellung von Filmen notwendige Kenntnisse über Technik, Didaktik, Dramatur- gie und auch Kostenkalkulation vermittelt.

Die Mehrzahl der Teilnehmer hatte bereits seit Jahren als Autodidak- ten mit dem Medium Film innerhalb ihrer ärztlichen Tätigkeit gearbei- tet; die meisten hatten jedoch nie die Möglichkeit gehabt, sich einmal in konzentrierter Form die nötigen Grundlagenkenntnisse anzueignen.

Dies konnten sie beim Seminar so- wohl durch die praxisorientierten Vorträge und Übungen als auch durch den initiierten Erfahrungs- austausch mit filmenden Kollegen nachholen.

Diente das erste Seminar-Wochen- ende der Erarbeitung gemeinsamer Grundlagen, damit •auch die „An- fänger" den weiteren Ausführun- gen zu folgen vermochten, so ging es dann an den beiden darauffol- genden Wochenenden in medias res. Beispielhaft wurden verschie- dene Filme, darunter auch solche von Seminarteilnehmern, vorgeführt und gemeinsam diskutiert. Leicht ließ sich daran verdeutlichen, wel- ches wichtige Gestaltungsmittel

TAGUNGSBERICHTE

des Films sind und wie sie einzu- setzen sind. Als Fazit wurden be- stimmte Regeln zur Filmherstellung gemeinsam erarbeitet. Viel Raum nahmen Erörterungen über die Filmtechnik von der Aufnahme bis zu den einzelnen Stufen der Film- bearbeitung — der Entwicklung, dem Schnitt, der Tonbearbeitung und der Kopienherstellung ein. Au- ßerdem erhielten die Teilnehmer einen Überblick über die neuesten Video-Systeme und Aufnahmegerä- te sowie Kenntnis der für die Film- arbeit notwendigen Branchenadres- sen.

Zu aktiver Mitarbeit brauchte auf Grund des großen Interesses der Seminarteilnehmer nicht aufgefor- dert zu werden; das Seminar machte seinem Namen alle Ehre, der Dialog stand im Vordergrund der Veranstaltung. Praktische Übungen im Programm, so beim Filmschnitt und bei der Erstellung eines Treatments zu einem Thema an Hand von Publikationsmaterial regten zur lebhaften Diskussion und intensivem Erfahrungsaus- tausch an.

Am Ende des Seminars waren sich die Teilnehmer einig, daß diese Veranstaltung für alle ein Gewinn war und daß die erworbenen Kenntnisse bei der weiteren Be- schäftigung mit dem Medium Film von Nutzen sein werden.

Renate Schiffbauer

Welt-Pharmaverband:

Am produktivsten ist der Markt

Der Welt-Pharma-Verband (Interna- tional Federation of Pharmaceuti- cal Manufacturers — IFPMA), ein Zusammenschluß der Pharma-In- dustrie-Verbände von über 40 der wichtigsten arzneimittelherstellen- den Länder, diskutierte Mitte Juni in London anläßlich seiner achten Vollversammlung das Verhältnis der pharmazeutischen Industrie der westlichen Industriestaaten zu den BRIEFE AN DIE REDAKTION

dem kleinen Mann noch verblieben ist, wäre damit in einem Glück- seligkeitszuchthaus sozialistischer Provenienz unmöglich geworden.

Im rosenfingrigen Wohlfahrtsstaat wird Patientenglück staatlich ver- ordnet. Die Kranken und Leiden- den, das Heer der betagten Men- schen, aber auch die sozial Ver- femten und Bedrückten haben sich gefälligst auf den anonymen Prüf- ständen der klinischen Technik ei- ner maschinellen Durchsicht zu un- terziehen. An den Fließbändern ei- ner gigantischen Reparaturwerk- statt für defekte Menschen garan- tiert ein vollautomatischer War- tungsdienst die Erhaltung der Ma- schine Mensch. Denn Gesundheit dient letztlich dem Kollektiv, dem totalen Sozialismus. Die Seele des Menschen darf dabei ruhig im Stra- ßengraben der Planwirtschaft lan- den...

Dr. med. Winfried Sander Bömelburgstraße 37 3000 Hannover-Hainholz

UNZUFRIEDEN

Zu dem Leserbrief von Klaus Rhein im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT, Heft 10/

1976:

Das Gebot der Stunde:

Klunckern!

Es zeugt von einer völlig falschen Einschätzung der Situation, den ...

Leserbrief des Kollegen Rhein als Ausdruck eines unzufriedenen Au- ßenseiters abzutun. Die Ausführun- gen spiegeln vielmehr die zuneh- mende Verbitterung und Unzufrie- denheit der niedergelassenen Ärz- te generell wider, die Unzufrie- denheit nicht zuletzt auch mit ihren Standesvertretern und deren viel- fach mitleiderregend hilfloses Rea- gieren, wo kraftvolles Agieren das Gebot der Stunde wäre. Uns fehlt halt ein hemdsärmeliger Kluncker oder Heeremann!

Dr. med. Friedrich Luce Facharzt für innere Krankheiten Hellweg 30

4782 Erwitte

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 34 vom 19. August 1976 2179

Referenzen

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