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Tauchsportkomplikationen,speziell des Ohres

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Academic year: 2022

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ER N S T MO R I T S C H

Neben Schäden an anderen Organen führen die erhöhten Drücke im tieferen Wasser zu Barotrauma und

Dekompressionsschäden des Mittel- und Innenohres. Da die Differenzialdiagnose nicht immer sofort stellbar ist, empfehlen die Autoren eine hyperbare Sauerstoff- therapie nach vorheriger Parazentese, sodass abnorme Druckverhältnisse in der Pauke und eine Gas-

bläschenbildung im Innenohr gleichzeitig behandelt

werden können.

In Deutschland gibt es schätzungsweise etwa 1,5 Millionen Sporttaucher. Störun- gen, die bei diesem Sport auftreten, betreffen in über 80 Prozent den HNO-Be- reich. Daher ist eine vorhergehende HNO- Untersuchung auf Tauchtauglichkeit von

grosser Bedeutung. Sie sollte in dreijähri- gen Intervallen und ab dem 40. Lebens- jahr jährlich vorgenommen werden. Zwar darf (in Deutschland) jeder approbierte Arzt eine solche Untersuchung durch- führen, doch sollten hierzu spezielle Fach- kenntnisse Voraussetzung sein.

Schon 480 vor Christus haben Skyllis und seine Tochter Cyane in der Schlacht von Salamis die Ankerseile persischer Kriegs- schiffe unter Wasser durchschnitten. Aris- toteles stellte 332 vor Christus Skelettver- änderungen bei griechischen Schwamm- tauchern fest. Allerdings führten erst Erkenntnisse der neueren Zeit zu jenen fundamentalen Entdeckungen, die beim Tauchsport physikalische Relevanz haben:

Boyle und Mariotte erkannten das Ver- hältnis von Druck zu Volumen; William Henry die Gesetzmässigkeit der Löslich- keit von Gasen in Flüssigkeiten, und Dal- ton entwickelte die Partialdruckgesetze.

Nach 1939 machte Hans Hass das Tau- chen populär; und mit der Aqualunge von J.Y. Cousteau und E. Gagnan begann die Eroberung der Welt unter Wasser.

Das Barotrauma des Innenohres

Während an der Oberfläche ein Druck von 1 bar herrscht, beträgt dieser in der Tiefe von 10 m bereits 2 bar (= Verdoppelung des Umgebungsdruckes), in 20 m Tiefe 3 bar und so weiter. Nach dem Gesetz von Boyle und Mariotte bedeutet die Verdop- pelung des Druckes in 10 m Tiefe auf 2 bar eine Halbierung des in die Tiefe mit- genommenen Gasvolumens, also in der Pauke. Die nächste Halbierung erfolgt erst 10 m tiefer. Somit erscheinen die ersten 10 m als die gefährlichsten Meter, die von Druckschädigungen gefolgt sind. Zumeist gelingt dem Taucher ein Druckausgleich mittels Valsalva; verbleibende Folgen hei-

len üblicherweise spontan oder sind ope- rativ sanierbar. Bei forciertem Valsalva kann es jedoch auch zu Druckwellenschä- digungen des Innenohres mit und ohne Ruptur der runden Fenstermembran kom- men. Klinisch treten Schwerhörigkeit, Tin- nitus und Drehschwindel mit Nystagmus auf. Bei Beteiligung der Pauke sind Trom- melfellveränderungen sichtbar; therapeu- tisch verhält man sich zumeist konservativ, nur bei anatomischen traumatischen Ver- änderungen wird eine Paukenexploration empfohlen.

Die Dekompressions- erkrankung des Innenohres

Durch zu schnelles Auftauchen und damit Absinken des Umgebungsdruckes werden kleine Gasbläschen im Gewebe frei und blockieren Kreislauf und Stoffwechsel

Tauchsportkomplikationen, speziell des Ohres

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●Das Barotrauma des Innenohres äussert sich in Schwerhörigkeit, Tinnitus und Drehschwindel mit Nystagmus.

●Die Dekompressionserkrankung des Innenohres ahmt die Sym- ptome des Hörsturzes nach.

●Beim Barotrauma verhält man sich meist konservativ, bei Dekompressionserkrankung ist eine Notfallbehandlung mit 100-prozentiger O2-Gabe und ausreichender Flüssigkeitszufuhr indiziert.

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(Caisson-Krankheit). Diese Erkrankung kann isoliert oder gemeinsam mit dem Barotrauma auftreten. Sie ahmt im Ohr die Symptome eines Hörsturzes nach; der Patient verspürt Hörminderung, Druckge- fühl im Ohr, Tinnitus und Drehschwindel mit Nystagmus samt vegetativen Begleit- erscheinungen. Die Innenohrdekompres- sionserkrankung zählt zur schweren Ver- laufsform der Dekompressionserkrankung vom Typ II. Der HNO-Spiegelbefund ist normalerweise regelrecht.

Die Therapie entspricht den üblichen Massnahmen bei Dekompressionserkran- kung: Notfallbehandlung mit 100-prozen- tiger O2-Gabe und ausreichende Flüssig- keitszufuhr. Eine kausale Behandlung stellt allein die hyperbare O2-Therapie, zumeist 100-prozentiger O2 unter Überdruck von 1,8 bar, dar, die Folgendes bewirkt: be- schleunigte Auswaschung von Inertgasen und von Gasbläschen, die auch hauptsächlich aus inerten Gasen beste- hen. Hypoxisches Gewebe wird durch das erhöhte physikalische O2-Angebot ausrei- chend mit Sauerstoff versorgt. Der er- höhte Umgebungsdruck reduziert die Gas- blasengrösse im Gewebe. All dies sollte so rasch wie möglich einsetzen, da jede Ver- zögerung zu signifikant schlechteren Er- gebnissen führt.

Barotrauma versus Dekom- pressionserkrankung

Liegt ein Barotrauma vor, würde eine Überdruckbehandlung die Situation ver- schlechtern und ist daher kontraindiziert.

Nicht immer jedoch kann vor Ort die genaue Diagnose gestellt werden; eine Koinzidenz mit einer Dekompressions- erkrankung kann bestehen. Um hier trotz- dem richtig vorzugehen, wird eine beidseitige Parazentese vorgeschlagen, welche Druckprobleme im Mittelohr aus- schaltet. Eine Dekompressionstherapie kann dann gefahrlos für das Mittelohr respektive das runde Fenster (Innenohr) vorgenommen werden.

Sonstige Schäden durch Tauchen

Wenngleich bei gut 80 Prozent der Tauch- unfälle das Ohr betroffen ist, müssen auch Schäden an anderen Körperstellen beach- tet und behandelt werden:

Hirnläsionen bei Vorliegen eines Rechts- Links-Shunts: Dadurch gelangen zur Verstopfung führende Gasbläschen ins Gehirn mit unterschiedlichen neurologi- schen Ausfällen. Unter normalen Bedin- gungen werden die Gasbläschen in der

Lunge abgefangen und abgeatmet. Bei dem genannten Shunt (bei jedem 3. Men- schen) können Bläschen in den arteriellen Kreislauf übergehen und Mikroembolien in der weissen Hirnsubstanz bedingen.

Zum Tauchsport ausgewählte, weit ent- fernte Urlaubsziele (Entwicklungsländer) sind vielfach von HIV, Hepatitis C, Influ- enza und so weiter durchseucht und stel- len eine zusätzliche Gefahr für die Taucher dar, vor allem, wenn die Tauchgeräte nicht ordentlich desinfiziert oder Leihgeräte ver- wendet werden.

Ferner wurden in Australien bei 25 Pro- zent der Tauchsportler Beschwerden im Bereich des Kiefergelenks und der Kau- muskulatur gefunden, wobei unphysiolo- gisch geformte Mundstücke der Atemreg- ler als Ursache angesehen werden.

Einschränkungen der Tauch- fähigkeit

Ein Zustand nach Verschlussplastik des Trommelfells stellt keine Einschränkung der Tauchfähigkeit dar, da die mechanischen Gegebenheiten etwa einem normalen Trommelfell entsprechen. Auch nach Sta- pesplastik wegen Otosklerose ist Tauchen durchaus möglich; entgegenlautende Be- richte liegen nicht vor. Anfangs sollte man jedoch etwas Vorsicht walten lassen.

Heuschnupfen im akuten Zustand oder eine andere mit Verschwellung des Nasen- inneren einhergehende Erkrankung stel- len gegen das Tauchen eine Kontraindika- tion dar, da die Mittelohrbelüftung ebenso wie jene der Nebenhöhlen blockiert ist.

Bei Asthma sind die Ansichten eher geteilt. Lagen nur in der Kindheit asthma- tische Beschwerden vor, ist Tauchen durchaus erlaubt. Milde bestehende Be- schwerden lassen Tauchen im begrenzten Ausmasse zu, mittel- und höhergradige Beschwerden verbieten jedoch den Tauch- sport, insbesondere kann es beim Aufstei- gen durch Ausdehnung der Atemluft zu Lungenüberdehnung mit folgendem Pneumothorax beziehungsweise arteriel- len Gasembolien mit schwersten neurolo- gischen Verwicklungen kommen.

Eine rezente Gehörgangsentzündung, ein häufiges Taucherleiden, erfordert entspre-

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chende lokale (Selbst-)Behandlung, stellt aber kein Hindernis dar.

Nicht tauchfähig sind verständlicherweise Personen mit freiem Zugang des Wassers zur Innenohrwand, also mit liegendem Paukenröhrchen, Defekten im Trommel- fell bei chronischer Otitis media und nach Radikaloperation. In diesen Fällen würde das kalte Wasser entsprechend einer Kalo- risation einen erheblichen Reiz auf das Gleichgewichtsorgan ausüben mit starkem Schwindel und somit Desorientierung im Raum. Bei Zustand nach Tympanoplastik oder atrophen Trommelfellnarben könnte es bei Einriss zu ähnlichen Effekten kom- men; ein Versuchstauchen unter Aufsicht im Schwimmbecken ist sinnvoll.

Schliesslich muss vom Taucher auch eine ausreichende körperliche und geistige Reife vorgegeben sein. Kinder und ältere Personen zeigen gewiss nur eine be- grenzte Einsatzfähigkeit.

Druckkammer

Die Dichte dieser Einrichtung in Deutsch- land hat leider von 100 auf 40 abgenom- men. Das schränkt naturgemäss die zeit- gerechte Versorgung der Tauchunfälle ein.

Neben den genannten Tauchunfällen

werden hier aber auch Unfall- und Ver- brennungsopfer, Atemgasvergiftungen und Crash-Traumata gegebenenfalls mehrmals täglich einer hyperbaren Sauerstoffthera- pie unterzogen. Zusätzliche krankengym- nastische Massnahmen reduzieren blei- bende Gesundheitsschäden, zum Beispiel neurologische Ausfälle.

Der Verband deutscher Sporttaucher hat für Akutfälle eine rund um die Uhr be- setzte Hotline eingerichtet, an die sich der Erstversorger wenden kann. In den Jahren 2000 bis 2002 sind in Deutschland 258 Tauchunfälle aufgetreten, davon HNO- Barotraumata 67 Mal, schwerere Dekom- pressionserkrankungen Typ II 57 Mal und leichtere Fälle vom Typ I 38 Mal. 13 Todes- fälle waren zu beklagen.

Kommentar des Referenten Die Wichtigkeit einer vorsorglichen Unter- suchung des HNO-Bereiches in Bezug auf die Tauchtauglichkeit ist somit gegeben.

Klarerweise ist ein Kanülenträger für Was- sersportarten ungeeignet. Leichtfertiges Tauchen bei bestehenden, wenn auch an- behandelten Infekten stellt ein deutliches Risiko dar; ein solcher Infekt kann sich auch während der Anreise zum Tauch- gebiet entwickeln. Schliesslich kann durch das einfache Hineinspringen ins Wasser ein Trommelfellriss auftreten, der zum Ein- dringen kalten Wassers und damit zu Schwindel und Desorientierung führen kann. Der Mensch ist eben kein Wasser- sondern ein Landlebewesen. ●

1. C. Klingmann und F. Wallner: Tauchme- dizin aktuell. HNO 2004; 52: 585–589.

2. C. Klingmann und F. Wallner: Tauchme- dizinische Aspekte in der HNO-Heilkunde.

HNO 2004; 52: 757–769.

3. C. Klingmann und Mitarbeiter: Behand- lung akuter kochleo-vestibulärer Schädi- gungen nach dem Tauchen. HNO 2004;

52: 891–896.

Ernst Moritsch, Wien Interessenkonflikte: keine deklariert

L L L

L ii ii n n n n k k k k

Schweizerische Gesellschaft für Unter- wasser- und Hyperbarmedizin

Informationen zum Fähigkeitsausweis Tauchmedizin, zur Tauchtauglichkeit etc.

Internet: www.suhms.org

Tauchsportkomplikationen, speziell des Ohres

Referenzen

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