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, Villi licptix. III II Ulli! Siihnillni.
liih.y.R.F!ilk,Brr.',Uv.
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Zur phönizischen Münzkunde Nordafrikas (Mün¬
zen von Leptis , Oea und Sabratha), und "Nach¬
träge zu den nabathäischen Inschriften.
Von Dr. IM. A, lievy.
I.
Mit dem Erscheinen des Werl(es von Ij. MUller Uher die
MUnzen des alten Afriku '), hesunders des zweiten Theiles dieses
Werkes ist uuch fUr die phönizische MUozkunde des einst su
mächtigen Kurthugo's und der von ihm abhängigen Gebiete eine
ueue Kpoche ungebrochen. Dieser kürzlich veröffentlichte zweite
Theil beschäftigt sicb mit den Münzen der Syrte, Byzacenu und
Zeugitnnu, mit denen, weicbe zum grössteo Theil Legenden in
phönizischen Zeichen haben, und die ebensowohl in numismati¬
scher, wie graphischer Beziehung längere Zeit vernachlässigt
worden waren. Herr MUller hat diese Lücke auf die trefflichste
Weise ausgefüllt. Kin sehr reicbes Material, seit vielen Juhren
zu diesem Zwecke gesammelt, tüchtige Kenntnisse des einschlu¬
genden archäologischen und numismatischen Gehiets und hesonnene
Kritik, die sich fern hält von ullen abenteuerlichen Vermuthun¬
gen , denen gerade auf diesem Felde seit geraumer Zeit ein
Tummelplatz eröffnet schien, standen dem Herrn \erfasser hilf¬
reich zur Seite uud baben ihn daher ein Werk zu Tage fördern
lassen, das wir, wie gesagt, als bahnbrechend bezeicbnen müs¬
sen. Je vortrefflicher aber ein Buch auf einem wissenschaft¬
lichen Gebiete ist, das nur von einer geringen Zabl Gelehrter
betreten wird, je zuversichtlicher man sich auf die gewonnenen
Resultate verlässt, um so mehr ist es Pflicht diese nach Kräften
vor allen Anfechtungen zu wahren, oder wo sie zweifelhaft oder
irrthümlich sind, wo möglich dieselben zu berichtigen und zu
ergänzen. In diesem Falle hefinden wir uns den Untersuchungen
I) Numismalique de l'ancienne Afrique. Ouvrage prepare el commence par (J. T. Falbe et T. Chr. Lindberg, refait, acheve et publie par L. Müller.
Premier volnme : les monnaies de la Cyrenaique. Copenhague 1860. 4.
Deu.xiüme volume: Ies monnaies de la Syrtique, de la Byzacene et do la
Zeugilane. Copenhague 1861. 4. Wir haben es im Folgenden nur mit dem
zweiten Theil dieses Werkes zu tbun.
7 6 Levy , zur phünizischen Münikande Nordafrikas
des Herrn Verfassers gegenUlier Iiei den pliönizisrlien' Miinzlegen¬
den der iSyrte.
Herr Müller beliandelt IS. 3 fg.) unter den Münzen der Syrte
aurh diejenigen, weicbe Gesenius (Scripturae linguaeque phuen.
inon. tab. 43. XXIII) unter Vacca nder Vaga aufTührt. Er selbst
entsclieidet sicb, näcbdein er die Versuche seiner Vorgänger über
die Ivesung der betrelfenden Legende beleuchtet, nach dem Vor¬
gänge von Lindberg und Movers für Gross-Leptis, die bedeutend¬
ste Handelsstadt der Syrte, von der auch zahlreiche MUnzen aus¬
gegangen sind. Besonders interessant sind die zwei ersten (ge¬
wiss nocb autonomen) Münzen dieser Stadt, welche wohl schon
früher abgezeichnet und veröffentlicbt worden (so z. B. von Ge¬
senius u. u. 0. tub. 43, ß), uber in sehr incorrekter Weise, so
duss man nuch Müller's Zeichnung ein ganz anderes Bild von
ihnen erhält. Wir tbeilen die grössere von heiden ( den Typen
nach' sind beide ganz gleich) hier mit (s die Tafel no. I) und
geben die Beschreibung derselben mit Müller's Worten (S. 3):
Tdte de Bacchus, couronnee de lierre, ä gaucbe; les cheveux
en sont lies en noeud par derriere , et tombent sur le cou en
longues tresses regulieres. Grenetis. Rv. Massue droite; des
deux cdtes: ""pob "ipcT: , 6crit de baut en bus; le tout entoure
d'une couronne de luurier. jE. 31, 6 — 23, 3 gr.
Gegen die uusfübrlicbe Begründung des Verfassers die mit¬
getheilte Münze Leptis zuzutheilen, wird sicb schwerlich etwas
Erhebliches einwenden lussen, auch mit der Deutung der Legende
■"pDb TpDS „pruefectura oder praefectus Leptis"') sind wir im
Allgemeinen dem .Sinne nacb einverstanden, wenn wir aucb etwas
verschieden die Legende lesen und deuten. Jedenfalls kann nuch
den denilichen Zeichen nicht mebr von einem -ipbs "pa; ,, urbis Herculis" (Gesenius u. a. 0. p. 321) oder ipa er "pab „Lepca"
(= Lamliiicsa , jene Benennung sei die ursprünglicbe für diese
Stadt) „peuple de Bogud " (Judas, revue numismatique 1856,
p. 238—245) die Rede sein. Wir lesen die Legende 'pab lp20,
da das zweite Zeichen in beiden Wörtern eher ein Betb, als eiu
Phe ist, und erklären dies =ipaV [']"ip273 „a praefectis Leptis".
npa oder Tpe =:r behr. Tpe ist durch den biblischen Sprachge¬
brauch in der Bedeutung „Beamter" gesichert, und duvon st. estr.
plur. "ip;: , dns im Altphönizischen -') auch -ips geschrieben wer¬
den kann, nucb Analogie von y^x ;3»ait!=y"i: [■'Jbsairi „von
den Bürgern von ZIZ", wie uuf einer Münze bei Ugdulena (.Sulle
1) l'fSn nimmt Müller narh Analugie von bU573i: ..prinripatus" und dieses |iru concreto ,, princeps".
2) Uie Schrilt unserer Miinze ist noch a I t p h ö n i z i s c b zu nennen,
»enn auch eine gewisse Hinneigung zum iX'euphönizischen sich hemerklich macht. Aehnliches künnen wir wahrnehmen an der VVeibeinscbrift von Con¬
stantine, s. diese Zsitschrifl Xlll, S. tjoU.
und Nachträge zu den nabatäischen Inschriften. 7 7
monete punico-sicule memoria, tav. II, 21) zu lesen ist, und ähn¬
lichen Fällen ■). Dass aher die Consonanten Phe und Belh in
dem Worte ip3 wechseln, darf für die Syrtengegend „cujus civi¬
tatis lingua", um mit Sallust (Jug. 78, 4) von der Sprache der
Leptitaner zu reden, „modo conversa connubio Numidarum" nicht
auffallen. So finden wir auch in der Inschrift voo Leptis (Judas
ctude demonstrative, tab. 7) «a-i-t ■'N3>bp für NBln '>hs':t> „Clo¬
dius medicus."
Ist nun die Lesung und Deutung der Beischrift auf der
Münze von Leptis, als Bezeichnung einer S tad t b e h ö rd e , der
wohl auch die Aufsicht üher die gesetzmässige Anfertigung der
Münzen anvertraut war, höchst wahrscheinlich, so lässt sicb
Aehnliches auch von den Beischriften neben dem Städtenamen bei
den Münzeo der aodern Orle der Syrte, besonders hei denen von
Oea und Sabratha, den wichtigsten Handelsstädten dieser Gegend
neben Leptis, erwarten. Voo den Münzen von Oea hat nun
Herr Müller ein bisher ganz unbekanotes Bxehiplar, dem Münz¬
cabinet von Copenhagen anhörig, veröffentlicht ( s. uns. Taf.
no. 2). Er beschreibt dieselbe (p. l.'i):
„TÄte de femme tourelee k g. ; derriere ns't Greoetis. Rv.
Töte d'Apollon laurie k dr. ; devant ffintlD".
Dass die Legeude zur rechten Seite nS'i geleseu werden
müsste , und durch dieseihe die Stadt Oea bezeichnet werde, dar¬
üher sind jetzt Alle einig, dagegen hat die der linken mannig¬
fache Schwierigkeiten, sowohl in der Lesung, als in der Deutung
verursacht. Falbe bat iDNfia gelesen und will darunter Berezeos,
„Station sur la route de Tacape ä Cydamus d'apres l'itiniraire
d'Antonin" verstaoden wissen; Lindberg, indem er UJQ'TSb liest,
sieht dariu die verkürzten Namen der Städte Lambaesa'. und Mus¬
culo in Numidieo. Müller wendet dagegen mit Recbt ein, doss
Berezeos, eio weoig gekannter Ort der Wüste, ohne Verbindung
mit Oea gewesen sei , und ebenso die im Innern Numidiens ge¬
legenen Städte Lambaesa und Mascula. Seioer eigenen versuch¬
teil licsuog ©yt-O giebt er die Bedeutuog „praefectus tributo"
Tno praefectus nach Habak. 3, 14 und NiSQ tributum 2 Chr. 17,
li.' „On poorra dooc y voir un magistrat phinicien ripondant
au ra/xlaf , quaestor, tilres qu'on rencontre souvent sur les mon¬
naies grecques et romaioes, ootamment sur les monnaies cyrenien-
nes de la mime ipoque, une teile signification serait analogue ä
celle de la (igeode ipcQ sur le no. 1 de Leptis. II est toute¬
fois possible que la ligende dont il s'agit, nous offre les noms
des deux suffites qui itaient ä la tite de l'admioistration de lu
ville, ou bieo, si la ligende n'est pas divisie eo deux par un
point, le oom d'un des suffetes, auquel a iti confiie la surveil¬
lance du monnayage."
1) S.' uDnere- pköiiizischeD Studien 1, S. il, Kum. 2, 6 «
78 Levy, zur phönizischen Münzhunde Nordafrikas
Wesshalb alle diese Versuche die richtige Bedeutung der
Legende zu finden^ fehlgeschlagen sind, kummt daher, weil man
die drei Zeichen, womit dieselbe beginnt, falsch gelesen hat.
Im Neuphönizischen , zu welcher Scbriftart offenbar uusere Le¬
gende gehört, ist ein Sain in der Form eines geraden Striches
undenkbar, da einerseits ' ein Sain überbaupt noch nicbt mit Si¬
cherheit in der geoannten Scbriftform gefunden worden, ander¬
seits selbst im Altphönizischen nicbt nacbweisbar ist. Nur das
aramäisebe Alphabet kennt den geraden Strich, als Sainfurm.
Alle drei Zeichen aber, die Uerr Müller als TIC gelesen, sind
nur ein Buchstabe, und zwar ein Cheth, das im Neuphönizischen
unter den sonderbarsten, zerfahrensten Formen uud in der Regel
in drei Zeichen zerfallend, anzutreffen ist, vgl. z, B. Bourgade
toisou d'or, tab. 5, Zeile 3, das. 7, 3; 10, 1; 26, 3 uud Judas,
et. demonst. II, I ; 15, I u. ö. Das ganze Wort ist daher zu
lesen: iliUn. Dass aber diese Lesung (von der Deutung des
Wortes seben wir 'für's Erste ab und werden alsbald über die¬
selbe sprechen) die richtige sei, wird durch äbniiche Legenden
uuf den Münzen von Sabrathu bestätigt. Auch uuf dieser dritten
grösseren Studt der Syrte findet sich neben der phönizischen Le¬
gende, weicbe den Stadtnamen (pnin^) bezeichnet, noch eine
Beischrift, die auch niebt richtig gelesen und gedeutet worden
ist. Gesenius (a. u. 0. tub. 43. XXIV, A u. E.) bat eine solcbe
Müuze, aber in so wenig befriedigender Weise, gegeben, duss
wir die Zeichnung nuch Müller in unserer Tufel (s. dus. no. 3)
vorzulegen uns genöthigt seben. Die Beschreibung dieser Münze
lautet nach Müller (p. 28): „Töte d'Auguste nue a dr.; devant,
le lituus ; derriere, CAESAR. Grenetis. Rv. Tite de Serapis ä
dr.; derriere ]sn^3V ; au dessous Ikö-it. Grenetis."
Eben dusselbe, wus wir gegen die Entzifferung der Legende
vun Oea vorgebracht haben, dass nämlich ein Sain-Zeichen sich
nicht im Neuphönizischen in der F'orm eines geraden Striches
nachweisen lasse, ist aucb gegen die Lesuog ::n"'T einzuwenden.
Es konnte daber aucb nicht feblen, dass die versuchten Deutun¬
gen dieses Wortes , wie sie scbon von Gesenius und anderu Ge¬
lehrteo , denen die genaue Zeichnung Müller's nicht vorlag, so¬
wie des zuletzt genannten Gelelirten (vgl. p. 32) nicht geglückt
sind. Offenbar ist die Beischrift ganz ebenso, wie bei der Müoze
vou Oea ttjsn ') zu leseo ^).
1) Es macht keinen wesentlichen Unterschied, wenn man den Punkt, der auch sonst auf neuphönizischen Steinmunumeiiten zur KrgUnzung eines He vor¬
kommt, um ein Cheth auf solche Weise zu bezeichnen, unbcriicksiebligt liisst und onn liest, s. weiler unten.
'2) üie Varianten dieses Worles s. unsere Taf. Nr. ,S a — d. Unter die¬
sen ist 3d auffallend; vielleicbt ist der letzte Buchstabe etwas ungenau für X, so dass &12)n statt wnn zu leseu ist. Die Vertausehung von Buchstaben
und Nachträge zu den nabatäischen Inschriften. 79
Was aber das Wort ojnn , bekanntlich im Hebräischen und
auch im Pböniziscben (sebr häufig' auf den Grabinschriften Nord-
ufrikas) die Zahl fünf bezeichnend, auf unsern Münzen bedeute,
giebt uns eine etwas ausführlichere Beischrift einer Münze von
Sabratha an, deren Revers, da der Av. derselbe ist wie bei no. 3,
ebenfulls nach Müller's genauer Zeichnung hier einen Platz findea
mag, s- ana. Taf no. 4 (vgl. Müller p. 28, no. 59).
,,La tete radiie d'Auguste ä dr.; derriere, C.4BSAR, Grenetis.
Rv. Töte de Serapis ä dr. , devant la legende •)jniJX ; derriere
naDJ'Nii; ort."
Die Erklärung der grösseren Beischrift war bis jetzt eine
crux interprctum. Die älteren Erklärungen, die auf ungenauen
Münzlegenden beruheu, könneu wir füglich übergeben. Judas,
der sclion früher nach einem Exemplar des kaiserlichen Münz¬
eabinets in Paris eine richtige Abschrift, wie die vorhin ange¬
gebene, vor sich gehubt '), theilt die Zeichen also ab: nan »NTUan
d. h. „ le grund port" ein Epitheton für Sabratha '). Müller
gluubt -i3DyNio Dn könne bedeuten „moneta senatus", Dn, ähn¬
lich wie obn auf den Münzen von Gades und denen der Könige
von Nb^tdien uud Mauretanien bedeute opes, oder auch moneta,
das 'i; sei Praefix des Genit. und 133 = ian societas, socius
„avec un N prostbitique et un S iutercal6 en pleonasme, comme
les inscriptions neo-puniques nous en offrent souvent des ex¬
emples"
Da, wie in der vorangehenden Anmerkung erwähnt, der ge¬
lehrte Münzkeuner bereits von seiner Ansicht abgegangen ist, su
überbebt er uns der Mühe auf dieselbe einzugeben, gewiss wird
er selbst in dem folgenden Theil seines Werkes, das uns die
Münzen Numidiens und Mauretaniens bringen wird, das nsbnxin
regnum = rex erklären. Wir leseo pmas ("iaa oder) 133 SNUjan
d. h. „quinque principes Sabrathae". — N«)an ==t<ttjan wird kei¬
nen Anstoss finden, da uns die Vertauschung der Laute He und
Cheth im Neuphöoizischeo einige Mal begegnet, ebenso dass dus
Aiu und Aleph binzugefügt ist, wie isnj, -ns2, «DSD u. m. dgl.
— n33 kano man ['']'^^^ punktiren, der Stat. coostr. nach dem
Zubiwort ist ganz io der Ordnung, und die Bedeutuug „mäch-
ist im Neuphöuiziscben nicht selten, u. gerade bei ViüTt finden wir aat den Steinmonumenlen bU)n stalt jenes Worles, Bourg. 22, 3. 'li. phön. Siud. II, S. 82.
1) Vgl. revue numismatique 1856, p. 114. Anm.
2) Wie Herr Judas zu dieser etwas sonderbaren Erklärung gelangt ist, möchte hier auseinanderzusetzen zu weit führen, wir verweisen daher auf die augeführle Stelle in der Hevue . num.
3) Nach brieflieber Mittbeilung hat Herr M. diese seine Ansicht dahin modilicirt, dass er in der augerührten Legende SuSetennamen zu sehen ge¬
neigt ist.
80 Ltvy, sur phönizischen Münzkunde Nordafrikas
tig, angeseben" ist scbon durcb das Hebräische gesicbert,
findet sich aber auch im Phöoizischen in den beltanoteo lUßttfjot
z= t^ioi (.uyakoi, vgl. auch »3^33 = by3")33 auf eioer assyri¬
scheo Gemme '). Dass aber aucb das Jod im stat. estr. plur.
im Neuphöoizischeo feblt, beweisen die Legenden 73u;by3'3
a dominis Sexto^um ='<b93u, ohgleich- die Legeodeo dieser Miin-
zeo der Schrift oach vielleicht ooch später als die unserer Sa-
bratha-Münzen sind.
Nacb der Aogabe der ausfübrlicben Beischrift auf der ange¬
führten Münze, sind wir nunmehr aucb im Stande die verkürzte
enn zu verstehen. Sind die pnt3:^ ""33 Ku;an 'ein Collegium,
oder eine Behörde voo füuf Männero, so bedeotet <£l3n , das Fe¬
mininum, als Nom. abst., das Fünfercollegium, das wahrscheinlich
die Aufsicht über öffentliche Angelegenheiten und die Münzen
gehabt hatte, und entspricht also die Beischrift der von Leptis
''psb ipctt, älinlich der Behörde bei den Römero , aof deren
Münzen die tresviri mooelales acre, argento, auro, flundo, fe-
riundo (Iii Viri k. A. A. F. F.) genannt werden ^). Seltener
werden bei diesen letztern ,, quinque viri", eiu Collegium von fünf
Männern genannt'*). Es ist immerhin möglich, dass hei( ^n Be¬
wobnern der Syrte zur Zeit der Abhängigkeit von den Römern
eine solche Münzberrn-Commission wie bei dem herrschenden
Volke eingeführt worden, nur dass hier in der Provinz das Fün¬
fercollegium das gewöhnliche war.
Wir werden aber aum noch einen andern Versucb maclien
dürfen, oosere Legende zu leseo, und vielleicht wird dieser den
Vorzug verdieoeo , wenn wir pn'lSS SNISnpi quinque viri
Sabrathae lesen , was ganz entspre.chend der genannten römischen
Behörde ist. Dass das Graphische nicht gegen eine solche Lesung
ist, wenigstens nacb der Zeichnung von Müller, die sich auf drei
Exemplare stützt und das vollste Zutrauen verdient, wird man
nicht bestreiten. Das fragliche Zeichen, das wir oben Kaf gelesen,
lässt sich im Neu|iliönizischen bin und wieder als solches wohl
nachweisen, nicht minder aber auch als Gimel und wir werden
weiterhin noch Gründe anführen, die es sogar noch wahrschein¬
licher machen, dass das Zeicheu Gimel sei.
Es ist nämlich, wie icb durch briefliche Mittheilung des Hrn.
Müller erfuhren , kürzlich von dem königlichen Münzcabinet in
Copenhagen ein Exemplar einer Münze -von Sabratha erworhen
worden, die g^nz dieselben Typen, n'ie die vorher bescbriebene
1) S. |ihön. Siud. II, S. id.
i) S. Ueseniu.s .1. a. 0. tab. 40 ii 4l. WI. Lindherg: comnirntnlin de nuini.s l'unieis Sexliiruin p. 22.
3) S. Monini.seii (ieschiehle des riiinisehin Miiazweseos S. .^ßli flg. Vgl.
Eckhel docl. num. prolegg. c. XIV.
4) S. Mommsen a. a. 0. S. 368.
und Nachträge xu den nabaläischen Inschriften. 81
fg no. 4 unserer Tafel) hat, auch die Legeode lynias ist die¬
selbe, jedoch die grössere Aufschrift ist verschieden. Soweit die
ziemlich verwischteo Buchstabeospureo es gestatteo, glaubt Herr
Miillei* die Legeode io der Art wiedergebeo zu köoneo, wie wir
gie auf uoserer Tafel no. 4, a abzeichnen liesseo. OfTeohar muss
die Legeode auf der oeuerworbeoeo Müoze (no. 4, a) desselben
Inhalts, wie die ihr an Typen gaoz gleiche (no. 4) sein. Wie
die liegende aber uns vorliegt, wird man schwerlich irgend einen
Sinn herauszubringen im Stande sein, wir werden aber gewiss
nicht zu viel wagen, wenn wir eine kleine Emendation vorneh¬
men, wie wir dies auf unserer Tafel no. 4, b angedeutet haben.
Wir lesen dann: lymasiünninaa d. i. 's »an •'ni^a quinque viri
Sabrathae. Aus der genannten Legende geht dann aucb mit
grosser Wahrscheiolichkeit hervor, dass wir eher ein Gimel, denn
ein Kaph in dem fraglichen Buchstaben der Legende no. 4 zu
suchen haben.
Noch weiter bemerkte uns Herr Müller, dass er vermuthe
die Münzlegende, welche er in seinem Werke S. 27 no. 54 mit-
iretheilt und die wir auf unserer Tafel no. 5 wiedergeben, sei
eine Verkürzung der ehen besprochenen. Die Bescbreibung der
Münze lautet nacb Müller:
„Kopf des Augustus, vor demselbeu der Lituus, hinter dem-
gelbeii CAESAR. Das Ganze in einem Lorheerkraoz eiogefusst.
Rv. Bärtiger und belorbeerter Kopf (des Herkules) rechtsseheod,
hioter demselben lyn-Jiai:, vor demselheo U)*ia."
Wir theileu insofern die Ansicht des gedachten Gelebrten,
dass wir die Legende vor dem Kopfe ebenfalls für eine Ver¬
kürzung der grösseren halten, und zwor mag diese durch den
Punkt ausgedrückt sein '), lesen aber [ttSOjn (■'^)3J „quinque
viri".
Ein gleiches Bewandtniss, glauben wir, hat es mit einer
andern Münze voo Sabratha, welche bei Müller sich S. 29. no. 61
findet (s. uns. Taf. no. 6^)). Die Münze beschreibt dieser Ge¬
lehrte :
„Tite de Bacchus, couroonie de lierre, ä g. , devaot la li¬
gende ]ym3S, derriere "10-13. Grenetis. Rv. Capricoroe ä dr.,
teoaot uo globe eotre les pieds; au-dessus, uoe corne d'abon¬
danee; au-dessous, un gouveroail. Filet au pourtour."
1) Es wäre sehr wünschenswertb, wenn wir durch Miinzkenner, die voll¬
ständigere E.xemplare besitzen, weitere Aufschlüsse erhielten. Wir erinnern uns, einmal ein Exemplar der genannten MUnzen geseben zu baben, dessen zweiles Zeicben einem Betb sebr ühnlicb war.
2) Wir baben nur den Av. abbilden lassen, den Rev. kann man bei Ge¬
senius t. 43. XXIV C. einsehen.
Bd. XVII. 6
82 Levy, zur phönizischen Mümkunde Nordafrikas
Auch in der Legende dieser Miinzen können wir die ver¬
kürzte Insclirift [\i;ä]n ["""ilaJ vermutlien, und die Verkürzung
inöclite dunu wiederum durch einen Punkt ausgedrückt sein. Ge¬
wissheit dürfte uns freilieh erst eine grössere Menge von Münz¬
exemplaren mit deu ebeu beschriebenen Typen geben , da nuch
Herrn Müller nur zwei Exemplare (vou uo. 5 u. 6) zu Gebote
standen, vielleicht fände sich dann eine ausführlichere Legende.
Endlich wollen wir zur Vollständigkeit auch noch eine Beischrift
einer Sabrutba-Münze, die sich zwar bei Gesenius findet (a. u. 0. B.
unter dem Herkules-Kopfe), aber nicht correct gezeichnet, hier
wiedergeben (s. uns. Taf. no. 7), obgleich wir sie nicht mit
Sicherheit zu entziffern vermögen. Die Abbildung bei Müller
gründet sich auf 13 Exemplare verschiedener .Sninnilungen ; die
Typen der Münze sind im Ganzen gleicb der no. 5. Die Le¬
gende kann kaum anders, als '^is:>m oder '^lunn gelesen werden,
wenn man das dritte Zeicbeo als Aiu betrachtet und das scheint
uns ziemlich wahrscheinlich, für eineu treunenden Punkt kommt
es uns zu gross vor 'j. Liest man ^iL^m , so könnte num dies
= 'trN"jn balten, also 'ii HüN''a biesse: „von den Häuptern .Sa- bratba's (a principibus Sabrathae)", was auf dieselbe Formel, wie
die der andern Münzlegenden fübrt. Aehnlich wäre die Bedeu¬
tung,'weno man nayiü liest, •'H.J'D möchte = 'N-ic: st. constr.
plur. von N^Ö: Fürst, Stamm haupt sein. Doch können wir
hier nichts Bestimmtes ermitteln, die Legende bleibt immer norb
schwer verständlich.
n.
Die nabathäischen Inschriften der Sinai-Halbinsel dürften mit
der Zeit immer mehr an Bedeutuog gewinnen, wenn man erst
die Monumente der Nabathäer an andern Orten, die seit Kurzein
aus dem Dunkel hervortreten, näher kennen leinen wird. Ks
wird sich dann zeigen, dass aus noch manclien sprachlichen und
sachlichen Erscheinungen auf diesen Denkmälern, suwie uus ge¬
schichtlichen Ueberlieferungen eio ungefähres Bild des alteu Nu-
baUiäervolkes annäherungsweise sich wird construiren lassen. Zu
diesem Zwecke wird das alte vormubainmedanische Arabien, Clia-
raceoe, Palmyra, das edessenische Reicb, ja selbst der Hauran
sein Contingent liefern müssen, und es wäre wünschenswerth.
I) Man geräth leicht in Versuchung bei der corruiupirlcn Sprnche der Phönizier NordaTrikas, die so Manches von den Libyern angenommen haben, aueh eine Mischung der Schrirt mit einzelnen Schril'tzeichen desselben Volkes anzunehmen. So riib'chte mun den kleinen Kreis Tür ein libysches Meph hal¬
ten, wodurch die Legende eine leichtere Deutung Täude. Doch finden wir uns zu solcher Annabme nicht berechtigt, da wir sonst keine Beweise einer gemischten Scbrirt auf den pböniziscben Denkmälern Nordafrika's finden.
und Nachträge zu den nabathäischen Inschriflen. 83
(lass die Monumente d.es letztern in genügender Anzahl hald ans
FJcht träten '), um den Complexus der verschiedensten Völker,
die man unter dem Numen Nabathäer begriff, besser überschauen
zu können. VVir wollen dies nur kurz hier andeuteu , weil wir
hald auf diesen Gegenstand zurückzukommen hoffen; für jetzt
begnügen wir uns einzelne Nachträge zu unserer früheren Arbeit
in dieser Zeitschrift (Bd. XIV, S. 363 fg.) zu gebeu.
Unsere Bebauptung, dass die Sprache der nabathäischen In¬
schriften der Sinaihalhinsel und von Petra aramafsch sei, wenn
auch die Bligennamen zum grössten Theil arabische Formation baben,
hat von vielen Seiten Zustimmung gefunden. Zu den Aramaismen
haben wir unter Andern aucb die Genitiv-Bezeichnung durch
nach der Sprache der Mischnab gerechnet. Als Beleg dafür ha¬
ben wir ausser der Insebrift bei Lepsius no. 12 u. 87, a (s. uns.
Abhandlung S. 417), noch aus Lepsius 64, ter: tya-bi» Dn buJ
angeführt. Durch GUte des Herrn Reginult Stuart Poole bin ich
in Besitz von einigeu Phurtograpiiien , aufgenommen im VFadi Mo¬
katteb von den Inscbriften tragenden F'elsen gelangt, die mir
volle Gewissbeit über die ausgesprochene Ansicht geben. Unter
den Photographien findet sich glücklicherweise die S. 448 (a.a.O.)
mitgetheilte insebrift aus Lepsius 64, ter und ganz deutlicb zeigt
sich bier bs3~r^< cn zugleich wird auch unsere Vermuthung
(S. 449, Anm. 1) bestätigt, duss der Anfang der Zeile luute:
-by "13 ■«nbN dti n-an
worauf dunu die scbon angeführten Worte folgen.
Ein grösserer Zuwachs nabathäischer Inscbriften ist in
der jüngsten. Zeit, so viel ich weiss, nicht bekannt geworden.
Petra ist in dieser Beziehung noch immer eine terra incognita;
nnr einzelne nabutliäische befinden sicb unter den bisher bekannt
gewordenen hauranischen Inschriften. Sehr gespannt konnte man
nach den Bericbten des englischen .4thenaeum (Mai u. Juni 1859,
p 584 u. 747) auf die (von Macdonuld?) gemachten Inschriften-
F^unde auf der .Sinaihalhinsel sein, die nach dem britischen Mu¬
seum gebracht worden sind. Mit grosser Erwartung habe ich
1) Aus den geringen .Vlillheilungeii durch Welzstein in dieser Zeitschrirt, in der für Erdkunde und in seinem Keiseberichte, sowie aus den von Graham in dem Journal of the royal asiatic soeiety (I860) lassen sich schwerlich .schon jetzt sichere Resultate zur Knlzifferung erzielen. Der Versucb von Itlau (in dieser Zeitschr. XV, S. 450 Ilg.) isl als solcher recht dankenswerth, doch glauben wir, dass ersl eine grSssere Anzahl von Jnschriften zu siche¬
ren Resultaten führen kann. Wie wir hören, soll der bekannte Archäologe Waddington sehr ansehnliche Inschririenrunde im Hauran gemacbt baben.
Möchten diese, sowie die von Wetzslein uns nicbl lange mebr entzogen bleiben.
6*
g4 t'Cvy , zur phönizischen Mümkunde Nordafrikas
daber die Kallcablilatgcbe daselbst in Augensebein genooimen ;
wie selir aber fand ich mich getäuscht. Fast alle, einige wenige
ausgenommen, die bereits bekannt gemachte Inschriften enthielten,
sind unbrauchbar, weil sie ganz verlöscht und unkenntlich waren,
und dieses negative Resultat meiner Untersuchung mag fiir man¬
chen Andern nützlich sein, der gleich mir eine weitere Belehrung
voo diesen Funden erwartet hat.
Auch durch Reisewerke, welche eine Beschreibung der be-
treflfenden Gegenden zum Inbalte haben , ist meines Wissens der
Stoff nicht vermebrt worden. Herr Tiscbendorf, der zu andero
wissenschaftlichen Zwecken die Halbinsel des Sinai besucht bat'),
berührt auch die merkwürdigen Felseninschriften daselbst, und
stellt die neuesten Forscbungen über dieselben zusaminen, ohue
selbst neues Material zu geben. Als ihren Zweck und Veranlas¬
sung sieht er: Erinnerungszeichen frommer Wallfahrer zu ibren
nationalen, heidnischen Götterfesten. „Es ist die grösste Wahr¬
scheinlichkeit vorhanden", heisst es a.-a. 0. S. 39, „dass um
Serbai, der selber mit seinen füuf oder auch sieben majestäti¬
schen Gipfeln den Thron für Sonn' und Mond und die fünf Plu¬
neten darstellen mochte, der Sterndienst ein beiliges Centruin be¬
sass. Am Fusse des Serbai liegt Wadi Feirun, der alte „heilige
Palmenhain"; mit ibm ist Wudi Mokatteb fast unmittelbar ver¬
bunden: daher gerade bier, wo die Tafeln vom Schöpfer selber
aufgestellt scbienen, die zahlreichsten Gedenkworte der sahäischen Wallfahrer, der Serbaipilger" '). Das dritte vorcbrisiliche Jahr¬
hundert, vermuthet er, sei etwa die Zeit, seitdem die Einzeich¬
nung begann, und die nächsten Jahrhunderte nacb Christo, mit
denen sie schloss; jedocb geht er auf diese Puokte oicht
näher eio.
Anderer Ansicht aber über die Verfasser der nabatbäischen
Inschriften der Sinaibalbinsel ist noch immer Herr Fr. Lenormant.
Scboo in eioer frübereo Abhandluug im Journal asiatique (Jan.
Febr. 1859), auf die wir (in eioer Anmerkung a. a. 0. S. 414
u. 594) biogewieseo haben, hatte er behauptet, die Verfasser der
sinaitischen Inschriften seien Christen geweseo. Wir glaobteo
diese Aosicht in der Kürze zurückweisen zu mUssen, Herr Le-
1) Vgl. s. neuestes Reisewerk : Aus dem heiligen Lande. Leipzig 1862.
2) Wenn Herr Tisehendorf S, 4^, Anm. 1 behauptet, icb hätte von der früher von ibm mitgetheilten Inschrift eine vermeintlich richtigere Abschrift nach dem russiscben Reisewerke des Porphyrins gegeben, so ist er im Irr¬
tbom, icb habe dieselbe (vgl. diese Zeitscbr. a. a. 0. S. 472 flg.)' Lepsius' grossem Werke entlehnt, das zweimal Nr. 134 u. 158 den Namen des Krie¬
gers entbält, so dass K^KONFENOC „scblechtes tiesindel" zu übersetzen nocb zweifelhaft bleibt, da dies Tdr die zweite Stelle nicbt passt.
und Nachträge zu den nahalhäischen Inschriften. 85
Dormant aber nimmt von Neuem den Gegenstand nuf, und indem
er danitbar die voo uns gewonnenen Resultate annimmt, dnss
nämlicb die Formen: „gedenke zum Guten, Friede sei ewiglich"
die Kinzeichnungen anheben oder scbliessen, glaubt er gerade
aus diesen Worten neue Beweise für seine Behauptung schöpfen
zu können ').. Solche Ausdrücke könnten nur von den Bekennern
des Cbristenthums (oder, wie «r im Namen Reinaud's unführt,
des Judentbums) berrübren. Die Hauptargumente die gegen seine
Ansicht sprecben: dass überhaupt keine specifisch chrislliche Na¬
men in den mit nabatbäischen Bucbstaben geschriebeuen In¬
schriften-), und keine das Cbristentbum bezeichnenden Symbole
(Kreuze oder Christusmonogramme) bei denselben sich ursprüng¬
lich ^) vorfinden, berührt Herr Lenormant gar oicbt, ebenso¬
wenig, dass Namen wie rsa-rN-iay (Baal's Diener), -nas
j<nüj-n (Diener des Dusares), n-in-nay (Sonnen d iener)
oder t*0 -ns, N-"-! ins (Priesler des Ta und Darja) u. dgl. m.
nicbt gerude zu Gunsten christlicher Verfasser sprechen. Wir
wurdeu allerdings elwas betroffen von den bibliscben Anklängen
(Nebem. 5, 19. 13, 31), doch sind diese nicht von der Bedeutung,
sonstigeo gegen die cbristlicbe Urheberschnft sprechenden Argumen¬
ten gegenüber, uns zu nndern Resultaten zu fübren. Es ist jedoch
unzweifelhaft, dass sicb unler den nabatbäischen Miscbvölkern,
so wie später christliche, so ouch früber jüdische Elemente gel¬
tend gemacht, und dass manche der von uns erklärten Inschriflen
mit oabatbäischen Zeichen Juden und Christen zu Verfassern ge¬
habt baben (vgl. unsere Abbandlung S. 392 u. 428), doch sind
die .Spuren noch zu gering, um mit Herrn Lenormant zu so weit¬
gehenden .Schlüssen uns veranlassen zu können.
Dankbar nber sind wir dem gennnnten Gelehrlen für einen
Zuwachs des IMuterials der nnbnibäiscben Inschriften. Herr Le¬
normant entdeckte unter den Grabsteinen des Capitolischen Mu¬
seums zu Rom eine Inschrift von einem jüdischen Grabe der via
Portuensis, die bis dahin nie io genauer Abschrift mitgetheilt
worden ist. Sie lautet';:
t) S. Journal asiatique 1861, II, S. 203: Deux mots sur les inseriptions du Sinai.
2) Die mit griechischen, armenischen und koptischen Buchstahen geschrie¬
benen sind selbstverständlich chrisilichen I'rsprungs.
3) Wir glauben in unserer Abhandlung zur (ienüge nachgewiesen zu
baben, wie manche nabalhäisehe Zeichen zu Kreuzen später umgestaltet, oder wie diese hinzugefügt worden sind.
4) Wir haben diese Inschrirt, die hier in gewöhnliche griechische Buch¬
slaben umschrieben isl, da ein genaues Facsimile nicht nothwendig erscheint, in unsern „epigraphischen Beiträgen zur Geschichle der Juden" in dem Jahr¬
buch Hir die Geschichte der Joden II , , S. 320 bereits nach dem Corp. in.c.
86 Leyy , sur phönUischen Münzhunde Nordafrikas ENQAKITEAMMJ
ACWY JEA AUG
AAAIKIACHTIC EZHCENETH
^j^if.ly T
„C'est l'ipitaphe, bemerkt Herr Lenormant, accompagnee du
Symbole caractiristique du cbandelier ä sept bruncbes, d'une juive
nommee Ammias, feminin de l'roK (muss beissen: vay) des
proscynemes du Sinai', nie dnns une ville de I^uodicee, proba¬
blement Celle de In Cilesyrie, et morle ä l'äge de quatre-vingt-
cinq ans. Le texte grec est nccompugne de In formule DblD des
inseriptions sina'itiqu'es , icrile avec la meme orlbograpbe et les
mimes caracteres,. et rempla^unt la formule hebraYque Dl'rlD des
autres ipitnphes dicouvertes dans la möme cutacombe."
Wenn jedoch diese Grabsehrift, deren nabntbäischen Charak¬
ter man nicht verkennen darf, nis Argument benutzt wird, dass
auch die Verfasser der Sinniinschriften keine Heiden wnren , so
ist das zuviel behauptet. Es ist wohl kein Zweifel, duss die
Schrift der Nabalbäer bis nach Syrien sich verbreitet bat'), und
dass auch Juden derselben sicb bedient haben mögen , wie dies
die mitgetheilte Grubschrift bezeugt ; mehr nber lässt sich aus
diesem Monumente nicht scbliessep.
Auch wir sind erfreut ein neues Monument der Nabathäer
hier vorlegen zu können, dessen Inschrift mnn bislier für phö¬
nizisch gehalten hat. Es ist in der Wissenschaft der Epigra¬
phik eine nicht selten vorkommende Erscheinung, wenn man eine
Scbriftart und die in ibr nbgefnssten Monumcnte entweder ent¬
deckt oder doch genauer ^erfo'rscbt bat, duss ihr Gebiet oft durcb
bereits vorhandene, aber fälschlicher Weise durcb undere Schrift¬
arten entzifferte vergrössert wird ; so hat z. B. der Due de [..uyiies
die von Gesenius (mon. ling. phoen. tab. 44. XXVI, F.) nis
phönizisch aufgeführten Münzen für nubntbäisch erklärt-'); dus¬
selbe können wir von der Münze bei Judus (etudes demonst.
PI. II, no. 25), die dieser mit Enosis bezeichnet und deren Zci-
Graec. Nr. 9916 behandeil, und zwar in einer nicht ganz correcten Ahsclirifl.
Sp'aler ist uns durch die Güle des Herrn Melchior de Vogue eine bessere Copie zugekommen, doch ist auch hier oicbt das Dbtt} treu »icdergegclnn ; dagegeo enlbäll dieselbe das Zeichen . links vom Leuchter ^ das Herr Lenormant in seiner Abschrirt nicht bal. Ks sieht eineni nabathäischen KaT am meisten äbnlich, kann aber auch Tür ein Beth genommen werden, als solcbes kiinnle mso es elwa mit dem Ö^VS zu Dbl03 vereinigen.
1) Vgl. de Luynes: Monnaies des Nabalheens p. 46 (Separalabdruck).
2) Das. p. 31. vgl. on.s. Abhandlung S. 372.
und Nachträge su den nabathäischen Inschriften. 87
clieii er für pliöniziscli hält, behaupten; sie ist ebenfalls nnba-
tbäisch und ist zu lesen :
nnin Dpu!
[nj]
(vgl. Abhandl. a. a. 0,).
Auf derselben Tafel des genannten Werkes von .Judas finden
R'ir eine Inschrift (wir haben sie auf unserer Tafel no. 8 abzeich-
„cn lassen), iiber weicbe dieser Gelebrte (p. 82) heinerkt, dass sie
von einem .Siegel genommen sei , d.is Herrn Badeigts dc Laborde
gehöre. Herr Judas hält die Zeicben für phönizisch und liest
die Insclirift: ]i3n IS „ c'est- a - dire -p:"n 1S ou ]•;:£ ordre ou
signe, scing d'Hannon". Wie dies aus den gegebenen Zei¬
chen herauszubringen und zu deuten ist, vermögen wir nicbt zu
erklären. Offenbar aber ist die Inschrift ebenfalls nicbt phöni¬
zisch , sondern nabatliäisch, und wäre dies Siegel denn das erste
Kuiistilcnkinal, das wir den Nabathäern zuschreiben können. Das
erste Ziicben ist ein Lamed, das zweite Beth, das dritte, das
sich unler das erste hinzieht, ein Teth, das mit dem folgenden
ein Cheth') bildet. So erhalten wir das Wort HDab. Das fol¬
gende seben wir uls Ligatur von Kuf und He an, das mit dem
kleinen Bucbstuben, einem Nun, dus Wort ]-3 giebt ■). Wer
mit der .Schriftart der Nabathäer vertraut ist, wird bald in den
auf dieses Wort folgenden Zeicben ein nb.s oder mit dem dritt¬
letzten vereinigt ein "«nb.x entdecken. Was aber mit den letzten zwei Buchstaben ■>-; oder -t, resp. ■'T' oder ■'t< anzufangen sei,
weiss ich nicht anzugeben; ein weites Feld von Conjecluren steht
besonders dem offen, der das Arabische zu Hülfe ruft, oder gar
zu dem persischen Gott Dei'*) (^cO) seine Zuflucht nimmt. Wir
Wullen uns von dergleichen Verinutliungen fern halten und nur
das ausspreclien , was sich als höchst wahrscheinlich aus den
Zeichen ermitteln lässt, die uns ergeben:
• • • nr« nuab
„des Befall, Priesters des Allab . . ."
Die Deutung von naa (das Lained steht, wie gewöhnlich
uuf den Inschriften altliebräiscber , phönizischer und assyrisch¬
babylonischer Siegelsteiue, uls Zeicheu des Besitzes) ist sowohl
1) S. ähnliche Formen des CheIh hei Lollin de Laval : Voyage dans la Heninsule arabique de Sinai elc. Tab. 40 und tiO, 1. Lepsius a. a. 0.
l\r. 5. 24 u. Ö.
7) Solche LigaUiren sind sehr liäufig auf nabatbäischen Inschrilten anzu- trelfen, vgl. z. 1). uns. Abhandlung, Taf. .1, Nr. XXXI, C.
3) Vgl. Stern und Benfey: Monatsnamen, S. 30 Og,
gg Levy, zur phöniz'schen lUünzkunde Nordafrikas
durch das Hebräische, als auch das Aramäisebe und Arabische
zu deuten (vgl. die syrische Stadt nu2 2 Sam. 8, 8); ein -ntN
findet sich auch bei Lottin, Fl. 4, 2, s. unsere Abhandlung
p. 480.
Breslau Juni 1862.
Zu den obigen Nachträgen habe ich noch einige Worte,
veranlasst durch den Aufsatz des Herrn Blau: Uber nabatäische
Inscbriften, im 3. Heft des XVI. Bandes dieser Zeitscbrift, hinzu¬
zufügen. Herr Blau bat durcb die gedachte Abhandlung das
wichtigste Resultat meioer Untersuchung, dass die Sprache der
nabathäischen Inschriften ein aramäischer Dialekt sei, umzustossen
sich bemüht, und ist dahin gelangt, dass so wie die Namen der
Verfasser der Monumente durchweg arabische Formation zeigen,
ebenso aucb alles übrige io eioem arabischen Dialekt abgefasst
sei. Nach aufmerksamer Früfuog seiner dargelegten Gründe
bin ich noch mehr in meiner Ansicbt bestärkt worden , wenn icb
auch gern zugebe, dass die Eigennamen der Inschriften sich
leichter aus dem Arahischen erklären lassen ■), obgleich der
Aramaismus nicht ohne Einfluss (wie überbaopt diese Sprache
auf das Arabische io deo Jahrbuoderteo vor Muhammed ganz be¬
deutend eingewirkt bat) auf dieselben gehlieben ist. leb über¬
gehe daher die Eigenoameo, berühre nicht die neuentdeckten,
aber den Inschriften ganz fremden (wie röiia, lywanlrN, lanflbt«,
Nry-ias,, !n«3ao, miy, ti^a nar, tiaasKias, may, id-mj,
t)niON, ina u. a.), weil dadurch der Aramaismus der übrigen
Bestandtheile uoserer Inschriften durchaus nicht alterirt wird.
Ein ganz ähnlicher Fall ist hei den palmyrenischen Inschrif¬
ten ; auch hier haben wir bei unzweifelhaft aramäischem Dialekt
Namen, wie rj^iN, ^e3a, -ai, nbam, isb», ns«, ivtf u. dgl.
die zum Theil eine ähnliche Formatioo wie die nabathäischen
haben. Ebenso verhält es sich ^it deo ed es s e o i s c h eo Köoigs-
namen iiay , 11^3, izsü , bttl u. a. , die ich in meiner Abhaod¬
luog als Nabathäer bezeichoeo zu müsseo geglaubt habe. Berr
Blau (a. a. 0. S. 386) meiot aber „jene Namen geben sich nun
sämmtlich sofort als arabiseb zu erkeonen, und trageo also
in sich eine Bestätigung dessen, was die Schriftsteller des Alter¬
thums üher die Natiooalität der in Rede steheodeo Edesseoer
einstimmig überliefern, dass sie Araber waren." Aber welche
Sprache redeten diese Araber? Wir besitzeo keine Dokumente
1) Ich habe dies bereils oben angedeutet, ehe mir die Abbandlung des Herrn Blau zu Gesiebt gekommen.
und Nachträge zu den nabathäischen Inschriften. gg
von den genannten Königen, ausser ihren Münzen, von denen ich
einige in dieser Zeitschrift (XII, 209 fg. vgl. Scott, numismatic
chron. T. XVIII ) ausführlicher hesprochen hahe. Und einzelne
dieser Münzen sind in guter syrischer (Estrangelo-) Schrift
und aramüischer Sprache abgefasst. So nennt sich der König
Val (im 2. Jahrh. n. Cbr.)^N^ba JNi und im Rev. nbt«; der Kö¬
nig Manu: NSba , ähnlich wie sich ein Einzeichner in die
sinaitischen Felsen N3n3 (scriba) und ein anderer N133 (faber)
nennt '). Dass dieser deutliche stat. emphat. aber „nichts anderes
ist, als eine ebenfalls erstarrte und bedeutungslos gewordene
Declinationseodung, nämlich das a des Accusativs neben den scbon
voo Tuch gefundenen u des Nominativ und i des Genitiv" wie
Blau S. 349 -behauptet, ist eine etwas starke Zumuthung, da doch
ein Accusativ hier gar nicht am Orte ist und gewiss den in
syrischer Schrift abgefassten Münzinschriften fern liegt.^
Folgen wir indessen Berrn Blau , wie er die Aramaismen
der nabathäischen Inschriften zu beseitigen und als arabisches
•Sprachgut zu vindiciren sich bemüht! Ich habe als eine oft vor¬
kommende Formel atsV und das letztere statt des von Tuch
gelesenen i-t und ikT gefunden. Herr Blau hat zunächst paläo¬
graphische Bedenken gegen die Lesung ntab und sieht statt
dessen boa in den betreffenden Zeichen, während er das TT
und Dur noch in zwei Inschriften wieder finden will Wir
billigen es vollkommen, wenn bei die,$er Untersuchung „nur die
hesunders deutlich und mit kalligraphischer Sorgfalt ausgeführten
luschrifteu" berücksichtigt werden. Als solche werden neun In¬
schriften gienannt, deren Zeichen gegen die Lesung at^b sprechen
soll. Unter diesen II, A. Z. 2 Taf. 2. Warum die drei Zeichen
t) Ein MnaC}=^Lb Kalkbrenner nnd Dil „vielleicht ^^L>
üutlelbändler", die Blau (:{49) gerunden baben will, ist mehr als zweirelbaft,
weil die Zeicben nach dem N im Worle MnaO ohne Deulung bleiben and
Sil als Nom. pr. von mir nacbgewiesen worden, überhaupt ein Titel obne schliessendes 1 oder N nicht in unsern Inschrirten anzutreffen isl.
3) Eine derselben ist (s. Blau S. .3.^7) „Leps. 12, 2 (muss beissen 8. 2) abgei. bei Levy (Taf. 2, Nr. V) , der Valername von Levy sicherlich ralsch ii'abS» Dil gelesen." Blau liest stalt dessen 1{<"H1^t-b. Die zwei ersten Uuchslaben ergänzt er zu ^bs' (es ist aber auch nicht die geringste Spur, dass eine Lücke aur der Inschrift vorbanden sei) und das übrige wird 1M1^ I^T
uhgelheill, d. b. Pilger zum Heiligcnstein. Beim besten Willen ver¬
mag ich diese Lesung nicbl aus den vorhandenen Zeichen herauszubringen,
sie ergeben ganz ungezwungen aDb b^SbCt 011. Auch bei der andern
Inschrift ist nipbl IttT zu lesen; d'a Loltin das drilte Zeichen in diesem Worte fort lässt, so ist auf einer so ungewissen Grundlage nicht weiler zu bsuen.
7
90 Levy , zur phöniHschin Müvzhunde Nordafrikas
am Ende nicht atsb gelesen werden künnen, sehen wir nicht ein
zumal gerade in einem so sehr oft wiederkehrenden VVorte sich
die Schreiber leicbt geben lassen , wie das in dem Wörtclien ia
in unsern Inschriften so häufig vorkommt. Diese Bemerkung g^.
nügt auch für die übrigen acht angefiihrten Stellen; dagegen kön¬
nen wir nuch dreimal so viel Stellen, welche |ial:iograpliiscli gegen
ein bU3 sprecben, anführen, wenn überbaii|it das Wort irgend¬
wie Berechtigung bätte. Schon die erst(! Zeile der angeführten
Inscbr. II, A. maclit eine Lesung bU3 zur Unmöglichkeit. Ein
b geformt wie ein Betb unserer hebr. (iuadratschrift ist nirgends
in unsern Inschriften anzutreffen, und müsste docb nocb oft bei
einer [>esung rD2 angenommen werden"). Abgesehen aber von
der paläogra|iliisclien Möglichkeit ist auch dus bt2a ganz und
gar unpassend und wird keineswegs von der bilinguis L. 127
(Taf. 3. XliV) unterstützt. Diese Inschrift haben wir allerdings
als eine Hauptstütze für unsere Fassung des aob betrachtet, in
dem dies Wort olfenbur durch KN AFAQOI wiedergegeben
wird, während V3D iiDin -i3 lona durch MNHCQH
AYCOC EPCOY KAAJTAI QYMAPOY übersetzt ist '). Herr
Bluu aber übersetzt (S. 352): Gedacht sei des Aus, Sohnes des
Hurs! Er wünscht: mach' deinen Keif glücklich." Bei y.uXtzui
{= y.a}(Tiui) beruft er sicb auf Sopb. Oed. Col. 1387, das tv
ayu&oT sei Uebersetzung des Tat: d. i. =\>.iyb von i^i? mit
suffix. 3. m. wie man sagt liSL^-b beatus tu et felix, und Qi/^tu-
Qov ist Imperat. v. &v^iaQiTat}ui , dem man nach Theocrit. 26,9
die Bedeutung „sicb pflegen, sich erquicken, es sich
behaglich machen nicht absprechen wird und wird im
arabiscben Text übersetzt durch J.Lj " (vgl. S. 339). Die Er¬
klärung der griechischen Beischrift ist nicht minder gezwungen,
wie die der vermeintlich arabiscben; SffiuQiiat^ui rang vielleicht
im Neugriecbiscben die gewünschte Bedeutung sicb pflegen,
es sicb behaglich machen hnben, in der angezogenen .Stelle
Theocr, 26,- 9 m iog t&v^iügei Aiovvnog hat dvfutQtw nur die
Bedeutung: billigen, gutheissen und das Medium von
nur äusserst selten die des imprecari. .4ucli ist Tau für
^AJJ.L doch nicbt obne Weiteres hinzunehmen, da doch nichts
1) Ein recht schlagendes Beispiel ist auch Li. pl. 24 und 5.^ (Wadi Hebran), an beiden Stellen isl das Beth (das lelzte Zeichen) noch deutlicher pls in II, A. Z. 1. Vgl. aucb weiler unten l'orphyr. 88, 2.
2) Die ausführliche Rechlfertigung s. diese Zeilschr. XIV, 469 flg.
und Nachlräge zu den naialhäüehen Inschriflen. 91
AeLnliclies sicb io unsern loschrifteo findet'). — Endlicb ist auch
die ganze Aonabme, dass „die Grundbedeutung voo b03 feiero,
Feierabend machen, F^eiertäg halten" sei, nicbl be¬
gründet; vielmebr ist dies erst eine secundäre von „pufhüren,
ruhen", wie sich dies wenigstens mit Sicherheit für das Ara¬
mäische nachweisen lässt'), ob nicht auch für das Arabische,
mögen Kenner dieser Sprache entscheiden. Wir müsseo daber au
der gutaramäischen Redensart ') 3üb *•*••• T3l es sei N. N.
^um Guten gedacht, nder Obyb abb "i'sn es sei zum
Guten ewiglich gedacht N. N. festhalten, ohne erst zu dem
0- -
orab. ^ILc „Merkzeichen" uns zu flüchten, und doch Grey 139,2 (vgl.
uns. Abhandl. S. 438) nicbt erklären zu können (s. Blnu S. 345)
oder bei Dbi* iy (vgl. uns. Abb. S. 481), das Herrn Blnu uner¬
klärt bleibt (s. Blnu S. 346), mit dem ts zum Himjnrischen.
Auch bei der Erklärung des Wortes D':ü, dem Bluu die
nrnb. Bedeutung „es grüsst" zuschreiben will, muss ich bei mei¬
ner .Ansicht, welche ich S. 406 uusgesprochen, bebnrien mit fol¬
gender Einschränkung: Das Wort hat in unsern- Inschriften im
Allgemeinen die Bedeutung, welche schon Beer*) in der inschrift
von Curpentrns ibm vindicirt hnt:„vox Dbtt! nbsolute intelligenda
et pro accianiatioue sumen'da est, plane ut in fine inscriptionum
graecarum sepulcralium saepe legitur XAIPE. Confer Have
anima et vnle Romnnorum; et EYWYXl s. EYWYXE1 \\\ud,
quod eliam mumiae cuidam inscriptum reperitur." Bei dieser An¬
nabme braucht man nuch kein b nach dem ob'^D zu ergänzen und
füllen mithin die Einwürfe Blau's S. 342, deren tbeilweise Be¬
rechtigung ich anerkenne, fort. Daber mir auch die Lesung
Obujb Leps, 28, 3 zweifelhaft geworden ist'). Nach der kurz
1) Die subtile Regel, die ßlau S. 359 für diese Form anführt, gestützt
durch die Wörter "imi, l^bS, fällt in sich zusammen, wenn man,
wie wir gethan, diese Wörter anders auffasst und auffassen muss.
2) Alle angeführten Stellen bei Blau S. 340 aus syrischen Schriftslellern geben die Bedeutung „aufhören, leer stehen", aber nicht in dem Sinne:
„Rast halten, sich erholen". Die Stelle aus Aboda Sara (Miscbna 4, 7), die so „bezeichnend" ist, will gar nichts belegen, sie ist ganz falscb übersetzt, es muss heissen 1303 Nb """Üllü „weil sie nicbt vernichtet worden, oder aufgehört haben" wie der Zusammenhang gnnz klar ergiebt.
3) Wir halten früher selbst annehmen wollen, man dürfe 3B3 lesen, docb aus sorgfältiger Vergleichung alles einscblagenden Materials ergab sicb uns 3Ub, das ohnehin besseres Aramäisch, als 3t33 ist.
4) Inscriptiones et papyri veteres semitici etc. p. 21. Vgl. uns. Abbdl.
S. 406 Anm. 5.
5) Wir wollen es nicbt versäumen hier gleich anzumerken , dass wir L. 34 ganz wie Blau ^TST als Plur. lesen (vgl. 346), wie wir dies längst uns angemerkt baben. Irren wir nicht sehr, so bat ithon Beer einen solcben
92 Levy, zur phönizischen lUünzkunde Nordafrikas
zuvor mitgetheilten Grahschrift der Ammia, welche am Schlüsse
das Dbu: liat, ist vollends die Annahme, als bedeute dies Wort
„es grUsst", beseitigt ').
Wenn sonst Uerr Blau in unsern Inschriften ganz geläufig
arabische Phrasen herausliest, so beruhen seine Lesungen durch¬
weg auf den von ihm gelegten unerwiesenen Grundlagen und
nicht selteo falschen {>aläogra|)bisclien Voraussetzungen oder
stutzen sich auf Inschriften, die nicht correkt sind. So z. ß.
S. .347, wo Blau die Inscbr. bei L. 149, die ich „gänzlich miss¬
verstanden" haben soll, also liest:
vas "13 'byabN nna Dtttj bU3 "i-DT 'Dp i"ipaabt< -la
d. h. „ yjjj ^jjti .,. ^iij^ es grUsst N. N. den später Kom¬
menden, sich erinnernden, rastenden". Aehnlich dieser wird auch
Fi. 113 erklärt: boa "lOT • • • Db» „es grUsst N. N. den, der
sich seiner erinnern wird, wenn er (hier) rastet". Die Inschrift
L. 149 aber ist ohne die drei andero mit ihr identischen bei
Grey 77. lOß u. 152, wie ich S. 474 bemerkt, gar nicht lesbar
und bietet zur Lesung von *Bp ') bei no. 106 u. 152 keine Ver¬
anlassung, während L. 113 nur eine höchst gezwungene Deu¬
tung erfahren hat. Folgerecht müsste eioe Inschrift hei Porphyr.
DO. 88
"13 matt) Tsn öbsb 3t2b (innss)
nach Herrn Blau erklärt werden: „es gedenkt N. N. feiernd des
Merkzeichens", wo man doch billigerweise „seines" Merkzeichens
erwarten dUrfte. Beiläufig sei bei dieser Insebrift bemerkt, duss
die Form des fünftletzten Buchstaben in Z. 2 die Form
hat, die doch schwerlich eio Lamed sein kann.
Wie diese Inschrift und alle andern sich leichter aus dem
Aramäiscben erklären lassen, so auch die Wörter auf den Mün-
Plur. angeiioramen , ob gerade bei dieser Insclirifl , kann ieh niehl angeben, da mir das Werk dieses Gelehrlen gernde jeUl niclit zur Hand isl.
1) Es bat obnebin grosse Schwierigkeit bei der Annahme, dass Obu}
,, es grüsst" bedeute, dass der Gruss am Ende mancher Inschrift nachge¬
hinkt kommt.
2) Ein Phe in der Fonn wie sie dies Wort bieten soll, ist ohnehin nicbt nacbweisbar, abgeseben davon, dass das Uebrige in den vollständigeren Inscbriflen (106 u. 152) keine Erklärung findet.
und Nachlräge xu den nabaläischen Inschriflen. 93
len, wie: nSS, nnPlN, C)03 '). > 5)03 N^sn > wn'' die der
Inscliriften ia, n, T'ia, Dbs, IS, sowie auch die Regel
über den Dual, die Blau S. 358 aufstellt, keinen Bestand hat,
wenn man die Insebrift durch Autopsie kennt Die beiden
Bucbstaben, die Blau mit zur Inschrift zählt und zur letzten
Zeile zieht, sind in der Form
1) Diese unarabischen Wörler, meint Blau S. 360, können Lehn worle sein, „wie in der Münzkunde so zahllose termini technici, die mit einein Münzsystem, das nicht heimisch, einwandern; ja in der Schrift selbst kenn¬
zeichnet sich das C]D3 auch äusserlich als Fremdwort, indem zur Darstellung des D, eines Lautes, den das Sinailische nicbt besass, ein besonders nirgend
anders als in diesem Worte vorkommender Bucbstabe geschaifen oder er¬
borgt wurde." Dies letzte Argument hält aber nicht Stich , denn wir sind so glücklich gewesen die Samech form, die wir nur durch die peträischen Münzen kennen und die uns ziemlich aulfallend war (s. uns. Abb. S. 371) auch in der Inschrift L. no. 39 wiederzufinden, und zwar in einer der Pho¬
tographien, von denen oben die Rede war. Ich habe den Anfang 1-31
und was darauf folgt, als zweifelhafter Lesung bezeichnet (und doch soll ich sie „merkwürdigerweise" missverstanden haben!); Blau S. 361 fg. liest OeÖTiftos (D)l9-t31t3 *l-ai ■ Nach der genannlen Photographie sind die als
U gelesenen Zeicben ganz so wie dos Samech auf den Münzen, icb würde
die Inschrift ganz inilgetheilt baben, wenn mir die ersten Bucbslaben ganz klar wären; ich hoHe jedoch bei mehr Müsse durcb ein schärfer sehendes Auge, als das meinige isl, sie abzeichnen zu lassen und zu verölfentlicben.
wenn man nieht anderweitig (s. weiler unten) sich Raths holen sollte, 2) Diese Partikel bat Herr Blau vergebehs zu beseitigen gesucht; die Lesung der Inschrift L. 64, ter (S. 353 bei Blaa) zeigt sich als leere Ver¬
muthung, wenn man diese Inscbr. in der Photographie, wie oben erwähnt, vor Augen bat.
3) Wir glauben überbaupt, dass Herr Blau mancbe Bebauptung nicbl
aufgeslelll hätte, wenn er im Besitz des nötbigen inunuiiienlalen Materials gewesen wäre. Er würde sich zum Beispiel überzeugen, dass seine Bemer¬
kung (S. 344) über die Stellung von 1-31 und OblS, so wie über die For¬
men des n (S. 360) unbegründet sind. Ohnehin ist ja die Form mit der
Schleife nicbts weiler als die cursive Entwickelung des einfaclien ri. Aucb ist seine Bemerkung S. 363 „zu 'ijjMjil] stellt sicb zunächst Dip I3*tt}
(wie für Bin 198) L. no. 108 zu lesen sein wird) etc." ganz ungehörig, deullicher wie das r in der Inschr. 108 kann kein Bucbstabe gezeichnet sein und mit einem p ist durebaus keine Aehnlichkeit vorbanden. — Wenn Herr Blau an einer andern Slelle S. 370 den von mir beobachteten Wecbsel der Buchslaben desselben Organs , besanders der Kehlbuehstaben in unsern Teilen mit Entscbiedenbeit Zurückweist, so verweise ich auf die von Geiger (in dieser Zeitscbr. XV, 413) beigebrachten Beispiele aus thalmudischen Quellen, die unsere Ansicht ganz und gar beslätigen.
7 * .
94 Levy , Nachlräge zu den nabalhäisehen Inschriflen.
durch einen Halbkreis getrennt. Ohnebin ist es auffällig, dass
sonst unsere Inscbriften gar nicht die Dualform kennen, wie in
no. 62 sich in Bezug auf zwei Söline findet.
Diese Bemerkungen mögen für jetzt genügen; auf die reli¬
giösen Vorstellungen der Verfasser unserer Inschriften, in denen
wir von Blau differiren, wollen wir nicht weiter eingeben; wird
erst der Aramaismus dea appellativen Theiles zugestanden, so
dürfte noch mancher Gotlesname in den nnbalhäiscben Olymp
Aufnabme finden, den Herr Bluu obne Grund abgewiesen but ' ).
Mögen andere Gelehrte, welche ganz unhelheiligt in dieser
Streitfrage sind, ibre Ansicbt äussern, die Wahrheit kann nur
dabei gewinnen. .Sehr wünscbenswerth wäre es, wenn ein Ge¬
lehrter, dem die neuerdings von Charles Forster -') herausge¬
gebenen Photographien der sinaitischen Inschriften zu Gehole
stehen, über manche zweifelhafte Lesung in unsern Inschriflen
Auskunft gäbe. So treu aucb die Monumente von Lepsius
copirt sind , so können sie docb nicbt Photographien er¬
setzen
Breslau 7. Sept. 1862.
1) Gegen iml nblü ,,er vollemiele .seinen Moniil", mnss ich vor wie nach prolesliren, sowie gegen das [!n]nü5 nbu; (lilan ,37 1), da für fliniu keine Spur in der Inschrift spricht. Ich würe sehr begierig, wie dann KNiu
consequenler Weise L. 5 HSbll Plbo, L. H VrNT nblS u. L. 9 DU nblD
bM deutet.
2) leb kenne das Vorhandensein dieses Buches nur durch eine Buch- bändler-Anzeige im englischen Athenaeum,
.3) Wir hahen diese Behauptung durch unsere Photographien bestätigt gefunden. So z. B. zeigt es sich, dass Grey nn. 27 mit Recht alle drei Inschriften zusammen auf einem Sleine copirt, weil sie in Wahrheit so sich finden und dass L. 63, 3 das erste i' nicht genau abgebildet hat; im Original hat es eine gauz regelrechte Form.
95
Wissenschafl lielier Jahresbericht
für 1857 und 1858.
Von
Prof. Ur. Richard Gosche.
(Schlnss. Sic-hc liü. S. l.iS—-4l.)
Neben den Armeniern sieben im Vl^eslen nocb als ein selb¬
ständiger, nicbt von der eigentlich (tt'rsiscben Sprache und Na-
(ioiiiililnl ausgegangener Stamm, die Kurden. Ich habe schon
früher ( Z. (I. D.Mti. XI p. 311 nr. fi.'V j bei Gelegenheit seines
russischen Werkes als eine neue erfolgreich thätige Kraft l'eter
l.erc.h genannt, und er fährt fort die bedeutendste Erwartung,
welche man von ihm hegen konnte, zu rechtfertigen. Wir erhal¬
ten zunächst die deutsche Uearbeitung seiner Forschungen über
die Kurden und die iranischen Nordchaldäer deren erster
Thcil als s|iraclilicbe Grundlage eine schöne Zuhl vou kurdischen
Texten und Uebersetzungen bringt. Die Studien und Sammlungen
des verdienstvollen russisclien Consuls Jaha in Erzerum geben
ihm Gelegeubeit über kurdische Litleratur und .Slammverhäll-
nisse ") und insbesondere üher das Werk Ahmed Effendi Khani's
zu bandeln^'). Zu guter Stunde kommen dazu Chudzku's sau¬
bere Studien über den .Sulaimäniyyeli-Diulekl'"^), und wenn liCrch
Gclegcuhejt und Müsse findet, sein schönes Werk ubzuscblicssen,
so wird die verwickelte Etbuogruphie der arisch-seniitiscben Grenz¬
länder ein gutes Stück sicherer bestimmt werden können. Für
die geschichtliche Seite des vielleicbt niemals zu einer gescblos-
733) Forscbungen über üie Kurden und die Iranischen Nordchaldäer von Peter Lerch. Ablh. I: Kurdische Te,\te mit deutscher L'ebers. St. Petersburg, Eggers (Leipzig, Voss) 1857, XII, XXX, 103 S. 8. Vgl. Benfey Z.d. D.MG.
1858, XII p. 354—357, und Krehl Gött. gel. Anz. 1857 nr. 4—5 p. 33-42.
vergl. auch Z. d. D.MG. 1857, XI p. 311 nr. 65 u. 66.
34) V. Lerch, Bericht über „Notiee sur la lilterature el les tribus kourdes , tiree des documenls kourdes recueillis et traduils par A. Jahn, Consul de Russie ä Erzeroum", Mei. As. III p. 109—113.
35) P. Lerch, Berichl über „ Resume de l'ouvrage kourde d'Ahmed Ef¬
fendi Kbani, fail et traduit par A. Jaba", Mel. As. III p. 242—255.
.36) A. Chodzko, Etades pbilologiques sur la langue kourde (dialecte de Soleimanie), Journ. As, 1857, IX p. 297—356,