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Es gilt das gesprochene Wort! Ingrid Sehrbrock Stellvertretende DGB-Vorsitzende Annelie Buntenbach Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes DGB-Sofortprogramm gegen fehlende Ausbildungsplätze Berlin, 11. Juli 2006

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Ingrid Sehrbrock

Stellvertretende DGB-Vorsitzende

Annelie Buntenbach Mitglied des

Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes

DGB-Sofortprogramm

gegen fehlende Ausbildungsplätze

Berlin, 11. Juli 2006

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Ingrid Sehrbrock

Stellvertretende DGB-Vorsitzende

Die Fußball-WM war nicht nur ein Fest unter Freunden – wir haben auch etwas lernen können: Wir haben in den letzten Wochen gesehen, was alles möglich ist, wenn man einem jungen Team eine echte Chance gibt und dazu die richtige Anleitung.

Nun ist die WM-Party zu Ende. Unser Ziel ist, die positive Aufbruchstimmung der Fußball- WM auch in die Politik hinüber zu retten.

Das gilt vor allem für die Situation der Jugendlichen, die jetzt um einen Ausbildungsplatz für den September zittern – zittern müssen.

Wir wollen und müssen alles dafür tun, dass unsere Jugend nicht ins Abseits gestellt wird.

Wir brauchen endlich eine richtige Offensive für mehr Ausbildung. Denn die Ausbildungslücke wächst:

Die rechnerische Lücke zwischen Bewerbern und betrieblichen Ausbildungsplätzen beträgt für den Juni 279.313 und ist somit um ca. 25.100 Stellen größer als noch vor einem Jahr.

Für das das laufende wie für das kommende Ausbildungsjahr zeichnet sich damit erneut eine wachsende Ausbildungsplatzlücke ab.

In der Praxis bedeutet das: Immer mehr Bewerber versuchen auf einem sich weiter verkleinernden Ausbildungsstellenmarkt einen Ausbildungsplatz zu ergattern.

Das geht vor allem auf Kosten der jungen Menschen, die als sog. Altbewerber in den Folgejahren immer schlechtere Chancen auf eine richtige Ausbildung haben.

Während der Anteil der Altbewerber an den bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern 1999 bei fast 40 Prozent, ist die 50-Prozentmarke 2005 fast gerissen worden. Etwa jeder zweite Jugendliche sucht schon länger als ein Jahr einen Ausbildungsplatz.

Immer mehr Jugendliche weichen in Warteschleifen aus, die durch Steuern oder Sozial- versicherungsbeiträge finanziert werden.

Zwischen 1992 und 2004 wuchs die Zahl der Jugendlichen, die außerhalb des dualen Systems ihr Heil suchten:

• Schüler/innen im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ): +43.400 bzw. 117 % ;

• Teilnehmer/innen an berufsvorbereitenden Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit (inklusive der betrieblichen Einstiegs-qualifizierung EQJ): +98.800 bzw. +140 %;

• Schüler/innen im vollzeitschulischen Berufsgrundbildungsjahr (BGJ): +16.800 bzw.

+53 %;

• Berufsfachschüler/innen des ersten Ausbildungsjahres in Bildungsgängen, die eine berufliche Grundbildung vermitteln: +84.700 bzw. +77%;

• Fachoberschüler/innen im ersten Ausbildungsjahr (11.Klasse): +34.300 bzw. +148 %.

Im Durchschnitt sind Jugendliche, die eine Ausbildung beginnen, heute 19 Jahre alt – in Österreich liegt das Durchschnittsalter bei 16 Jahren.

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Ein Warten auf die demografische Entlastung oder ein bloßes „Parken“ von jungen Menschen in Maßnahmen sind keine Lösung. Ohne vollwertige berufliche Ausbildung drohen junge Menschen dauerhaft vom Arbeitsmarkt und aus der Gesellschaft

ausgeschlossen zu werden.

Der Ausbildungspakt behebt den Ausbildungsplatzmangel nicht. Der DGB hält weiter an einer möglichst branchenbezogenen Ausbildungsplatzumlage fest, um die Perspektiven für junge Menschen zu verbessern.

Das Umlagemodell in der Bauindustrie ist ein gutes Beispiel, wie trotz großer Arbeitsplatz- verluste eine hohe Ausbildungsquote gehalten und Qualität gesichert werden kann.

Wir wissen, dass das gute Beispiel aus der Bauindustrie sich nicht kurzfristig verbreitern lässt. Doch in der augenblicklichen Drucksituation brauchen wir ein kurzfristig wirkendes Sofortprogramm, um den Ausbildungsstellenmarkt spürbar zu entlasten.

Dabei haben wir besonders die Gruppe der Altbewerber im Blick. Gerade diese Personen- gruppe hat es schwerer als Schulabgänger, Zugang zum Ausbildungsmarkt zu finden. Dies zeigt eine Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung. Längere Erfolglosigkeit wird für junge Menschen zum Stigma. Da müssen wir gegensteuern.

Zur Finanzierung sollen in diesem Jahr Teile des absehbaren Überschusses der Bundes- agentur für Arbeit sowie im Bereich des SGB II (Hartz IV) nicht genutzte Budgetanteile des Eingliederungstitels von Arbeitsgemeinschaften und optierenden Kommunen genutzt werden.

Der DGB schlägt vor, aus zurzeit vorhandenen Mitteln der BA zur Minderung der Ausbildungsplatznot

• für 50.000 Altbewerber außerbetriebliche Ausbildungsplätze zu schaffen,

• ausbildungswillige Unternehmen insbesondere durch Verbundausbildung und ausbildungsbegleitende Hilfen zu fördern sowie

• regionale innovative Projekte zu unterstützen.

Das bewährte duale System der Berufsausbildung muss in der augenblicklichen Druck- situation kurzfristig gestärkt und zugleich entlastet werden.

Dabei geht es auch um die Erschließung zusätzlicher betrieblicher Ausbildungsplätze vor allem in kleinen und mittleren Betrieben.

Durch einen Ausbau der außerbetrieblichen Ausbildung soll zugleich für mittelfristig Entlastung geschaffen werden.

Außerbetriebliche Ausbildung macht nur Sinn, wenn sie in Berufen mit zukünftig guten Beschäftigungs-Chancen erfolgt. Welche das sind, sollte regional durch Kammern und Gewerkschaften festgelegt werden. Sie darf nicht als Schmalspurausbildung konzipiert sein und muss starke Praktikumsanteile (rund 1/3 der Ausbildungszeit) enthalten. Die Ausbildung sollte bei qualifizierten Bildungsträgern stattfinden, die sich einem Ausschreibungsverfahren stellen.

***

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Annelie Buntenbach Mitglied des

Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes

Wir setzen bei unserer Ausbildungsoffensive auf einen doppelten Ansatz – sowohl zur Stärkung der betrieblichen als auch der außerbetrieblichen Ausbildung.

Die außerbetriebliche Komponente ist aus vier Gründen unentbehrlich:

1. Steuer- und Beitragszahler kostet das Abschieben dieser Jugendlichen in „Warte- schleifen“ und erst recht ihre Alimentierung über Hartz IV jedes Jahr Milliarden.

Allein die BA gibt jedes Jahr mehr als vier Mrd. Euro aus für junge Menschen beim Übergang von der Schule in den Beruf.

2. Gerade in Ostdeutschland ist die betriebliche Ausbildungsmisere akut.

Eine vollwertige außerbetriebliche Ausbildung kann für viele Jugendliche der entscheidende Grund sein, nicht ihre Heimat zu verlassen.

Insofern ist die Stärkung der Ausbildung besser als jede Rückholaktion.

Gerade vor dem Hintergrund des sich zuerst im Osten zeigenden demografisch bedingten Mangels an ausgebildeten Fachkräften.

3. Außerbetriebliche Ausbildung gibt auch den Jugendlichen eine echte Chance, die sonst beim Verdrängungswettlauf außen vor bleiben.

Ich denke hier vor allem an junge Menschen mit Migrationshintergrund.

Die Arbeitslosenquote von Ausländern liegt mit 23,3 % doppelt so hoch wie die allgemeine Quote (11,8 % bezogen jeweils auf abhängige Erwerbspersonen).

4. Die Finanzierung der zusätzlichen außerbetrieblichen Plätze durch Beiträge und Steuern nimmt auch die Unternehmen in die finanzielle Pflicht, die bisher nicht ausbilden.

Insbesondere denke ich hier an internationale Unternehmen, die sich ihr ausge- bildetes Personal auf Kosten Anderer holen.

Die bestehenden Plätze im Bund-Länder-Ausbildungsprogramm [Hintergrund: ca. 14.000 pro Ausbildungsjahr] sollten dazu aufgestockt werden.

Zur Finanzierung:

Die Kosten eines außerbetrieblichen Ausbildungsplatzes belaufen sich auf etwa 13.000 Euro im Jahr (inkl. einer Ausbildungsbeihilfe für die Jugendlichen).

Unser Ziel, 50.000 neue Plätze zu schaffen, wäre demnach mit Kosten von etwa 650 Mio.

Euro pro Ausbildungsjahr verbunden.

Der DGB schlägt eine Finanzierung durch eine gemeinsame Kraftanstrengung von BA, Bund und Ländern vor.

Zur Anschubfinanzierung sollte die BA in diesem Jahr mit einem Teil des zu erwartenden Etatüberschusses einspringen. Der Eingliederungstitel der BA wird bisher nicht ausge- schöpft. Von den 3,3 Milliarden Euro, die für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen, sind bis Jahresmitte nur rund 35 Prozent ausgegeben.

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Zusätzlich sollten Mittel aus dem Eingliederungsbudget von Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen bei Hartz IV hinzukommen. Die fließen auch in diesem Jahr eher zögerlich ab – und wenn, dann oft für kurzatmige Ein-Euro-Jobs.

Wir wollen einen Befreiungsschlag auf dem Ausbildungsmarkt erreichen – aber keine Daueraufstockung der außerbetrieblichen Ausbildung.

Deshalb ist unser Vorschlag auch keine Abkehr vom Primat des Dualen Systems.

Eine volle Finanzierung der drei Ausbildungsjahre allein durch die BA wäre auch nicht möglich. Die aktive Arbeitsmarktpolitik kommt durch die geplante Beitragssenkung um 2 Prozentpunkte ohnehin in Bedrängnis.

Dadurch gehen der BA Einnahmen von über 14 Mrd. Euro verloren, von denen nur gut sechs Mrd. Euro über Steuern gegenfinanziert werden. Spätestens 2008 drohen also Finanz-

engpässe.

Eine volle Finanzierung über die BA wäre aber auch ordnungspolitisch verkehrt. Ausbildung ist Sache und Verpflichtung der Unternehmen. Die BA darf nicht – dauerhaft – zum

Ausfallbürgen für die Untätigkeit der Arbeitgeber gemacht werden.

Im Gegenteil: Die BA sollte von den gesellschaftspolitisch notwendigen Leistungen entlastet werden.

Dennoch müssen wir den Jugendlichen helfen – und deshalb die Spielräume, die da sind, auch nutzen.

Wenn Betriebe schon ihrer Ausbildungsverantwortung nicht gerecht werden, sollten aber sie zumindest für die Kosten von Alternativlösungen angemessen aufkommen.

Solange es keine Ausbildungsumlage gibt, bietet sich eine steuerfinanzierte Lösung an.

Deshalb sollte die finanzielle Anschubhilfe der BA für das von uns vorgeschlagene Sofort- programm in der zweiten Ausbildungsphase durch eine Steuerfinanzierung ersetzt werden.

Vielen Dank.

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