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Statement von Annelie Buntenbach DGB-Bundesvorstand

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Statement von Annelie Buntenbach

DGB-Bundesvorstand

Pressegespräch am 27. Juni 2017

Es gilt das gesprochene Wort Prekäre Arbeit, schlecht bezahlt und unsicher und Erwerbslosigkeit gehören zu den großen Armuts- risiken in unserer Gesellschaft. Das soziale Netz schützt Erwerbslose heute deutlich weniger vor Armut als im Jahr 2005: Waren damals 50 Prozent der Erwerbslosen armutsgefährdet, sind es heute 60 Prozent. Um Armut nachhaltig zu bekämpfen, setzt sich der DGB deshalb für einen Paradigmen- wechsel hin zu guter Arbeit ein. Dafür brauchen wir bessere gesetzliche Leitplanken. Wer Armut langfristig bekämpfen will, muss vordringlich drei Dinge tun: Prekäre Arbeit zurückdrängen, Lang- zeiterwerbslosen eine Perspektive eröffnen und den sozialen Schutz bei Arbeitslosigkeit verbessern.

Gerade Ältere müssen besser vor und bei Arbeitslosigkeit geschützt werden, aus der sie nur sehr schwer wieder herauskommen, und die Hartz-IV-Sätze müssen auf ein menschenwürdiges Existenz- minimum angehoben werden.

Viele Menschen sind „arm trotz Arbeit“. Deutschland hat immer noch den größten Niedriglohn- bereich in Westeuropa, hier muss jeder Fünfte zu weniger als 10 Euro die Stunde arbeiten. Gerade Beschäftigungsverhältnisse, die immer wieder als Einstieg oder Übergang in gute Arbeit gepriesen werden, sind oft Sackgassen und dauerhafte Fallen für schlecht bezahlte Arbeit zu schlechten Bedingungen. Gerade Minijobs gehören zu den Motoren des Niedriglohnsektors: Siebeneinhalb Millionen arbeiten in solchen Kleinstarbeitsverhältnissen. Knapp fünf Millionen davon sind aus- schließlich auf diese Jobs angewiesen, 71 Prozent davon sind Frauen. Klar ist: 450 Euro im Monat reichen nicht zur eigenständigen Existenzsicherung und bieten weder betriebliche Aufstiegs- möglichkeiten noch soziale Sicherheit. Minijobs sind der sichere Weg in die Altersarmut. Deshalb brauchen wir dringend eine Reform, die Minijobs in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäf- tigung umwandelt, und zwar ab dem ersten Euro. Dazu hat der DGB einen guten Vorschlag auf den Tisch gelegt, da muss die Politik ran – dann wären wir auch endlich einen Schritt weiter mit der Bekämpfung des „Gender pay gaps“.

Aber das sind nicht die einzigen Beschäftigungsverhältnisse zweiter und dritter Klasse in Deutsch- land: Auch Leiharbeiter (eine Million Beschäftige), viele Solo-Selbständige (insgesamt 2,3 Millionen) und befristet Beschäftigte (2,7 Millionen) werden deutlich schlechter bezahlt als regulär Beschäf- tigte. Es zeigt sich: prekäre Beschäftigungsverhältnisse werden immer wieder von Arbeitgebern zu Sozial- und Lohndumping missbraucht, dabei hat der Missbrauch von Werkverträgen massiv zuge- nommen. Mit prekärer Beschäftigung wird der soziale Schutz bei Arbeitslosigkeit, Krankheit und im Alter umgangen, im wahrsten Sinne des Wortes „eingespart“. Gerade für viele Frauen heißt das:

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kein eigenständiger Zugang zu sozialen Sicherungssystemen. Das können und wollen wir nicht hin- nehmen. Minijobberinnen und Solo-Selbständige gehören in den Schutz der solidarischen sozialen Sicherungssysteme.

Hier ist die Politik gefordert. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse müssen eingedämmt werden.

Arbeit gehört grundsätzlich in den Schutz der Sozialversicherungen, sie muss anständig bezahlt werden und eine Perspektive bieten. Wir fordern gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit! Der gesetzliche Mindestlohn, für den wir lange gekämpft haben, war ein echter Fortschritt, aber das reicht nicht, um den Niedriglohnsumpf trockenzulegen.

Befristungen, die keinen sachlichen Grund haben, gehören abgeschafft. Sie machen gerade jun- gen Leuten den Einstieg in gute Arbeit schwer. Bei den Werkverträgen brauchen wir endlich klare Kriterien, um Missbrauch verhindern zu können. Nur dann können Kontrollen wirksam ansetzen, um massenhaftes Lohndumping zu unterbinden – nicht nur am Bau oder in der Fleischindustrie.

Ein weiterer Punkt ist in diesem Zusammenhang wichtig: Menschen aus prekären Arbeitsverhält- nissen haben in der Regel auch keine Aussicht auf eine auskömmliche Rente. Um die wachsende Altersarmut zu verhindern, brauchen wir Reformen bei der Rente – dafür machen DGB und Gewerkschaften gemeinsam die Kampagne: „Kurswechsel jetzt! Gesetzliche Rente stärken!“

Schließlich ist klar: Nur aus guter Arbeit entsteht am Ende des Arbeitslebens dann auch eine gute Rente. Wenn prekäre Beschäftigung weiter zurückgedrängt wird, werden die größten Risiken für Armut in der der Arbeit beseitigt.

Pressekontakt:

DGB-Bundesvorstand

Abteilung Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Jan Piegsa, Pressesprecher

jan.piegsa@dgb.de Fon: 030 24060 216 Funk: 0171 228 9996

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