Mathematisches Institut SoSe 2020
der Heinrich-Heine Universit¨at 10.06.2020
D¨usseldorf Blatt 8
Apl. Prof. Dr. Axel Gr¨unrock
UBUNGEN ZUR ANALYSIS II¨
29. Eine differenzierbare Abbildung f : Rn ⊃ Ω → Rm heißt konform in x ∈ Ω, wenn es eine Zahl ρ(x)>0 gibt, so dass f¨ur die Jacobi-Matrix Df(x) gilt
Df(x)>Df(x) = ρ(x)2En,
wobei En die n×n- Einheitsmatrix ist. f heißt konform in Ω, wenn f in jedem x ∈ Ω konform ist. Zeigen Sie, dass die Inversion
i:Rn\ {0} →Rn, x7→i(x) = x
|x|2
an der Einheitssph¨are (vgl. Aufgabe 14 (b)) konform ist. Welche Folgerung ergibt sich f¨ur den Betrag der Funktionaldeterminante detDi(x)?
L¨osung Aufgabe 29. Wir betrachten die Abbildung i:Rn\ {0} →Rn mit i(x) = x
|x|2 = 1
|x|2(x1, . . . , xn)
mit den Komponenten ij(x) := |x|12xj f¨urj = 1, . . . , n. F¨ur jedes k = 1, . . . , n gilt ak,j := ∂
∂xkij(x) = δk,j
|x|2 − 2xjxk
|x|4
=aj,k
(1P) Dies sind die Eintr¨age der Jacobi-Matrix Di(x) = (ak,j)k,j=1,...,n und die Jacobi-Matrix ist symmetrisch (also Di(x)T =Di(x) f¨ur jedes x ∈Rn\ {0}). (1P) Um zu beweisen, dass i konform ist, ben¨otigen wir das Matrixprodukt Di(x)TDi(x). Wir bezeichen die Eintr¨age
1
dieser Matrix mit ck,m f¨ur k, m = 1, . . . , n. Nach den Rechenregeln f¨ur die Matrixmultip- likation ergeben sich diese Eintr¨age als
ck,m =
n
X
j=1
ak,jaj,m
=
n
X
j=1
δk,j
|x|2 − 2xjxk
|x|4
δj,m
|x|2 − 2xmxj
|x|4
=
n
X
j=1
δk,jδj,m
|x|4 − 2xmxjδk,j
|x|6 − 2xjxkδj,m
|x|6 +4x2jxkxm
|x|8
= δk,m
|x|4 − 2xkxm
|x|6 − 2xmxk
|x|6 +4xkxm
|x|8
n
X
j=1
x2j
= δk,m
|x|4 − 2xkxm
|x|6 − 2xmxk
|x|6 +4xkxm
|x|6
= δk,m
|x|4.
Damit erhalten wirDi(x)>Di(x) = |x|14En, wodurch die Konformit¨at vonigezeigt ist. (1P) F¨ur die Determinante folgt damit
|det(Di(x))|= (det(Di(x))2)12
= (det(Di(x)TDi(x)))12
= (det(|x|−4En))12
=|x|−2n.
(1P)
30. Es sei y: (0,√
2)7→R, x7→ y(x), eine differenzierbare Funktion, die der Gleichung F(x, y(x)) = 0 f¨ur
F(x, y) = (x2+y2)2−2(x2−y2)
gen¨ugt. Bestimmen Sie alle lokalen Extrema der Funktion y, und entscheiden Sie, in welchen F¨allen es sich um ein Maximum beziehungsweise ein Minimum handelt.
Hinweise:
• Es gibt genau zwei solche Funktionen.
• Aus der GleichungF(x, y(x)) = 0 berechne man zun¨achst mit Hilfe der Kettenregel die Ableitungy0(x),ohne explizit nach y aufzul¨osen!
L¨osung Aufgabe 30. Aus 0 =F(x, y(x)) =:g(x) folgt mit der Kettenregel 0 =g0(x) = d
dxF(x, y(x)) = ∂F
∂x(x, y(x)) + ∂F
∂y(x, y(x))y0(x).
Stellen wir diese Gleichung nach y0 um, so erhalten wir y0(x) = − 1
∂F
∂y(x, y(x))
∂F
∂x(x, y(x)).
(1P) F¨ur F(x, y) = (x2+y2)2−2(x2−y2) erhalten wir
∂F
∂y(x, y) = 2(x2+y2)2y+ 4y= 4y(x2+y2+ 1) und
∂F
∂x(x, y) = 2(x2+y2)2x−4x= 4x(x2+y2−1) so dass
y0(x) =− x y(x)
x2+y(x)2−1 y(x)2+x2+ 1.
(1P) Man beachte, dass y(x)6= 0, so dass dieser Ausdruck wohldefiniert ist. (Dies wird durch Widerspruch klar: Angenommen, es g¨abe ein x∈(0,√
2) mit y(x) = 0. Dann ist F(x, y(x)) = F(x,0) =x4−2x2 = 0!
nur f¨ur x= 0 oder x=√
2 erf¨ullt. Diese Punkte liegen jedoch beide nicht im Definitions- bereich der Funktion y. )
Da x6= 0, gilt
y0(x) = 0 ⇔x2+y(x)2−1 = 0
⇔x2+y(x)2 = 1.
Setzen wir dies in F(x, y(x)) = 0 ein, so erhalten wir
1−2(x2 −(1−x2)) = 0 ⇔4x2 = 3
⇔x=± r3
4. Beachte, dass nur die L¨osung x0 =
q3
4 im Definitionsbereich von y liegt und dadurch die negative L¨osung ausgeschlossen werden kann. Damit ist x0 die einzige kritische Stelle im Definitionsbereich der Funktion. Um zu unterscheiden, ob es sich um ein Minu- mum/Maximum handelt, berechnen wir implizit die zweite Ableitung von y. Betrachte daf¨ur die Gleichung
y(x)y0(x) = −xx2+y(x)2−1 y(x)2+x2+ 1 =−x
1− 2
x2+y(x)2+ 1
.
Differenzieren wir auf beiden Seiten, so erhalten wir
y0(x)2+y(x)y00(x) = −
1− 2
x2+y(x)2+ 1
−2x 2x+ 2y(x)y0(x) (x2+y(x)2+ 1)2. In x0 isty0(x0) = 0 und x20+y(x0)2 = 1 und somit gilt
y(x0)y00(x0) = −
1− 2
x20+y(x0)2+ 1
− 4x20
(x20+y(x0)2+ 1)2
=−x20
<0.
(1P) Daraus ergeben sich zwei F¨alle:
1. Fall: y(x0)>0. In diesem Fall isty00(x0)<0 und im Punkt x0 liegt ein isoliertes lokales Maximum vor.
2. Fall y(x0)<0. In diesem Fall ist y00(x0)>0 und im Punkt x0 liegt ein isoliertes lokales Minimum vor.
Beachte, dass wie oben y(x0) = 0 ausgeschlossen werden kann. (1P)
Bemerkung: Die durch die Gleichung F(x, y(x)) = 0 (mit F wie oben) beschriebene Teil- menge des R2 ist eine Kurve in der Ebene, die als “liegende Acht” treffend beschrieben ist.
Bekannter ist die Bezeichnung “Lemniskate von Bernoulli”, unter diesem Stichwort k¨onnen Sie zahlreiche Abbildungen finden und mit dem Ergebnis der obigen Rechnung vergleichen.
31. F¨ur die Funktion
f :R×(0,∞)→R, (x, y)7→f(x, y) :=yx
berechne man das Taylorpolynom 3. Grades im Entwicklungspunkt (x0, y0) = (0,1) (a) durch Berechnung aller partiellen Ableitungen bis zur dritten Ordnung einschließlich
und anschließende Auswertung in (x0, y0),
(b) unter Verwendung der Exponential- und Logarithmusreihen, wobei man alle Beitr¨age h¨oherer als dritter Ordnung vernachl¨assige.
L¨osung Aufgabe 31.
(a) Die partiellen Ableitungen erster Ordunung sind gegeben durch
∂
∂xf(x, y) = ∂
∂xexlog(y) =exlog(y)log(y) = yxlog(y)
∂
∂xf(0,1) = 0
∂
∂yf(x, y) = xyx−1
∂
∂yf(0,1) = 0
und somit folgt f¨ur die Ableitungen zweiter Ordnung
∂2
∂x2f(x, y) =yxlog(y)2
∂2
∂x2f(0,1) = 0
∂2
∂y2f(x, y) =x(x−1)yx−2
∂2
∂y2f(0,1) = 0
∂2
∂x∂yf(x, y) =yx−1+xy−1yxlog(y)
=yx−1(1 +xlog(y))
= ∂2
∂y∂xf(x, y)
∂2
∂y∂xf(0,1) = 1
Schließlich ben¨otigen wir noch die partiellen Ableitungen dritter Ordnung
∂3
∂x3f(x, y) =yxlog(y)3
∂3
∂x3f(0,1) = 0
∂3
∂y3f(x, y) =x(x−1)(x−2)yx−3
∂3
∂y3f(0,1) = 0
∂3
∂y∂x2f(x, y) =xyx−1log(y)2+ 2yx−1log(y)
=yx−1(xlog(y)2+ 2 log(y))
= ∂3
∂x∂y∂xf(x, y)
= ∂3
∂x2∂yf(x, y)
∂3
∂x2∂yf(0,1) = 0
∂3
∂y2∂xf(x, y) = (x−1)yx−2(1 +xlog(y)) +yx−2x
=yx−2((x−1)(1 +xlog(y)) +x)
= ∂3
∂y∂x∂yf(x, y)
= ∂3
∂x∂y2f(x, y)
∂3
∂x∂y2f(0,1) =−1.
(1P) Damit k¨onnen wir nun das Taylorpolynom in (x0, y0) = (0,1) berechnen. Es gilt
yx =f(x0, y0) +∇f(x0, y0)(x−x0, y−y0) + 1
2h(x−x0, y−y0), Hessf(x0, y0)(x−x0, y−y0)i + 1
3!
∂3
∂x3f(x0, y0)(x−x0)3+ ∂3
∂y3f(x0, y0)(y−y0)3+ 3 ∂3
∂x2∂yf(x0, y0)(x−x0)2(y−y0) +3 ∂3
∂x∂y2f(x0, y0)(x−x0)(y−y0)2
+R4(h)
wobei der Restterm R4 Terme h¨oherer Ordnung enth¨alt. Setzen wir (x0, y0) sowie die Ableitungen ein, so erhalten wir
yx =f(0,1) + 1
2h(x, y−1),
0 1 1 0
(x, y−1)i+1
6 ·3 ∂3
∂x∂y2f(0,1)x(y−1)2+R4(h)
= 1 +x(y−1)− 1
2x(y−1)2+R4(h).
(1P) (b) Nutzen wie die Reihendarstellung der Exponentialfuntion, so erhalten wir
yx =exlog(y) = 1 +xlog(y) + x2
2 log(y)2+. . . . Setzen wir nun auch noch
log(y) = log(1 + (y−1)) = (y−1)− (y−1)2 2 ±. . .
(1P) ein, so erhalten wir
yx = 1 +x(y−1)−x(y−1)2
2 + Terme h¨oherer Ordnung.
(1P)
32. Gegeben seien Punkte a1, a2, a3 ∈R2, die ein Dreieck
∆ :={λ1a1+λ2a2+λ3a3 : 0≤λi,
3
X
i=1
λi = 1}
bilden. In einem Punktx∈R2\{a1, a2, a3}sei die Summe der Abst¨ande zu denaiminimal.
Zeigen Sie, dass der Winkel zwischen benachbarten Vektorenai−xstets 2π3 betr¨agt.
L¨osung Aufgabe 32. F¨ur jedes x ∈ R2\ {a1, a2, a3} ist die Summe der Abst¨ande zu den ai gegeben durch
f(x) =
3
X
i=1
|x−ai|.
Um x ∈ R2 \ {a1, a2, a3} zu finden, so dass diese Summe minimal wird, minimieren wir f(x). Dazu betrachten wir den Gradienten
∇f(x) =
3
X
i=1
x−ai
|x−ai|
(1P) und l¨osen∇f(x)= 0 (1P). Dieses nichtlineare Gleichungssystem kann man auf verschiedene! Weisen behandeln, die entscheidende Tatsache in allen F¨allen ist jedoch, dass
x−ai
|x−ai|
= 1 f¨ur jedes i= 1,2,3.
1. M¨oglichkeit (geometrisch/zeichnerisch): Die Vekotoren vi := |x−ax−ai
i| sind Einheitsvek- toren. Ergibt jedoch die Summe dreier Einheitsvektoren 0, so bildenv1, v1+v2, v1+v2+v3 ein gleichseitiges und somit gleichwinkliges Dreieck. Die Innenwinkel betragen dann jeweils
π
3, also die Winkel zwischen zwei benachbarten Vektoren ai−x stets 2π3 .
2. M¨oglichkeit (rechnerisch): Man setztvi =eiφi f¨ur ein φi ∈(0,2π] und i= 1,2,3. Dann lautet die notwendige Bedingung f¨ur ein Extremum
3
X
i=1
eiφ= 0.
Schreiben wir φ2 =φ1+δ2 und φ3 =φ1+δ3, so ist dies ¨aquivalent zu der Forderung, dass
3
X
i=1
eiφ1(1 +eiδ2 +eiδ3) = 0
oder eiδ2 +eiδ3 =−1. Zerlegt man diese Gleichung in Real- und Imagin¨arteil, so erhalten wir
cos(δ2) + cos(δ3) = −1 sin(δ2) + sin(δ3) = 0
Mit Pythagoras folgt aus der zweiten Gleichung, dass cos(δ2)2 = cos(δ3)2, wobei auf Grund der ersten Gleichung nur cos(δ2) = cos(δ3) = 12 m¨oglich ist. Auf (0,2π] sind die L¨osungen gegeben durch δ2 = 2π3 und δ3 = 4π3 (oder anders herum). Damit folgt ebenfalls die
Behauptung. (jeweils 2P)