82 SELBSTADJUNGIERTE ABBILDUNGEN
6.6. Selbstadjungierte Abbildungen.
Definition. Eine lineare AbbildungT :V →V heißt a) selbstadjungiert, fallsT =T∗.
b) schiefadjungiert, fallsT =−T∗.
Bemerkung. Nach 6.2.1 ist T genau selbstadjungiert, wenn bzgl. einer Orthonormalbasis L die MatrixA:=MTL,L selbstadjungiertist, d.h. sie erf¨ullt
A∗=A.
IstA∗=−A, so heißtAschiefadjungiert.
Beispiel. 1. IstT ∈L(V, V) beliebig, so istT +T∗ selbstadjungiert.
2. IstT ∈L(V, V) beliebig, so ist T−T∗ schiefadjungiert.
3. IstT ∈L(V, V) selbstadjungiert,iT schiefadjungiert.
4. IstT ∈L(V, V) beliebig, dann gilt
T = T+T∗
2 +T−T∗ 2 wobei
T+T∗
2 ist selbstadjungiert und T −T∗
2 ist schiefadjungiert.
5. IstT ∈L(V, V) beliebig, so sindT∗T undT T∗ selbstadjungiert.
Hilfssatz 6.6.1 (Polariesierung). a) Sei K = C und seien S, T ∈ L(V, V) lineare Abbildungen.
Dann gilt:
S =T ⇐⇒ hSx, xi=hT x, xi f¨ur allex∈V.
b) IstK=Rund sindS, T :V →L(V) selbstadjungierte lineare Abbildungen, so gilt S =T ⇐⇒ hSx, xi=hT x, xi f¨ur allex∈V.
Beweis. a) Die Implikation “⇒” is trivial. Um “⇐” zu beweisen, reicht es wegen Satz 6.1.2.b) zu zeigen, dass f¨ur allex, y∈V
hSx, yi=hT x, yi gilt.
Seienx, y∈V beliebig. Wie bei der Polarisierung k¨onnen wir schreiben:
1 4
hS(x+y), x+yi − hS(x−y), x−yi+ihS(x+iy), x+iyi −ihS(x−iy), x−iyi
= 1 4
hSx, xi+hSy, xi+hSx, yi+hSy, yi
−hSx, xi+hSy, xi+hSx, yi − hSy, yi ihSx, xi − hSy, xi+hSx, yi+ihSy, yi
−ihSx, xi − hSy, xi+hSx, yi −ihSy, yi
=hSx, yi.
Dies ist nat¨urlich auch richtig, wennS durchT ersetzt wird. Daraus folgt, dasshT x, yi=hSx, yigilt, falls f¨ur allex∈V die Gleichheit hT x, xi=hSx, xigilt.
Geht analog wie a), nur muss man die folgende Identit¨at verwenden:
1 4
hS(x+y), x+yi − hS(x−y), x−yi
=1 4
hSx, xi+hSx, yi+hSy, xi+hSy, yi − hSx, xi+hSx, yi+hSy, xi − hSy, yi und, daS selbstadjungiert ist:
=1 4
hSx, yi+hSx, yi+hSx, yi+hSx, yi
=hSx, yi.
SELBSTADJUNGIERTE ABBILDUNGEN 83
Bemerkung. Der obige Satz bleibt nicht richtig f¨ur K=R, wenn S oder T nicht selbstadjungiert ist. Betrachte die lineare AbbildungenTA, TB, TC :R2→R2 gegeben durch die Matrizen
A:=
1 1 0 1
, B :=
1 0 1 1
C:=
1 12
1 2 1
. Dann gelten
TA x y
, xy
= x+yy , xy
=x2+xy+y2, TB x
y
, xy
= x+yx , xy
=x2+xy+y2, TC x
y
, xy
= x+y+121y
2x
, xy
=x2+xy+y2.
Die AbbildungenTA, TB, TC sind aber alle unterschiedlich, undTC is sogar selbstadjungiert.
Hauptsatz 6.6.2. SeiV ein komplexer Vektorraum. F¨urT ∈L(V, V) sind ¨aquivalent:
(i) T ist selbstadjungiert.
(ii) T ist normal und
σ(T)⊆R. (iii) hT x, xi ∈Rgilt f¨ur allex∈V.
Beweis. (i)⇒(ii): IstT selbstadjungiert, so ist es nat¨urlich auch normal:T∗T =T T =T T∗. Wegen Satz 6.4.5 gibt es eine Orthonormalbasis inV aus Eigenvektoren vonT. Somit gilt
A:=MTL,L=
λ1 0 . . . 0 0 . .. ... ... . .. 0 0 . . . 0 λn
, und A∗=MTL∗,L=
λ1 0 . . . 0 0 . .. ... ... . .. 0 0 . . . 0 λn
.
DaA=A∗, es gilt λi=λi, d.h.λi∈R.
(ii) ⇒ (i): Falls T normal ist, finden wir eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren von T, so dass A=MTL,L diagonal wird. Daσ(T)⊆R, giltA=A∗, und somitT =T∗.
(i)⇒(iii): F¨urx∈V gilt
hT x, xi=hx, T∗xi=hx, T xi=hT x, xi, und somithT x, xi ∈R.
(iii)⇒(i): Nach Voraussetzung gilt
hx, T x,i=hT x, xi=hx, T∗xi, und somit wegen Polarisierung
hx, T yi=hx, T∗yi, alsoT =T∗.
Bemerkung. Der Fall K= R.Sei L irgendeine Orthonormalbasis und sei A =MTL,L eine reelle Matrix. Die AbbildungT ist genau dann selbstadjungiert, wenn
A=A⊤ =A∗ also wennAsymmetrisch ist.
Nach 6.4.5 existiert eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren von T. Diese Eigenvektoren sind aber nur inCngarantiert! Wir wissen bereits, dass die Eigenwerte vonT alle reell sind. Daraus bekommen wir f¨urλ∈σ(T), dass f¨urx∈Cn mit
Ax=λx, gilt auch Ax=Ax=λx=λx,
wobei man benutzt dassAundλbeide reell sind. Daher k¨onnen wir Eigenvektoren inRn finden:
Ax+x 2
=λx+x
2 und Ax−x 2i
=λx−x 2i .
Also falls x∈ Cn ein Eigenvektor zum Eigenwertλ ist, so ist ℜx∈ Rn oder ℑx∈ Rn auch Eigen- vektor zum λ (einer der beiden ist nicht 0). Daraus kann man induktiv eine Orthonormalbasis aus Eigenvektoren vonT inRn finden.
84 POSITIV DEFINITE ABBILDUNGEN
Wir haben also den folgenden Satz bewiesen.
Satz. IstV ein endlichdimensionalerR-Vektorraum undT ∈L(V, V) selbstadjungiert, so istT auch
¨
uberRdiagonalisierbar.
Beispiel. Sei U ⊆V ein Unterraum, und seie1, . . . , emOr- thonormalbasis in U, erg¨anze sie zu einer Orthonormalbasis e1, . . . , en in V. Die orthogonale ProjektionP vonV auf U ist definiert durch
P :V →V, P x=
m
X
i=1
hx, eiiei∈U.
Es gilt
Bild(P) =U und Kern(P) =U⊥=
x∈V :x⊥U . Die AbbildungP ist selbstadjungiert. Denn:
hP x, xi=DXm
i=1
hx, eiiei,
n
X
j=1
hx, ejiej
E=
m
X
i=1
hx, eiihx, eii=
m
X
i=1
|hx, eii|2≥0.
x
e1 P x
e2
e3
6.7. Positiv semidefinite Abbildungen.
Satz. SeiV komplexer Vektorraum. F¨urT :V →V sind ¨aquivalent.
(i) hT x, xi ≥0 [oder>0] f¨ur allex∈V,x6= 0.
(ii) T ist selbstadjungiert und
σ(T)⊆R+ [oderR+\ {0}].
(iii) Es gibtS :V →V mit T=S∗S [undS ist invertierbar].
Beweis. (i)⇒(ii): Da hT x, xi ≥0 bedeutet auch, dasshT x, xi ∈R, Satz 6.6.2 liefert, dassT selbst- adjungiert ist. Seiλ∈σ(T) mit einem Eigenvektorx∈V,kxk= 1. Dann gilt
λ=λkxk2=hλx, xi=hT x, xi ≥0,
d.h.λ≥0 muss gelten. Dies zeigt die gew¨unschte Implikation. Gilt in (i) zus¨atzlich>0 f¨urx6= 0. So kannλ= 0 kein Eigenwert sein.
(ii)⇒(iii): SeiL eine Orthonormalbasis inV aus Eigenvektoren von T. Dann gilt
A=MTL,L=
λ1 0 . . . 0 0 . .. ... ... . .. 0 0 . . . 0 λn
mitλi≥0.
Setze
B:=
√λ1 0 . . . 0
0 . .. ...
... . .. 0
0 . . . 0 √ λn
.
Dann giltB=B∗ undB2=BB =A. Die AbbildungS gegeben durch dire Matrix bzgl. der BasisL ist selbstadjungiert und erf¨ullt
S∗S=SS=T.
Der Zusatz: Ist σ(T)⊆R\ {0}, so giltλi>0, alsoS und somitB ist invertierbar.
(iii)⇒(i): F¨urx∈V gilt
hT x, xi=hS∗Sx, xi=hSx, Sxi ≥0.
Dies beweist “(iii)⇒ (i)”. Ist zus¨atzlichS invertierbar, so kann hierkSxk =hSx, Sxi= 0 nur dann stehen, wenn x= 0.
INDEX 85
Definition. Eine lineare AbbildungT :V →V heißt a) positiv semidefinit, falls hT x, xi ≥0 f¨ur allex∈V. b) positiv definit, falls hT x, xi>0 f¨ur allex∈V,x6= 0.
c) negativ (semi)definit, falls−T positiv (semi)definit ist.
d) indefinit, falls keiner der obigen gilt.
Wir sagen, dass eine Matrix A ∈ Mn,n eine dieser Eigenschaften hat, falls die lineare Abbildung TA:Cn→Cn,TAx=Axdie jeweilige Eigenschaft besitzt.
Satz 6.7.1 (Sylvester). SeiA einen×n-Matrix. Bezeichne durch Ak die k×k-Matrix, welche die Elementen der erstenk-Zeilen und derk-Spalten enth¨alt, d.h.
Ak =
α11 α12 . . . α1k
... ... ... ... ... ... αk1 α12 . . . αkk
(die so genannteHauptminoren). Dann ist Agenau dann positive semidefinit, falls Det(Ak)≥0 f¨ur allek= 1, . . . , ngilt.
Positiv Definitheit ist durch Det(Ak)>0,k= 1, . . . , ncharakterisiert.
Beweis. Ohne Beweis.