Karlsruher Institut f¨ur Technologie Institut f¨ur Theorie der Kondensierten Materie Ubungen zur Theoretischen Physik F¨ SS 12
Prof. Dr. J¨org Schmalian L¨osungsvorschlag zu Blatt 7
Dr. Igor Gornyi 08.06.2012
1. Van-der-Waals-Gas und Maxwellkonstruktion: (5 + 5 + 5 + 5 + 5 = 25 Punkte)
(a) Betrachten wir zun¨achst das totale Differential der inneren Energie U(T, V)≡U(S(T, V), V)
dU = ∂U
∂S
∂S
∂T
V
dT + ∂U
∂S
∂S
∂V
T
dV + ∂U
∂V
T
dV
=T ∂S
∂T
V
dT + (
T ∂p
∂T
V
−p )
T
dV
=CV (V, T)dT + (
T ∂p
∂T
V
−p )
dV (1)
wobei wir die Maxwell-Beziehung (∂p
∂T
)
V =(∂S
∂V
)
T verwendet haben.
Die obige Relation k¨onnen wir nutzen um eine weitere
”Maxwell-Beziehung “ herzuleiten
(∂U
∂T )
V
(1)= CV (V, T) ,
(∂U
∂V )
T (1)=
( T ∂p
∂T
V
−p )
∂U
∂T ∂V = ∂U
∂V ∂T ⇒ ∂CV
∂V
T
= ∂
∂T (
T ∂p
∂T
V
−p) V
. (2)
Bestimmen wir zun¨achstT ∂T∂p
V −p:
p = N kBT V −N b −
(N V
)2
a
∂p
∂T
V
= N kB V −N b T ∂p
∂T
V
−p = (N
V )2
a (3)
Wegen (3) und (2) ist die W¨armekapazit¨at unabh¨angig vom Volumen, wir k¨onnen also schreiben
dU =CV (T)dT + (N
V )2
adV
Diese Beziehung kann nun integriert werden. Wir beginnen im Anfangszustand mit (T0, V0) sowie der inneren Energie U0 und erhalten somit
U(T, V) =U0(V0, T0) +
∫ T
T0
CV (T)dT −N2a (1
V − 1 V0
) .
F¨ur kleine Temperatur¨anderungen k¨onnen wir die W¨armekapazit¨at als konstant annehmen CV (T) =CV und erhalten dadurch
U(T, V) = U0(V0, T0) + CV (T −T0)−N2a (1
V − 1 V0
)
. (4)
Die innere Energie nimmt also f¨ur zunehmendes Volumen zu. Bei zunehmendem Volumen wird der mittlere Abstand zwischen den Teilchen gr¨oßer, wodurch der Effekt der anziehenden Wechselwirkung verringert wird, die Energie des Systems steigt folglich.
Nun vergleichen wir dies mit dem Ergebnis, das man im Grenzfall niedriger Teil- chendichten aus der Zustandssumme erh¨alt. Aus der Vorlesung (Kapitel 6.1) ist bekannt:
Z = VN N!λ(T)dN
(
1 + N2 2V a(T)
)
(5) mit
λ(T) =
( h2 2πkBT m
)12
, ∂Tλ(T) = −λ(T) 2T a(T) = 2a
kBT −2b , ∂Ta(T) =− 2a kBT2
Bestimmen wir zun¨achst die Freie Energie und damit die Entropie
F =−kBTln(Z) (6)
S =− (∂F
∂T )
V,N
=kBln(Z) +kBT∂TZ
Z (7)
Somit erhalten wir f¨ur die Innere Energie im Grenzfall N/V ≪1 U =F +T S=kBT2∂TZ
Z = kBT2 Z
[ ∂Z
∂λ(T)
∂λ(T)
∂T + ∂Z
∂a(T)
∂a(T)
∂T ]
= kBT2N!λ(T)dN VN(
1 + N2V2a(T)) [
− VNdN
N!λ(T)dN+1∂Tλ(T) (
1 + N2 2V a(T)
)
+ VN
N!λ(T)dN N2
2V ∂Ta(T) ]
=kBT2 [
−N d
λ ∂Tλ(T) + N2 2V
∂Ta(T) 1 + N2V2a(T)
]
=kBT2N {
−d
λ∂Tλ(T) + N
2V ∂Ta(T) +O [(N
V
)2]}
=N {
d
2kBT − N
V a+O [(N
V
)2]}
(8) bestimmen wir nun noch die W¨armekapazit¨at
CV = (∂U
∂T )
V
= d
2N kB+O [(N
V )2]
(9) so sehen wir, dass gilt
U(T, V)≈CVT − N2a
V (10)
was zu zeigen war.
(b) Die Isothermen des Van-der-Waals-Gases haben folgende Form:
Die ¨Anderung der freien Energie ist gegeben durch:
dF =−SdT −P dV +µdN und bei konstanter Teilchenzahl entlang einer Isothermen:
dF =−P dV also folgt:
F(V) =F(V0)−
∫ V V0
P(V)dV
wobeiP(V) die aus der Van-der-Waals-Gleichung resultierende Isotherme ist.
Wir finden alsoF(V) aus P(V) durch integrieren:
Schematisch erhalten wir folgende Ergebnisse:
F¨ur die Isotherme Kompressibilit¨atκT :=−V1 (
∂V
∂p
)
T,N
gilt 1
V κT =− (∂p
∂V )
T,N
= (∂2F
∂V2 )
T,N
(11) F¨ur T < TC wird dieser Ausdruck negativ im Bereich V< < V < V>. In diesem Bereich ist die L¨osung der Van-der-Waals-Gleichung unphysikalisch. Das homogene Gas ist nicht stabil.
(c) Eine konvexe freie Energie im unphysikalischen Bereich der Van-der-Waals-Kurven kann erreicht werden, wenn die Koexistenz zweier PhasenAundB(fl¨ussig, gasf¨ormig) angenommen wird. Ein solcher Bereich wird motiviert durch die Tatsache, dass bei Variation des Drucks zwei physikalische L¨osungen (zus¨atzlich zur unphysikalischen) aus der Van-der-Waals-Gleichung resultieren. Wir bezeichnen im Koexistenzbereich die stabile, physikalisch realisierte Koexistenz-P(V)-Kurve mitPcoex(V) und die aus der Van-der-Waals-Gleichung resultierende mit PV dW(V).
Die mechanische Stabilit¨at erfordert zun¨achst, dass der Druck in den beiden Phasen gleich ist:
PA(V) =PB(V) =Pcoex(V)
Desweiteren ¨andert sich der Druck im Koexistenzbereich nicht mit dem Volumen Pcoex(V)|VA<V <VB =PA=PB.
Diese Eigenschaft folgt aus der Bedingung, dassµA(P, T) und µB(P, T) Funktionen von lediglichP undT sind (daG(T, P, N) = N µ(T, P)1). DruckP und Temperatur T sind in beiden Phasen gleich, und im Gleichgewicht mussµA(P, T) =µB(P, T) gel- ten. Da die Funktionen µA(P, T) und µB(P, T) verschieden sind (das ist die Bedin- gung daf¨ur, dass es sich um zwei verschiedene Phasen handelt), f¨uhrt die Gleichung µA(P, T) = µB(P, T) auf eine Koexistenzkurve Pcoex(T) in einem P-T-Diagramm.
[Bem.: Auf dieser Koexistenzkurve ist das GesamtvolumenV unbestimmt]. Daraus folgt, dass entlang einer Isotherme (T=konstant) im Koexistenzbereich auch der Druck konstant bleiben muss. [Bem.: Ausserhalb des Koexistenzbereichs existiert die zus¨atzliche Beschr¨ankung µA(P, T) = µB(P, T) nicht, also kann P entlang der Isotherme wieder variieren.] Aus dem Gesagten folgt, dass die korrekte Isotherme imP −V-Diagramm eine horizontale Linie ist. Wir m¨ussen also nur noch heraus- finden, mit welchem Druck P = PA = PB diese horizentale Linie assoziiert ist.
Im F −V-Diagramm entspricht die Koexistenzkurve einer Geraden mit Anstieg
−PA=−PB.
DamitF uberall eine konvexe Funktion von¨ V wird, muss die entsprechende Gerade im Koexistenzbereich in die Tangenten vonF bei VA und VB m¨unden, das heißt,
−PA= (∂F
∂V )
T ,N
V=VA
=−PB = (∂F
∂V )
T,N
V=VB
= F(VA)−F(VB)
VA−VB (12) Benutzen wir nun, dass
F(VA)−F(VB)≡
∫ VB
VA
PV dW(V)dV so ergibt sich mit (12)
∫ VB
VA
PV dW(V)dV =PA(VB−VA) (13)
1Aus U =T S−pV +µN undG=U−T S+pV folgt G(T, P, N) =N µ(T, P, N). Dividiert man z.B.
diese Gleichung durchN, steht auf der linken Seite die intensive Gr¨oßeG(T, P, N)/N. Folglich muss auch auf der rechte Seite eine intensive Gr¨oße stehen undµ(T, P, N) kann nicht vonN abh¨angen, alsoµ(T, P).
Dies ist ein Ausdruck f¨ur die Maxwell-Konstruktion: Die Fl¨achen zwischen den Van- der-Waals-Isothermen und der horizontalen Isothermen im Koexistenzbereich sind oberhalb und unterhalb der horizontalen Isothermen gleich. Grafisch interpretiert besagt Gleichung (13) n¨amlich, dass die Fl¨ache unterhalb der VdW-Isothermen gleich der Fl¨ache des hellgrauen Rechtecks sein muss. Dies ist jedoch nur m¨oglich, wenn der schraffierte Bereich fl¨achengleich dem
”oben fehlenden“weißen Bereich ist.
(d) Die Stabilit¨at der Koexistenz zweier Teilsysteme A und B erfordert:
TA =TB =T wenn W¨aermeaustauch m¨oglich ist, PA =PB =P wenn Volumenaustauch m¨oglich ist, µA =µB =µ wenn Teilchenaustauch m¨oglich ist.
Desweiteren folgt aus der Diskussion in b), dass auf einer Isothermen (T=konstant) im Koexistenzbereich auch der Druck und das chemische Potential konstant bleiben m¨ussen, also sogarPA=PBundµA=µBgelten (wobei hierAundBden Zust¨anden mit Volumina VA und VB entsprechen).
Mittels der Gibbs-Duhem-Beziehung dµ=−S
NdT + V NdP
folgt daraus f¨ur die Integrale entlang einer Van-der-Waals-Isothermen von Zustand A nach Zustand B: ∫ B
A
dµ= 1 N
∫ B A
VV dW(P)dP
und wegen µB−µA= 0:
∫ B
A
VV dW(P)dP = 0 (Maxwell-Konstruktion) (e)
(
P +N2a V2
)
(V−N b) =N kBT ⇒ V3− (
N b+N kBT P
)
V2+N2a
P V−N3ab P = 0
Polynom dritten Grades hat 3 komplexe Nullstellen:
(V −V1)(V −V2)(V −V3) = 0
ist die Normalform. F¨ur T < Tc bei Dampfdruck (Koexistenzdruck) ergeben sich drei reelle Nullstellen. F¨urT =Tc beiPc ergibt sich eine dreifache Nullstelle beiVc.
⇒ vergleiche 0 = (V −VC)3 =V3−3VCV2+ 3VC2V −VC3
mit obiger Form des Polynoms. Dies liefert drei Gleichungen f¨ur die Unbekannten Pc, Vc und Tc:
3VC =N b+ N kBTC PC
; 3VC2 = N2a PC
; VC3 =N3ab PC
und somit: VC = 3N b; PC = a
27b2; kBTC = 8 27
a b und PCVC
N kBTC = 3
8 Dies ist eine universelle, materialunabh¨angige Konstante.
2. Ising-Modell
(a) Wir leiten zun¨achst eine hilfreiche Relation her. Sei σ ∈ {−1,1} und α∈C eασ =
∑∞ n=0
1
n!(ασ)n
=
∑∞ m=0
1
(2m)!(ασ)2m+
∑∞ m=0
1
(2m+ 1)!(ασ)2m+1
σ2m=1
=
∑∞ m=0
1
(2m)!α2m+σ
∑∞ m=0
1
(2m+ 1)!α2m+1
= coshα+σsinhα Die Zustandssumme f¨ur N Spins lautet
Z(N) =∑
{σzi}
exp [
J kBT
N∑−1 i=1
σizσzi+1 ]
=∑
{σzi} N∏−1
i=1
exp [ J
kBTσizσi+1z ]
,
exp [ J
kBTσizσi+1z ]
= cosh J
kBT +σziσzi+1sinh J kBT, und speziell f¨ur N=3:
Z(3) = ∑
{σzi}
∏2 i=1
(
cosh J
kBT +σizσi+1z sinh J kBT
)
(14)
= ∑
{σzi}
(
cosh2 J
kBT + (σ1zσ2z+σ2zσ3z) cosh J
kBT sinh J
kBT +σz1σ2zσ2zσ3zsinh2 J kBT
)
= 23cosh2 J kBT,
weil ∑
{σiz}
σz1σ2z =∑
{σiz}
σz2σ3z = 0,
und ∑
{σzi}
σz1σz2σ2zσ3z =∑
{σiz}
σ1zσ3z = 0.
Allgemein gilt f¨ur N Spins ∑
{σzi}σzjσkz = 2Nδjk und man erh¨alt mit der selben Argumentation wie f¨ur 3 Spins:
Z(N) = 2N [
cosh J kBT
]N−1
(15) (b)
F =−kBTlnZ(3) =−3kBT ln 2−2kBT ln cosh J kBT. (c)
S=−∂F
∂T = 3kBln 2 + 2kBln cosh J
kBT −2J
T tanh J kBT,
cH =T (∂S
∂T )
H
= 2J2 kBT2
1
cosh2[J/(kBT)]. (d)
⟨σiz⟩= 1 Z(3)
∑
{σiz}
σzi exp [
J kBT
N∑−1 i=1
σziσi+1z ]
= 1
Z(3)
∑
{σiz}
σzi
N∏−1 i=1
[
cosh J
kBT +σziσzi+1sinh J kBT
]
= 0
weil alle Glieder antisymmetrisch sind (e)
M(H) = − (∂F
∂H )
T,N
=kBT∂HZ(H, N) Z(H, N)
= 1
Z(H, N)
∑
{σzi}
∑N j=1
µσjzexp [
J kBT
N∑−1 i=1
σizσi+1z + µH kBT
∑N i=1
σiz ]
wobei
Z(H, N) = ∑
{σiz}
exp [
J kBT
N∑−1 i=1
σziσi+1z + µH kBT
∑N i=1
σzi ]
.
WennµH ≪kBT,
exp [ µH
kBTσiz ]
≈1 + µH kBTσiz,
und Z(H, N)≈Z(N).
Dann erhalten wir M(H) = 1
Z(H, N)
∑
{σzi}
∑N j=1
µσzjexp [
J kBT
N∑−1 i=1
σziσi+1z ] (
1 +
∑N i=1
µH kBTσiz
)
=µ
∑N j=1
⟨σzj⟩
|{z}
d)= 0
+µ2H kBT
∑N j=1
∑N i=1
⟨σizσjz⟩
≡χH mit
χ= µ2 kBT
∑N i=1
∑N j=1
⟨σziσjz⟩.
Betrachten wir zun¨achst
⟨σziσjz⟩= 1 Z
∑
{σiz}
σziσjzexp [
J kBT
N∑−1 k=1
σkzσk+1z ]
= 1 Z
∑
{σiz}
σziσjz
N∏−1 k=1
[
cosh J
kBT +σkzσk+1z sinh J kBT
]
= 1 Z
∑
{σiz}
σziσjz( [
cosh J kBT
]N−1
+ [
cosh J kBT
]N−2
sinh J kBT
(σ1zσ2z+σ2zσ3z+· · ·+σNz−1σNz)
+ [
cosh J kBT
]N−3[
sinh J kBT
]2(
σ1zσ3z+σ1zσ2zσ3zσz4+· · ·+σz2σ4z+· · ·+σNz−2σzN) +· · ·)
(15)= [
tanh J kBT
]|i−j|
dabei haben wir verwendet, dass im Produkt nur der Term ¨ubrig bleibt in welchem σziσjz mit sich selbst multipliziert wird.
F¨ur N = 3 erhalten wir mit dieser Formel oder direkt mit (14):
⟨(σiz)2⟩= 1,
⟨σz1σ2z⟩=⟨σz2σz3⟩= 1
Z(3)23cosh J
kBT sinh J
kBT = tanh J kBT,
⟨σ1zσz3⟩= 1
Z(3)23sinh2 J
kBT = tanh2 J kBT. Somit gilt
∑3 i=1
∑3 j=1
⟨σizσjz⟩= 3+2 (⟨σz1σ2z⟩+⟨σz2σz3⟩+⟨σ1zσz3⟩) = 3+2 (
2 tanh J
kBT + tanh2 J kBT
) .
und f¨ur die Magnetisierung erhalten wir:
M = µ2H kBT
[ 1 + 2
(
1 + tanh J kBT
)2] .
(f)
χ= ∂M
∂H
H→0
= µ2 kBT
[ 1 + 2
(
1 + tanh J kBT
)2] .