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Binäre kolloidale Suspensionen in eingeschränkter Geometrie

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Binäre kolloidale Suspensionen in eingeschränkter Geometrie

Diplomarbeit

Juliane Birk

Lehrstuhl Prof. Dr. P. Leiderer Fachbereich Physik Universität Konstanz

Mai 2003

(2)
(3)

I

Inhaltsverzeichnis

Einleitung ...1

Kapitel 1 Theorie ...3

1.1 Phasenübergänge ...3

1.1.1 Charakterisierung von Phasenübergängen...3

1.1.1.1 Lindemann-Kriterium...4

1.1.1.2 Hansen-Verlet-Kriterium...4

1.1.1.3 Löwen-Palberg-Kriterium ...4

1.1.2 KTHNY-Theorie ...5

1.2 Eingeschränkte Geometrie ...6

1.3 Paarkorrelationsfunktion ...9

1.4 Diffusion und mittleres Verschiebungsquadrat ...10

1.4.1 Diffusion in der Nähe einer harten Wand...13

1.5 Simulationen ...15

Kapitel 2 Stand der Forschung ...17

2.1 Der Plasmaparameter ...17

2.2 Phasenübergang und Diffusion ...18

Kapitel 3 Das Experiment...23

3.1 Die Partikel ...23

3.1.1 Die magnetische Dipol-Dipol-Wechselwirkung ...23

3.1.2 Magnetisches Moment...25

3.1.3 Thermische Fluktuationen ...28

3.1.4 Weitere Wechselwirkungen...29

3.1.4.1 Van der Waals-Wechselwirkung...29

3.1.4.2 Coulomb-Wechselwirkung...30

3.1.5 Partikeldurchmesser ...30

3.2 Probenpräparation ...31

3.2.1 Die Suspension ...31

3.2.2 Die Messzelle ...32

3.3 Experimenteller Aufbau...35

3.3.1 Das Magnetfeld ...36

3.3.2 Optische Pinzette ...38

3.4 Partikelerkennung ...39

Kapitel 4 Ergebnisse und Diskussion...43

4.1 Grundlegende Erkenntnisse...43

4.1.1 32 große und 35 kleine Partikel...43

4.1.2 38 große und 23 kleine Partikel...46

4.1.3 49 große und 5 kleine Partikel...48

4.1.4 Der Plasmaparameter...49

(4)

II Inhaltsverzeichnis

4.2 Weitere Effekte beim Phasenübergang an Hand eines Beispiels... 50

4.2.1 Radiale Fluktuationen...50

4.2.2 Fluktuationen der kleinen Partikel...51

4.2.3 Hexagonale Störung ...52

4.2.4 Konfigurationswechsel ...54

4.3 Mittleres Verschiebungsquadrat ... 58

4.4 Vergleich der Simulationen mit dem Experiment... 60

Ausblick... 65

Zusammenfassung... 67

Literaturverzeichnis... 69

Dankeschön!... 73

(5)

Einleitung

1861 beschreibt Graham zwei Stoffklassen: Kristalloide und Kolloide [Gra61]. All jene Substanzen, die durch eine Membran diffundieren, die Wasser von einer wässrigen Lösung trennt, zählt er zu den Kristalloiden, jene, die das nicht tun, zu den Kolloiden. Das Wort Kolloide ist vom griechischen Wort κόλλα abgeleitet, das wörtlich übersetzt Leim bedeutet [Rus89].

Später wurde klar, dass man mit der Bezeichnung „Kolloide“ keine Stoffeigenschaft, son- dern einen Zustand der Materie charakterisiert. Vielmehr handelt es sich bei kolloidalen Suspensionen um Kolloid-Partikel in einem Lösungsmittel, wobei die Partikel groß gegen- über den Molekülen des Lösungsmittels sind, so dass dieses als homogenes Medium ange- sehen werden kann. Deshalb wurden dann die Teilchenabmessungen zur Einteilung verwendet [Bar99]. Allerdings variieren die Größenangaben: Franke gibt Abmessungen von 1nm bis 1µm an [Fra69], Russel von 1nm bis 10 µm [Rus89] und Bartels von 1nm bis 100nm [Bar99]. Daran sieht man, dass die Größengrenzen relativ unscharf verlaufen.

Frenkel schlägt deswegen vor [Fre02], Kolloide nach physikalischen Kriterien einzuord- nen, zum Beispiel nach der Zeit, die ein Partikel benötigt, um auf Grund seiner thermi- schen Bewegung eine Strecke, die seinem Durchmesser entspricht, zurückzulegen.

Es gibt sehr viele kolloidale Systeme, die man in verschiedene Gruppen einteilen kann [Bar99]: Feste Teilchen in Gasen (Aerosole), gasförmige Teilchen in Flüssigkeiten (Schäume), flüssige Teilchen in einer flüssigen Phase (Emulsion) usw.

Daraus folgt auch der weite Einsatzbereich von Kolloiden in der Biologie, der Medizin, vielen Industriezweigen, wie z.B. der Gummi-, Leder- und Lebensmittelindustrie und zur Herstellung von Farben und Lacken etc. Einige Beispiele [[Bre93], [Bar99]] für kolloidale Systeme sind Blut, Milch, Butter, Bier, Hautpflegemittel, Klebstoffe und Arzneimittel.

In diesem Zusammenhang sind kolloidale Systeme für die Forschung von großem Interes- se. Typische Partikelabstände liegen im Bereich der Wellenlänge von sichtbarem Licht und können somit mit optischen Methoden untersucht werden. Außerdem läuft die Dynamik um Größenordnungen langsamer ab als vergleichbare Prozesse in atomaren Systemen [Man99], so dass kolloidale Systeme leichter zu untersuchen sind. Ein weiterer Vorteil gegenüber atomaren oder molekularen Systemen liegt in der Möglichkeit, das Verhältnis von ordnend wirkender Wechselwirkungsenergie zur thermischen Energie über weite Bereiche gezielt einstellen zu können [Pal03].

Bisher wurden Experimente zum Phasenübergang in zwei und drei Dimensionen mit Kol- loid-Systemen durchgeführt. So konnten zum Beispiel theoretische Vorhersagen der KTHNY-Theorie und ihrer Weiterentwicklungen experimentell bestätigt werden. Es wur- den Untersuchungen an quasi-unendlich ausgedehnten Systemen, an Systemen mit äußeren Potentialen und an Systemen in eingeschränkter Geometrie vorgenommen. Räumlich eingeschränkte Systeme sind in Hinblick auf die schnell fortschreitenden Entwicklungen in der Nano-Technologie von besonderem Interesse [Bec02]. In jüngster Vergangenheit führte Bubeck Experimente mit superparamagnetischen Kolloid-Partikeln in eingeschränk- ten Systemen in zwei Dimensionen durch. Er wählte kreisförmige Begrenzungen und entdeckte, dass nicht nur die gebildete Struktur, sondern auch die Dynamik der Partikel stark von den harten Wänden beeinflusst wird. Weiter fand er mehrstufige Phasenübergän-

(6)

Einleitung 2

ge, die schon in früheren Simulationen festgestellt worden waren [Bub02]. Die von Bubeck untersuchten Systeme waren monodispers.

In dieser Arbeit wird ebenfalls das Verhalten von superparamagnetischen Kolloid- Partikeln in kreisförmigen Begrenzungen mit harten Wänden in zwei Dimensionen unter- sucht. Die Zweidimensionalität der Systeme entsteht, da die Partikel auf Grund der Gravi- tationskraft auf ein glattes Substrat absinken. Die Glätte des Substrates wird über einen Polymerfilm gewährleistet. Kreisförmige Begrenzungen mit harten Wänden werden mittels herkömmlicher TEM-Netzchen realisiert. Die Dynamik der Partikel lässt sich prinzipiell mit einer Brownschen Bewegung beschreiben. Die Beobachtung des Partikelverhaltens über die Zeit erfolgt mittels eines inversen Mikroskops.

Im Gegensatz zu den bisherigen Experimenten wird für diese Arbeit eine binäre Suspensi- on in Bezug auf Größe und Magnetisierung der Kolloide verwendet. Die Partikel sind für die jeweilige Größe sehr gut monodispers. Für diese Arbeit musste anfangs herausgefun- den werden, welche Partikelanzahlverhältnisse realisierbar und vom physikalischen Ver- halten her interessant sind. Dann konnten gezielter Messzellen hergestellt und die statischen und dynamischen Eigenschaften der Systeme untersucht werden.

Allein dieser Unterschied – binäre Suspensionen im Gegensatz zu monodispersen Syste- men - wirft viele neue Fragen auf: Agieren die großen und kleinen Partikel getrennt von- einander oder beeinflussen sie sich gegenseitig? Wenn das zutrifft, lautet die nächste Frage, wie sieht diese Beeinflussung aus? Treten die Phasenübergänge an der gleichen Stelle auf oder muss man in diesem Zusammenhang von einem System der großen und einem System der kleinen Partikel ausgehen? Wie stark hängen auftretende Effekte vom Verhältnis der Anzahl der großen zu den kleinen Kolloid-Partikeln ab? Dies stellt einen Teil der untersuchten Fragestellungen dar.

(7)

Kapitel 1 Theorie

Ausgehend vom dreidimensionalen Fall sollen hier die theoretischen Grundlagen, die zum Verständnis der Ergebnisse notwendig sind, erklärt werden. Es stellt sich heraus, dass sich die Phasenübergänge der hier untersuchten zweidimensionalen Systeme grundlegend vom dreidimensionalen Fall unterscheiden. Um die in dieser Arbeit durchgeführten Experimen- te besser interpretieren zu können, soll insbesondere auf den Einfluss von Randbedingun- gen wie zum Beispiel laterale Einschränkungen und die Diffusion vor einer Wand eingegangen werden.

1.1 Phasenübergänge

Für diese Arbeit wurden die Phasenübergänge in einem zweidimensionalen, lateral einge- schränktem System untersucht. Obwohl Schmelzen und Kristallisation Gegenstand alltäg- licher Erfahrung sind, ist ihre genaue Charakterisierung doch nicht trivial.

Um die Kristallisation eines Systems zu erreichen, kann man zum Beispiel die Dichte des Systems erhöhen, externe periodische Potentiale vorgeben oder die Temperatur unter den Schmelzpunkt erniedrigen. Vergleicht man die kristalline Struktur von zweidimensionalen (2D) mit dreidimensionalen (3D) Systemen, so fällt auf, dass bei 2D-Systemen als stabile kristalline Phase nur das hexagonale Gitter existiert [Bon77]. Außerdem gewinnen die Fluktuationen im Gitter bei abnehmender Dimension an Bedeutung [Geb80].

In zwei Dimensionen hat jedes Kristallatom nur sechs nächste Nachbarn und kann also nur sechs Bindungen eingehen. In drei Dimensionen gibt es mehr nächste Nachbarn und damit mehr Bindungen, die Gitterschwingungen stärker dämpfen. Es ist eine echte langreichwei- tige Ordnung vorhanden. Im 2D-Kristall führt die geringere Dämpfung zu langreichweiti- gen Gitterschwingungen, die die langreichweitige Translationsordnung im Kristall zerstören [[Mer68], [Bro82]]. In diesem Fall tritt somit nur eine quasi-langreichweitige Ordnung auf.

1.1.1 Charakterisierung von Phasenübergängen

Es gibt verschiedene Kriterien, um einen Phasenübergang zu charakterisieren. Im Folgen- den werden drei empirische Kriterien vorgestellt, die zunächst alle dazu dienen, in drei Dimensionen die flüssige von der festen Phase zu unterscheiden. Um diese Kriterien auf zweidimensionale Systeme anwenden zu können, ist meist eine Modifikation notwendig.

(8)

Kapitel 1 - Theorie 4

1.1.1.1 Lindemann-Kriterium

Lindemann postulierte 1910 ein Kriterium [Lin10], das auf der Vorstellung beruht, dass die Teilchen auf Gitterplätzen lokalisiert sind. Ab einer bestimmten Temperatur verlassen sie ihre festen Plätze und bringen somit den Kristall zum Schmelzen.

Überschreitet die mittlere quadratische Auslenkung ur

( )

Rr 2 der Teilchen einen bestimm- ten Bruchteil des quadratischen Gitterabstandes, dann schmilzt der Kristall. Hoffmann [Hof00] gibt für diesen Wert bei den von ihm untersuchten Systemen ungefähr 0.2 an.

Da ur

( )

Rr 2 mit dem Logarithmus der Teilchenzahl divergiert [Bro82], ist dieses Kriterium in zweidimensionalen Systemen nicht mehr gültig. 75 Jahre später wurde deswegen von Bedanov und Gadjyak [Bed85] ein neuer Lindemann-Parameter γc definiert. Er ist gegeben durch die relativen Auslenkungen zweier benachbarter Gitterteilchen, wobei a=1 πn mit Dichte n, ar0 die Gitterperiode und Rr

der Gittervektor ist:

( ) ( )

( )

2

2 0

a R u a R u

c

r r r r

r + −

γ =

Für γc wurde von Bedanov [Bed85] mittels Computersimulationen ein Wert von 0.12 berechnet.

1.1.1.2 Hansen-Verlet-Kriterium

1969 betrachteten Hansen und Verlet [Han69] den Strukturfaktor S(k), der im Prinzip die Fouriertransformierte der Paarkorrelationsfunktion g(r) darstellt. Peaks im Strukturfaktor, also häufig vorkommende Wellenvektoren, entsprechen regelmäßig vorkommenden Ab- ständen im Ortsraum.

Das empirische „Gesetz“ von Hansen und Verlet besagt nun, dass Kristallisation eintritt, wenn der Maximalwert von S

( )

k0 ≥2.85 ist.

In zweidimensionalen Systemen gilt nach Broughton [Bro82] als Kriterium, dass der erste und höchste Peak des Strukturfaktors ungefähr bei 5.5 liegen muss. Ramakrishnan gibt als Wert aus Computersimulationen mindestens 5.25 an [Ram82].

1.1.1.3 Löwen-Palberg-Kriterium

Löwen, Palberg und Simon führten 1993 im Gegensatz zu den bisherigen Einfrierkriterien, die auf statischen Eigenschaften der Systeme beruhen, ein dynamisches Kriterium ein.

Sie betrachten das Verhältnis des Langzeit- zum Kurzzeit-Selbstdiffusionskoeffizienten.

Entlang der Grenzlinie zwischen fester und flüssiger Phase nimmt DsL DsS einen Wert von 0.098 an [Löw93].

Dieses Kriterium ist das einzige, das in 3D wie in 2D gilt [Löw96].

(9)

1.1 Phasenübergänge 5 Hat man allerdings dichte Suspensionen ungeladener Kolloide, so muss man das Kriterium renormieren, weil die Hydrodynamik nicht mehr vernachlässigt werden kann. Medina- Noyola schlägt z.B. DsL =DsSDsL,0 D0 vor [Med98], wobei der Langzeit- Selbstdiffusionskoeffizient ohne hydrodynamische Wechselwirkung ist.

L

Ds,0

Man kann das dynamische Löwen-Palberg-Kriterium mit dem statischen Hansen-Verlet- Kriterium vergleichen. Pesché zeigt die Äquivalenz dieser beiden Kriterien [Pes01].

1.1.2 KTHNY-Theorie

Eine Theorie für Phasenübergänge in 2D-Systemen wurde von Kosterlitz und Thouless [Kos72] vorgestellt und von Halperin, Nelson und Young [[Nel79b], [You79]] weiterent- wickelt.

Topologische Defekte, sogenannte Vortices, bilden die Grundlage dieses Modells. Diese Vortices können mit Gitterfehlern, sogenannten Dislokationen, identifiziert werden. Eine Dislokation setzt sich, wie in Abbildung 1.1 rechts zu sehen, aus zwei Disklinationen zusammen. Dies sind topologische Defekte. Normalerweise sind die Teilchen in einem zweidimensionalen hexagonalen Gitter sechsfach koordiniert. In Abbildung 1.1 wird ein Defekt mit der Koordinationszahl 5 bzw. 7 durch ein Kreuz bzw. schwarzen Punkt ge- kennzeichnet. Die daraus zusammengesetzte Dislokation wird durch einen Burgers-Vektor charakterisiert.

Abb. 1.1: Topologische Defekte im zweidimensionalen hexagonalen Gitter: Disklination mit Koor- dinationszahl 5 (gekennzeichnet durch ein Kreuz) bzw. 7 (gekennzeichnet durch einen schwarzen Punkt), Dislokation aus Disklinationen mit Koordinationszahl 5 und 7 samt zugehörigem Burgers- Vektor (Pfeil rechts)

Die KTHNY-Theorie erklärt den Schmelzvorgang durch zwei aneinander gebundene Dislokationen, deren Koordinationszahlen ungleich sechs, zusammen aber zwölf ergeben.

Sie verzerren die ideale Gitterstruktur. Bei tiefen Temperaturen treten sie nur paarweise auf, so dass die Verzerrungen sich gegenseitig aufheben. Durch Erhöhung der thermischen Anregung können diese Paare oberhalb einer bestimmten Schmelztemperatur disoziieren und als einzelne Dislokationen die Translationsordnung des Kristalls zerstören. Die Orien-

(10)

Kapitel 1 - Theorie 6

tierungsordnung ist jedoch nicht vollständig vernichtet. Zusätzlich ist noch der Vektorcha- rakter der Vortices zu berücksichtigten (Burgers-Vektor).

Bei noch höheren Temperaturen disoziieren die Dislokationen schließlich in einzelne Disklinationen. Jetzt ist auch die Orientierungskorrelation vollständig zerstört. Dies ist der Übergang zur Flüssigkeit.

Es gibt also einen Temperaturbereich, der durch eine kurzreichweitige Translations- und eine langreichweitige Orientierungsordnung ausgezeichnet ist. Dieser Zustand wird als hexatische Phase bezeichnet.

Kristall hexatische Phase Flüssigkeit

Dislokationen

Disklinationen

paarweise gebunden

in Vierergruppen gebunden

frei

paarweise gebunden

frei

frei

Tabelle 1.1: Übersicht über topologische Defekte in der KTHNY-Theorie nach [Str88]

Es gibt verschiedene experimentelle 2D-Systeme, an denen sich die Vorhersagen der KTHNY-Theorie überprüfen lassen. Nach Strandburg [Str88] sind das Flüssigkristallfilme, Elektronen auf Helium, diverse Gase auf Graphit und kolloidale Suspensionen. Für zum Beispiel kolloidale, monodisperse Suspensionen wurden viele Vorhersagen der KTHNY- Theorie schon von Zahn bestätigt [Zah97].

1.2 Eingeschränkte Geometrie

Für diese Arbeit wurden kleine kreisförmige Systeme betrachtet. Nach Gross [Gro00] kann man Systeme als klein bezeichnen, indem man Längenskalen vergleicht oder die Entropie betrachtet. Sind die lineare Ausdehnung des Systems und die charakteristische Reichweite der Wechselwirkung der Partikel in der gleichen Größenordnung oder skaliert die Entropie S(E,N,V), die vom Volumen V, der Partikelanzahl N und der Energie E abhängt, nicht mit N oder dem Volumen V, dann liegt ein kleines System vor.

Sind die Längenskalen vergleichbar, so erstrecken sich Partikel-Wand-Korrelationen über das gesamte System. Deshalb haben Randeffekte bei kleinen Systemen einen starken Ein- fluss.

Gross weist darauf hin, dass auf Grund dieser Charakterisierung sogar astronomische Systeme klein sind, da die Planetenbahnen durch die Wechselwirkung zwischen den Plane- ten messbar beeinflusst werden [Gro00].

Kreisförmige Systeme sind besonders interessant, weil der Kreis eine hohe Symmetrie hat.

Bei hexagonalen oder quadratischen Begrenzungen sind bestimmte Partikelanzahlen aus Symmetriegründen ausgezeichnet [[Bub97], [Nes98]]: Betrachtet man zum Beispiel einen

(11)

1.2 Eingeschränkte Geometrie 7 hexagonalen Ausschnitt aus einem hexagonalen Kristall, dann sind die Teilchen in Schalen um das Zentrumspartikel angeordnet. Pro Schale wächst die Partikelanzahl um sechs.

Somit gibt es „magische“ Partikelanzahlen in hexagonalen Begrenzungen, bei denen die Begrenzung die bevorzugte hexagonale Symmetrie in zweidimensionalen Systemen [Bon77] nicht stört.

Kreisförmige Systeme können mit harten oder „weichen“ Wänden realisiert werden. „Har- te Wand“ soll heißen, dass das Potential am Rand des Systems sprungartig ansteigt,

„weich“ bedeutet, dass das externe Potential kontinuierlich ansteigt. Die Grundzustands- konfiguration hängt von den äußeren Potentialen ab [Bub02] und auch stark von der jewei- ligen Partikelanzahl. Bedanov liefert mittels Simulationen einen Vergleich für 230 Partikel in Systemen mit unterschiedlichen Potentialformen [Bed94].

Abb. 1.2: 230 Partikel in Systemen mit unterschiedlicher Potentialform

Linkes Bild: parabolisches Potential; rechtes Bild: harte Wand; aus [Bed94] Figur 2

Der Vergleich der beiden Bilder in Abbildung 1.2 zeigt, dass im rechten Bild mit der har- ten Wand die Partikeldichte am Rand größer ist. Außerdem dominiert hier noch die Scha- lenstruktur, während im linken Bild mit dem parabolischen Potential bei gleicher Partikelanzahl im zentralen Bereich deutlich eine hexagonale Struktur zu sehen ist. Diesen Wettstreit zwischen einem hexagonalen Gitter und einer Ringstruktur in Systemen mit parabolischem Potential beschreibt auch Kong für Cluster mit einer Partikelanzahl über 150 [Kon03]. Die Ausprägung einer hexagonalen Struktur im Zentrum hängt folglich von der Partikelzahl, der Partikelwechselwirkung und der Form des externen Potentials ab.

Von diesen drei Faktoren hängt nicht nur die Grundzustandskonfiguration sondern auch die Dynamik der Systeme ab [[Bed94], [Hen02]]. Betrachtet werden zum Beispiel das radiale Ausschmieren der Schalen und für die angulare Richtung die Inter- und Intrascha- lenbewegung. Als Maß für das radiale Ausschmieren wird

( )

=

= N

i

i i

R r r a

u N

1

2 2 2

2 1

definiert [Bed94], wobei a der mittlere Partikelabstand und N die Partikelanzahl ist.

(12)

Kapitel 1 - Theorie 8

Die Formeln für die angularen Bewegungen beziehen sich auf relative Winkel, da das gesamte System zusätzlich rotieren kann. Die relative angulare Intraschalenbewegung wird mit

( )

[ ]

=

= N

i i i i i

a N

u

1

2 0 2 1 2

! 2

1

1 ϕ ϕ ϕ ϕ ϕ

und die Interschalenbewegung mit

( )

[ ]

=

= N

i i i i i

a N

u

1

2 0 2 2 2

2 2

2

1 ϕ ϕ ϕ ϕ ϕ

angegeben, wobei sich der Index i1 auf das nächste Partikel der gleichen Schale und i2 auf das nächste in der direkten Nachbarschale bezieht. 2φ0=2π/NR gibt die angulare Distanz zwischen zwei Partikeln in einer Schale mit NR Teilchen an. Gemittelt wird jeweils über ca. 106 verschiedene Monte-Carlo-Konfigurationen.

Abb. 1.3: Radiale und angulare Bewegungen für Partikel in parabolischen ((a),(b)) und „Harte- Wand“-Potentialen ((c)), aus [Bed94], Figur 6

Die erste Schale ist mit Kreisen, die sechste in (b) mit schwarzen Dreiecken und die äußerste Schale in (a) und (c) mit schwarzen, in (b) mit offenen Dreiecken gekennzeichnet

Bei einem parabolischen Potential ändern sich für 230 Partikel die radialen und angularen Verschiebungen für verschiedene Schalen bei ungefähr derselben Temperatur (Abb. 1.3 (b)). Bei einem kleineren System mit 26 Partikeln hingegen wächst die angulare Bewegung schon bei deutlich kleineren Temperaturen (Abb. 1.3 (a)). Dies deutet darauf hin, dass bei kleinen, kreisförmigen Systemen der Phasenübergang eine spezielle Abhängigkeit von der Partikelanzahl besitzt. Bei 230 Partikeln und einer harten Wand (Abb. 1.3 (c)) ändern sich die Verschiebungen der unterschiedlichen Schalen bei deutlich anderen Temperaturen. Das bedeutet, dass man für jede Schale eine eigene Schmelztemperatur angeben kann.

(13)

1.3 Paarkorrelationsfunktion 9

1.3 Paarkorrelationsfunktion

Wenn der Phasenübergang, wie im vorhergehenden Kapitel erwähnt, in kleinen, kreisför- migen Systemen eine besondere Abhängigkeit von der Teilchenanzahl aufweist, so muss ein Maß für die Beschreibung der Wechselwirkung der Partikel untereinander gefunden werden.

In stark verdünnten Systemen (Gase) können die Teilchenwechselwirkungen über eine Virialentwicklung von einem Vielteilchenproblem auf Probleme von nur wenigen wech- selwirkenden Teilchen reduziert werden [Kle94]. In Systemen mit hoher Dichte (Flüssig- keiten, Festkörper) ist dagegen die Wechselwirkung eines Teilchen mit einer großen Anzahl von Nachbarteilchen wichtig. Dies lässt sich mittels Korrelationsfunktionen be- schreiben.

Insbesondere in kritischen Bereichen, also in der Nähe von Phasenübergängen, stellt die Korrelationsfunktion ein Maß dafür dar, wie stark die Korrelation in Bezug auf die Eigenschaft X zwischen den Orten

(

r r g r,r′

)

rr und rr′ ist [Nol94]. Sei x

( )

rr die Dichte der physika- lischen Größe X

∫ ( )

= d rx r

X 3 r ,

so lautet nach Nolting die Korrelationsfunktion von X [Nol94]:

(

r r

)

x

( ) ( )

r x r x

( ) ( )

r x r g r,r′ = r r′ − r r′ .

Gibt es keine Korrelationen zwischen rr und rr′, dann faktorisiert der erste Term und wird Null.

(

r r g r,r′

)

Betrachten wir nun speziell die sogenannte Dichte- oder Paarkorrelationsfunktion. Besitzt das untersuchte System eine räumliche Homogenität, so weist sie ein gedämpft oszillatori- sches Verhalten auf. Die Paarkorrelationsfunktion kann direkt über die mittlere Partikel- dichte (siehe Kap. 3.4) definiert oder als ein Maß für die Korrelation zwischen den Abweichungen der Teilchendichte von ihrem Mittelwert [Nol94] aufgefasst werden:

(

r r

) (

n

( )

r n

( )

r

) (

n

( )

r n

( )

r

)

g r,r′ = r − r r′ − r′ = n

( ) ( )

rr ⋅n rr′ −n2

Ist die mikroskopische Teilchendichte n

( )

rr gegeben durch

( ) ( )

=

= N

i

Ri

r r

n

1

r r

r δ ,

dann kann der erste Term der Paarkorrelationsfunktion

(

r,r

)

n

( ) ( )

r n r n2 g r r′ = r r′ −

(14)

Kapitel 1 - Theorie 10

als bedingte Wahrscheinlichkeit angesehen werden, am Ort rr ein Teilchen zu finden, wenn ein anderes bei rr′ ist.

1.4 Diffusion und mittleres Verschiebungsquadrat

Das dynamische Verhalten von Kolloidpartikeln ist ausführlich in [Kle96] beschrieben. An dieser Stelle wird nur auf einige bestimmte Aspekte eingegangen werden.

Betrachten wir den Spezialfall eines einzelnen kugelförmigen Partikels mit Radius a. Die Reibungskraft bei einer Bewegung mit der Geschwindigkeit vr durch eine Flüssigkeit mit der Viskosität η berechnet sich wie folgt:

v Fr r

ξ0

= πηa ξ0 =6

ist dabei der Stokes-Reibungskoeffizient. Die Geschwindigkeit

T k

F v D

B

r = 0 r

lässt sich hier mittels der Stokes-Einstein-Relation

0

0 ξ

T D = kB

über den freien Diffusionskoeffizienten D0 ausdrücken [Ein05].

Der Impuls der Kolloidpartikel ist wegen Stößen mit den Wassermolekülen keine Erhal- tungsgröße. Die Impulse relaxieren schneller als die Koordinaten. Für ein Brownsches Partikel der Masse m lassen sich die Relaxationszeiten über die Langevin-Gleichung

( )

t v

( ) ( )

t Rt v

m&r =−ξ0r + r

abschätzen. Der erste Term beschreibt eine geschwindigkeitsabhängige Reibungskraft und

( )

t Rr

eine „stochastische Zufallskraft“. Für diese gilt:

* Der zeitliche Mittelwert der Kraft verschwindet Rj

( )

t =0

* Die Fluktuationen laufen auf einer Zeitskala ab, die sehr viel kleiner ist als die der diffusiven Bewegung Rj

( ) ( )

t Ri t′ =2ξ0kBTδij

(

tt

)

.

Die Brownsche Relaxationszeit

ξ0

τB = m

(15)

1.4 Diffusion und mittleres Verschiebungsquadrat 11 charakterisiert nun die Zeit, in der die Geschwindigkeit eines angestoßenen Teilchens auf Grund der Reibungskraft relaxiert. Für die in dieser Arbeit verwendeten Kolloid-Partikel ergeben sich mit ρ =1.6g cm3 für kleine und große Partikel, akl =1.4µm, agr =2.25µm und η

(

H2O,20°C

)

=1.002mPa s [Kuc01] folgende Werte:

kl s

B

7 , ≈6.95⋅10

τ τB,gr ≈1.8⋅106s

Diese Zeitskala ist mit videomikroskopischen Methoden nicht auflösbar. Somit ist es sinn- voll, über die Impulse der Kolloidpartikel zu integrieren.

Berechnet man aus der Langevin-Gleichung die mittleren Verschiebungsquadrate, so erhält man für zweidimensionale Systeme

( )









 

 

−

=

B

D B

t

r τ

τ τ

τ 1 exp 4 0

2

Der zweite Term in der eckigen Klammer wird für τ >>τB vernachlässigbar, so dass sich diese Gleichung zu

( )

0τ

2 t 4D

r =

vereinfachen lässt. Soll an dieser Stelle die Anzahl der Dimensionen des betrachteten Systems und somit die Anzahl der Freiheitsgrade der Partikelbewegung berücksichtigt werden, so kann man diese Gleichung mit einer Diffusionskonstanten D in Form eines Diffusionsgesetzes schreiben

( )

t dDτ r2 =2

∆ ,

wobei der Faktor 2d die Zahl der Dimensionen d des Systems angibt.

Wird nur ein einzelnes Partikel betrachtet, so muss man beachten, dass dieses nun mit seinen Nachbarpartikeln wechselwirkt. Für kurze Zeiten spürt das Kolloidpartikel noch nichts von der Konfigurationsänderung der umgebenden Partikel. Trotzdem beeinflussen sich die Partikel über die hydrodynamische Wechselwirkung. Diese liegt aber deutlich unter der experimentell zugänglichen Zeitauflösung im Sekunden-Bereich, so dass sie instantan zu sein scheint. Wegen der hydrodynamischen Wechselwirkung erhält man im Experiment eine verringerte Diffusionskonstante [Med98]; die Größe D0 ist, betrachtet man mehrere Partikel, durch einen Kurzzeit-Selbstdiffusionskoeffizienten DsS zu ersetzen.

Für längere Zeiten bewegen sich die Partikel so weit, dass sie die repulsiven Kräfte der Nachbarpartikel spüren. Die Bewegung wird eingeschränkt und ∆r2

( )

t wird langsamer als mit ansteigen. Das diffusive Verhalten wird auf dieser Zeitskala von der hydro- dynamischen und von der Partikel-Partikel-Wechselwirkung bestimmt, weil sich alle Parti- kel stark bewegen und sich die Konfiguration merklich ändert. Das mittlere Verschiebungsquadrat wird erst nach noch längeren Zeiten, wenn viele solcher Wechsel-

τ

S

Ds

4

(16)

Kapitel 1 - Theorie 12

wirkungen statt gefunden haben, wieder linear in der Zeit werden. Dies lässt sich dann mit einem Diffusionsgesetz mit der Langzeit-Diffusionskonstanten DsL beschreiben:

τ



− τ

D

( )

t DsLτ

r2 =4

Um den Übergang von Kurz- zu Langzeitselbstdiffusion zu beschreiben, gibt es eine analytische Näherungslösung für das mittlere Verschiebungsquadrat: Die Single Exponential Theorie kurz SEXP [[Kra91], [Näg93]].

Mit Hilfe dieser Theorie ist es möglich, aus gemessenen Verschiebungsquadraten die Diffusionskoeffizienten DsS und DsL , sowie die Übergangszeit c zu bestimmen. Dafür wird folgende Näherungsformel verwendet:

( ) ( )

 

 

− 

− +

=

c L

s S s c L

s d D D

dD

r2 τ 2 τ 2 τ 1 exp τ

Die hydrodynamische Wechselwirkung zwischen den Teilchen wird vernachlässigt. Des- halb ist in obiger Formel der Kurzzeit-Selbstdiffusionskoeffizient sS identisch mit D0. Für kurze Zeiten τ kann man die Exponentialfunktion in erster Näherung mit 1−τ τc angeben, so dass man wieder die analytische Form ∆r2

( )

t =2dDsSτ für die mittleren Verschie- bungsquadrate erhält. Für lange Zeiten geht die Exponentialfunktion gegen Null: Der zweite Term ist für große τ vernachlässigbar, folglich verlaufen die Verschiebungsquadrate dann näherungsweise wieder linear mit τ: ∆r2

( )

t =2dDsLτ .

Krause zeigt die gute Übereinstimmung der SEXP-Theorie mit dem Experiment für eine binäre Mischung aus Polystyrol-Partikeln [Kra91]. Nägele vergleicht Selbstdiffusionskoef- fizienten , die mit der SEXP-Theorie berechnet wurden, mit Werten aus Computersimula- tionen mittels Brownscher Dynamik (BD) und findet ebenfalls eine gute Übereinstimmung [Näg87]. Handelt es sich allerdings um stark gekoppelte oder in Bezug auf Ladung und Größe der Partikel stark asymmetrische Systeme, dann weicht die SEXP-Theorie für große Zeiten deutlich von den über BD-Simulationen erhaltenen Werten ab [Näg93].

Aus den mittleren Verschiebungsquadraten lässt sich also die Diffusionskonstante bestim- men. Dafür muss man aber zuerst die mittleren Verschiebungsquadrate berechnen.

Betrachten wir ein einzelnes Partikel i. Dieses erfährt im Zeitintervall τ die quadratische Verschiebung

( ) [ ( ) ( ) ]

2

2 r t r t

ri = ri + −ri

∆ τ τ

Sei dt die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Bildern. Experimentell zugänglich sind nur die Werte von τ, die ein Vielfaches n von dt sind. Aus einer Sequenz von b Bil- dern erhält man (b-n) Zeitintervalle der Länge τ =ndt. Die Mittelung über alle möglichen Startzeitpunkte t für einen festen τ-Wert für ein Partikel i ergibt

( ) ( ) ∑

[ ( ) ( ]

=

− +

=

=

1

0 2 2

2 1

: b n

k

i t i

i

i r kdt ndt r kdt

n ndt b

r

r τ r r

)

(17)

1.4 Diffusion und mittleres Verschiebungsquadrat 13 Bei der Auswertung der experimentell aufgenommenen Daten mit dem Programm Trace der Firma Visiometrics wurde diese Größe nur bis τ =bdt 2 berechnet, weil für größer werdende Zeitintervalle τ =ndt die Zahl der Beiträge linear abnimmt und somit keine ausreichende Statistik mehr vorhanden ist.

Durch eine Mittelung über alle N Teilchen erhält man schließlich das mittlere Verschie- bungsquadrat

( ) ∑ ( )

=

=

N

i N i

i r

r N

1 2

2 τ 1 τ

Zusammengefasst ist das mittlere Verschiebungsquadrat also definiert als die Distanz im Quadrat, die die Partikel im Mittel in der Zeit τ zurückgelegt haben.

1.4.1 Diffusion in der Nähe einer harten Wand

Betrachtet wird ein ideales System, bei dem sich ein Partikel der Masse m mit Radius a im Abstand z über einer harten, unendlich ausgedehnten Wand, die in Abbildung 1.4 das Substrat darstellt, befindet.

Substrat F a

g x

y z

Abb. 1.4: Partikel vor einer harten Wand

Die Gravitationskraft Fg zieht das Kolloid-Partikel in z-Richtung zum Substrat hin. Das Substrat sei in der x-y-Ebene unendlich ausgedehnt. Das Partikel führt sowohl parallel als auch senkrecht zum Substrat eine Brownsche Bewegung aus. Diese Bewegung ist auf Grund hydrodynamischer Einflüsse anisotrop.

Betrachtet man das gleiche Partikel ohne Wand, so gilt die schon erwähnte Stokes- Einstein-FormelD0 =kBT 6πηa. Diese gilt aber nur, wenn das Geschwindigkeitsfeld der umgebenden Flüssigkeit sowohl auf der Partikeloberfläche als auch unendlich weit entfernt vom Partikel gegen Null geht [Fau94]. Das ist aber nicht der Fall. Die veränderten Bedingungen können durch einen ortsabhängigen Reibungstensor beachtet werden [Fax24].

η*

(18)

Kapitel 1 - Theorie 14

Dies wurde schon mehrfach theoretisch und experimentell überprüft [[Bre61], [Cla87], [Duf00b]]. Mit dem diagonalen Tensor kann die Kraft auf das Partikel dann wie folgt geschrieben werden [Fau94]:

η*









=





z y x

z y x

z y x

v v v a

F F F

η η η π

0 0

0 0

0 0 6

wobei die Komponenten ηx und ηy näherungsweise bis zur fünften Ordnung in a/z fol- gende Form aufweisen

5 4

2 0

16 1 256

45 8

1 16

1 9 

 

− 



 

− 



 

 + 

=

z a z

a z

a z

y a

x

η η

η .

ηz lässt sich nach [Bre61] so darstellen:

( )

( )( ) ( ) ( )

( ) ( )

=

 

 −

+

− +

+ + + +

= +

1 2 2 2

0 1

sinh 1 2 2 1 sinh 4

2 sinh 1 2 1 2 sinh 2 3 2 1 2 sinh 1

3 4

n

z n n

n n

n n

n n

α α

α α α

η η

Hier gilt α =1 cosh

( )

z a . Nach Cox [Cox67] kann man den Ausdruck für ηz im Grenzfall

→1 a

z zu



 

 − +

= 1 0.2ln 0.97

0 δ

η δ ηz vereinfachen, wobei δ =

(

za

)

a ist.

Mit diesen Überlegungen lässt sich der Diffusionstensor für das Problem des Partikels vor einer harten Wand schreiben als

D*





=





=

z y x

z y x

D D D D D

η η η

1 0 0

0 1

0

0 0 1

0 0

0 0

0 0

0

* .

Lin zeigt, dass die Diffusion parallel zur Wand für alle Werte z a größer ist, als die Diffu- sion senkrecht zur Wand [Lin00]. Für große Abstände von der Wand geht sowohl die parallele als auch die senkrechte Diffusion gegen den freien Diffusionskoeffizienten D0. Im Grenzfall z a→1 geht die senkrechte Diffusion gegen Null, die parallele nähert sich einem Wert von ungefähr 0.32D0.

(19)

1.5 Simulationen 15

1.5 Simulationen

Im Rahmen dieser Arbeit konnten statische Größen des Experiments mit Werten, die man mittels einer Monte-Carlo-Simulation erhielt, verglichen werden. Die Simulationen konn- ten in absehbaren Zeiten durchgeführt werden, da man Systeme mit geringer Teilchenan- zahl und bekannten Randbedingungen betrachtete.

Diese numerische Methode zum Auffinden von Grundzuständen, also Teilchenanordnun- gen mit minimaler innerer Energie, gehört in die Klasse von Optimierungsproblemen.

Diese sind unter anderem als evolutionäre Algorithmen aus der Biologie bekannt. Gewisse Bedingungen werden vorgegeben. Der Algorithmus geht von einer innerhalb dieser Bedin- gungen zufälligen Anfangskonfiguration aus. In jedem Iterationsschritt wird die Konfiguration verändert, wobei ungünstige Konfigurationen ausgesondert werden. So erhält man nach und nach eine immer besser an die vorgegebenen Bedingungen angepasste Konfiguration.

Sollen zum Beispiel Grundzustände von Systemen mit N Partikeln, gegebenem Wechsel- wirkungspotential und geometrischen Randbedingungen bestimmt werden, so ist die Me- thode des Simulated Annealing besonders geeignet, weil sie der Natur nachgebildet ist. Bei dieser Methode können die Partikelkoordinaten kontinuierliche Werte annehmen, da kein Gitter zu Grunde gelegt ist, das durch seine Geometrie Einfluss auf die Ergebnisse haben könnte.

Beim Simulated Annealing wird durch sukzessives Abkühlen versucht, das untersuchte System im energetisch günstigsten Zustand einzufrieren.

Man möchte also in diesem speziellen Fall eine Konfiguration rrN von Partikelkoordinaten finden, die die vorgegebene Funktion f

( )

rrN minimiert. Diese ist bei einem System von N Teilchen mit dem Paarwechselwirkungspotential V

( )

rr durch die innere Energie U

( )

rrN

gegeben:

( ) ( )

=

= N

j i

j i

N V r r

r U

1

2 ,

1 r r

r

(

i i

i x y

rr = ,

)

und rrj =

(

xj,yj

)

sind zweidimensionale Ortsvektoren zum Teilchen i bzw. j.

Der Algorithmus durchläuft mehrere Iterationsschritte, um die Konfiguration rrN mit der minimalen inneren Energie U

( )

rrN zu finden:

1. Bei einer hohen Temperatur wird mit einer zufälligen Anfangskonfiguration rr1N gestartet, die mit den vorgegebenen Randbedingungen vereinbar ist. Es wird die innere Energie U

( )

rr1N berechnet.

2. Aus der Konfiguration rr1N wird durch eine zufällige Änderung der einzelnen Ortsvektoren rriN

(

i=1,...,N

)

die neue Konfiguration rr2N abgeleitet. Es wird die innere Energie U

( )

rr2N der neuen Konfiguration berechnet.

3. Die alte Konfiguration rr1N wird mit der Wahrscheinlichkeit

(20)

Kapitel 1 - Theorie 16

( ) ( )



 

 −

= k T

r U r p U

B N N

1

exp r2 r

durch die neue Konfiguration rr2N ersetzt.

4. Die Schritte 2 und 3 werden n mal durchlaufen, wobei die Anzahl n festgelegt ist.

5. Die Temperatur T wird um dt abgesenkt. Die Schritte 2 bis 5 werden so oft durchlaufen, bis die Temperatur T den vorgegebenen unteren Wert T0 erreicht hat.

Wurden die Parameter n, dt und T0 gut gewählt, befindet sich das System nach dem Durch- laufen dieser Schritte im Grundzustand. Wurde zum Beispiel der Grenzwert T0 zu hoch gewählt oder die Anzahl n zu klein, dann kann es sein, dass das System in einem Zustand eingefroren wurde, der unter Umständen energetisch nur geringfügig höher als der Grund- zustand liegt.

Eine genauere Beschreibung des Algorithmus findet sich bei [Nes98].

Mit dieser Simulation kann man leicht Parameter verändern, die im Experiment nicht so einfach einzustellen sind. Die Teilchenzahl und somit auch das Partikelzahlverhältnis bei binären Mischungen, die Temperatur, die in diesem Fall vom Plasmaparameter Γ (siehe Kap.2.1) angegeben wird, die Art der Partikelwechselwirkung und die äußeren Randbedin- gungen können unter anderem variiert werden. Einige dieser Parameter sind experimentell überhaupt nicht veränderbar. Zum Beispiel ist das Wechselwirkungspotential durch die Partikel fest vorgegeben mit ∝1 r3 .

Speziell für die binären Mischungen in kleinen, kreisförmigen Systemen führt Román einen Vergleich von Monte-Carlo- mit Molekular-Dynamik-Simulationen durch [Rom03].

Er betrachtet Flüssigkeiten mit monodispersen harten Scheiben, mit einer binären Mi- schung in Bezug auf die Masse bei gleichem Durchmesser und mit einer binären Mischung in Bezug auf den Durchmesser bei gleicher Masse der harten Scheiben. In allen Fällen gelangt er zu dem Ergebnis, dass die Simulationen für ein Potential mit harten Wänden gut übereinstimmen.

(21)

Kapitel 2 Stand der Forschung

Es gibt eine Vielzahl von Veröffentlichungen zum Thema eingeschränkte zweidimensiona- le Systeme mit unterschiedlichen Wechselwirkungen. Allerdings handelt es sich dabei vor allem um Simulationen und nur in wenigen Fällen um Experimente. Neben Simulationen, von Peeters [Pee97] und Kong [Kon02] für klassische Atome, von Bedanov [Bed94] für geladene Partikel, die auf kolloidale Systeme übertragbar sind, und Simulationen von Henseler [Hen02] für Kolloid-Systeme, wurden von Neser und Bubeck Experimente an kolloidalen Systemen unter anderem in eingeschränkter Symmetrie durchgeführt [[Nes98], [Bub02]]. Die zweidimensionalen Systeme wurden zum Beispiel lateral durch eine kreis- förmige Begrenzung mit harten Wänden eingeschränkt. Es handelt sich immer um mono- disperse Systeme. Als Parameter zur Charakterisierung der jeweiligen Systeme wurde der Plasmaparameter Γ eingeführt. Es zeigt sich, dass der Einfluss der Randgeometrie auf die im unendlich ausgedehnten System bevorzugte hexagonale Struktur immer größer wird, je kleiner die Partikelanzahl ist. Die Kolloid-Partikel ordnen sich in einer Schalenstruktur an (siehe Tabelle 2.1).

Im Folgenden soll auf diese Experimente nun näher eingegangen werden. Insbesondere wird der Plasmaparameter Γ erklärt und auf die angularen und radialen Diffusionen der Systeme eingegangen werden.

2.1 Der Plasmaparameter

Um Systeme wechselwirkender Teilchen vergleichen zu können, wird der Plasmaparame- ter Γ eingeführt. Ursprünglich wurde der Begriff Plasmaparameter nur bei elektronischen Systemen verwendet, um deren Zustände zu charakterisieren. Mittlerweile hat sich diese Bezeichnung auch bei anderen Systemen eingebürgert. Γ ist definiert als der Quotient der potentiellen Energie pro Partikel und der thermischen Energie:

T Nk

V

B

= ges

Γ N bezeichnet die Partikelanzahl.

Für monodisperse, ausgedehnte 2D-Systeme, bei denen sich die Partikel als hexagonales Gitter anordnen, ist die Partikeldichte ρ wie folgt mit dem mittleren Partikelabstand r0

verknüpft:

3 2

2 0

= r ρ

Handelt es sich um superparamagnetische Teilchen, dann gilt für den Plasmaparameter Γ in diesen speziellen Systemen:

(22)

Kapitel 2 – Stand der Forschung 18

T k M

B 32 2

0 ( )

4

πρ π

= µ Γ

Für eingeschränkte 2D-Systeme ist dies nicht mehr anwendbar (siehe Kap. 4.1.4), weil sich die Partikel dann nicht als hexagonales Gitter anordnen, sondern ihre Struktur an der von außen vorgegebenen Geometrie orientieren.

2.2 Phasenübergang und Diffusion

Bubeck betrachtet nun speziell ein System mit 29 Teilchen [Bub02]. Um einen Phasen- übergang fest/flüssig charakterisieren zu können, untersucht er angulare und radiale Diffu- sionskoeffizienten. Da die radialen und die angularen Fluktuationen nicht bei den gleichen Werten des Plasmaparameters Γ ansteigen, müssen zwei Arten von Schmelztemperaturen definiert werden.

Abbildung 2.1 zeigt die Trajektorien für ein 29-System. Die Konfiguration mit drei Parti- keln in der ersten, neun in der zweiten und 17 in der dritten Schale entspricht dem Grund- zustand (siehe Tab. 2.1). Erniedrigt man den Plasmaparameter, so bleibt diese Schalenstruktur im Wesentlichen erhalten. Bei Γ=38 ist eine starke Bewegung der Partikel in der ersten Schale zu sehen. Man würde zunächst erwarten, dass bei einem noch kleine- ren Γ-Wert auch in den anderen Schalen die Fluktuationen zunehmen. Dies ist allerdings nicht der Fall, wie Abbildung 2.1 bei Γ=30 zeigt. Hier sind die Partikel wieder deutlich stärker lokalisiert:

Γ=152 Γ=38

Γ=30 Γ=7.5

Abb. 2.1: Partikeltrajektorien für 29 Teilchen in einem kreisförmigen „Harte-Wand“-Potential;

die Messzeit beträgt jeweils 30 Minuten [Bub99]

(23)

2.2 Phasenübergang und Diffusion 19

Tabelle 2.1: Grundzustandskonfigurationen für verschiedene Partikelzahlen für Dipol-Cluster in einem „Harte-Wand“-Potential. Die Zahlen geben von links nach rechts die Anzahl Partikel in der jeweiligen Schalen an

Nach [Nes98] (#), [Sch00] (*), [Bub02] (°) und [Hen02] ((~), falls er andere Werte angibt)

(24)

Kapitel 2 – Stand der Forschung 20

Bubeck findet also einen Γ-Bereich, in dem der angulare Diffusionskoeffizient sinkt, ob- wohl man erwarten würde, dass er auf Grund abnehmender Partikelwechselwirkungen steigt. Um dieses Problem verstehen zu können, muss man gleichzeitig die radialen Fluk- tuationen der Nachbarschale betrachten:

Abb. 2.2: Zusammenhang zwischen angularen und radialen Fluktuationen

Die Partikel der ersten (innersten) Schale spüren ein periodisches Potential, das durch die Partikel der zweiten Schale entsteht. Mit kleiner werdendem Γ wachsen die radialen Fluktuationen der zweiten Schale an, was zu einer stärkeren Ausprägung des Potentials führt. In Abbildung 2.2 sind die radialen Fluktuationen durch den Doppelpfeil gekennzeichnet; die schwarze Linie zwischen den Partikeln der zweiten Schale zeigt das Potential, das die erste Schale spürt. So müssen die Teilchen der ersten Schale bei sinkendem Γ eine immer höhere Potentialbarriere überwinden, die angularen Fluktuationen (dünne schwarze Linie in der ersten Schale) nehmen folglich ab. Bei hohen Γ-Werten ist dieser Einfluss zwar geringer, die Abstoßung der Teilchen untereinander aber größer, so dass sich die Partikel in tiefen Potentialtöpfen, die durch die Nachbarpartikel hervorgerufen werden, bewegen. Deshalb sind die Teilchen bei hohen Γ-Werten gut lokalisiert.

Kann man nun die radialen Fluktuationen der zweiten Schale gezielt verringern, so sollte man eine Erhöhung der angularen Bewegung der ersten Schale beobachten. Bubeck [Bub02a] realisiert dies mit einem Laserring, dessen Radius mit dem der zweiten Schale übereinstimmt:

Abb. 2.3: Laserring mit dem Radius der zweiten Schale bei einem System mit 29 Partikeln [Bub02a]

(25)

2.2 Phasenübergang und Diffusion 21 Gradientenkräfte führen auf Grund von Lichtbrechung an den Partikeln dazu, dass diese in das Zentrum des Laserfokus gezogen werden. Die radiale Dichte der zweiten Schale steigt gegenüber dem gleichen System ohne Laserring deutlich an (Abb. 2.4).

0 5 10 15 20 25 30 35

0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12

N or m .r ad ia le D ic ht e [1 /µ m

2

]

Radius [µm]

Γ = 15

mit Laserring ohne Laserring

Abb. 2.4: Vergleich der radialen Dichten eines 29-Systems mit (gefüllte Quadrate) und ohne (leere Quadrate) Laserring [Bub02]

Durch das Lichtfeld wird die Breite der zweiten Schale in radialer Richtung verkleinert.

Dadurch verringert sich die Kopplung der ersten und der zweiten Schale. Man braucht nun ein Maß für die angulare Diffusion zweier Schale zueinander. Bubeck rotiert die Rohdaten zu jedem Zeitpunkt so um das Zellenzentrum, dass der mittlere Winkel aller Partikel z.B.

der ersten Schale konstant bleibt als Funktion der Zeit [Bub01]. Nach dieser Korrektur befindet man sich also im Schwerpunktsystem bezüglich der Winkelkomponente der ersten Schale. Nun lassen sich die Verschiebungsquadrate der zweiten Schale in angularer Rich- tung berechnen. Beobachtet wird ein deutliches Ansteigen der mittleren angularen Ver- schiebungsquadrate [Bub02], wenn der Laserring eingeschaltet ist (Abb. 2.5).

Die kollektive Winkelbewegung ganzer Schalen hängt also von der Kopplungsstärke der Nachbarschalen ab. So verläuft der Phasenübergang fest/flüssig mehrstufig, da zunächst kollektive Winkelbewegungen von ganzen Schalen auftreten und sich erst dann die Schalenstruktur auflöst.

(26)

Kapitel 2 – Stand der Forschung 22

0 120 240 360 480

0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25

A M S D [ra d

2

]

Zeit [s]

Γ = 15

mit Laserring ohne Laserring Fit

Abb. 2.5: Vergleich der mittleren angularen Verschiebungsquadrate mit und ohne Laserring bei konstantem Wert Γ=15

Außer der durch die harten, kreisförmigen Wände induzierten Schalenstruktur hängt auch die Dynamik der Partikel von der äußeren Symmetrie ab. Die Schalenstruktur ist laut Tabelle 2.1 abhängig von der Partikelanzahl. Für welche Schale eines Systems sich zuerst der Freiheitsgrad der kollektiven Winkelbewegung eröffnet, ist somit auch mit der Teil- chenzahl verknüpft.

Als Fortführung und Erweiterung der bisher vorgestellten Simulationen und Experimente soll nun die vorliegende Arbeit dienen: In wie fern ändern sich Effekte und treten neue auf, wenn man binäre – in Bezug auf das Teilchenvolumen - Partikelmischungen betrachtet?

(27)

Kapitel 3 Das Experiment

Im folgenden Abschnitt sollen die Details der experimentellen Realisierung erklärt werden.

So wird der Aufbau des Experiments vorgestellt, der im Wesentlichen aus einem Video- mikroskop, einer optischen Pinzette, dem Bildverarbeitungsprogramm und der Messzelle im Magnetfeld einer Spule besteht. Um diesen letzen Punkt zu verstehen werden im Kapi- tel 3.1 die magnetischen Eigenschaften und die Wechselwirkung der Partikel charakteri- siert.

3.1 Die Partikel

Die in dieser Arbeit verwendeten Partikel sind superparamagnetisch und besitzen laut Herstellerangaben einen Durchmesser von d=4.5±0.2µm für die großen und d=2.8±0.2µm für die kleinen Partikel [Dyn00].

3.1.1 Die magnetische Dipol-Dipol-Wechselwirkung

Betrachten wir zwei superparamagnetische Partikel in einem äußeren Magnetfeld Brext . Superparamagnetismus bedeutet, dass die Partikel ohne äußeres Feld kein magnetisches Moment zeigen. Auf Grund des Aufbaus der Partikel (Abb. 3.2) ist dies gegeben; die Teil- chen zeigen also auch keine Hysterese bezüglich ihrer Magnetisierung.

Das eine Teilchen liege im Koordinatenursprung, das andere befinde sich am Ort rr. Parti- kel 1 im Ursprung erzeugt durch sein von Brext

induziertes magnetisches Moment Mr1 laut Greiner [Gre78] ein magnetisches Feld, das wie folgt beschrieben werden kann:

5

1 2 1

0 1

) ( ) 4

( r

M r r r r M

B

r r r r

r r ⋅ −

= π µ

Im Weiteren soll vernachlässigt werden, dass das magnetische Moment eines Partikels nicht nur durch sondern auch durch die Magnetfelder

Mri

Brext

i

Brj

der Nachbarpartikel indu- ziert wird. Man geht also von einer rein paarweisen Wechselwirkung aus. Dies ist gerecht- fertigt, weil bei einem Partikelabstand von r ≈ 15µm die durch die Nachbarpartikel hervorgerufenen Magnetfelder Brji

ungefähr in der Größenordnung der Ungenauigkeit der Magnetfeldeichung liegen (siehe Kap. 3.3.1).

(28)

24 Kapitel 3 – Das Experiment

r

M

1

M

2

B

ext

Abb. 3.1: Die Dipol-Dipol-Wechselwirkung zwischen zwei Partikeln ist abhängig von Mr1 , Mr2

, dem Abstand r und der relativen Orientierung der Dipole zum Abstandvektor rr

In diesem Fall erfährt Partikel 2 ein zusätzliches Magnetfeld Br1

. Die Wechselwirkungs- energie des Dipols Mr2

am Ort rr lässt sich dann beschreiben durch:

5

2 1

2 1 2 0 1 2

) )(

( 3 ) 4

( r

M r r M M

M B r

M r

V

r r r r r

r r

r r ⋅ − ⋅ ⋅

=

= π

µ

Im Falle eines zweidimensionalen Systems in der x-y-Ebene stehen alle magnetischen Momente senkrecht zu dieser Ebene. Die Verbindungsvektoren rr liegen in der Ebene, so dass das Skalarprodukt r in diesem Fall keinen Beitrag mehr liefert. Obige Formel lässt sich dann wie folgt vereinfachen:

r Mi⋅r

3 2 1 0

) 4

( r

M r M

V π

= µ

Für ein in Bezug auf Teilchengröße und Magnetisierung binäres, zweidimensionales Sys- tem setzt sich die gesamte Wechselwirkungsenergie der Dipole untereinander aus drei Termen zusammen: Der Wechselwirkungsenergie der kleinen Partikel untereinander, der großen Partikel untereinander und der Wechselwirkungsenergie der kleinen mit den großen Partikeln.





 + +

=

∑ ∑ ∑

j

i i j i j i j

gr j kl i j

i gr j gr i j

i kl j kl i

ges r

M M r

M M r

M r M

V

, 3

, 3

, 3

, 0

) 4

( π

µ

Betrachten wir nun nur zwei Teilchen mit unterschiedlichem magnetischen Moment und greifen uns zwei Spezialfälle heraus.

(29)

3.1 Die Partikel 25 1. Spezialfall:

Partikel 1 und 2 stehen in z-Richtung übereinander, d.h. Mr1 , Mr2

und rr sind parallel zueinander, dann folgt

3 2 1 0 2 ) 4

( r

M r M

V π

−µ

=

2. Spezialfall:

Partikel 1 und 2 liegen beide in der x-y-Ebene, d.h. Mr1

und Mr2

stehen parallel zueinander aber jeweils senkrecht zu rr, dann folgt

3 2 1 0

) 4

( r

M r M

V π

= µ

Die beiden Fälle unterscheiden sich um einen Faktor zwei und im Vorzeichen. Im ersten Fall ziehen sich die Partikel gegenseitig an, d.h. dass es für die Partikel bei kleinen Ab- ständen energetisch günstiger ist, Ketten entlang den Magnetfeldlinien (z-Richtung) zu bilden. In einem zweidimensionalen System in der x-y-Ebene werden die Partikel aber durch die Gewichtskraft in dieser Ebene gehalten und stoßen sich laut dem zweiten Spezi- alfall ab.

Die Stärke dieser repulsiven Wechselwirkung lässt sich über die durch das externe Mag- netfeld Brext induzierten magnetischen Momente Mr1

und Mr2

kontrollieren.

3.1.2 Magnetisches Moment

Es handelt sich hier um poröse Polystyrol-Partikel deren Poren im Herstellungsprozeß mit Eisenoxid gefüllt wurden. Zur Versiegelung wurde Epoxidharz auf der Partikeloberfläche angebracht [Bub02].

Die Teilchen sind homogen mit kleinen Eisenoxidclustern gefüllt, die laut Elmore [Elm38]

auf Grund ihrer Größe einzelne ferromagnetische Domänen darstellen. Im Vergleich zur thermischen Energie kBT ist die magnetische Wechselwirkung zwischen ihnen klein, weil die einzelnen Cluster im Kolloid-Partikel relativ weit voneinander entfernt sind. Folglich besitzen die Partikel ohne äußeres Magnetfeld nach außen hin kein magnetisches Moment.

Laut F. Amblard vom Institut Curie in Paris, der eine TEM-Aufnahme durchführte, sehen die verwendeten Partikel im Inneren wie folgt aus (Abb. 3.2):

(30)

26 Kapitel 3 – Das Experiment

Abb. 3.2: TEM-Aufnahme der Eisenoxidcluster der superparamagnetischen Partikel von F.

Amblard, Institut Curie, Paris

Wird ein äußeres Magnetfeld angelegt, so richten sich die ferromagnetischen Domä- nen, die man als Dipole betrachten kann, entlang dieses Magnetfeldes aus. Dieser Ausrich- tung wirkt die thermische Energie entgegen. Das resultierende magnetische Moment eines Kolloid-Partikels hängt also vom Betrag des angelegten Feldes geteilt durch die thermische Energie ab.

Brext

( )

B L T M

k L B M B M

B

µ α

0

) 0

( =

 

= 

L(αB) bezeichnet hier die Langevin-Funktion

( ) ( )

B B B

Lα =cothα −α1

M0 ist das Sättigungsmoment. Es wird erreicht, wenn alle Eisenoxidcluster parallel zum äußeren Magnetfeld ausgerichtet sind. Der Parameter µ bezeichnet das magnetische Mo- ment eines Clusters.

Durch einen Vergleich von experimentellen mit simulierten Paarverteilungsfunktionen ermittelte Zahn [Zah97] für die von ihm verwendeten Kolloid-Partikel (Durchmesser 4.5µm) folgenden Werte für die Sättigungsmagnetisierung M0 und den Koeffizienten α:

( )

13 2

0 5.7 0.4 10 Am

M = ± ⋅

( )

T 1001 4 . 0 9 .

3 ± ⋅

α =

Diese Werte können für Partikel der gleichen Firma, die zu einem anderen Zeitpunkt her- gestellt wurden, leicht variieren.

(31)

3.1 Die Partikel 27

Abb. 3.3: Induziertes magnetisches Moment M als Funktion des von außen angelegten Magnetfel- des B. Die Werte der kleinen Partikel wurden abgeschätzt.

Das Experiment fand bei Magnetfeldern von maximal 1.5mT statt. In diesem Bereich ist M in sehr guter Näherung linear abhängig von B wie man Abbildung 3.3 entnehmen kann.

Das liefert für αB<<1 die Taylor-Entwicklung der Langevin-Funktion.

B M =χ⋅

Geht man nun davon aus, dass die Sättigungsmagnetisierung M0 hauptsächlich vom Volu- men der Partikel abhängt, das für die großen Partikel ungefähr viermal so groß ist wie für die kleinen, so können die Werte in Abbildung 3.3 für die kleinen Partikel damit abge- schätzt werden. Aus der Taylor-Entwicklung der Langevin-Funktion und obiger Formel erhält man:

α

χ 3

1 M0

=

χ konnte aus den experimentell bestimmten magnetischen Momenten berechnet werden. χ ist für die großen Partikel ungefähr zehnmal so groß wie für die kleinen. Mit dieser Nähe- rung folgt:

kl gr

gr M

χ α

3 1 4 10

,

= 0

Also kann man α für die kleinen Partikel abschätzen:

kl T

1001 2 1⋅ α ≈

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