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Hyperakusis

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | Dezember 2011 | www.pta-aktuell.de

W

enn bereits „nor-

male” Geräusche wie etwa Geschirr- klappern subjek- tiv stark beeinträchtigen und lau- tere Geräusche sogar körperliche Schreckreaktionenwie Blutdruck- anstieg, Pulserhöhung oder Schweiß-

ausbrüche hervorrufen, spricht man von einer Geräuschüberempfindlich- keit oder Hyperakusis. Bereits mäßig laute Schalldruckpegel von 50 bis 60 dB führen bei den Betroffenen zu einer übersteigerten und unangeneh- men Hörempfindung; ihre „Unbe- haglichkeitsschwelle” in der au- diometrischen Untersuchung ist he- rabgesetzt.

Vielfältige Ursachen Die gestei- gerte Lärmwahrnehmung kann bei- spielsweise als Folge chronischer Lärmschädigung des Innenohrs oder nach einem akuten Schalltrauma ent- stehen.

Die Otosklerose, eine Verknöche- rung, in deren Folge der Steigbügel unbeweglich wird, führt zur Mittel- ohrschwerhörigkeit. Die Knochen- umbauprozesse schwächen gleichzei- tig den Stapediusreflexab. Letzte- rer schützt normalerweise das In- nenohr vor zu hohem Schalldruck, indem er dafür sorgt, dass dieser nicht total in das Innenohr über- tragen, sondern ein Teil davon am Trommelfell reflektiert wird. Fällt diese körpereigene „Lautstärkere- gulierung” aus, werden auch sehr laute Töne ungedämpft weitergeleitet – und somit von Betroffenen lauter wahrgenommen als von Gesunden.

Die Operation zur Behebung dieser Form der Schwerhörigkeit (Stape-

dotomiebzw. Stapedektomie) hat den gleichen Effekt: Der genannte Reflex kann nicht greifen, da im Rah- men des Eingriffs der hierfür er- forderliche kleine Steigbügelmuskel durchtrennt wird. Damit sind diese Operierten gegenüber starker Lärm- belastung besonders sensibel. Im Er- gebnis gleich wirkt eine Fazialispa- rese, die Lähmung von Gesichtsmus- keln durch eine Funktionsstörung oder Schädigung des VII. Hirnnervs, die ebenfalls den schützenden Reflex außer Kraft setzen kann. Die Hyper- akusis tritt hier in den meisten Fällen jedoch angesichts der bedrohlichen anderen Beschwerden in den Hinter- grund.

Relativ häufig leiden auch Tinni - tuspatienten neben ihrem Ohrge- räusch an einer Schallüberempfind- lichkeit, bis zu 40 Prozent von ihnen sind betroffen.

Dass Migräneanfälle mit Überemp- findlichkeit gegenüber akustischen (ebenso wie optischen oder olfakto- rischen) Reizen einhergehen können, ist bekannt. Auch im Rahmen einer Multiplen Sklerose kann eine ab- norme Geräuschwahrnehmung auf- treten.

Medikamenten-induzierte Hyper- akusis So kann die Langzeitbehand- lung mit hohen Dosen von Schleifen- diuretika wie Furosemid und Eta-

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PRAXIS HYPERAKUSIS

Die Schall- oder Geräuschüberempfindlichkeit, bei der viele Töne als zu laut und unangenehm wahrgenommen werden, ist oft mit einem erheblichen Leidensdruck für die Betroffenen verbunden.

Wenn Geräusche zur Bedrohung werden

© crimsom / www.fotolia.com

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crynsäure ototoxisch wirken, ebenso die Gabe der Zytostatika Cisplatin und Cyclophosphamid. Innenohr- schädigung ist auch eine mögliche Nebenwirkung von Aminoglykosi- den wie Streptomycin und Gentamy- cin. Das Anti-Malariamittel Chinin kann, vor allem in höherer Dosie- rung, Tinnitus und Hörstörungen hervorrufen.

Psychopharmaka (und Drogen) kön- nen, durch den Eingriff in den zen- tralen Transmitterstoffwechsel, die Lautheitswahrnehmung verän- dern. Zu den vielen Symptomen beim Benzodiazepinentzug gehören unter anderem Tinnitus und Hyper- akusis.

Es gibt aber auch Menschen, die hochgradig geräuschempfindlich sind, obwohl die einzelnen am Hör- vorgang beteiligten Strukturen intakt sind. Neurophysiologisch führt man viele Fälle auf eine gestörte zentrale Verarbeitung der Hörinformationen, insbesondere eine zu schwache Hör- filterfunktion zurück.

Gehörschutz ist die falsche Ant- wort Sofern eine therapierbare orga- nische Ursache vorliegt, wird primär diese behandelt. Aber auch ohne er- kennbare Ursache oder wenn auf-

grund irreversibler Schädigung keine kausale Therapie existiert, gibt es gute Chancen auf Abhilfe; die Patien- ten brauchen allerdings Geduld. Am besten empfiehlt man ihnen, sich an Tinnituszentren, besonders speziali- sierte HNO-Ärzte oder dafür qualifi- zierte Hörgeräteakustiker zu wenden.

Je mehr ein Patient sich von der lär- menden Welt zurückzieht, um so tie- fer sinkt die Toleranzschwelle, mit der Folge, dass schon geringste akus- tische Reize als unangenehm emp-

funden werden. Der Schlüssel, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, liegt darin, dass das Gehirn die beim Ge- sunden ständig stattfindende Filte- rung der Sinneseindrückewieder lernt: Unnötige Hintergrundgeräu- sche werden im Zuge der zentralen Verarbeitung normalerweise einfach

„aussortiert”, sie erreichen das Be- wusstsein gar nicht und lassen so Platz für wichtige Informationen.

Wichtige Reize von unwichtigen trennen Bei der Retrainingthera- piewird das Hören von Geräuschen verordnet: ein Rauschgenerator oder

„Noiser” oder eine CD mit "Rau- schen" sind die individuell regelbaren Schallquellen, denen sich der Patient täglich aussetzen soll, bei stufenweise höherer Lautstärke. Ziel der über Monate gehenden Behandlung: die langsame Gewöhnung (Habitua- tion) an die normale Geräuschku- lisse der Umwelt.

Experten empfehlen den Patienten auch, sich der Welt des Hörens wie- der langsam zu öffnen, indem sie zum Beispiel konzentriert Musik lau- schen oder Schritt für Schritt versu- chen, sich auch nicht so angenehmen Geräuschen auszusetzen.

p

Waldtraud Paukstadt, Medizinjournalistin

»Patienten sollten sich vielmehr

über kleine Erfolge freuen.«

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