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Archiv "Fortbildungskongreß Berlin: Roßkur für die Rehabilitation?" (13.07.1998)

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s klang verheißungsvoll: „Per- spektiven für die Rehabilita- tion – Aufbruch nach der Roß- kur“ hieß ein Fachforum des Berliner Kongresses „Krankenhaus – Klinik – Rehabilitation 1998“. Aber lebhaft wurde die Diskussion erst, als man das Plenum einbezog. Ein Chefarzt faßte dessen Enttäuschung in Worte: Das Podium habe nur die „Kriege“ von ge- stern geführt – „aber wo bleiben die Perspektiven?“.

In der Tat hatten sich fast alle Re- ferenten darauf beschränkt, die von der Politik geschlagenen Wunden zu lecken und Lobbyismus zu betreiben.

Die „Roßkur“ sei keineswegs been- det, der wirtschaftliche Tiefpunkt noch nicht erreicht, sagte Wolfram L.

Boschke, Direktor des Bundesver- bandes Deutscher Privatkrankenan- stalten e.V., Bonn. Es komme jetzt zum einen darauf an, die „Rehabilita- tion“ von der „Kur“ abzugrenzen (im- merhin sprach er nicht von „Roßreha- bilitation“), andererseits „marktge- recht wettbewerbsgerechte Produkte zu optimieren“ und für diese Produk- te zu werben. Ihm schwebt eine Art

„Außendienst für Ärzte“ vor, die bis- her in der Regel unzureichend über die Möglichkeiten der Rehabilitation informiert seien.

Fast 250 Kliniken hätten bislang aus wirtschaftlichen Gründen schlie- ßen müssen, aber in fünf bis acht Jah- ren werde man wahrscheinlich ge- zwungen sein, solche „spezialisierten Behandlungsstrukturen“ neu zu schaf- fen, meinte der Präsident des Deut- schen Bäderverbandes e.V., Dr. med.

Christoph Kirschner, Bonn. Er be- zeichnete es als medizinisch sinnvoll, daß die Behandlung der chronischen Krankheiten zunehmend aus der Akutversorgung herausgenommen und in die kostengünstigere Rehabili- tation verlagert wird.

Rehabilitation müsse aber kei- neswegs immer stationär sein, lautete

die Botschaft von Dr. med. Johannes M. Peil (Bad Nauheim), Präsident des Zentralverbandes ambulanter Thera- pieeinrichtungen Deutschlands e.V.

Vor allem bei schweren degenerativen Veränderungen und Unfallverletzun- gen des Stütz- und Bewegungsappara- tes werde seit 1994 die „Erweiterte Ambulante Physiotherapie“ von den Berufsgenossenschaften wie auch den gesetzlichen Krankenkassen ge- währt. Sie könne die stationäre Reha- bilitation ersetzen und zu einer frühe- ren Wiedereingliederung ins Berufs- leben führen.

40 Prozent weniger Reha-Anträge

Wie Dr. jur. Herbert Rische, Prä- sident der Bundesversicherungsan- stalt für Angestellte (BfA), mitteilte, haben deren Mitglieder 1997 rund 40 Prozent weniger Rehabilitationsmaß- nahmen in Anspruch genommen als 1995. 8 000 Vertragsbetten habe die BfA 1996 gekündigt (und eigene Ka- pazitäten reduziert); mittel- und lang- fristig würden weitere 6 000 Betten nicht mehr belegt werden. Abstriche an der Qualität werde es nicht geben;

vielmehr müsse sie fortentwickelt werden, und zwar mit dem Schwer- punkt auf der Ergebnisqualität.

Ein bißchen wie der „Hecht im Karpfenteich“ wirkte – trotz eindeuti- gem Bekenntnis zur Rehabilitation – Johann Magnus von Stackelberg, Ab- teilungsleiter im AOK-Bundesver- band, Bonn: Rehabilitation werde sich in Frage stellen lassen müssen.

Vielleicht sei es gut, „daß die Land- schaft sich ändert“. Die Krankenkas- sen dürften im Wettbewerb nicht nur auf den Preis schauen, vielmehr wür- den sie nun auch auf die Qualität ach-

ten. Es sei auffallend, wie wenig in der Rehabilitation wissenschaftlich gesi- chert im Sinne der „Evidence Based Medicine“ sei; es gebe keine einwand- freien Studien, die nachgewiesen hät- ten, was sinnvoll ist.

Andere Diskutanten verwiesen zwar auf diverse Studien, die den Nut- zen der stationären Rehabilitation nachgewiesen hätten. Der Lübecker Sozialmediziner Prof. Dr. phil. Dr.

med. Heiner Raspe hingegen, der im selben Kongreßzentrum gleichzeitig den Vorsitz einer Vortragsreihe über Evidence Based Medicine führte, äußerte ebenfalls die Meinung, daß nach strengeren Kriterien keine der Studien aussagekräftig genug sei.

Wie von Stackelberg betonte, hätten die Krankenkassen bei gegebe- ner Qualität nach Wirtschaftlichkeit zu fragen und könnten künftig Reha- bilitanden nur noch in solche Kliniken schicken, die strengen Anforderun- gen genügen. Sie brauchten also einen Überblick über die Qualität der ein- zelnen Häuser.

Fazit des Forums: „Die Rehabili- tation droht im Zuge der drastischen Sparpakete im Bereich der Soziallei- stungen zu einer Verfügungsmasse für Leistungskürzungen und Einsparungs- möglichkeiten zu verkommen. Kom- petenzstreitigkeiten zwischen den ver- schiedenen Trägern der Rehabilitati- on, mangelnde wissenschaftliche Fun- dierung, fehlende Evaluation und an- tiquierte Versorgungskonzepte, die an tradierten Kurerwartungen festhalten, machen es den Kritikern der Rehabili- tation einfach, den Rotstift anzusetzen.

Ohne die Beschreibung neuer Wege begibt sich die Rehabilitation in Ge- fahr, überflüssig zu werden . . .“

Das steht in der Einleitung des Sammelbandes „Neue Wege in der Rehabilitation“*, der jene Perspek- tiven aufzeigt, die von den Teilneh- mern dieser Veranstaltung vermißt wurden. Rosemarie Stein, Berlin A-1771

P O L I T I K AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 28–29, 13. Juli 1998 (23)

Fortbildungskongreß Berlin

Roßkur für die Rehabilitation?

Ein Diskussionsforum ließ Perspektiven vermissen.

E

* Hrsg. Thomas Schott et al., Juventa-Verlag, Weinheim–München, 1996

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