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Archiv "Jungfernzeugung auch beim Menschen?: Stellungnahme" (16.09.1983)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin AUSSPRACHE

Jungfernzeugung

auch beim Menschen?

Zu dem schon lange aktuellen und grundsätzlichen Thema der menschlichen Befruchtung bringt das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT oh- ne eigene Stellungnahme einen Leserbrief von Professor Dr. Noth- durft/Viernheim. Die Redaktion Das Thema Parthenogenese ist für diese Zeitschrift besonders geeig- net. Trugen doch schon zwei DÄ- Artikel*) den Titel „Parthenogene- se — möglich beim Menschen?".

Enthielt doch der zweite DÄ-Bei- trag, der vom Verfasser stammt, zum Thema gleich mehrere Erst- beschreibungen: daß und wie bei der lebenden Frau anläßlich einer Laparatomie Ovarialeier entnom- men werden können, daß man die- se unter dem Phasenkontrastmi- kroskop einige Zeit in vitro auf ihr Teilungsverhalten beobachten kann, daß Ovarialeier dafür in Fra- ge kommen, einer Frau mit fehlen- den oder undurchgängigen Eilei- tern zu einem eigenen Kind des Ehemanns zu verhelfen, und schließlich auch schon, daß diese Ovarialeier sich in vitro partheno- genetisch teilen können. Im glei- chen Beitrag berichtete der Ver- fasser über immerhin 3 Fälle von sicher parthenogenetischen in-vi- tro-Teilungen eines menschlichen Ovarialeis. Absolut jede Art Mit- wirkung eines Spermiums war si- cher ausgeschlossen. Kein Ei war mit Spermien zusammengebracht worden. Der Verfasser schrieb:

„Ich muß deshalb eine experimen- telle Parthenogenese für leicht er- zielbar und für relativ häufig mög- lich halten".

In Nature (303 [1983] 336-338) er- schien kürzlich ein Bericht über zwei weitere Fälle von In-vitro-Par- thenogenese eines menschlichen Ovarialeis. Zur Verblüffung des Verfassers wurde die Arbeit als- bald als hochinteressante Erstbe- schreibung eines ganz unerwarte- ten Kuriosums gewertet. Jeden-

falls ließ AP/London die Publika- tion von führenden Fachleuten Englands kommentieren und machte daraus am 27. Mai dieses Jahres eine AP-Meldung für die Medien der Welt. In „Bild" hieß es am 28.5. dieses Jahres: „Gelun- gen: Zeugung ohne Mann". Am gleichen Tag brachte die FAZ die AP-Meldung unter dem Titel

„Jungfernzeugung auch beim Menschen? Ein Experiment briti- scher Forscher."

Der Befund der englischen Auto- ren bestand darin, daß zwei 8-Zel- len-Embryonen, die in vitro aus dem Ovarialei einer Frau entstan- den waren, sich aufgrund von

Chromosomenuntersuchungen am toten Embryo als parthenoge- netisch entstanden erwiesen. Das Fehlen jeder Art Mitwirkung eines Spermiums war nicht sicher. Das Ei, von dem der 8-Zellen-Embryo ausging, war in vitro mit Spermien versetzt worden. Die AP-Nachricht zitierte Dennis Lincoln, den Direk- tor des britischen Medizinischen Forschungsrates, mit der skepti- schen Deutung, den Anstoß zur er- sten Teilung könne doch ein in das Ei eingedrungenes Spermium gegeben haben.

Neu — und vielleicht schottisch oder britisch — war daran nur, daß bei menschlichen Ovarialeiern, die in vitro gehalten werden, nicht nur 2, sondern sogar 3 parthenogene- tische Teilungen vorkommen.

Auch den speziellen Vorgang, in dem der Kommentator Lincoln ei- nen Einwand sieht, hat der Verfas- ser schon diskutiert. In seinem Ar- tikel von 1967 heißt es dazu: „Heu- te gilt eine Befruchtung nur als gesichert, wenn die Verschmel- zung der Kerne (von Ei und Sper- mium) verfolgt werden konnte.

Selbst das beobachtete Eindrin- gen eines Spermiums in die Eizel- le ist noch keine Befruchtung. Das eingedrungene Spermium könnte

auch nur der Anstoß zu einer par- thenogenetischen Teilung sein, oder eine Teilung kann trotz ein- gedrungenen Spermiums ausblei- ben". Der Verfasser bejaht also die Möglichkeit des von Lincoln dis- kutierten Grenzfalles, sieht darin aber keinerlei Einwand gegen das Vorliegen von Parthenogenese.

Nach Ansicht des Verfassers sind echt parthenogenetisch entstan- dene 8-Zellen-Stadien einwandfrei nachgewiesen.

Die englischen Autoren fanden ihr Beispiel von Parthenogenese bei der Suche nach den Ursachen des Absterbens von ca. 80 Prozent der in vitro gezeugten Embryonen. Sie benutzten dazu die Darstellung der Chromosomen in den Zellen des toten Embryos. „Bei grober Zählung" fanden sie einen von acht in vitro gezeugten Embryo- nen nicht normal. Um diesen Em- bryo in praxi rechtzeitig erkennen und ausschalten zu können, wäre ein Verfahren notwendig, das ei- nerseits den chromosomalen Schaden sicher erkennen läßt, an- dererseits einen normalen Embryo nicht schädigt. Ein solches Ver- fahren dürfte zur Zeit noch nicht in Aussicht stehen.

Der Verfasser fand seine 3 Bei- spiele mittels der Lebendbeobach- tung unter dem Phasenkontrast- mikroskop. Dieses Verfahren kann nahezu sicher so gestaltet werden, daß es von normalen In-vitro-Em- bryonen, aus denen gesunde Kin- der werden sollen, schadlos ver- tragen wird. Deshalb ist diskus- sionsfähig, daß alle in vitro ge- zeugten Menschenembryonen auf parthenogenetische Entstehung geprüft werden sollten, um sie be- jahendenfalls von der weiteren Verwendung zu eliminieren. An- ders als bei den Experimenten des Verfassers müßten die vaterlosen Embryonen als solche erkannt werden können, obgleich die Ge- legenheit zur Befruchtung durch ein Spermium gegeben war. Dazu

*) Dt. Ärztebl. 63 (1966) 2851 und 64 (1967) 2368

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 37 vom 16. September 1983 69

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Jungfernzeugung

bieten sich Kern-Plasma-Relatio- nen an, die leicht zu photogra- phieren sind.

Die rechtzeitige Erkennung von parthenogenetisch entstandenen Embryonen kann im Rahmen der Vermehrung des Menschen durch In-vitro-Befruchtung naturgemäß nur dann bedeutsam sein, wenn diese Embryonen nennenswert häufig sind. Mit 3/19 war das unter den Versuchsbedingungen des Verfassers der Fall. Unter den Be- dingungen der heutigen ln-vitro- Befruchtung mag die Häufigkeit erheblich anders sein. Sie kann nicht vorhergesagt, sondern muß festgestellt werden. Die Begleit- umstände, unter denen der erste Fall eines parthenogenetisch ent- standenen 8-Zellen-Embryos ge- funden wurde, lassen selbst für dieses relativ späte und damit sel- tenere Stadium eine praktisch be- deutsame Häufigkeit erwarten.

Aus der zunächst nur kuriosen und rein zufälligen Entdeckung vaterloser Menschenembryonen mag also eine praktische Anwen- dung werden, die auf einem Spe- zialgebiet die ärztliche Leistungs- fähigkeit erhöht und ganz direkt dem Patientenwohl dient.

Abschließend noch eine Bemer- kung zur Technik der Eientnahme aus den Eierstöcken. Zur Zeit der Versuche des Verfassers kam für die therapeutische Anwendung an unfruchtbaren Frauen nur die ein- malige Eientnahme aus den ope- rativ freigelegten Eierstöcken in Frage. Nur für diesen Spezialfall, der die Eientnahme naturgemäß technisch vereinfacht, ist das Ge- rät gedacht, das der Verfasser in seiner Arbeit von 1967 beschrieb.

Es handelt sich um einen Becher aus Glas, in den ein Eierstocksfol- likel hineingesaugt und dabei von einer zum Becher gehörigen Glas- nadel angestochen wird. Die Eige- winnung mit dieser Vorrichtung ist erstens so schonend wie nur mög-

lich; das Ei braucht keine enge Kanüle zu passieren. Zweitens ge- lingt sie aus jedem nur ausrei- chend großen Follikel; auch ohne künstliche Stimulierung der Eirei-

fung können aus jedem Eierstock mehrere Ovarialeier gewonnen werden.

Wegen der geringen Erfolgsrate, mit welcher die In-vitro-Befruch- tung zu Kindern führt, ist es heute noch unerläßlich, bei derselben Frau über Wochen und Monate hin die Gewinnung von Ovarialei- ern mehr- oder gar vielfach wie- derholen zu können. Das hat dazu gezwungen, die Laparatomie zu vermeiden. Man sticht heute die Follikel im Gesichtsfeld eines La- paroskops mit einer langen Metall- kanüle an und saugt den Follikel- inhalt ab. Dabei kann natürlich ein Ei viel leichter verlorengehen oder Schaden nehmen, als wenn der Operateur das ganze Ovarium in die Hand nehmen und ein Gefäß, in welchem das Ei ohne die Ver- mittlung einer Kanüle aufgefan- gen wird, direkt an den anzuste- chenden Follikel anlegen kann.

Nach Kenntnis des Verfassers kann z. Z. niemand ohne Lapara- tomie aus jedem überhaupt an- stechbaren Eibläschen ein Ei ge- winnen. Auch kann niemand der Eispenderin die starke Belastung ganz ersparen, welche diese Art Eisuche mit sich bringt. Das sind erhebliche Nachteile. Sie fallen aber z. Z. weniger ins Gewicht als die Vermeidung der Laparatomie.

Das mag sich ändern.

Sollte die Entwicklung des Gebie- tes — etwa über praktisch brauch- bare Konservierungsverfahren und/oder verbesserte Stimulierung der Eireifung — dazu führen, daß in der Regel eine einzige Entnahme von jeweils vielen Ovarialeiern ausreichend häufig zu einem Kind führt, könnten die Zuverlässigkeit der Eigewinnung und die geringe- re Belastung für die Eispenderin wichtiger als die Vermeidung der Laparatomie werden. Für diesen Fall empfiehlt sich der Glasbecher des Verfassers noch heute.

Professor Dr. med. habil.

Hans Nothdurft 6806 Viernheim

Rath hausst raße 63/65

FÜR SIE GELESEN

Hysterektomiesektio oder Tubenkoagulation nach Kaiserschnitt

In einem Zeitraum von 10 Jahren wurden 99 Hysterektomiesektio- nes und 105 Sektiones mit nach- folgender Tubenkoagulation aus Gründen der Familienplanung durchgeführt. Dieses Vorgehen wird unter anderem auch damit begründet, daß etwa 25 bis 36 Pro- zent der Patientinnen mit Tuben- koagulation wegen einer Erkran- kung der Gebärmutter später doch operiert werden müssen. Bei 76 Prozent der Patientinnen war der Gebärmutterentfernung bei einem Kaiserschnitt schon eine Schnitt- entbindung vorausgegangen. Die Hysterektomiesektio belastet die Patientinnen subjektiv und objek- tiv ungleich weniger als eine vor- angegangene einfache Schnittent- bindung. Es müssen jedoch fol- gende Voraussetzungen für die- sen Eingriff erfüllt sein:

Exakte Indikation zur Sektio.

Die Sterilisation muß von dem Betroffenen recht reichlich über- legt sein.

Eingehende, öfter auch wie- derholte, Aussprache über die physiologische Rolle des Uterus und die Aspekte einer Hysterekto- miesektio.

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Der betreuende Arzt muß affek- tive Bindungen der Patientin an den Uterus erkennen, denn sie darf auch im Unterbewußtsein nicht das Gefühl haben, mit der Gebärmutterentfernung ihre Frau- lichkeit zu verlieren. Bei wohlab- gewogener Indikation ist die Hy- sterektomiesektio nicht nur unmit- telbar postoperativ, sondern auch für das ganze weitere Leben vor- teilhaft und einer mit der Tu- bensterilisation einhergehenden Schnittentbindung überlegen. SEE

Richter, K.; Eiermann, W.: Hysterektomiesek- tio oder Tubenkoagulation nach Kaiserschnitt

— ein Vergleich, Gebh. u. Frauenheilk. 43 (1983) 209-212, Frauenklinik Klinikum Großha- dern, Universität München, Marchionini-Str., 8000 München 70

70 Heft 37 vom 16. September 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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