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Die drei Wädenswiler Reinzuchthefen – eine Erfolgsgeschichte

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Academic year: 2022

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 21/03

6

KLAUSSÜTTERLIN, PETRAHOFFMANN-BOLLER, DANIELBAUMGARTNER UNDJÜRGGAFNER, EIDGENÖSSISCHEFORSCHUNGSANSTALTWÄDENSWIL

U

nsere Untersuchungen haben ergeben, dass die drei Hefen sehr «terroir»-spezifisch sind, denn sie wurden vor allem aus Rebbergen in der Ostschweiz isoliert. Dort überwiegen sie gegenüber anderen He- fen der gleichen Art prozentual deutlich. «Terroir» – ein Begriff, der heute sehr im Trend liegt. Die Wein- bereitung will den «Terroir»-Charakter im Wein mög- lichst erhalten oder gar steigern und dabei hilft der Einsatz der Wädenswiler Reinzuchthefen.

Geschichte

Kurt Mayer (1928-1996), ehemaliger FAW-Mitarbeiter, hatte bereits in den siebziger Jahren begonnen, Hefen für die Weinbereitung zu isolieren und auf ihre Eig- nung für die Weinbereitung zu untersuchen. Diese Arbeiten werden in der Gruppe von Jürg Gafner seit dem Jahr 1990 weitergeführt. Die Reinzuchthefe W27 wurde aus einem Blauburgundermost aus Jenins isoliert. Sie ist seit 1980 im Handel erhältlich. Aus ei- nem Blauburgundermost aus Stäfa stammt die Rein- zuchthefe W46; sie ist seit 1995 auf dem Markt.

Schliesslich wurde die dritte Wädenswiler Reinzucht- hefe aus einem Müller-Thurgau Most aus Wädenswil isoliert und wird seit 1997 vermarktet. Alle drei Wä- denswiler Hefenstämme gehören zur Hefeart Saccha- romyces cerevisiae.

Eigenschaften der drei Hefen

Gärtemperatur: Die optimale Gärtemperatur für Weissweine liegt bei den drei Wädenswiler Hefen zwischen 15 und 20 °C. Dies garantiert die Produkti- on eines qualitativ optimalen Weins. Die drei Hefen sind auch befähigt bei tieferen (10 °C) oder höheren Temperaturen (25 °C) einen weissen Traubensaft zu vergären. Der Gärverlauf bei den verschiedenen Tem- peraturen zeigt, dass W15 bei allen Temperaturen gäraktiver ist als W27. Aus den Abbildungen der «Gär- kurven» (Abb. 1 und 2) geht hervor, dass beide Hefen – wenn auch unterschiedlich schnell – befähigt sind, einen weissen Traubenmost bei 10 °C ohne verblei- benden Restzucker zu Ende zu vergären. Gärtempe- raturen zwischen 15 und 10 °C sind eher tief für eine optimale Weinqualität und Gärtemperaturen über 20 bis 25 °C eher zu hoch. Die Gärtemperaturen bei Rot- weinen dürfen höher liegen, sollten aber nicht über längere Zeit 35 bis 40 °C überschreiten.

Wie alle Reinzuchthefen reagieren die drei Wä- denswiler Reinzuchthefen empfindlich auf Tempera- turschocks; so haben vor allem schnelle Temperatur- senkungen einen stark negativen Einfluss auf die Gäraktivität. Temperatursenkungen sollten nie schnel- ler als mit einer Kühlrate von 4 °C pro Stunde vorge- nommen werden.

WEINBEREITUNG

Die drei Wädenswiler Reinzuchthefen – eine Erfolgsgeschichte

In der Arbeitsgruppe Getränkemikrobiologie an der Eidgenössischen Forschungsanstalt Wädens- wil (FAW) werden seit über dreissig Jahren Reinzuchthefen für die Weinbereitung ausgewählt.

Die Selektion war hauptsächlich auf die Bedürfnisse der Ostschweizer Weinbauern ausgerichtet.

Die Hefen sollen vor allem die Sortentypizität der dort angebauten Rebsorten unterstützen. Es hat sich gezeigt, dass die drei an der FAW selektionierten Hefen – Lalvin W15, Lalvin W27 und Lalvin W46 – auch international in der Weinbereitung hervorragende Ergebnisse bringen.

°Oe

W27, 10 °C W 27, 15 °C W27, 20 °C W27, 25 °C Gärkurven W27

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

28.9. 29.9.30.9. 1.10. 2.10. 3.10. 4.10. 5.10. 6.10. 7.10. 8.10. 9.10.10.10.11.10.12.10.13.10.14.10.15.10.16.10.17.10.18.10.19.10.20.10.21.10.22.10.23.10.

°Oe

Gärkurven W15

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

W15, 10 °C W15, 15 °C W15, 20 °C W15, 25 °C 28.9. 29.9. 30.9.1.10. 2.10. 3.10. 4.10. 5.10. 6.10. 7.10. 8.10. 9.10.10.10.11.10.12.10.13.10.14.10.15.10.16.10.17.10.18.10.19.10.20.10.21.10.22.10.23.10.

Abb. 1: Gärkurven der Wädenswiler Reinzuchthefe W27 bei 10, 15, 20 und 25 °C.

Abb. 2 unten: Gärkur- ven der Wädenswiler Reinzuchthefe W15 bei 10, 15, 20 und 25 °C.

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 21/03 7 Alkoholtoleranz: Die Alkoholtoleranz der drei Wä-

denswiler Hefen ist für die heute angestrebten Alko- holkonzentrationen im Wein auf jeden Fall hoch ge- nug. Mit allen drei Hefen konnten schon Weine von bis zu 16 Vol.-% Alkohol ohne Restzucker vergoren werden.

Biologischer Säureabbau: Die Wädenswiler Rein- zuchthefen führen im Vergleich zu anderen Rein- zuchthefen die auf dem Markt erhältlich sind, zu ei- nem schnellen Beginn des biologischen Säureabbaus.

Es gibt zwei Gründe dafür:

Erstens wird während der alkoholischen Gärung kaum schweflige Säure gebildet. Es hat sich ge- zeigt, dass die mit den Wädenswiler Reinzucht- hefen vergorenen Weine am Ende der alkoholi- schen Gärung sehr geringe Konzentrationen an gesamter schwefliger Säure aufweisen. In jedem untersuchten Fall lag die gemessene Konzentrati- on unter 10 mg/L. Die erwünschten Milchsäure- bakterien Oenococcus oenireagieren sehr emp- findlich gegenüber freier und gesamter schwefli- ger Säure. Schon bei geringfügig erhöhten Kon- zentrationen – ab zirka 20 mg/L – wird ihre Akti- vität gehemmt.

Zweitens ist der Nährstoffverbrauch der Wädens- wiler Reinzuchthefen gering (Lalvin W27 und Lal- vin W46) bis mittel (Lalvin W15). Die für den bio- logischen Säureabbau zuständigen Milchsäure- bakterien haben um so mehr Nährstoffe zur Ver- fügung, je weniger die Hefen während der alko- holische Gärung verwertet haben. Der biologi- sche Säureabbau ist bei Verwendung von Wä- denswiler Reinzuchthefen bis zu dreimal schnel- ler als bei Verwendung anderer kommerzieller Produkte.

Temperaturabhängigkeit der Glycerin- und Bernsteinsäurebildung

Versuche mit den Hefen Lalvin W15 und Lalvin W27 haben gezeigt, dass die Konzentrationen sowohl an Glycerin als auch an Bernsteinsäure (Succinat) bei Erhöhung der Gärtemperatur zunehmen. Müller- Thurgau Moste wurden bei 10, 15, 20 und 25 °C ver- goren. Aus den Abbildungen 3 und 4 geht hervor, dass sich die Glycerin- und Bernsteinsäurekonzentra- tionen mit zunehmender Temperatur von 10 bis 25

°C verdoppeln. Diese Zunahme ist für W15 stärker ausgeprägt als für W27; W15 kann im Vergleich zu an- deren Hefen bis zu 1 g/L mehr Bernsteinsäure bilden und bis zu 3,0 g/L mehr Glycerin (Tabelle).

WEINBEREITUNG

Die Weine der verschiedenen Varianten wurden von insgesamt 496 Personen in 15 verschiedenen De- gustationen mit jeweils 10 bis 68 Personen verkostet.

Mit der Hefe Lalvin W15 vergorene Weine bei Gär- temperaturen von 15 °C (50%) und 20 °C (40%) wur- den eindeutig bevorzugt gegenüber Weinen, die bei 10 °C (6%) oder 25 °C (4%) vergoren worden waren.

Mit W27 vergorene Weine zeigten ein etwas anderes Bevorzugungsbild: 10 °C (24,8%), 15 °C (44,5 %), 20

°C (21,9 %) und schliesslich 25 °C (8,9 %).

Die Degustierenden hatten keine eindeutige Vor- liebe für die mit W15 oder mit W27 vergorenen Wei- ne. Die Weine der beiden Hefestämme wurden unge- fähr gleich gut beurteilt: W15 (51%) und W27 (49%).

Es gilt aber festzuhalten, dass in den 15 verschiede- nen Degustationen alle Varianten zwischen «unent- schieden» und «eindeutige Bevorzugung» bei beiden Hefen vorgekommen sind (Abb. 5).

Glycerin

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 °C 15 °C 20 °C 25 °C

Gärtemperatur

g/l

W15 W27

g/l

Succinat

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2

10 °C 15 °C 20 °C 25 °C

Gärtemperatur

W15 W27

Glycerin- und Bernsteinsäurebildung während der alkoholischen Gärung – ein aktuelles Beispiel aus der Praxis (Jahrgang 2003).

Weinsäure Äpfelsäure Bernsteinsäure Milchsäure Glycerin Essigsäure Äthanol Vol.-%

Räuschling 2,9 2,0 1,2 0,1 7,2 0,0 79,2 10,2

W15 und W27

Müller-Thurgau 2,3 2,2 0,9 0,1 6,6 0,11 89,3 11,5

Uvaferm CS 2

Müller-Thurgau 2,4 2,5 1,8 0,1 9,2 0,0 89,1 11,5

W15

Müller-Thurgau 2,7 3,2 1,7 0,2 8,4 0,0 84,1 10,8

W15

Abb. 3: Bildung von Glycerin während der Gärung mit den Wä- denswiler Reinzucht- hefen W15 und W27 bei 10,15, 20 und 25 °C.

Abb. 4: Bildung von Bernsteinsäure (Suc- cinat) während der Gärung mit den Wä- denswiler Reinzucht- hefen W15 und W27 bei 10,15, 20 und 25 °C.

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 21/03

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Bedarf an schwefliger Säure:Sowohl der gesamte Ge- halt des Weins an schwefliger Säure als auch die Bil- dung von Schwefel bindenden Substanzen sind bei den Wädenswiler Hefen als gering einzustufen.

Untypischer Alterungston:Mit den drei Wädenswiler Reinzuchthefen vergorene Weine zeigen eine geringe Tendenz zur Ausbildung der untypischen Alterungs- note (UTA), weil die Nährstoffbedürfnisse dieser He- fen als gering bis mittel einzustufen sind.

Böckser: Die Wädenswiler Reinzuchthefen zeigen im Vergleich zu anderen kommerziellen Reinzucht- hefen eine durchschnittliche Tendenz für das Auftre- ten von Böckser. Auch bei diesen Hefen wird die Böckser-Neigung verstärkt, wenn bei der Gärung fol- gende Stressfaktoren aufgetreten sind: stürmischer Ablauf, keine optimale Temperaturführung, zu wenig Hefezellen, Kombination von schwefliger Säure und stürmischer Gärung.

Verhalten während der Gärung: Die Reinzuchthefen Lalvin W27 und Lalvin W46 zeigen eine durch- schnittliche Temperaturerhöhung während der alko- holischen Gärung und ein durchschnittliches Abset- zungsvermögen. Die Hefe Lalvin W15 besticht durch eine sehr geringe Temperaturerhöhung und ein sehr schnelles Absinken der Hefen.

Gärstart: Die Hefe Lalvin W15 zeigt einen durch- schnittlich schnellen Gärstart. Die Hefen Lalvin W27 und Lalvin W46 zeigen einen eher verlangsamten Gär- start; dieses Phänomen ist bei Lalvin W27 deutlicher als bei Lalvin W46. Wichtig ist aber, dass beide Hefen während der alkoholischen Gärung gegenüber uner- wünschten Hefen dominieren. Mit beiden Hefen kann somit eine Art kontrollierte Standzeit simuliert werden.

Rehydratisierung der drei Wädenswiler Reinzuchthefen

Die getrockneten Reinzuchthefen müssen rehydrati- siert werden. Es geht vor allem darum, Wasser mög- lichst schnell ins Innere der Hefezellen zu bringen.

Vakuolen sind die Organellen in den Hefen, die am meisten Wasser speichern können. Diese Organellen müssen rasch rehydratisiert werden, weil sie wichti- ge Voraussetzungen zur Vermehrung der Hefen ent- halten. Reines Wasser ist die geeignete Substanz zur Rehydratisierung, weil es auf Grund der osmotischen Verhältnisse schnell und effizient in die Zellen ein- dringt.

Die Rehydratisierung ohne Nährstoffzugabe wie zum Beispiel Traubensaft darf nicht länger als 20 Mi- nuten dauern. Eine weitere Vermehrung der Hefezel- len in Form eines «Anstellers» wird empfohlen. Es muss darauf geachtet werden, dass der Ansatz nicht zu alt wird; der Zuckergehalt sollte nicht weiter als bis zur Hälfte absinken, bevor er zur Beimpfung ein- gesetzt wird.

Die Rehydratisierung muss mit der zehnfachen Menge Wasser pro Volumenteil Hefe bei 37 bis 42 °C durchgeführt werden. Durch das Rehydratisieren der Hefe bei dieser Temperatur werden die so genannten Hitzeschockproteine aktiviert. Diese Proteine för- dern vor allem die Synthese von Biomasse in den Zel- len. Dieser «Heatshock»-Schritt wird bei allen Zellkul- turen durchgeführt, die von einem «ruhenden» in ei- nen «aktiven» Zustand überführt werden.

Die Hefen dürfen dem Traubensaft nicht in zu ge- ringen Konzentrationen zugegeben werden. Wir fin- den bei gesundem Traubengut pro Milliliter 100'000 Zellen der unerwünschten Hefeart Hanseniaspora uvarumoder Kloeckera apiculata,bei ungesundem Traubengut gar bis zu einer Million Zellen pro Millili- ter. Durch die Beimpfung mit Reinzuchthefen sollen diese Hefen so schnell wie möglich verdrängt wer- den. Mit der Dosierung von 20 g/hl Wädenswiler Reinzuchthefe wird eine qualitätssichernde Menge eingesetzt.

WEINBEREITUNG

W27

10

°C W15

25

°C

20 °C

15 °C

25 °C

15 °C 20 °C

10 °C

Le trois levures de Wädenswil – une histoire du succés

Trois levures en vente sur le marché ont été isolées à la Station de Recherche de Wädenswil, soit les levures Lalvin W15 en 1997, Lalvin W 27 en 1980 et Lalvin W 46 en1995. Les levures de Wädenswil peuvent fermenter des vins blancs à 10, 15, 20 et 25 °C sans laisser de sucre résiduel. Les vins blancs fermentés entre 15 et 20 °C sont estimés comme les meilleurs.

La production de glycérine et d'acide succinique augmente généralement avec la température. Les vins fermentés avec la levure Lalvin W15 ont, en comparaison, jusqu'à 1 g/l d'acide succinique et 3 g/l de glycérine de plus que les autres.

Plusieurs qualités dues à l'effet de cette levure les caractérisent: un développement de goût de bock très faible, une sédi- mentation rapide de la levure, une hausse de température très basse et très peu de production d'acide acétique. Les trois levures isolées à Wädenswil n'ont pas d'effet négatif sur la fermentation malolactique. Leur résistance à l'alcool est élevée, des vins ont déjà pu être fermenté jusqu'à une teneur de 16% d'alcool.

R

ÉSUMÉ

Abb. 5: Degustative Bevorzugung der ver- schiedenen Gärvari- anten in Prozent (496 Teilnehmer bei insgesamt 15 Degus- tationen).

Referenzen

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