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Archiv "„Monitor“ deutet die Mammographie-Studie falsch: Qualität der Diagnose in Deutschland entspricht internationalem Standard" (17.06.1994)

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POLITIK LEITARTIKEL

„Vlonitor" deutet die Mammographie-Studie falsch

Qualität der Diagnose in Deutschland entspricht internationalem Standard

Nach einem Bericht des ARD- Politmagazins Monitor am 2. Juni ist in Deutschland angeblich die Hälfte aller Mammographie-Geräte veral- tet, so daß 50 Prozent aller Brust- krebserkrankungen durch diese Röntgenmethode — aber auch durch mangelnde Fachkenntnisse der Ärzte

— falsch diagnostiziert werden. Die Redakteure bezogen ihre Aussagen auf die Ergebnisse der Deutschen Mammographie-Studie (DÄ, Heft 14). Mit dieser Untersuchung sollte festgestellt werden, unter welchen Bedingungen die Röntgenuntersu- chung der Brustdrüse sinnvoll in das Programm der Krebsfrüherkennung aufgenommen werden kann.

Aufgrund der „Monitor-spezifi- schen" plakativen Präsentation ent- stand im Verlauf der Sendung unwill- kürlich der Eindruck, daß die Quali- tät der Diagnose eines Mammakarzi- noms in Deutschland nicht dem Stan- dard anderer Industrienationen ent- spricht. Bei sorgfältiger Analyse der Mammographie-Studie stellt man je- doch fest, daß das Team um Klaus Bednarz — unbewußt oder doch eher bewußt? — zahlreiche Fakten nicht im Zusammenhang und zeitliche Ab- läufe falsch dargestellt hat.

Zu den Fakten: Internationale Erfahrungen und Empfehlungen las- sen keinen Zweifel daran, daß für die Durchführung eines wirksamen Früh- erkennungsprogramms kontinuierli- che Qualitätssicherungsmaßnahmen erforderlich sind. Die Deutsche Mammographie-Studie hatte den Auftrag, sowohl die apparativen als auch die personellen Voraussetzun- gen dieses Röntgenverfahrens vor Einführung in das Krebsfrüherken- nungsprogramm zu erproben.

Am 1. Juni 1989 startete die er- ste Phase, indem eine Gruppe von vier erfahrenen mammographisch tä- tigen Institutionen (Esslingen, Hei- delberg, Hamburg, Köln) die „äuße-

ren Rahmenbedingungen" der Stu- die festlegte (Auflistung der Beurtei- lungskriterien, Erstellung von Studi- enmammographien etc.). Ab dem 1.

Oktober 1990 waren dann zusätzlich 43 niedergelassene Ärzte (Gynäkolo- gen und Radiologen) aus 30 Praxen der Regionen Aurich und Braun- schweig „gefordert". Sie waren die Teilnehmer eines dreijährigen regio- nalen Pilotprojektes, welches die notwendigen Qualitätsstandards für ein flächendeckendes Screeningpro- gramm liefern sollte.

Hohe Trefferquote

Das Programm umfaßte die Überprüfung der Mammographiege- räte, Tests von Filmen, Folien und Entwicklungsgeräten, Fortbildungs- veranstaltungen für die niedergelas- senen Ärzte und das Praxispersonal sowie die Doppelbefundung aller Mammogramme (1. Studienphase) und Biopsieempfehlungen durch die wissenschaftlichen Studienleiter Prof. H.-J. Frischbier (Hamburg) und Prof. W. Hoeffken (Köln). So wurden bis zum 30. September 1993 insgesamt 58 627 systematisch doku- mentierte Untersuchungen an 33 353 Frauen über 40 Jahre erhoben. Die Daten der Mammographie-Studie belegen, daß das Röntgenverfahren in Deutschland auf jeden Fall — nach Sicherung bestimmter Qualitätssi- cherungsmaßnahmen — in das Krebs- früherkennungsprogrammm aufge- nommen werden soll.

Zu den im ARD-Magazin erho- benen Vorwürfen ist festzustellen:

• Alle Mammographiegeräte entsprachen zu jeder Zeit der Studie den gültigen Bedingungen. Ein wich- tiges Ergebnis der Studie war jedoch, daß zu Studienbeginn die Qualität von 50 Prozent der Röntgengeräte nicht den Anforderungen entsprach,

die unter „optimalen Bedingungen"

erreicht werden können. Die natürli- che Erneuerungsrate der installier- ten Geräte, verbunden mit Instrukti- on der Ärzte, führte im Verlauf der Studie jedoch zu wesentlichen Ände- rungen der technischen Vorausset- zungen: „Während zum Beginn der ersten Erhebung (Mitte 1991) die Hälfte der Geräte vor mehr als fünf Jahren in Betrieb genommen worden waren, sind die gegenwärtig einge- setzten Mammographiegeräte und -röhren zu 50 Prozent in den letzten drei Jahren installiert worden."

Ein Drittel der niedergelassenen Ärzte unternahm sogar eine vorfristi- ge Neuinvestition! Zu diesen kapital- intensiven apparativen Verbesserun- gen gesellten sich Qualitätssteigerun- gen der Film-, Folien-, und Entwick- lungssysteme. Insgesamt wurden während des dreijährigen Pilotpro- jektes an 27 der 35 erfaßten Standor- te (77 Prozent) technische Verände- rungen vorgenommen Aufgrund der Studienergebnisse änderte das Bun- desministerium für Arbeit zum 1. Ja- nuar 1994 die apparativen Bestim- mungen für Mammographiegeräte;

die Kassenärztliche Bundesvereini- gung zog in ihren Röntgenrichtlinien nach (Stichtag 31. Dezember 1994).

• Die Bewertung der diagnosti- schen Qualität im Rahmen der Stu- die (Trefferquote 3,5 pro 1000 Frau- en) stützte sich allein auf die Aus- wertung der Röntgendarstellung; das Ziel der Studie war es ja, allein die Qualität der Mammographie als Screeningmethode zu untersuchen.

Üblicherweise wird jedoch zusätzlich zur Mammographie ein Tastbefund erhoben. Dementsprechend zieht der Arzt beide Untersuchungen für seine Diagnose heran. Dann entspricht die Treffsicherheit deutscher Ärzte dem internationalen Standard: Bei fünf von 1000 Frauen im Alter ab 50 Jah- ren ergibt die Vorsorge mit Palpation Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 24, 17. Juni 1994 (17) A-1685

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POLITIK LEITARTIKEL / REPORTAGE

D

en Akteuren, die bei der Vorverurteilung von Ärzten, Krankenhausdirektoren und Herstellern für diese medizi- nisch wichtigen und überaus sensib- len Produkte der Hochleistungsmedi- zin — Herzklappen und andere Medi- kal-Produkte — beteiligt waren, war die Brisanz der „Affäre" durchaus bewußt. Das Medienspektakel im nachrichtenflauen Frühsommer blieb denn auch nicht aus. Die Kranken- kassen gerieten unter Zugzwang, bauschten auf, relativierten, nahmen zurück und suchten schließlich Rük- kendeckung bei Bundesgesundheits- minister Horst Seehofer. Wie bereits in den Pressekampagnen vor mehr als 25 Jahren, als Schlagzeilen wie

„Halbgötter in Weiß", „Beutel- schneider" und die „Weißen Magier"

durch die Gazetten geisterten, wur- den wiederum das Nachrichtenmaga- zin „Der Spiegel" und das Boule- vardblatt „Bild" mit gezielten und halbgaren Informationen gespickt.

Am liebsten hätten die Krankenkas- sen noch im Verborgenen weiter re- cherchiert, wie sie beteuern, aber die Berichte über „gravierende Unregel- mäßigkeiten bei der Preisgestaltung von Medikal-Produkten" hätten sie

veranlaßt, alle Verantwortlichen auf- zufordern, die finanziellen Verflech- tungen zwischen Ärzten und Herstel- lern zu unterbinden; der „sichtbar gewordene Sumpf" müsse so schnell wie möglich „trockengelegt" werden.

Wie bei den meisten publik ge- machten Anschuldigungen sind auch die Genese und die Chronologie höchst aufschlußreich: Anläßlich ei- ner Sondersitzung des Bundestags- ausschusses für Gesundheit am 11.

Juni bestätigte Bundesgesundheits- minister Horst Seehofer, schon im Februar 1993 erste Hinweise erhal- ten zu haben. Daraufhin habe der Minister mit dem Justizministerium straf- und dienstrechtliche Konse- quenzen im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen einzelne Herzklini- ken und Ärzte erörtert. Das Bundes- gesundheitsministerium habe durch anonyme Hinweise Kenntnis davon erhalten, daß die Krankenkassen an- geblich im Besitz von Spendenlisten von Herstellern und Vertreibern von Herzklappen seien.

Daraufhin sei der zuständige Abteilungsleiter des Ministeriums, Ministerialdirektor Gerhard Schulte, auf Veranlassung des Ministers tätig geworden. Seit Februar 1994 habe der Mammae und Mammographie

hochsuspekte Befunde.

• Die Monitor-Aussage, daß 50 Prozent aller Brustkrebserkrankun- gen falsch diagnostiziert werden, ist nach Angaben von Prof. Frischbier

„völlig aus der Luft gegriffen. Diese Zahl findet sich auf keiner Seite der Studie wieder." Im Rahmen des Pi- lotprojektes seien Testate durchge- führt worden, bei denen die nieder- gelassenen Ärzte ausgewählte Auf- nahmen diagnostizieren mußten.

„Die Testate sind alle ausschließlich von mir begutachtet worden; ihre Er- gebnisse sind zu keiner Zeit anderen Personen mitgeteilt noch veröffent- licht worden", so Frischbier. Der Stu- dienleiter betonte, daß die Qualität der Diagnosen im Verlauf der Studie sehr zufriedenstellend gewesen sei.

Mehrheitlich wurde eine hohe Sensi- tivität (richtig erkannte Karzinome) bei einer verbesserungswürdigen Spezifität (richtig klassifizierte beni- gne Befunde) beobachtet. „Wir sind glücklich über dieses Ergebnis, denn es ist besser, daß ein gutartiger Be- fund als bösartig eingestuft wird, als daß ein maligner nicht erkannt wird."

Als quantitative Angabe zur dia- gnostischen Qualität der Mediziner ist in der Studie zu lesen: Wie erwar- tet, schnitten Ärzte mit einer hohen Zahl an Mammographien pro Quar- tal (mehr als 500) deutlich besser ab als Ärzte mit weniger als 500 Aufnah- men pro Quartal. Eine weitere Diffe- renzierung in Ärzte mit 300 bis 500 Mammographien und weniger als 300 Mammographien bringt keine weite- ren Erkenntnisse. Ärzte aus Gemein- schaftspraxen zeigen deutlich bessere Ergebnisse in der Beurteilung als Ärzte aus Einzelpraxen.

Als Überraschung der Studie wertete Frischbier, daß die niederge- lassenen Ärzte ausgesprochen inter- essiert sind an Fortbildungsveranstal- tungen und Teamarbeit. Um eine Aussage über die Effektivität der durchgeführten Fortbildungsveran- staltungen zu bekommen, wurden den Ärzten ähnlich gestaltete Prü- fungssätze mehrmals zur Begutach- tung vorgelegt. Von der ersten bis zur dritten Veranstaltung zeigte sich eine klare Tendenz zu immer weniger Fehlbeurteilungen.

Dr. med Vera Zylka-Menhorn

Herzklappen/Doppelstrategie der Krankenkassen

Pauschalverurteilung, Druck auf die

„Hochpreispolitik"

Die Krankenkassen haben mit ihrer Kampagne aus Anlaß „überhöhter Abrechnungen für Herzklappen" und angeblichen Unregelmäßigkeiten in einigen wenigen westdeutschen Herzzentren zweierlei erreicht: Ohne die Recherchen und Bewertungen einer achtköpfigen Arbeitsgruppe der Spitzenverbände abzuwarten und im Vorgriff auf einzelne Ermittlungs- verfahren, wurde der vage Anfangsverdacht in einigen Einzelfällen dazu mißbraucht, Stim- mung gegen eine ganze Berufsgruppe und den Berufsstand der Ärzteschaft insgesamt zu machen. Dabei nahmen die Kassenfunktionäre in Kaut daß das Verhältnis zwischen behan- delnden Ärzten und Patienten belastet und eine Verunsicherung breiter Bevölkerungskreise ausgelöst wurde. Aus einigen „schwanen Schafen" sollte eine ganze Herde gemacht wer- den, um Druck auf die angebliche Hochpreispolitik von Herzklappenherstellern zu machen.

Erster „Erfolg": Als Konsequenz aus der „Herzklappen-Affäre" wollen die Länder die Ver- abschiedung der neuen Bundespflegesatzverordnung im Bundesrat später als geplant ter- minieren (wiewohl Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer vehement widersprach).

A-1686 (18) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 24, 17. Juni 1994

Referenzen

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