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Archiv "Sumatriptan Wandel in der Migränetherapie" (28.10.1994)

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MEDIZIN DIE ÜBERSICHT

Sumatriptan

Wandel in der Migränetherapie

D

ie Migräne, die mit attak- kenweise auftretenden, häu- fig halbseitigen heftigen Kopfschmerzen mit Übel- keit, Erbrechen, Lichtscheu und Lärmempfindlichkeit einhergeht, ist eine häufige Erkrankung. Die Prä- valenz bei Frauen beträgt 16 Pro- zent, bei Männern 8 Prozent. Seit der Einführung der Mutterkornal- kaloide Ende der 30er Jahre gab es keine wesentlichen Fortschritte in der Behandlung akuter Migräne- attacken mehr. Ergotamintartrat ist allerdings nicht die ideale Substanz zur Behandlung schwerwiegender Migräneattacken, da es oral und rektal schlecht und unvorhersehbar resorbiert wird und es als häufigste Nebenwirkung zu Übelkeit und Er- brechen führt. Daher bestand ein dringender Bedarf, ein wirksameres und selektiveres Migränemittel zu entwickeln, das bei bestehendem Erbrechen auch parenteral vom Pa- tienten selbst appliziert werden kann. Sumatriptan ist das erste ei- ner neuen Generation von selekti- ven Substanzen zur Behandlung akuter Migräneattacken (5).

Pathophysiologie der Migräne

In diesem Abschnitt soll nicht auf die Entstehung der Aurasym- ptome einer Migräneattacke einge- gangen werden (6). Sumatriptan hat keine Wirkung auf Aurasymptome selbst. In der Auraphase gegeben, vermag es auch nicht die nachfol- genden Kopfschmerzen zu verhin- dern. Für die Entstehung der Kopf- schmerzen wird heute in Analogie zu einem Tiermodell von Mosko- witz (7) eine Hypothese favorisiert, die auf der anatomischen Beobach- tung basiert, daß alle Blutgefäße des Gehirns und der Dura von Ner-

Hans Christoph Diener

Sumatriptan ist ein 5-HT 1 -Agonist, der bei der Behandlung akuter Migrä- neattacken mit Erfolg eingesetzt wird.

Der Wirkungsmechanismus beruht wahrscheinlich auf einer Rezeptor-ver- mittelten Hemmung einer perivas- kulären aseptischen Entzündung im Bereich von Duraarterien während der Migräneattacke. Die Verträglichkeit von Sumatriptan ist gut, und die Ne- benwirkungen sind gering ausgeprägt und werden meist gut toleriert. Die wenigen schwerwiegenden Nebenwir- kungen hätten bei Beachtung der Kon- traindikation fast alle vermieden wer- den können. Sumatriptan zeigt keine ausreichende Wirkung bei posttrauma- tischen Kopfschmerzen und bei Span- nungskopfschmerz.

venfasern aus dem Kerngebiet des N. trigeminus innerviert werden.

Eine Stimulation dieser Fasern führt zu einer Vasodilatation, Ex- travasation von Albumin, Auswan- derung von Lymphozyten, Freiset- zung von Prostaglandinen und Poly- peptidneurotransmittern. Dies führt zu einer aseptischen perivaskulären Entzündung, die ihrerseits afferente schmerzleitende C-Fasern in den Gefäßwänden stimuliert, die wie- derum zum Trigeminuskern zurück- projizieren. Im Tierexperiment können diese Vorgänge durch eine elektrische Stimulation des Gangli- on des N. trigemini ausgelöst wer- den. Wird vor oder unmittelbar

Klinik und Poliklinik für Neurologie (Direktor:

Prof. Dr. med. Hans Christoph Diener) der Universität Gesamthochschule Essen

nach der elektrischen Stimulation ein Mutterkornalkaloid oder der Serotoninagonist Sumatriptan gege- ben, kann die aseptische perivas- kuläre Entzündungsreaktion ver- hindert werden (1, 2, 3). Diese Hy- pothese könnte sehr gut die Wir- kung von Aspirin, der nichtstero- idalen Antirheumatika, der Mutter- kornalkaloide und von Sumatriptan bei der Migräne erklären und gibt auch Hinweise darauf, warum zen- tral wirksame Analgetika wie Opioide bei der Migräne schlechter wirksam sind als peripher wirksame Analgetika. Diese Hypothese er- klärt allerdings nicht, wodurch die Kerngebiete des N. trigeminus dis- inhibiert werden, und erklärt auch nicht andere Vorgänge der Migräne wie die ausgeprägten vegetativen Störungen und die Licht- und Lärmempfindlichkeit.

Pharmakologie

Es gibt insgesamt sieben Grup- pen von Serotonin (5-HT)-Rezep- toren, genannt 5-HT 1_7. Innerhalb der 5-HT1 -Rezeptoren gibt es wie- derum fünf Untergruppen, die so- genannten 5-HT1A, -HT113' - HTiE und -HT1F-Rezeptoren. In den Gefäßwänden zerebraler Arte- rien und von Arterien der Dura fin- den sich überwiegend 5-HT113 und 5-HT1D -Rezeptoren, die präsynap- tisch lokalisiert sind. Sumatriptan ist ein neuentwickelter 5-HT 1B/1D

-Agonist, der präsynaptisch an die- sen Rezeptoren bindet und zweier- lei Wirkung hat:

0 Die Substanz führt im Tier- experiment zur Hemmung einer durch axonale Reflexe hervorgeru- fenen perivaskulären Entzündung und hemmt die Freisetzung von Po- lypeptid-Neurotransmittern wie Cal- citonin-gene-related-peptid, Sub-

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 43, 28. Oktober 1994 (63) A-2957

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Abbildung 1: Besserung von Kopfschmerzen oder völliges Verschwinden der Kopfschmerzen noch ora- ler Gobe von 100 mg'Sumotripton (schwarze Rhom- ben) im Vergleich zu Plozebo (weiße Rhomben) stanz P und vasoaktives intestinales Polypeptid (VIP) in den Gefäßwän- den zerebraler Arterien und von Duraarterien.

f) Die Substanz ist vaso- konstriktorisch wirksam. Diese pharmakologischen Eigenschaften könnten erklären, warum Sumatrip- tan bei der Migräne wirksam ist, aber sonst keinerlei analgetische Wirkung hat. Sumatriptan ist nicht in der Lage, die Blut-Hirnschranke zu überwinden.

Wirksamkeit von Sumatriptan bei akuten Migräneattacken

Große Plazebo-kontrollierte Studien zeigen, daß die orale Gabe von 100 mg Sumatriptan innerhalb von zwei Stunden bei etwa 60 Pro- zent der Betroffenen zu einer signi- fikanten Besserung oder zu einem Verschwinden der Kopfschmerzen führt (11, 12) (Abbildung 1). Die entsprechenden Erfolgsquoten un- ter Plazebo liegen bei 18 Prozent.

Die subkutane Gabe von 6 mg Su- matriptan mit Hilfe eines Autoin-

E D I Z I DIE ÜBERSICHT

Kopfschmerzlinderung - subkutan

·100.,---- - - -,

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• Sumatriptan 6 mg

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10 20 30 40

Zeit (Minuten)

Kopfschmerzlinderung von 3/2 nach 1/0

jektors durch den Patienten selbst führt innerhalb von einer Stunde bei etwa 70 bis 80 Prozent der Be- troffenen zu einer signifikanten Besserung der Kopfschmerzen ver- glichen mit 20 Prozent unter Plaze- bo (13). Sumatriptan wirkt im Ge- gensatz zu Ergotamintartrat zu je- dem Zeitpunkt innerhalb der Attacke, das heißt, es muß nicht notwendigerweise unmittelbar zu Beginn der Attacke genommen

50 60

Kopfschmerzlinderung - oral

werden. Langzeit-Studien über ein Jahr hinweg zeigen, daß die An- sprechrate von etwa 70 Prozent im Laufe der Zeit nicht abnimmt. Su- matriptan wirkt auch auf die typi- schen Begleiterscheinungen der Mi- gräne, nämlich Übelkeit (Abbil- dung 3), Erbrechen, Lichtscheu und Lärmempfindlichkeit, und reduziert signifikant die Einnahme von Schmerzmitteln. Im Vergleich zu herkömmlichen Migränemitteln wie der Kombination von 2 mg Ergota- mintartrat und Coffein ist Suma- triptan etwa 15 Prozent besser wirk- sam (9). Dasselbe gilt im Vergleich zu der Kombination von 900 mg Aspirin und 10 mg Metoclopramid (10). Ein Problem aller Migräne- mittel ist, daß bei lange dauernden Migräneattacken gegen Ende der pharmakologischen Wirkung die Migränekopfschmerzen wieder auf- treten können. Dieses Problem ist bei Sumatriptan ausgeprägter als bei Ergotamintartrat oder bei Aspi- rin, da die Halbwertzeit deutlich kürzer ist. So kann es bei etwa 40 Prozent der Patienten nach subku- taner Gabe und bei 25 Prozent nach oraler Gabe von Sumatriptan zu ei- 100

80

60

40

20

0

0 0,5 1,5 2 2,5 3

Zeit (Stunden)

Kopfschmerzlinderung von 3/2 nach 1/0

A-2958 (64) Deutsches Ärzteblatt 91, Hef143. 28. Oktober 1994

3,5 4

Abbildung 2: Besserung von Kopfschmerzen oder völliges Verschwinden der Kopfschmerzen noch sub- kutaner Gobe von 6 mg Sumotripton. Veränderung der Zeitachse gegenüber Abbildung 1

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Links

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(3)

Inzidenz von Übelkeit

Tabelle 1: Unerwünschte Ereignisse nach subkutaner Injektion von 6 mg Sumatriptan.

Rechts die Ergebnisse innerhalb der ersten drei Behandlungen, links bei Langzeitan- wendung über 1 Jahr.

Symptome Langzeit Kurzzeit

Reaktionen an der Injektionsstelle Übelkeit/Erbrechen

Kribbeln

Hitze-/Wärmegefühl Schwindel

Schweregefühl Druckgefühl Bush Brennen Brustsymptome

2% 40%

2% 10%

1% 8%

1% 8%

3% 7%

1% 7%

2% 6%

<1% 6%

1% 5%

1% 5%

DIE ÜBERSICHT

Abbildung 3: Wirkung von Sumatriptan oder Plaze- bo auf die Übelkeit während der Migräneattacke.

Links für subkutanes Sumatriptan zwei Stunden nach der Behandlung, rechts für 100 mg oral vier Stunden nach Einnahme.

nem Wiederauftreten der Kopf- schmerzen kommen, wobei dann ei- ne zweite Gabe der Substanz wie- der wirksam ist. Ist die erste Gabe von Sumatriptan unwirksam, ist es sinnlos, eine zweite Dosis zu appli- zieren. Die bisherigen Daten zur klinischen Wirkung von Sumatrip- tan stützen sich auf Erkenntnisse an über 10 000 Patienten, bei denen insgesamt über 56 000 Migrä- neattacken behandelt wurden.

Zusammengefaßt beträgt die initiale Dosis von Sumatriptan bei der oralen Gabe 100 mg. Eine zwei- te oder dritte Dosis kann dann ge- geben werden, wenn die Kopf- schmerzen nach mehreren Stunden wieder auftreten. Zwischen den ein- zelnen Applikationen sollten mini- mal vier Stunden liegen. Es sollten nicht mehr als drei Applikationen innerhalb von 24 Stunden erfolgen.

Die subkutane Anwendung von Su- matriptan ist indiziert, wenn initial bereits Erbrechen oder Durchfall bestehen und so weder Tabletten noch Zäpfchen eingenommen wer-

Sicherheit von Sumatriptan Die Sicherheitsdaten stützen sich auf die prospektive Erfassung von 56 000 Migräneattacken im Rahmen kontrollierter Studien und auf die bisher mehr als zwölf Millio- nen Anwendungen weltweit. Typi- sche unerwünschte Ereignisse nach den subkutanen Applikationen sind Reaktionen an der Injektionsstelle (40 Prozent), Kribbeln, Hitze- und Wärmegefühl, Schwindel, Schwere- gefühl, Druckgefühl im Bereich der Brust oder des Halses, Hautrötung, Brennen, Brustsymptome und Nackenschmerz (Tabelle 1). Leichte vorübergehende Blutdruckanstiege sind wie bei Ergotamin möglich. Ty- pische unerwünschte Ereignisse nach der oralen Applikation sind Abgeschlagenheit oder Müdigkeit, Schwindel, Engegefühl im Bereich des Halses, Schwäche, Nacken- schmerzen, Sedierung und ein En- gegefühl im Bereich der Brust.

Nach der subkutanen Injektion tre- ten die unerwünschten Nebenwir- kungen innerhalb von zehn Minu- ten auf, bei der oralen Applikation innerhalb von einer Stunde. Die meisten unerwünschten Nebenwir- kungen klingen innerhalb einer hal- ben Stunde wieder ab.

Es ist wichtig, die Patienten vor der ersten Anwendung auf die mög- den können oder wenn aus berufli-

chen Gründen ein rascher Wir- kungseintritt erforderlich ist. Die initiale Dosis beträgt 6 mg. Eine zweite Dosis sollte nur bei Wieder- auftreten von Kopfschmerzen in- nerhalb derselben Migräneattacke appliziert werden. Es sollten maxi- mal zwei Applikationen in 24 Stun- den erfolgen.

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 43, 28. Oktober 1994 (65) A-2959

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liehe Nebenwirkung eines Engege- fühls im Bereich der Brust aufmerk- sam zu machen, da die Patienten sonst Angst haben, eine Angina pectoris-Attacke zu erleiden. Die erste parenterale Applikation muß deshalb in Anwesenheit eines Arz- tes erfolgen. In Langzeitstudien über ein Jahr hinweg schwanken die Nebenwirkungsangaben zwi- schen 1 und 3 Prozent (Tabelle 1). In den Langzeitstudien brachen 2 Prozent der Patienten, die subkuta- nes Sumatriptan erhielten, und 1 Prozent, die orales Sumatriptan er- hielten, die Behandlung wegen Ne- benwirkungen ab. Langzeituntersu- chungen über ein Jahr ergeben kei- ne Hinweise darauf, daß Sumatrip- tan zunehmend häufiger eingesetzt wird. In einzelnen Fällen wurde al- lerdings beobachtet, daß Patienten, die zuvor Ergotamin- oder Analge- tika-abhängig waren, durch Umset- zen sumatriptanabhängig wurden.

Sumatriptan führt zu Neben- wirkungen, die bei etwa 3 bis 5 Pro- zent der Patienten tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit Sympto- men einer Angina-pectoris-Attacke haben. Es handelt sich um ein Engegefühl allerdings im Bereich der gesamten Brust mit einem Schweregefühl und gelegentlich schmerzhaften Sensationen, die auch in beide Arme ausstrahlen können. Diese Symptome klingen nach 30 Minuten wieder ab.

Während der klinischen Studien wurden 284 EKGs bei Patienten ab- geleitet, die über entsprechende Brustsymptome klagten. In keinem der abgeleiteten EKGs konnten Veränderungen registriert werden, wobei Patienten mit vorbestehen- der koronarer Herzerkrankung von den Studien ausgeschlossen waren.

Bei angiographischen Studien konnte gezeigt werden, daß Suma- triptan zu einer Konstriktion der Koronararterien um etwa 15 Pro- zent führt. Alle bisher publizierten schwerwiegenden Nebenwirkungen sind bei Patienten mit bestehender koronarer Herzkrankheit oder mul- tiplen vaskulären Risikofaktoren aufgetreten. Die systemische Vaso- konstriktorische Wirkung von Er- gotamin ist deutlich stärker als die von Sumatriptan. Kardiavaskuläre

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DIE ÜBERSICHT

Kontraindikationen für den Einsatz von Sumatriptan (und Ergotamin) sind ein abgelaufener Myokardin- farkt, koronare Herzerkrankung, Prinzmetal-Angina, unbehandelte oder schlecht eingestellte Hypertonie und die Gabe von Sumatriptan in en- gem zeitlichen Zusammenhang mit anderen Vasokonstriktorischen Sub- stanzen wie Ergotamintartrat ( 4).

Alle bisher vorliegenden Studi- en zeigen, daß Sumatr!ptan keine Interaktionen mit den üblichen Mi- gräneprophylaktika wie Beta-Re- zeptorenblockern, Flunarizin oder Serotonin-Antagonisten aufweist.

Sumatriptan sollte nicht zusammen mit Monoaminoxydasehemmern, Lithium oder dem Migräneprophy- laktikum Methysergid gegeben wer- den. Für Jugendliche und Men- schen über 65 Jahre liegen bisher zuwenig Daten vor.

Anwendung

Angesichts des hohen Preises der Behandlung sollte Sumatriptan folgenden Patienten vorbehalten werden:

~ Patienten, bei denen alle Be- handlungsversuche (Akuttherapie oder Prophylaxe) gemäß den Emp- fehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft (8) fehlgeschlagen sind,

~ Patienten, bei denen initial bereits Erbrechen und Durchfall be- steht und die keine Tabletten oder Suppositorien einnehmen können,

~ Patienten, die auf einen ra- schen Wirkungseintritt angewiesen sind (am Arbeitsplatz).

Sumatriptan ist kein Ersatz für eine Migräneprophylaxe mit Beta- rezeptorenblockern oder Flunari- zin, wenn häufige Migräneattacken bestehen. Sumatriptan stellt einen wesentlichen Fortschritt in der Be- handlung akuter Migräneattacken dar. Die Konsequenz aus der Ent- wicklung dieser Substanz ist aber, daß eine biologische Grundlage für die Migräne entdeckt wurde und daß es mit Sumatriptan gelang, ein Tiermodell für die Entstehung des Kopfschmerzes bei Migräne zu eta- blieren. Derzeit befinden sich sechs neue Substanzen in der klinischen Erprobung.

A-2960 (66) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 43, 28. Oktober 1994

Neue Erkenntnisse zu schweren unerwünschten Arzneimittelwirkungen nach Sumotripton

In letzter Zeit sind Verdachts- fälle schwerer unerwünschter Arz- neimittelwirkungen in zeitlichem Zusammenhang mit der Anwen- dung von Sumatriptan, zum Teil mit tödlichem Ausgang beobachtet worden, weil in fast allen Fällen Kontraindikationen nicht beachtet wurden. Sumatriptan darf nur bei gesicherter Diagnose einer Migräne oder eines Cluster-Kopfschmerzes eingesetzt werden, nicht bei Span- nungskopfschmerz oder symptoma- tischen Kopfschmerzen (Tumor, Blutung, Subarachnoidalblutung, Meningitis), ebenso nicht bei Pa- tienten mit medikamenteninduzier- tem Kopfschmerz, vor allem wenn vasoaktive Substanzen wie Ergot- amin oder Dihydroergotamin regel- mäßig eingenommen werden.

Aufgrund der additiven Vaso- konstriktorischen Wirkung dürfen Ergotamin und Sumatriptan nicht gleichzeitig oder kurz hintereinan- der appliziert werden. Sumatriptan sollte nicht gegeben werden bei Pa- tienten, die nach Applikation un- klare Brustsymptome schildern, bis eine kardiavaskuläre Erkrankung ausgeschlossen werden kann.

Asymptomatische Patienten mit Ri- sikofaktoren für eine koronare Herzkrankheit dürfen nur behan- delt werden, nachdem eine kardio- vaskuläre Erkrankung ausgeschlos- sen wurde. Trotzdem ist Sumatrip- tan bei Beachtung der Kontraindi- kationen sicher und wirksam bei Behandlung schwerer Migräne- attacken.

Deutsches,--- J(rzteblatt

91 (1994) A-2957-2960 [Heft 43]

Die Zohlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. ·

Hans Christoph Diener

Klinik und Poliklinik für Neurologie Hufelandstraße 55 · 45122 Essen

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