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Archiv "Diagnosenverschlüsselung: Klassifikation und Datenübermittlung" (18.04.1997)

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A-1051 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 16, 18. April 1997 (35)

T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE/AUFSÄTZE

Ärzte und ihre Mitarbeiter doku- mentieren Diagnosen, operative und konservative Therapien, Pflegemaß- nahmen, Krankheitsverläufe usw. in der Regel in Textform in patientenbe- zogenen „Krankengeschichten“ oder auf Karteikarten. Zusätzlich sind un- ter anderem für Zwecke der Abrech- nung, der Wirtschaftlichkeitsprüfung, der Leistungsnachweise, der medizi- nischen Qualitätssicherung, der Ge- sundheitsberichterstattung und der wissenschaftlichen Auswertbarkeit einschließlich epidemiologischer Fra- gestellungen Diagnosen beziehungs- weise Behandlungsanlässe und Ope- rationen sowie andere medizinische Prozeduren klassifizierend zu ver- schlüsseln. Auf diese Art werden ähnliche Dokumentationsinhalte mit Schlüsselnummern unterschiedlicher Detailliertheit zusammenfassend do- kumentiert. Gegenüber den individu-

ellen Freitextangaben ist diese Klassi- fizierung allerdings fast immer mit ei- nem Informationsverlust verbunden, bietet jedoch für Abrechnungszwecke und Statistiken sinnvolle größere Zähleinheiten (Klassen). Die ge- setzlichen Grundlagen für diese Ver- fahren sind im Gesundheitsstruktur- gesetz und den zugehörigen Verord- nungen, Bekanntmachungen und Ver- einbarungen enthalten.

Diagnosenklassifikationen ICD-9/ICD-10

Für die Verschlüsselung der Dia- gnosen wird weltweit am häufigsten die „International Classification of Diseases“ (ICD) eingesetzt. Deren bisher in den deutschen Krankenhäu- sern verwendete 9. Revision (ICD-9) ist veraltet, denn sie wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits vor mehr als 20 Jahren be-

schlossen. Angestrebt wird, ihre aktu- elle 10. Revision (ICD-10) so bald wie möglich im Krankenhausbereich einzuführen, zumal ihre obligatori- sche Anwendung gemäß den revidier- ten Regelungen zum § 295 SGB V für die ambulante Gesundheitsversor- gung (Abrechnungsunterlagen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen) zwar bis Ende 1997 ausgesetzt wor- den ist, aber in freiwilligen Modellver- suchen bereits ab 1. April 1997 er- probt wird (vgl. Winfried Schorre, Deutsches Ärzteblatt, Heft 6/1996).

Infolge der gegenwärtig unter- schiedlichen Bestimmungen kann für die Krankenhäuser ein aufwendiges und fehlerträchtiges Durcheinander von obligatorischer ICD-9 für die sta- tionäre und fakultativer ICD-10 für die nicht unbeträchtliche ambulante Versorgung entstehen (Notfallambu- lanz, ermächtigte Ärzte, Belegärzte und Polikliniken beziehungsweise Ambulanzen). Seitens der GMDS

Diagnosenverschlüsselung

Klassifikation und Datenübermittlung

In den letzten Jahren wurden die Verschlüsselung von Dia- gnosen nach der ICD-9/ICD-10 und von Operationen nach dem OPS-301 sowie die patientenbezogene Übermittlung dieser so kodierten Angaben an die gesetzlichen Kranken- kassen intensiv und zum Teil emotional-polemisch disku- tiert. Aus der Sicht der Medizinischen Informatik, die sich seit Jahrzehnten mit der Dokumentation und Klassifikation medizinischer Begriffe und Sachverhalte befaßt, werden de- finitorische und systematische Grundlagen dargestellt. Da-

bei werden einige Aufgaben und Lösungen vorgeschlagen, die sich unter Berücksichtigung der ab 1998 zu erwartenden Einführung der einheitlichen ICD-10-Verschlüsselung im ambulanten und stationären Bereich und der seit 1996 vor- geschriebenen Operationenverschlüsselung in den Kranken- häusern ergeben. Der Autor, selbst Arzt und Medizinischer Informatiker, greift dabei auf eine 1996 veröffentlichte Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Medizini- sche Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. zurück.

viert. Andererseits werden Diagnosen zu acht Prozent, Therapien zu 69 Pro- zent in die EDV eingespeist.

Hilfsmittel PC

Rund zwei Drittel der Ärzte in- formieren sich mittels PC über Arz- neimittel, Anwendungsspektrum und Nebenwirkung der Präparate. Falls in der Software Warnfunktionen für die

Arzneimittelunverträglichkeiten inte- griert sind, wird dies von 55 Prozent der Ärzte genutzt.

Ein Viertel der Ärzte – darunter überdurchschnittlich viele Allgemein- ärzte – arbeiten mit Checklisten zur Kontrolle des Praxisablaufs und der Praxisorganisation (einschließlich von Hygiene-Check- oder Bestell-Checkli- sten für die Praxishelferinnen). In nur 22 Prozent der Fälle werden regel- mäßige Praxis-Teambesprechungen

des Praxisinhabers mit seinem Perso- nal abgehalten. Dr. Harald Clade

„Qualitätsmanagement in der Arztpraxis“, Teilprojekt 6: „Ergebnisse einer repräsentati- ven Telefonbefragung von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in Schleswig-Holstein“, Projektbeauftragter: Brendan-Schmittmann- Stiftung des NAV-Virchowbundes (Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands e.V.), Projektleiter: Dr. rer. pol. Peter Röhrig, Köln (als Verbundprojekt mit sechs weiteren wissenschaftlichen Instituten und Personen, gefördert durch das Bundesministerium für Gesundheit, Bonn, 1996)

Rüdiger Klar

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wird seit 1993 mehrfach auf diese Pro- bleme hingewiesen.

Um im Krankenhaus die ICD-9 durch die ICD-10 ablösen zu können, sind die Fallpauschalen und die we- nigen diagnosenorientierten Sonder- entgelte (auch) nach der ICD-10 zu de- finieren, was innerhalb weniger Wo- chen mit überschaubarem Aufwand möglich wäre. Um den Übergang von der ICD-9 zur ICD-10 zu erleichtern und um die bisherigen ICD-9-Daten- bestände der Basisdokumentationen, der Diagnosenstatistiken, der Pflege- Personalregelung usw. auch weiterhin und gemeinsam mit den zukünftig nach der ICD-10 verschlüsselten Da- ten vergleichend nutzen zu können, sind Überleitungstabellen zwischen ICD-9 und ICD-10 erforderlich, die inzwischen in wissenschaftlicher Gemeinschaftsarbeit erstellt worden sind und vom Deutschen Ärzte-Ver- lag, Köln, angeboten werden; eine offizielle Version fehlt aber noch.

Die Rahmenvereinbarung vom 2. Februar 1996 zwischen den Spitzenverbänden der gesetzli- chen Krankenkassen (GKV), der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung (KBV) und der Deutschen Krankenhausgesell- schaft e.V. (DKG) bietet die Möglichkeit, daß einzelne Kran- kenhäuser testweise den Über- gang auf die ICD-10 vollziehen können, indem sie bereits jetzt die ICD-10 intern nutzen und für die externe Datenübermittlung deren Schlüsselnummern auto- matisch in die ICD-9 konvertie- ren. Bei einer offiziellen Teil- nahme an den Testungen könnte die ICD-10 sogar allein genutzt wer- den.

Die vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und In- formation (DIMDI) herausgegebe- nen Dateien der amtlichen medizi- nischen Klassifikationen (ICD-9, ICD-10 und OPS-301) enthalten die Datenbestände in maschinenlesba- rer Fassung und für den Druck von Buchausgaben. Für die Nutzung in Dokumentations-, Verschlüsselungs- und Auswertungsprogrammen sind andere Aufbereitungsformen dieser Datenbestände nötig. Diese sind in- zwischen von einzelnen Gruppen er- arbeitet, jedoch noch nicht für all-

gemeinverbindlich erklärt worden.

Dadurch kann es beispielsweise geschehen, daß computerunterstützte Verschlüsselungsverfahren bei glei- chen Fragestellungen zu unter- schiedlichen Ergebnissen führen kön- nen.

ICD-10-Überarbeitung

Die Rahmenvereinbarung er- möglicht es, die ICD-10 – analog zur amerikanischen „Clinical Modifi- cation“ (ICD-9-CM; in Vorbereitung ist die ICD-10-CM) – sowohl für klini- sche Belange als auch für die ambu- lante Gesundheitsversorgung an die deutschen Verhältnisse anzupassen, damit ihre einfachere und vor allem standardisierte Anwendung gesichert wird. (Das beinhaltet auch die an- wenderfreundliche Gestaltung der Buchausgaben, wofür es in den USA mustergültige Beispiele gibt.) Mit

Rücksicht auf die internationale Ver- gleichbarkeit ist dabei die Kompatibi- lität mit der WHO-Fassung der ICD-10 zu wahren. Eine mit den an- deren deutschsprachigen Ländern ab- gestimmte Entwicklung ist anzustre- ben.

Da die ICD-10 für die ambulante und speziell die primärärztliche Ge- sundheitsversorgung nicht so gut ge- eignet ist, muß für diesen Bereich eine geeignete Fassung mit besonderer Sorgfalt entwickelt werden, die einer- seits die Spezifizierung der Krankhei- ten gemäß den praktischen Erforder- nissen auf der drei- und vierstelligen Ebene vornimmt und auch die Sym-

ptome und Behandlungsanlässe mit hinreichender Genauigkeit enthält und andererseits die in Mitteleuropa seltenen Krankheiten eher kursorisch darstellt. Mit Rücksicht auf die spe- zialisierte fachärztliche Versorgung ist ein in seiner Differenziertheit ab- gestuftes drei- und vierstelliges Ver- schlüsselungsverfahren angebracht, dessen gemeinsame Basis die drei- stelligen Schlüsselnummern bilden.

Die für die vertragsärztliche Ver- sorgung bereits 1995 empfohlenen Diagnosenzusätze (Verdacht, Zu- stand nach, Ausschluß von) sind, so- weit erforderlich, um Angaben zur Seitenlokalisation (rechts, links, bei- derseits) und eventuell auch zum Re- zidiv und zum Schweregrad bezie- hungsweise zum Stadium zu ergänzen und einheitlich für den ambulanten und stationären Bereich einzuführen.

Zusätzlich muß eine Sammlung („Thesaurus“) korrekt nach der (ICD-9 und) ICD-10 verschlüsselter Krankheitsbezeichnungen des in Kliniken und Arztpraxen üb- lichen medizinischen Sprach- gebrauchs aufgebaut und allen Krankenhäusern, sonstigen Ge- sundheitseinrichtungen, Ver- tragsärzten und Softwareher- stellern gemeinfrei, das heißt praktisch kostenfrei, zur Ver- fügung gestellt werden.

Zahlreiche Einzelheiten der gesetzlich vorgeschriebenen Do- kumentation bedürfen einer kla- reren Definition oder einer Ver- besserung gemäß den prakti- schen Erfahrungen, damit die gewünschten Ziele erreicht wer- den (zum Beispiel Festlegungen zur Anzahl der Aufnahmediagnosen und zur Dokumentation von Ände- rungen des Krankheitsverlaufs sowie zur Einbeziehung von Operationen, die nicht im OPS-301 enthalten sind).

Ebenso sind Details der Verschlüs- selung praxisgerecht zu regeln, dar- unter die für Krankenhäuser und Ver- tragsärzte sinnvolle Nutzung des ICD-10-Kapitels XXI und – im Regel- fall, jedoch mit Ausnahmen – die Nichtnutzung des Kapitels XX. Diese beiden Kapitel entsprechen in der ICD-9 der für die Dokumentation unverzichtbaren V-Klassifikation der nichtkranken Zustände und der in den Krankenhäusern nicht genutzten A-1052 (36) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 16, 18. April 1997

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E-Klassifikation der äußeren Ursa- chen. In der ICD-10 enthält das Kapi- tel XXI „Faktoren, die den Gesund- heitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme von Einrichtungen des Gesundheitswesens führen“. Von diesen sind beispielsweise nicht- kranke Zustände, Vorsorgeuntersu- chungen, Impfungen und die Schwan- gerschaftsüberwachung für die Doku- mentation besonders wichtig. Das Kapitel XX beinhaltet „Äußere Ursa- chen von Morbidität und Mortalität“.

Das sind insbesondere die Unfallar- ten, andererseits aber auch Kompli- kationen und Folgezustände. (Übri- gens sind die in der Öffentlichkeit seinerzeit diskutierten und teilweise auch in der ICD-9 vorhandenen „dis- kriminierenden“ Schlüsselnummern ohnehin kaum Gegenstand der ärztli- chen Dokumentation.)

Der amtliche „Operationenschlüs- sel nach § 301 SGB V (OPS-301) – In- ternationale Klassifikation der Prozedu- ren in der Medizin“ (ICPM), der im DIMDI unter Beteiligung verschiede-

ner Partner entwickelt worden ist, muß seit 1. Januar 1995 beziehungsweise 1996 für die Datenübermittlung an die Krankenkassen, für die Definition der Sonderentgelte und Fallpauschalen und für die Operationsstatistik der Lei- stungs- und Kalkulationsaufstellung be- nutzt werden. Probleme des Urheber- rechts und der Nutzungsrechte der ICPM müssen dringend geklärt wer- den, um die Autorisierung durch die wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften zu ermöglichen.

Das ist die Voraussetzung für die sachgerechte Fortschreibung des OPS-301.

Neue Wege

zur Schlüsselpflege

Es müssen deshalb neue Wege der Schlüsselpflege und Verbesserung der Entgeltdefinitionen gefunden werden, um die gravierenden Mängel und die damit verbundenen Ir- ritationen und Mehrarbeiten auf die-

sem Gebiet zu beheben. Dabei ist aus Gründen der leistungsbezogenen und wissenschaftlichen Dokumentation auch die Erweiterung des bisherigen Operationenschlüssels um andere wichtige medizinische Prozeduren notwendig, zum Beispiel radiologi- sche und andere physikalische Ver- fahren, Laborverfahren und Arznei- mitteltherapie. Die amtliche Ausgabe des OPS-301 muß um ein ver- bindliches alphabetisches Verzeichnis ergänzt werden, das bisher erst in ei- ner Verlagsversion vorliegt.

Insgesamt ist eine bessere Be- rücksichtigung der Bedürfnisse der operierenden Disziplinen anzu- streben und langfristig, gegebenen- falls aber schon im Zusammenhang mit der Anwendung der ICD-10, die Einführung einer den praktischen und wissenschaftlichen Ansprüchen besser genügenden und umfassenden Prozedurenklassifikation (zum Bei- spiel das in den USA in Entwicklung befindliche ICD-10 PCS [Procedure Classification System, 1996] und für

A-1054 (38) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 16, 18. April 1997

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

Ein im März 1996 mit Unterstützung des Bundesmini- steriums für Gesundheit eingesetzter ICD-10-Arbeitsaus- schuß hat auf der Basis einer dreiseitigen Rahmenverein- barung seine Arbeiten inzwischen abgeschlossen, so daß die geplanten ICD-10-Probeläufe jetzt beginnen können.

Er war aus Experten der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenversicherung, der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft gebil- det worden, um die amtliche deutschsprachige Fassung der

„Internationalen statistischen Klassifikation der Krankhei- ten und verwandter Gesundheitsprobleme“ (ICD-10) für die Zwecke der §§ 295 und 301 Sozialgesetzbuch V (SGB V) zu überarbeiten. Dabei war einer Expertenarbeitsgrup- pe aufgetragen worden, eine praxisgerechtere Fassung der ICD-10 zu erarbeiten, die die datenschutzrechtlichen Be- stimmungen strikt beachtet, eine Kodierung nach dem für die Leistungsabrechnung und -dokumentation notwendi- gen Umfang gewährleistet und den Differenzierungsgrad der Diagnosen auf das Maß begrenzt, das für die Wahrneh- mung der gesetzlichen Aufgaben der Krankenkassen not- wendig ist. Die regionalen Modellversuche haben am 1. April 1997 auf freiwilliger Grundlage in etwa 20 Prozent der Vertragsarztpraxen in Niedersachsen und in Sachsen- Anhalt begonnen. Die Ergebnisse werden die endgültige Überarbeitungsfassung der ICD-10 beeinflussen, die ab 1. Januar 1998 nach Veröffentlichung durch den Bundes- minister für Gesundheit im „Bundesanzeiger“ in der am- bulanten und stationären Gesundheitsversorgung flächen- deckend angewendet werden soll.

Die vollständige amtliche ICD-10-Fassung enthält fast 14 500 Schlüsselnummern und -bereiche, von denen etwa 3 700 auf das für die gesetzlich vorgeschriebene Verschlüs- selung gestrichene Kapitel XX entfallen. Die vollständige überarbeitete ICD-10 („Arbeitsausgabe“) sieht für die primäre Verschlüsselung 8 756 Schlüsselnummern vor. Als Teil davon wurde ein ICD-10-Basisschlüssel („Minimal- standard“) definiert, der mit 2 879 Schlüsselnummern nur ein Drittel aller Schlüsselnummern der Arbeitsausgabe ent- hält und inzwischen vom Zentralinstitut für die kassenärzt- liche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (ZI), Köln, in systematischer und alphabetischer Ordnung einschließlich einer Verschlüsselungsanleitung veröffent- licht worden ist. Als zusätzliche Verschlüsselungshilfe hat das ZI einen Diagnosenthesaurus herausgegeben, der in al- phabetischer Ordnung mehr als 10 000 ärztliche Krank- heitsbegriffe mit der zugehörigen ICD-10-Schlüsselnum- mer enthält. Diese ZI-Veröffentlichungen wurden allen Herstellern von Praxissoftware auch als Dateien zur Verfü- gung gestellt, wodurch ein gewisses Maß an Einheitlichkeit und Qualität bei der Verschlüsselung erreicht werden soll.

Die Diagnosenverschlüsselung nach dem Basisschlüssel ist gemäß dem Vorschlag des ICD-10-Arbeitsausschusses für die Zwecke des § 295 SGB V ausreichend für Ärzte in der hausärztlichen Versorgung und im organisierten Not- falldienst sowie für Ärzte in der fachlichen Versorgung, so- weit sie gebietsfremde Diagnosen verschlüsseln. Ärzte in der fachärztlichen Versorgung sollen die Diagnosen ihres Fachgebietes nach der vollständigen ICD-10-Arbeitsaus- gabe verschlüsseln, die in der stationären Versorgung (§ 301 SGB V) generell benutzt werden soll. EB

Von der ICD-9 zur ICD-10

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wissenschaftliche Zwecke eventuell zusätzlich die SNOMED Interna- tional [The Systematized Nomencla- ture of Human and Veterinary Medi- cine („SNOMED III“), 1993]).

Datenschutz und Schweigepflicht

Die neuen Vorschriften der ICD- kodierten Diagnosenübermittlung nach § 295 und § 301 SGB V bein- halten hinsichtlich ärztlicher Schwei- gepflicht und Datenschutz keine we- sentlichen Änderungen. Früher muß- ten die Krankenhäuser und Ver- tragsärzte die Patientenstammdaten (Name, Adresse usw.) und die be- sonders sensibel zu handhabenden Diagnosen unchiffriert als Texte meist per Brief an Krankenkassen, Kas- senärztliche Vereinigungen und ande- re Institutionen weitergeben, von de- nen einige die Diagnosen nach der ICD-9 verschlüsselt haben. Nun ver- schlüsseln die Krankenhäuser und Ärzte selbst und übermitteln diese in- folge der ICD-Verschlüsselung meist weniger detaillierten Informationen zusammen mit den Patientenstamm- daten und einigen weiteren medizini- schen Angaben, darunter den ver- schlüsselten Operationen, auf elektro- nischem Wege an die Kostenträger.

Die automatisierte Datenüber- mittlung ist in der Regel besser als der konventionelle Postweg vor Miß- brauch geschützt, zumal für die Da- tenübermittlung nach der Interventi- on der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder nunmehr ver- besserte kryptographische Verfahren, vor allem für die Personendaten, vor- gesehen sind. Trotzdem besteht hier ein kontinuierlicher Handlungsbe- darf, dem parallel zu den im Routine- betrieb gesammelten Erfahrungen nachzukommen ist.

Für das gesamte Verfahren und auf allen Ebenen ist der Datenschutz mittels aller praktikablen organi- satorischen und technischen Maßnah- men zu wahren. Hierbei sind die ärzt- liche Schweigepflicht und das infor- mationelle Selbstbestimmungsrecht von Patient und Arzt zu beachten, die Besorgnisse hinsichtlich einer unbe- fugten Nutzung der entstehenden um- fassenden Datensammlungen ernst zu

nehmen und Mißbrauchsmöglichkei- ten weitgehend auszuschließen.

Die für die Krankenhäuser gül- tige „Datenübermittlungs-Vereinba- rung“ nach § 301 Abs.1 SGB V zwi- schen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft enthält trotz zwischenzeitlicher Verbesserungen ei- ne Reihe von Unklarheiten und Män- geln. Insbesondere beachten die soft- und hardwaremäßigen Verfahren der Datenübermittlung noch nicht alle modernen und zweckmäßigen Stan- dards, so daß notwendige Verände- rungen der Verfahren schon heute er- kennbar sind. Hier sind Verbes- serungen bei den Datensatzbeschrei- bungen und der Art der Übermitt- lungstechnik nötig, die noch vor der geplanten Routineeinführung vorge- nommen werden sollten. Das könnte im Rahmen der gründlichen Testung der Verfahren geschehen, die auch Lösungen für diejenigen Kranken- häuser ergeben muß, die immer noch über eher bescheidene EDV-Mög- lichkeiten verfügen. Im vertragsärztli- chen Bereich werden die heute übli- chen Standards zur Datenübermitt- lung bereits genutzt.

Dokumentation und Klassifikation fördern

Durch die gesetzlich vorgeschrie- bene und kontinuierlich weiterzuent- wickelnde Dokumentation und Ver- schlüsselung von Diagnosen und Operationen und deren vielfache Nutzung kann für alle Beteiligten ein Beitrag zur Transparenz im Gesund- heitswesen geleistet werden. Diese Verfahren bieten die Chance, die bis- her in Deutschland zu sehr vernach- lässigte medizinische Dokumentation zu verbessern. Dabei ist es wichtig, daß diese Dokumentation für die Pa- tientenbehandlung selbst genutzt werden kann und für vielfältige son- stige interne Zwecke in Krankenhäu- sern und Arztpraxen bis hin zur Qualitätssicherung und zu wirtschaft- lichen Steuerungsprozessen zur Ver- fügung steht.

Die Verfahren könnten durch ei- nen optimierten Informationsaus- tausch dazu beitragen, die Integration der ärztlichen, pflegerischen und

administrativen Bereiche im Kran- kenhaus sowie der verschiedenen Sektoren der gesamten Gesundheits- versorgung zu verbessern (zum Bei- spiel „Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung“) und damit die Patientenbehandlung effek- tiver zu gestalten.

Hard- und Software

Schließlich dürfen nicht nur die Krankenkassen Übersichten über das Kosten- und Leistungsgeschehen erhalten, sondern es müssen auch die einzelnen Krankenhäuser und Arzt- praxen sowie die im Gesundheits- wesen engagierten Verbände und Fachgesellschaften Diagnosen- und Leistungsstatistiken bekommen, um sich mit strukturähnlichen Einrich- tungen vergleichen und sonstige Ana- lysen durchführen zu können.

Eine wichtige Voraussetzung für diese Entwicklung ist es, daß den Ver- tragsärzten und Krankenhäusern die Mittel für die notwendige Hard- und Software und das erforderliche doku- mentationsgeschulte Personal zur Verfügung gestellt werden. Denn Computerverfahren erleichtern die Arbeit mit medizinischen Klassifika- tionen wesentlich und verbessern ihre Anwendung. Dazu sind der Aufbau und die Pflege von fachspezifischen Schlüsseln und die Validierung von Verschlüsselungsprogrammen koor- diniert, fachgerecht und zügig voran- zubringen. Außerdem müssen die Ärzte von Dokumentationskräften so unterstützt werden, daß sie nicht mehr als unbedingt erforderlich mit zusätzlichen administrativen Arbei- ten belastet werden.

Anschrift des Verfassers

Prof. Dr. rer. nat. Rüdiger Klar Geschäftsführender Direktor des Instituts für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik

der Albert-Ludwigs-Universität Stefan-Meier-Straße 26

79104 Freiburg i. Br.

A-1056 (40) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 16, 18. April 1997

T H E M E N D E R Z E I T AUFSÄTZE

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1997; 94: A-1051–1056 [Heft 16]

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