Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 42|
22. Oktober 2010 A 2013D
er Bundesrat hat sich in seiner Sitzung am 15.Oktober dafür ausgesprochen, die Krankenhäu- ser weniger zu belasten, als es die Bundesregierung bis- lang im Zuge des GKV-Finanzierungsgesetzes plant.
Die Mehrleistungsabschläge in Kombination mit der Begrenzung der Preissteigerungen auf die halbe Rate der Grundlohnsummenentwicklung würden eine nicht tragbare Verschlechterung der Versorgung bedingen, meint die Länderkammer. Zwar ist die Bundesregie- rung bei der Gesundheitsreform nicht auf die Zustim- mung des Bundesrates angewiesen, dessen gute Argu- mente sollte sie aber gleichwohl nicht ignorieren.
Für Leistungen, die Krankenhäuser in Budgetver- handlungen im Vergleich zum Vorjahr zusätzlich verein- baren, will die Bundesregierung für das Jahr 2011 einen Preisabschlag von 30 Prozent festlegen. Das daraus re- sultierende Einsparvolumen für die GKV schätzt sie auf 350 Millionen Euro. Nach Ansicht des Bundesrates führt ein solcher Mehrleistungsabschlag wegen der demogra- fischen Entwicklung zu erheblichen Einnahmeminde- rungen und verlagert das Morbiditätsrisiko auf die Kran- kenhäuser: „Wegen der hohen Personalkostenquote von circa 65 Prozent könnten Krankenhäuser hierauf nahezu ausschließlich mit Einschnitten im Personalbereich rea- gieren“, heißt es in der Stellungnahme der Länder. Ab- sehbar sei eine massive Verschlechterung der Personalsi- tuation in den Krankenhäusern, „was angesichts vielfa- cher bereits bestehender Engpässe für die Versorgung der Patienten besonders negative Folgen hätte“. Der Mehrleistungsabschlag sei daher – „auch zur Sicherstel- lung ausgewogener und gleichmäßiger Konsolidierungs- beiträge aller Leistungserbringer“ – zu streichen.
Die Preise für Krankenhausleistungen sollen nach dem Willen der Bundesregierung in den nächsten bei- den Jahren nur um die halbe statt um die volle Grund- lohnrate wachsen dürfen. Die entsprechenden Einspa- rungen wurden mit 150 Millionen Euro für das Jahr 2011 (geschätzte Veränderungsrate: 0,5 Prozent) und mit 300 Millionen Euro für das Jahr 2012 (geschätzte Veränderungsrate: ein Prozent) veranschlagt. „Noch mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz 2009 wurde anerkannt, dass selbst die volle Rate der Grund-
lohnsummenentwicklung die Kostenentwicklung in Krankenhäusern nur unterproportional abbildet“, kriti- siert der Bundesrat und verweist auf den Orientierungs- wert, der die reale Kostenentwicklung der Krankenhäu- ser abbilden sollte und „jetzt faktisch wieder ausgesetzt wird“. Die Länderkammer empfiehlt, die Grundlohn - rate nicht zu halbieren, sondern stattdessen für 2011 um 0,25 Prozentpunkte und für 2012 um 0,5 Prozentpunkte zu senken. Dazu muss man wissen, dass die Verände- rungsrate der Grundlohnsumme für 2011 inzwischen auf 1,15 Prozent taxiert wurde – wegen der guten Kon- junkturentwicklung. Auch für 2012 sieht es gut aus, so dass der Vorschlag im Sinne der Krankenhäuser ist.
Apropos konjunktureller Aufschwung: Sowohl die Bundeskanzlerin als auch der Bundeswirtschaftsminis- ter haben jüngst erklärt, dass sie angesichts der Wirt- schaftslage Spielraum für Lohnerhöhungen sehen und auf den Stahl-Tarifabschluss in Höhe von 3,6 Prozent verwiesen. Die Honorarsteigerungen der Kassenärzte belaufen sich immerhin auf durchschnittlich rund drei Prozent. Wenn den Krankenhäusern aber für 2011 gerade einmal Preissteigerungen um 0,25 Prozent zugestanden werden, können sie solche Tarifsteigerungen für ihre Ärzte und Pflegekräfte nur dann bezahlen, wenn sie Personal abbauen. Damit wäre niemandem gedient. Die Bundesregierung ist deshalb gut beraten, die Anregun- gen der Bundesländer aufzugreifen und ihre Sparpläne für die Krankenhäuser zu überdenken.
KRANKENHÄUSER
Sparpläne überdenken
Jens Flintrop
Jens Flintrop Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik