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j70. Jahrgang • Heft 3 • 5. Februar 1994
gemeiimi^izm
3/94
HIPPOKRATES VERLAG GMBH STUTTGART
Gastkommentar:
Der Arzt, der Patient und das Medikament
Ernährung: kann man dem Darmkrebs
verbeugen?
Neoplasien im unteren Gastrointestinaltrakt:
Möglichkeiten der Endoskopie Chronisch-entzünd
liche Darmerkrankun
gen - eine aktuelle Therapieübersicht
Diagnostik bei anorektalen Funk
tionsstörungen
Qualität in der haus
ärztlichen Tätigkeit - ab sofort ein neues Forum in jeder Ausgabe
der ZFA
-
2
-Alles Im grünen Bereich
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den), Aorten- und/oder Mitralstenose, orthostatischen Kreislaufregulationsstörungen, erhöhtem intrakraniellen Druck (Anstieg bisher nur bei hoher i.v. Dosis beobachtet).In der Schwangerschaft und Stillzeit nur auf Anordnung des Arztes einzunehmen (tierexp. Unters, unauffällig). Nebenw.: Anfangs häufig Kopfschmerz und gelegentl. Hypotension mit Reflextachykardie, Benommenheit, Schwindel- und Schwächegefühl. Selten Übelkeit, Erbrechen, Flush, Hautallergien, Kollapszustände mit Bradykardie und Synkopen. In Einzelfällen exfoliative Dermatitis. Bei starkem Blutdruckabfall selten Verstärk, der Angina pectoris. Bei kontinuierl. Anw. von Nitroverbin
dungen innerh. v. 24 h Toleranz und Kreuztoleranz beobachtbar. Beeinträchtig, der aktiven Verkehrsteilnahme oder Maschinenbedien. möglich, insbes. im Zusammen
hang mit Alkohol.Wechselw.: Vasodilatatoren, Antihypertensiva, ß-Blocker, Ca-Antagonisten, Neuroleptika, trizyklische Antidepressiva und Alkohol können die Blut
drucksenkung verstärken. Bei Nitratvorbehandlungen g^. höhere Dosis für gewünschte Effekte. Verstärkung der Dihydroergotaminwirkung. Wirkungsabschwächung von Heparin. Dos./Anw.: 1 bis 3 Spraygaben ggf. unter RR-Kontrolle wiederholt sublingual. Vor erstem Gebrauch und nach längerer
Nichtbenutzung 1 x ansprühen. Weiteres siehe Fachinfo. Hinw.: Inhalt und Verfalldatum beachten. Spray rechtzeitig ersetzen. Nach
Gebrauch nicht gewaltsam öffnen oder verbrennen. Nicht gegen Flammen oder auf glühende Körper sprühen. Handelst.: 1 Flasche PoHL BOSKAMP
DM 15,05; Klinikpackung. G. Pohl-Boskamp GmbH & Co., 25551 Hohenlockstedt. (11.93/Inpress 30^ / Bild: Stock Imagety/BAVARIA).
Glosse
Das Ende der »fetten« Jahre
In unseren nordwestlichen Industrieländern stellen die kolo
rektalen Karzinome die zweithäufigste Tumorgruppe dar. Trotz aller verfeinerten Screeningverfahren, der endoskopischen Diagnostik und operativen Therapie stirbt etwa die Hälfte aller Patienten mit kolorektalen Karzinomen tumorbedingt inner
halb von 5 Jahren nach der Diagnosestellung.
Von den uns bekannten ätiologischen Faktoren, die bei dem komplexen Geschehen der Kolonkarzinogenese eine Rolle spie
len, stehen zunehmendes Lebensalter (die Inzidenz steigt ab dem 5. Lebensjahrzehnt), Umwelteinflüsse- und Ernährungs
komponenten im Vordergrund. Daüber hinaus lassen sich durch sorgfältige Anamnesen Personen mit einem erhöhten Dickdarmkarzinomrisiko diskriminieren: u.a. heriditäre ade
nomatöse und juvenile Polyposis, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, iatrogene Ursachen, Adenomträger, fami
liäre Dickdarmkarzinomanamnese, Lynch-Syndrom etc.
Die herausragende Rolle genetischer Aspekte war Thema des ZFA-Heftes 32/93. Die Zukunft wird zeigen, ob sich für die primäre und sekundäre Prävention praktikable und bezahlbare molekulargenetische Methoden finden lassen.
Bis dahin sollte unser diätetisches Bewußtsein geschärft wer
den, wie es B.-P. Robra in diesem Heft vorschlägt und wie es uns der 92jährige Chemie- und Friedens-Nobelpreisträger Li
nus Pauling aus Palo Alto vorlebt: »how to live longer and feel better«. - So gesehen ist es gut, daß »magere« Jahre begonnen haben!
Zu hoffen bleibt, daß einerseits den Aufgaben der Prävention bei der Reform des Medizinstudiums breiter Raum gegeben werden wird und daß andererseits die unerläßliche medizini
sche Spitzenforschung die ihr gestellten Aufgaben der moleku
laren Gastroenterologie erfüllen wird.
Wir, die wir maßgeblich an der Patientenbetreuung beteiligt sind, müssen - trotz aller aufwendigen und z.T. nutzlosen Bürokratisierung - Zeit für ausführliche Anamnesen und ärzt
liche Gespräche finden.
Ihre
U . P
r/ Priv.-Doz. Dr. med.
Ursula M. Ziegler Innere Abteilung mit
Schwerpunkt Gastroenterologie St. Gertrauden Krankenhaus Paretzer Str. 12
10713 Berlin
Zusammensetzung: 1 Retardtablette enthält 8 mg Molsidomin. Indikationen: Stabile und instabile Angina pectoris bei gleichzeitig bestehender Linksherzinsuffizienz, Angina pectoris im akuten Stadium des Herzinfarktes (erst nach Stabilisierung des Kreislaufs), Angina pectoris, wenn andere Arzneimittel nicht angezeigt sind, nicht vertragen wurden oder nicht ausreichend wirksam waren sowie bei Patienten in höherem Lebens
alter. Bei schwerer chronischer Herzinsuffizienz in Kombination mit Herzglykosiden und/oder Diuretika: pulmonale Hypertonie. Kontraindikationen:
Nicht bei akutem Kreislaufversagen (Schock, Gefäßkollaps, erniedrigten Füllungsdrücken) und schwerer Hypotonie (systolischer Blutdruck unter 100 mm Hg). Beim frischen Herzinfarkt nur unter strengster ärztlicher Kontrolle und kontinuierlicher Kontrolle der Kreislaufverhältnisse. Nicht zur Durchbrechung des akuten Angina-pectoris-Anfalls. In den ersten drei Monaten einer Schwangerschaft nur auf ausdrückliche Anweisung. Nicht anwenden bei Überempfindlichkeit gegenüber Inhaltsstoffen (siehe Gebrauchs- oder Fachinformation). Nebenwirkungen: Gelegentlich Kopf
schmerzen, Senkung des Ruheblutdruckes, Blutdruckabfall bis hin zu Kollaps und Schock. In Einzelfällen Schwindel, Übelkeit und Überempfind
lichkeitsreaktionen (z. B. Haut, Asthma). Vorsicht im Straßenverkehr oder beim Bedienen von Maschinen sowie im Zusammenwirken mit Alkohol.
In Tierversuchen hat Molsidomin in hohen Dosen Krebs hervorgerufen. Solange die Übertragbarkeit dieser Befunde auf den Menschen nicht geklärt ist, bleibt ein Verdacht krebserregender Wirkungen bestehen.
Hinweise: Lichtschutz- und Lagerhinweise beachten. Handeisformen und Preise: Corvaton retard: 30 Tabletten (NI) DM 41,14; 50 Tabletten (N2) DM 54,11; 100 Tabletten (N3) DM 89,00; 112 Tabletten (Kalenderpackung) DM 94,90; 200 Tabletten DM 151,00; Krankenhaus
packung. Nähere Angaben über das Präparat enthält die Fachinformation. Stand Januar 1994.
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iNHALT *** INHALT *** INHALT ***
Hippokrates Verlag GmbH Stuttgart
Gastkommentar
69. Jahrgang, Heft 3
Der Arzt, der Patient und das Medikament 41
H. Kremer-Zech
Schwerpunkt
Kann man dem Darmkrebs verbeugen? 43
B.-P. Kobra
Neoplasien des unteren
Gastrointestinaltraktes 49
R. E. Hintze, A. Adler und W. Veltzke
Chroniscb entzündliche
Darmerkrankungen 53
U. Marsch-Ziegler
Diagnostik anorektaler Funktionsstörungen 57
P. Enck, W. H. Jost und F. Raulf
Service Box -16-
Therapiestudie
Perioperative Analgesie in der
Oralchirurgie 78
W. Krempien, B. Radetzky, R. Elsäßer, W. Popp und D. Seeling
Serie
Ultraschallphänomene (30):
Kokarde 11
H. D. Bundschu
Aktuelles Interview
Medikamentöse Behandlung der BPH
Ein Interview mit J. Altwein
Forum Qualität Kongreßkalender Magazin
Pharma News Kongreßberichte Buchbesprechungen Medizinische Baritäten Online
Impressum
84
85 87
6869 72 75 -15-, 48, 52, 72, 83 -39- -7-
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INHALT *** INHALT *** INHALT ***
-5-
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Depressionen, psychische und nervöse Störungen, Wetterfühligkeit, Migräne.
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terium, nervöse Unruhe und Erschöpfung, Wetterfühlig
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fen vor dem Essen in etwas Flüssigkeit einnehmen.
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chend geringer dosieren. Häufig ist eine einschleichende Dosierung besonders wirksam.
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6
"Inhalt
Eine rationelle Arzneimitteltherapie ist unter Praxisbedingungen schwer möglich - so der Autor unseres Gastkommentars. Nehmen wir nur einmal einen Patienten mit »banalem Atemwegsinfekt«, bei dem eigentlich keine Medikamente notwendig wären. Eigentlich, denn verschiedene Gründe sprechen doch für eine Medikamentenverordnung.
Der Arzt, der Patient und das Medikament Seite 41
ln epidemiologischen Studien senken verschiedene Faktoren das Darmkrebsrisiko: pflanzliche Fasern, verschiedene Antioxidanzien oder Calcium. Vegetarier machen also von allein fast alles richtig und - wichtig für die Praxis - eine undogmatische ovo-lakto-vegetari- sche Ernährung ist relativ leicht zu vermitteln!
Kann man dem Darmkrebs Vorbeugen ? Seite 43
Das Verständnis der Pathophysiologie chro
nisch entzündlicher Darmerkrankungen ist in den letzten Jahren beträchtlich gewachsen - trotzdem bleibt ihre Ätiologie unklar, kann die Therapie nur symptomatisch sein. Ziel der Bemühungen sollte eine zufriedenstellende
Lebensqualität sein!
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen Seite 53
Abbildungen:
Titelbild:
E. Lösel
Seite -6- oben und Mitte:
W. Gorski,
unten:E. Lösel
.
online *** online *** online ***
Leberfunktionsstörungen durch ACE-Hemmer möglich!
Leberfunktionsstörungen im Zusammen
hang mit einer ACE-Hemmer-Behand- lung sind bekannt. Schwere Verläufe mit erheblicher Erhöhung der Leberenzyme und des Bilirubins, cholestatischem Ikte
rus und Leberentzündung gelten aber als selten. Der Einzelfallbericht über eine 73jährige Patientin, bei der während ei
ner Behandlung mit Fosinopril ein be
schwerdefreier Ikterus auftrat, veran- laßte das Bundesgesundheitsamt zu der Bitte, Beobachtungen über Leberschädi- gungen und Leberfunktionsstörungen im Zusammenhang mit ACE-Hemmerthera- pie mitzuteilen.
Die Patientin verstarb nach stationärer Aufnahme an einem Leberversagen bei nekrotisierender Hepatitis. In Dänemark wurde im letzten Jahr der Fall einer 74jährigen Patientin bekannt, die nach vierwöchiger Captopril-Therapie in der empfohlenen Dosierung einen Ikterus bekam. Bioptisch wurden Cholestase und fokale Leberzellnekrosen festgestellt.
Trotz Abbruch der Captopril-Behandlung verstarb die Patientin im Leberkoma. In einer anderen Veröffentlichung aus die
sem Jahr werden die Fälle von 17 Pati
enten zusammengestellt, bei denen Le
berfunktionsstörungen mit teilweise stark erhöhten Werten für Bilirubin, al
kalische Phosphatase und Transamina- sen nach söhr unterschiedlichen Behand
lungszeiten (fünf Tage bis zwölf Monate) auftraten. Nach Beendigung der Thera
pie kam es bei fast allen Patienten zur teilweise auch verzögerten Rückbildung.
Ein Patient verstarb an einem Leberver
sagen.
Die Pathogenese der Leberzellschädi
gung bei ACE-Hemmertherapie ist un
klar. Sie scheint bei sofortigem Therapie
abbruch reversibel zu sein. ACE-Hem
mer dürfen in solchen Fällen nicht ge
geneinander ausgetauscht werden.7CMJ Schwere Leberschädigung durch ACE- Hemmer. Bundesgesundheitsbl. 9/93, S. 393.
Prozeß nach Laparoskopie:
Perforation des Colon transversum
Die rasch zunehmende Anwendung der Laparoskopie zu therapeutischen Zwek- ken durch nicht ausreichend erfahrene Chirurgen stimmt bedenklich. Relativ häufig macht der Operateur sich nicht der Beschränktheit des Gesichtsfeldes bewußt oder es werden Komplikationen nicht erkannt. Neue Nahrung bekamen
Diskussionen zu diesem Thema durch ein australisches Gerichtsurteil.
Die Klägerin war zum wiederholten Mal wegen abdomineller Beschwerden unkla
rer Ursache stationär in Behandlung. Da vom letzten Aufenthalt in einer anderen Klinik keine schriftlichen Angaben Vorla
gen, informierte sich der jetzt behan
delnde Arzt vor einer geplanten Laparo
skopie telefonisch über das Ergebnis der damals vorgenommenen Laparotomie.
Ihm wurde mitgeteilt, Adhäsionen wären nicht zu sehen gewesen. Bei der darauf
hin begonnenen Laparoskopie wurde das Colon transversum perforiert, weil es pe- riumbilikal an der Bauch wand haftete.
Die Patientin mußte laparotomiert wer
den und konnte erst nach antibiotischer Therapie eines Abszesses im Becken ent
lassen werden. Sie prozessierte gegen den Arzt, weil dieser sich vor der Lapa
roskopie nicht ausreichend informiert habe, er lieber eine Laparotomie hätte vornehmen sollen und weil spätere Ope
rationen (Hysterektomie, Oophorekto
mie) und psychiatrische Behandlungen auf die mißlungene Laparoskopie zurück
zuführen seien. Das Gericht sprach den Angeklagten zwar von einer Nachlässig
keit frei, wies aber darauf hin, daß der Abszeß wahrscheinlich durch die Perfo
ration des Kolons verursacht worden war und daß er für die gynäkologischen und psychiatrischen Probleme in einem gewissen Maß mitverantwortlich war.
(ChR) Brahams, D.: Laporoscopy versus lapa
rotomy. Lancet 1993: 342: 674.
Diabetes mellitus: Augenhin>
tergrund jährlich untersuchen
Die Entwicklung einer Retinopathie bei Diabetes mellitus ist in vielen Fällen für die Entwicklung einer Blindheit verant
wortlich. Nach 20 Jahren eines insulin
abhängigen Diabetes leiden immerhin 60 Prozent unter der Komplikation einer proliferierenden Retinopatie!
Nur wenn regelmäßig — und zwar min
destens einmal pro Jahr - der Augenhin
tergrund untersucht wird, kann rechtzei
tig die Indikation zur Laserkoagulations
therapie gestellt werden. Hierdurch kann das Risiko einer schwerwiegenden Visus
beeinträchtigung um 50 bis 60 Prozent reduziert werden, wie eine großangelegte Untersuchung an 2405 Betroff^enen aus den USA nahelegt.
Dennoch erhalten rund 50% der Nord
amerikaner keine jährlich stattfmdende Augenhintergrundspiegelung, weshalb die Kollegen weitere Aufklärungsmaß
nahmen fordern. (aw)
Brechner, R. J.: Ophthalmie examination among adults with diagnosed diabetes mellitus. JAMA; 1993: Vol. 270 No. 14:
1714-1718.
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»Menschlicher Parkplatz« für betrunkene Finnen
Ihren Augen kaum trauen mochten die Mitglieder des Europaratskomitees zur Prävention von Folter und unmenschli
cher oder erniedrigender Behandlung, als sie das Ausnüchterungszentrum der Polizei in Helsinki besichtigen. Dutzende betrunkener Finnen lagen wohlgeordnet zwischen weißen Markierungen auf dem bloßen Boden. Überwacht wurde dieser
»menschliche Parkplatz«, so der Bericht des Komitees, über Videokameras an der Decke. Abgesehen von der Unwürdigkeit ihrer Lage war diese Verwahrung auch nicht ohne gesundheitliches Risiko für die Betrunkenen, denn z. B. innere Blu
tungen oder ein Diabetes hätten leicht übersehen werden können. Nach einem finnischen Gesetz von 1973 muß die Po
lizei jeden Betrunkenen zum Ausnüch
tern in geeignete Einrichtungen bringen, auch wenn kein strafbares Delikt vor
liegt. Tatsächlich kommen die meisten in Polizeiwachen. Im letzten Jahr wurden 114401 Finnen auf diese Weise »trocken
gelegt«. Das Zentrum in Helsinki hat 45 Ausnüchterungszellen mit jeweils bis zu 6 »Parkplätzen«.
In der Antwort der finnischen Regierung auf den Bericht des Komitees wird nach
drücklich darauf hingewiesen, daß zwei Vollzeitkrankenkschwestern in dem Aus
nüchterungszentrum arbeiten, vornehm
lich an den Wochenenden. Darüber hin
aus solle der Gebrauch von Matratzen
»in Kürze« erprobt werden. (ChR) Rogers, A.: Finnish drunks. Lancet 1993;
342: 675.
Sechsminütiger Spaziergang reflektiert Linksherzfunktion
Ein einfacher, in jeder Praxis durchführ
barer Test zur Überprüfung der linksven
trikulären Funktion, der darüber hinaus eng mit der Klassifikation der NYHA (New York Heart Association) korreliert, ist die Messung der Wegstrecke, die innerhalb von sechs Minuten zurückgelegt werden kann.
833 herzinsuffiziente Patienten wurden in einer nordamerikanischen Studie mit 40 Gesunden verglichen, wobei die erste Gruppe im Mittel 374,3 m vs. 555,2 ge
genüber der Vergleichsgruppe zurück
legte. Die zurückgelegte Distanz steht da
bei in inverser Beziehung zur Mortalität.
Das bedeutet, die Patienten, die weniger als 300 Meter schaffen, haben ein 3,7fach höheres Risiko zu sterben, als solche, die mehr als 450 Meter zurücklegen können.
Auch die Zahl derer, die wegen einer Herzinsuffizienz hospitalisiert werden müssen, ist in der schwachen Gruppe am größten. Die amerikanischen Untersu
cher fanden aber auch heraus, daß der
»Sechs-Minuten-Spaziergang« ein eben
so unabhängiger Mortalitätsindikator ist wie die Beurteilung der linksventrikulä
ren Ejektionsfraktion. (aw) Bittner. Vera, et al : Prediction of morta
lity and morbidity with a 6-Minute walk test in patients with left ventricular dys
function. JAMA; 1993: Vol. 270 No. 14:
1702-1707.
Pankreatitis: deutlich erhöh
tes Pankreaskarzinomrisiko!
Patienten mit chronischer Pankreatitis haben ein gegenüber der Allgemeinbe
völkerung deutlich erhöhtes Pankreas
karzinomrisiko. Das ist das Ergebnis ei
ner von 1946 bis 1989 durchgeführten
Zeitschrift für Allgemeinmedizin
German Journal of General Practice. Ehemals; Der Landarzt. Zugleich Organ der Vereinigung der Hoch
schullehrer und Lehrbeauftragten für Allgemeinmedizin e.V. und der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allge
meinmedizin).
Schriftleitung: Dr. med. Heinz Harald Abholz, Cecilien- gärten 1, 12159 Berlin • Prof. Dr. med. Winfried Har- dinghaus, Chefarzt der Med. Abt., Krankenhaus St. Ra
phael, 49179 Ostercappeln. AG Gesundheitswissenschaf
ten Universität 49069 Osnabrück • Prof. Dr. med. Mi
chael M. Kochen, MPH, Abteilung für Allgemeinmedizin der Georg-August-UniV., Robert-Koch-Str. 40, 37075 Göttingen • Dr. med. Wolfgang Mahringer, Schelztorstr.
42, 73728 Esslingen • Priv.-Doz. Dr. med. U. Marsch- Ziegler, St. Gertrauden-Krankenhaus, Paretzerstr. 12, 10713 Berlin • Dr. med. Gertrud Volkert, Traubergstr.
16, 70186 Stuttgart.
Verlag: Hippokrates Verlag GmbH, Rüdigerstr. 14, 70469 Stuttgart, Postfach 300504, 70445 Stuttgart, Tel.
(0711) 8931-0, Telefax (0711) 89 31-453.
Geschäftsführung: Dipl.-Kaufmann Albrecht Hauff, Anzeigen: Günter Fecke, Tel. (0711) 8931-448.
Redaktion/Produktion: Günther Buck (Chefredakteur), Tel. (0711) 8931-446. Ruth Auschra (Stellv. Red.-Ltg.), Tel. (0711) 8931-442. Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Ingrid Schaul (Herstellung), Tel. (0711) 8931-445.
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. Stuttgart. - Printed in Germany 1994. - © 1994 Hippokrates Verlag GmbH.
Die Zeitschrift erscheint zweimal monatlich.
Die Kartei der praktischen Medizin ist jedem 2. Heft der Kombi-Ausgabe zum Heraustrennen beigeheftet.
Diese Kartei referiert aus maßgebenden Fachzeitschrif
ten des In- und Auslandes unter den Aspekten: kritisch, kurz und praxisnah. Alle Preise und Versandspesen ent
halten 7% Mehrwertsteuer. Die Bezugsdauer verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht eine Abbestellung bis zum 30. September vorliegt. Das Abonnement wird zum Jahresanfang berechnet und zur Zahlung fällig. Die Beilage »Die .Arzthelferin« erscheint unregelmäßig.
15. Jahrgang 1994.
Bezug: Durch jede Buchhandlung oder eine vom Verlag beauftragte Buchhandlung. - Postscheckkonto: Stuttgart 6025-702. - Bankverbindung; Dresdner Bank, Filiale Stuttgart, Nr. 9014731. - Baden-Württembergische Bank Stuttgart, Nr. 1004527600. - Zahlungs- und Erfül
lungsort für beide Teile: Stuttgart und Hamburg.
Bezugs
preise Abonnements- Versand
preis kosten Gesamt
ZFA-Zeitschrift für Allgemeinmedizin (Ausgabe A) Inland DM 156,00 DM 33,00 DM 189,00 Ausland DM 156,00 DM 57,60 DM 213,60 Vorzugspreis für Studenten und Ärzte im Praktikum Inland DM 48,00 DM 33,00 DM 81,00 Ausland DM 48,00 DM 57,60 DM 105,60 ZFA + Kartei der praktischen Medizin (Ausgabe B) Inland DM 174,00 DM 33,00 DM 207,00 Ausland DM 174,00 DM 57,60 DM231,60 Vorzugspreis für Studenten und Ärzte im Praktikum Inland DM 68,00 DM 33,00 DM 101,00 Äusland DM 68,00 DM 57,60 DM 125,60 Einzelheft (Äusgabe A) DM 12,00, (Ausgabe B) DM 12,50 zuzüglich Versandkosten ab Verlagsort. Alle Preise sind unverbindlich empfohlene Preise.
Anzeigenschluß: 6 Wochen vor Erscheinen.
UNVERLANGTE ARBEITEN KÖNNEN AN DEN VERLAG GESANDT WERDEN.
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folgt unter der Voraussetzung, daß es sich um eine Ori
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gen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustim
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tung in elektronischen Systemen. Von einzelnen Beiträ
gen oder Teilen von ihnen dürfen nur einzelne Exem
plare für den persönlichen und sonstigen eigenen Ge
brauch hergestellt werden. Jede im Bereich eines gewerblichen Unternehmens zulässig hergestellte oder benutzte Kopie dient gewerblichen Zwecken gern. § 54 (2) UrhG und verpflichtet zur Gebührenzahlung an die
VG Wort, Abteilung Wissenschaft, Goethestraße 49, 80336 München 2, von der die einzelnen Zahlungsmo
dalitäten zu erfragen sind.
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Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Ent
wicklungen unterworfen. Forschung und klinische Er
fahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbe
langt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, daß Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf verwandt haben, daß diese Angabe dem Wissenstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht.
Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Appli
kationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwen
deten Präparate und gegebenenfalls nach Kosultation eines Spezialisten, festzustellen, oh die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wich
tig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosie
rung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Be
nutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benut
zer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag raitzuteilen.
Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, daß es sich um einen freien Warennamen handele.
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nierten Zeitschrift äußerst bemüht. Gelegentlich versäu
men Abonnenten nach einem Umzug ihre neue Anschrift mitzuteilen. In den betreffenden Fällen hilft die Bundes
post, die neue Anschrift dem Verlag mitzuteilen. Abon
nenten, die mit diesem Vorgehen nicht einverstanden sind, werden gebeten, dies dem Verlag mitzuteilen.
DEGAM
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin
■ A Mitglied der Arbeitsgemein- M Schaft Leseranalyse medizinischer
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Studie an sieben Zentren in sechs Staa
ten. Bei 2015 Patienten mit chronischer Pankreatitis wurde in 56 Fällen nach durchschnittlich 7,4 ± 6,2 Jahren ein Pankreaskarzinom diagnostiziert. Zu er
warten wären lediglich 2,13 Karzinome gewesen, die Inzidenz war also über 26mal höher als in der Allgemeinbevöl
kerung. Bei 1552 Patienten konnte die Entwicklung mindestens zwei Jahre lang nach Diagnose der Pankreatitis verfolgt werden. Von diesen erkrankten 29 Pati
enten an einem Pankreaskarzinom. Das kumulative Karzinomrisiko stieg bei die
sen Patienten stetig an, es betrug 10 und 20 Jahre nach Diagnose der Pankreatitis 1,8 bzw. 4,0%. Art der Pankreatitis (77%
alkoholbedingt, 17% idiopathisch, 6%
andere Ursachen), Land, Geschlecht oder bestehender Diabetes hatten keinen Ein
fluß auf das Karzinomrisiko. (ChR) Lowenfels. A., et al: Pancreatitis and the risk of pancreatic cancer. N. Engl. J. Med.
1993; 328: 1433-1437.
Bildschirmarbeit kein Risiko für Schwangerschaft!
Die Arbeit an Computer-Bildschirmen scheint kein wesentliches Risiko für eine Schwangerschaft darzustellen. Das ist das Resultat einer Metaanalyse von neun bislang zu dieser Thematik veröffentlich
ten Fall-Kontroll-Studien. Einem mögli
chen Zusammenhang von Bildschirmar
beit und Spontanabortrate wurde in sie
ben Studien mit über 4000 Fällen von Spontanabort und etwa 30000 Kontroll- personen nachgegangen. Ein erhöhtes Abortrisiko besteht danach nicht. In ei
ner Studie fand sich allerdings ein erhöh
tes Risiko während des ersten Tri
mesters; in den übrigen Studien wurde das Gestationsalter nicht berücksichtigt.
Auch die Dauer der Bildschirmarbeit scheint das Abortrisiko nicht zu beein
flussen.
ln zwei Studien mit 1500 Fall- und 21000 Kontrollpersonen wurde untersucht, ob das Geburtsgewicht des Neugeborenen durch die Bildschirmarbeit beeinträch
tigt wird. Ein Zusammenhang zu niedri
gem Geburtsgewicht (<2500 g) fand sich nicht. Ebensowenig wurde ein Zusam
menhang zu kongenitalen Mißbildungen, zu Frühgeburten und zur perinatalen Mortalität festgestellt. Die Fallzahlen der in der Metaanalyse berücksichtigten Stu
dien insgesamt lassen die Aussage zu, daß ein um mindestens 20% erhöhtes Risiko für Spontanaborte, erniedrigtes Geburtsgewicht und kongenitale Mißbil
dungen ausgeschlossen werden kann.
(ChR) Parazzini, F., et al: Video display termi
nal use during pregnancy and reproduc
tive outcome. J. Epidem. Commun. Health 1993; 47: 265-268.
Pjraxis 60
Ältere Patienten im Mittelpunkt Der alte Patient im Mittelpunkt der Praxis
Sind die Hausärzte darauf vorbereitet?
Befragt man Praktiker und Allgemeinärzte nach dem Anteil der älteren Patienten in ihren Praxen, so läßt sich bereits heute bundesweit ein Anteil von durchschnittlich 50% feststellen - Tendenz eindeutig steigend.
Kranke 1989 nach Altersgruppen je 10000 Einwohner im früheren Bundesgebiet
■ Männlich □ Weiblich 4000
500 -
--- - und
9 14 19 24 29 34 39 44 49 54 59 64 69 74 älter Alter in Jahren
Statistisches Bundesamt 91 0417
Praxismanagement - wichtiger denn je
Im Zusammenhang mit dieser Patientenklientel wird der Haus
arzt aber auch mit einer Reihe von Problemen konfrontiert. So wird einmal die spezielle medizinische Weiterbildung in be
stimmten geriatrischen Aspekten zwingend notwendig. Minde
stens ebenso wichtig ist die Anpassung der Praxisorganisation und -abläufe an die Bedürfnisse alter Menschen. Gerade auch für den wirtschaftlichen Erfolg wird in Zukunft ein optimiertes Praxismanagement Voraussetzung sein. Den Hausarzt bei die
sen vielfältigen Fragen und Problemen zu unterstützen, ist das Anliegen des Unternehmens Merckle GmbH, Blaubeuren.
Problemlösungen von Ärzten für Ärzte
Wie funktioniert Praxismanagement im Sinne des alten Patien
ten? Welche Besonderheiten in der Therapie gilt es zu be
rücksichtigen? Zu diesen und ähnlichen Fragestellungen hat Merckle in Zusammenarbeit mit Praktikern und Allgemein
ärzten Antworten erarbeitet. Vorrangiges Ziel ist es, die Hilfe
stellungen so problemorientiert, praxisnah, umfassend und kon
kret als möglich anzubieten. In Kürze erfahren Sie mehr dazu!
Merckle
-
10
-ledikamentös bedingte extrapyramidalmotorische Störungen
Frühdyskinesie, Akathisie und Parkinsonoid sind gefürchtete Begleiterscheinungen der Therapie mit Neuroleptika und anderen antidopaminerg wirksamen Medikamenten. Sie
belasten den Patienten und gefährden den Therapieerfolg.
Wenn ein Absetzen der Medikation nicht möglich ist, hilft Akineton, das bewährte Anticholinergikum gegen medikamentös bedingte extrapyramidalmotorische Störungen.
Akinetolf Akinetoif
i.v. i^^^Hretard
Von Anfang an.
AkinetonVAkineton* retard. Zusammensetzung: Akineton: 1 Tablette enthält 2 mg Biperidenhydrochtorid, 1 ml Injektionslösung 5 mg Biperidenlactat. Akin^on retard; 1 Dragee enthält 4 mg Biperidenhydrochtorid. Indikationen: Parkinson-Syrtorom, besonders Rigor und Tremor; medikamentös bedingte extrapyramidale Symptome. Kontraindikationen:
Unbehandeltes Engwinkelglaukom; mechanische Stenosen im Bereich des Magen-Darm-Kanals; Megakoton. Vorsicht bei Prostataadenom und Erkrankungen, dto zu bedrohlichen Tachykardien führen können. Bei erhöhter Krampfbereitschaft vorsichtig dosieren. Im 1. Trimenon der Gravidität und während der Stillzeit Verordnung kritisch abwägen. Nebenwir
kungen: Müdigkeit, Schwindel, Benommenheit, vornehmlich bei höheren Dosen Unruhe, Verwirrtheit, gelegentlich Gedächtnisstörungen, selten Halluzinationen. Mißbrauch möglich.
Mundtrockenheit, Akkommodattonsstörungen, Sch\weißminderung, Obstipation, Magenbeschvrerden, Zunahme oder selten Abnahme der Herzfrequerrz, evtl. Blutdrucksenkung bei parenteraler Gabe. Gelegentlich Miktionsstörungen, selten Harnverhaltung (Antidot: CarbachoQ. Vereinzelt allergische Hautausschläge, Dyskinesien. Reaktionsvermögen!
Wechselwirkungen: Bei Kombination mit anderen anticholinerg wirksamen Medikamenten, z. B. Psychopharmaka, Antihistaminika, Antiparkinsonmitteln, Spasmolytika, Verstär
kung der zentralen und peripheren Nebenwirkungen. Bei Kombination mit Chinidin Verstärkurrg der anticholinergen Wirkungen (AV-Überleitungl). Bei Kombination mit Levodopa Ver
stärkung von Dyskinesien; Verstärkung neuroleptikabedingter Spätdyskinesien. Zunahme des Alkoholeffektes. Wirkungsabschwächung von Meloclopramid. Dosierung und Anwendungsweise: Individuell und einschleichend; siehe Fachinformation. PackungsgröBen und Preise (einschl. MwSt): Akineton* 20 Tabletten (NI) DM 10,88; 50 Tablet
ten (N2) DM 24,50; 100 Tabletten (N3) DM 42,10; 5 Ampullen (1 ml) DM 12,33; Klinikpackungen. Akineton* retard 20 Dragees (NI) DM 17,84; 50 Dragees (N2) DM38,67; 100 Dra
gees (N3) DM 68,29; Klinikpackungen. (Stand; 01.08.93)
Nordmark Arzneimittel GmbH, 25430 Uetersen
Nordmark
Gastkommentar
Herbert Kremer-Zech
Der Arzt, der Patient und das
Medikament
Arzt für Allgemein- medizin, Naturheil- verfahren, Psychotherapie, Bamberg
Das »Gesundheitsreformgesetz« hat unter den Ärzten für teilweise erhebliche Irritation ge
sorgt. Der für die große Zahl von Allgemeinärz
ten und hausärztlich tätigen Internisten am stärksten in die tägliche Praxis einwirkende Teil des Gesetzes betrifft wohl die Budgetie
rung der Arzneimittelverordnungen. Die Ver
unsicherung hat einerseits gute rationale Gründe: Die Ungewißheit, welche Medika
mente in welchem Ausmaß eingespart werden können, sollen oder müssen sowie natürlich die im Prinzip unbegrenzte Haftung des Arztes für ein Verordnungsbudget, das das ärztliche Einkommen um ein mehrfaches übersteigen kann. Andererseits gibt es den Druck in Rich
tung auf eine wirtschaftliche Verordnungs
weise schon lange, so daß man sich nach mög
lichen psychologischen Problemen im Zusam
menhang mit der Medikamentenverordnung fragen kann.
Der »banale« Atemwegsinfekt
Nehmen wir einen Patienten mit einem »bana
len« Atemwegsinfekt in der Sprechstunde.
Nach allgemeiner Erfahrung sollte es in vielen Fällen möglich sein - sagen wir nach Aus
schluß einer Pneumonie, Sinusitis usw. -, den Infekt
ohne
Medikation mit »banalen« Mitteln (Ruhe, Trinken, Inhalation usw.) in den Griff zu bekommen. Die Banalität der Erkrankung endet allerdings, sobald sich der Patient in ärzt
liche Behandlung begibt. Die Medikalisierung einer vielleicht halbwegs normalen Lebenser
scheinung nimmt ihren Verlauf. Theoretisch und in Einzelfällen wäre es dem Arzt ja möglich zu sagen:
»Sie haben einen grippalen Infekt, vorerst kein Hinweis für etwas Ernstes, legen Sie sich ins Bett, trinken Sie viel Flüssigkeit etc., bei weite
rer Verschlechterung lassen Sie es mich wis
sen, spezielle Medikamente brauchen Sie vor
erst
keine.«
Warum Patienten Medikamente wollen
Für das Unterbleiben des letzten Halbsatzes gibt es gute Gründe von seiten des Patienten wie des Arztes:1. Der Patient hat sich selbst und seine Umge
bung befragt und ist zum Schluß gekom
men, daß eine ärztlich zu behandelnde Krankheit vorliegen könnte. Er hat - neben den Symptomen - folgende Mühen auf sich genommen:
a) »vergebliche« Anwendung von Hausmit
teln,
b) die Entscheidung, einen Arzt zu konsul
tieren,
c) dort angerufen, sich auf den Weg ge
macht (es regnet, der Bus hat Verspätung - eine Stunde Wegzeit),
d) ein oder zwei Stunden unter ähnlich hu
stenden Mitmenschen in einem Warte
zimmer verbracht — dabei Kopfschmer
zen und nasse Socken,
e) fünf (zehn? fünfzehn?) Minuten Untersu
chung - es ist Grippewetter, der Arzt hat viel zu tun,
f) eine Stunde Rückweg, siehe c).
Das Arzt-Patient-Verhältnis muß sehr gut sein, sollte der Patient, nachdem er einen halben Tag mit b) bis f) verbracht hat, die Zurückweisung im doppelten Sinn auf a) ohne große Kränkung akzeptieren.
2. Viele Patienten kommen mit einer Art pas
siver Anspruchshaltung auf Versorgung.
Teils ist diese Haltung sicherlich im Charak
ter der Patienten verankert, teils wird sie aber auch durch unser Versorgungssystem gefördert. Der mächtige und wissende Va
ter- oder Mutter-Arzt soll geben, der eigene Anteil besteht im Nehmen und Befolgen. So werden passive Therapien (Medikamente, Massagen) lieber akzeptiert als aktive, for
dernde Verhaltensänderung (Diät, Gymna
stik, Psychotherapie).
3. Paradoxerweise können gesundheitspoliti-
Eigentlich erfordert ein
»banaler Atem
wegsinfekt«
keine Medika
mente
Viele Patienten haben eine Art passive An
spruchshaltung auf Versorgung
Z. Allg. Med. 1994; 70: 41-42. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1994
«grisvk
Gastkommentar j|
Chronische Infektrezidive hei ungelösten Dauerpro- hlemen in Privat- und Berufsleben
Auch der Arzt unterliegt einem Vertei
lungskampf!
Eine Begeg
nung mit dem Patienten ohne das »mystische Agens des Me
dikaments«
scheint schwer möglich
sehe Sparmaßnahmen die angesprochene passive Anspruchshaltung eher noch ver
stärken: Man befolgt schließlich die Regeln von Vater Staat, hat sein Leben lang gear
beitet, zahlt genug Versicherungsbeitrag und sieht es eher als Merkmal sozialer Tüchtigkeit, sich im imaginären Geschwi- ster-Verteilungskampf seinen Anteil sichern zu können.
Warum Ärzte die Medikamente verordnen
Die Gründe des Arztes bei der Medikamenten- verordnung können sich etwa spiegelbildlich zu denen des Patienten verhalten:
1. Er sieht und erkennt das subjektive Leid des Patienten und es fällt ihm schwer, ihn nach zwangsweise kurzem Kontakt ohne trö
stende Handauflegung in Form eines Rezep
tes ziehen zu lassen.
2. Daß er den Verlauf des Infektes in der Regel nicht wesentlich beeinflussen kann, ver
stärkt eher noch sein Bedürfnis, sich als potenten Helfer durch die Verschreibung des »richtigen« Mittels scheinbar zu recht- fertigen.
3. Auch der Arzt unterliegt einem - durch die Niederlassungswelle noch verstärktem - Verteilungskampf: Er würde zweifellos und überflüssigerweise zahlreiche Patienten ver
lieren, wenn er konsequent Zurückweisun
gen nach 1 a) vornehmen würde.
Die angegebenen Überlegungen sind so banal wie der genannte Infekt, zeigen jedoch, wie schwer möglich eine sogenannte »rationelle Arzneimitteltherapie« unter Praxisbedingun
gen ist.
Was ist banal am »banalen Infekt«?
Noch ein Wort zur beispielgebenden Erkran
kung: Bei erweiterter Betrachtung sind viele Infekte im seelischen und sozialen Erleben der Patienten alles andere als banal. Häufig sind sie Ausdruck hypochondrischer Befürchtungen und Grundhaltungen oder auch psychosomati
sche Erkrankungen, die Zeichen chronischer emotionaler Überlastung sind bzw. in Zusam
menhang mit punktuellen Konfliktsituationen
stehen. Die Verhältnisse sind oft durch grobe Kenntnis der seelischen und sozialen Situation des Patienten leicht zu erkennen, einzelne Kon
flikte werden häufig spontan geschildert. Da sind etwa die ewigen, mit keinem Mittel zur Ausheilung zu bringenden chronischen Infek
trezidive bei ungelösten Dauerproblemen in Privat- und Berufsleben. Oder der Infekt kurz vor der Urlaubsreise (»ich wollte eigentlich so
wieso nicht fahren«) oder im Zusammenhang mit einer Prüfung oder einer anderen weichen
stellenden Lebenssituation.
Diese eigentlichen und tieferen Probleme kann der Arzt in seiner organmedizinischen Sprech
stunde sehr viel schlechter angehen als einen
»unbanalen« Infekt: Eine Pneumonie oder eine Sinusitis sind dagegen das kleinere Problem.
Unter diesem Gesichtspunkt sollten wir uns kritisch fragen, was wir selbst zum beschrie
benen Behandlungsablauf beitragen. Ob nicht unser gekränkter beruflicher Narzißmus ange
sichts organischer Banalität und geringer Hilfs
möglichkeit bei den eigentlichen Problemen verständlicherweise dazu verführt, bestimmte Verhaltensmuster mehr als nötig aufrechtzuer
halten: eine Arzt-Patient-Beziehung unter dem Vorzeichen der apostolischen Funktion (Bahnt) und den folgerichtigen Handlungen wie auf
wendiger (möglichst apparativer) Diagnostik, griffiger Diagnose und »richtigem« Rezept.
Natürlich ist nichts gegen sorgfältige Diagno
stik und stützende oder symptomatische The
rapien einzuwenden. Die starke Therapiefixie
rung auf die Verordnung von Medikamenten scheint jedoch eine in unserer Gesellschaft von Patienten wie Ärzten aus guten und weniger guten Gründen geförderte Tendenz zu sein, die beide Seiten in Zugzwang bringen kann. Ärzte wie Patienten sind ja zahlreichen realen und imaginären Zwängen ausgesetzt -, das be
schriebene Beispiel der Medikation bei bana
len Infekten ist sicher einer der harmlosesten Fälle. Und doch sollten wir uns gelegentlich fragen, wie und warum wir dahin gelangt sind, daß eine Begegnung mit dem Patienten in die
sem Fall ohne das mystische Agens des Medi
kaments so schwer möglich erscheint.
Dr. med. Herbert Kremer-Zech Arzt für Allgemeinmedizin Kunigundendamm 23 96050 Bamberg
Fortbildung
Bernt-Peter Robra
Kann man dem Darmkrebs
1■ Institut für Sozial-
■ medizin, Medizini- sehe Fakultät der
Zur Epidemiologie und Genese des Kolon-Rektum-Karzinoms Magdeburg
Die wesentlichen, beeinflußbaren Determinan
ten kolorektaler Karzinome sind Ernährungs
faktoren. Damit ist jedes Individuum kritisch exponiert.
Unsere Nahrung ist schon von Natur aus nicht karzinogenfrei (2), sie kann das Krebsrisiko steigern oder mindern. Ihre einzelnen Teilfak
toren sind der Natur der Sache nach analytisch schwer zu trennen (Übersichten z. B. 2, 5, 9, 10, 24, 51, 56, 58).
Fragen wir unter der präventiven Perspektive nicht nach den Faktoren, die das Risiko für das Auftreten der kolorektalen Karzinome steigern, sondern konsequent nach den präventiv nutz
baren Elementen, die das Risiko mindern, so finden wir vor allem zwei Gruppen von Deter
minanten überzeugend belegt. Sie werden handlungsorientiert als »vegetarische Strate
gie« und als »Calciumstrategie« zusammenge
faßt.
Die vegetarische Strategie
Unter der vegetarischen Strategie werden hier einige Teilaspekte subsumiert, die analytisch durchaus getrennte Diskussionen verdienen.
Sie sind aber wegen der bisher erreichten im
perfekten Präzision ernährungsepidemiologi
scher Methoden (55) schwer zu trennen und müssen wohl für eine aktivierende Ernäh
rungsberatung unserer Bevölkerung ohnehin vereinfachend zusammengefaßt werden. Es sind dies:
• die Befunde zur Risikoreduktion durch Obst und »grüngelbes Gemüse« (GGG);
• Befunde zur Risikoreduktion bei einem ver
gleichsweise hohen habituellen Faserkon
sum;
• die in epidemiologischen Untersuchungen immer wieder auffallenden, anscheinend speziellen protektiven Effekte einzelner Kohl
arten wie Brokkoli, Blumen- oder Rosen
kohl;
• die Hinweise zur Risikoreduktion durch Vit
amin C;
• die Hinweise zur Risikoreduktion durch Beta-Karotin (Provitamin A)
• und schließlich Hinweise zur Risikoreduk
tion durch Folsäure (16), obwohl pflanzliche Nahrung nicht die einzige Quelle dafür ist.
Offensichtlich können physikochemisch unter
schiedliche Fasern unterschiedlicher Herkunft aus Cerealien, Obst oder Gemüse im Darmlumen unterschiedliche Wirkungen haben (51,58). Po
pulationsmedizinisch ist zunächst der Netto-Ef- fekt relevant. Eine Meta-Analyse der bis 1988 kumulierten epidemiologischen Evidenz zum Faser- und Gemüsekonsum (55) ergibt keine volle Einheitlichkeit. Ein protektiver Effekt der beiden genannten Expositionsvariablen über
wiegt allerdings deutlich. Eine eindeutige Un
terscheidung zwischen ihnen ist mit Interview- Methoden nicht schlüssig möglich. Zwischen dem kolorektalen Krebsrisiko der Gruppen (Quintilen) mit einem hohen bzw. niedrigen Fa
serkonsum liegt etwa der Faktor 2 (55, neuere Untersuchungen: 21, prospektiv 63).
Eine faserreiche Ernährung ist auch mit einem verminderten Risiko für Krebs und Mortalität insgesamt assoziiert (29).
In epidemiologischen Studien erweisen sich pflanzliche Fasern, verschiedene Antioxydan- zien (u.a. Beta-Karotin, Vitamin C, Vitamin E) und Calcium als Faktoren, die das Darmkrebs
risiko senken. Ihre protektiven Wirkungen werden in einer Reihe von kontrollierten Stu
dien überprüft. Das präventivmedizinische Profil kolorektaler Karzinome wird für die er
wachsene Allgemeinbevölkerung durch eine undogmatische laktovegetarische Ernährungs
weise getroffen.
Unsere Nah
rung kann das Krebsrisiko steigern oder mindern
Zum Inhalt
Z. Allg. Med. 1994; 70: 43-48. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1994
Fortbildung Darmkrebs
Vegetarische Ernährung - vermindertes Krebsrisiko
Epidemiolo
gisch kann die Energieauf
nahme als un
abhängiger Ri
sikofaktor ein
gestuft werden
Der protektive Effekt eines häuHgen Aspi
rinkonsums wird weiter überprüft
Der Verzehr Vitamin-C-reicher Nahrungsmit
tel ist in zahlreichen krebsepidemiologischen Studien organunspezifisch mit einem vermin
derten Risiko assoziiert (4). Auch die Einnahme von Vitamin-C-haltigen Präparaten findet sich bei Kontrollpersonen häufiger als bei Patienten mit kolorektalen Karzinomen, d. h. als stati
stisch protektiver Faktor (30).
Das ebenfalls antioxydativ wirkende Beta-Ka
rotin mindert das Karzinomrisiko organunspe
zifisch und auch unter Berücksichtigung der Rauchgewohnheiten (16, 59), wie eine jüngst publizierte Meta-Analyse prospektiver Studien (10) bestätigt.
Die Calciumstrategie
Mit dem Calciumkonsum ist das kolorektale Krebsrisiko nicht in allen Studien einheitlich, aber ganz überwiegend invers, d. h. protektiv assoziiert. Eine völlige Übereinstimmung aller Studien ist auch kaum zu erwarten, denn die Schätzung des Calciumkonsums beruht über
wiegend auf Interview-Daten zur Häufigkeit des Konsums einzelner Lebensmittel oder dem di
rekt erfragten Konsum von Milch und Molke
reiprodukten (33, 39, 51, 52, 59). Eine metho
disch besonders aufwendige Studie mit pro
spektiver Datenerhebung in Form eines 28- Tage-Ernährungsprotokolls findet eine klare protektive Beziehung (17).
Unterstützend kommt die prospektiv belegte inverse Beziehung zu 1,25 Dehydroxy-Chole- calciferol hinzu (18).
Fett und andere Faktoren
Omega-3-ungesättigt), so daß weniger die Menge als die Art des Fettes kausal relevant sein könnte (fat composition hypothesis).
Nicht alle Fettsäuren wirken gleichermaßen auf das endoluminale Milieu (40, 46) oder stimulierend bei der Bildung sekundärer Gallensäuren. Olivenöl und Fischöl sind - wie bei den kardiovaskulären Risikofaktoren - nicht als riskant angeschuldigt (51,58,63);
• der hohen Korrelation zwischen der ge
samten Kalorienaufnahme und dem Fett
verzehr. Die Energieaufnahme kann ihrer
seits epidemiologisch als unabhängiger Risi
kofaktor eingestuft werden. Danach könnte Kalorienrestriktion zur Prävention beitragen (19, 61, 62). Bei einem inkonsistenten Zu
sammenhang zwischen Darmkrebs und Übergewicht (19, 31, 64) gibt es aber auch die Vermutung einer Gemeinsamkeit zwi
schen dem Karzinomrisiko und einer subkli
nischen Malabsorption (61) — im letztge
nannten Fall würde Kalorienverzicht als sol
cher nicht präventiv wirksam sein;
• der Vermengung des Fettkonsums mit protektiven Faktoren wie Vitamin E oder Vitamin A (51, 53). So wurde z. B. die Ein
nahme von Vitamin-A-Supplement als pro
tektiver Faktor gesehen (30). Auch Selen kann als antioxydativer Faktor, der nicht spezifisch für gastrointestinale Karzinome ist, protektiv wirken (60, Übersicht: 10, 51).
Ein häufiger Aspirin-Konsum ist protektiv in drei Fall-Kontroll-Studien und einer von zwei prospektiven Studien (30, 41, 54). Zu einem protektiven Effekt paßt, daß auch andere Inhi
bitoren der Prostaglandinsynthese (u.a. Indo
metacin) Inhibitoren der Karzinom-Promotion sind (56), weshalb Aspirin in Interventionsstu
dien weiter geprüft wird.
Verglichen mit den beiden genannten Strate
gien ist die sog. Fetthypothese trotz zahlreicher Laborstudien, die plausible Mechanismen zei
gen (9, 58), aus Sicht des Autors epidemiolo
gisch nicht in gleicher Weise konsistent belegt (5, 17, 26, 33, 51, 59, 62). Die meisten Studien stützen allerdings eine positive Beziehung, dar
unter auch die große prospektive Nurses Health Study (63).
Die Heterogenität der Evidenz kann u. a. liegen an
• der Heterogenität der Nahrungsfette (ge
sättigt, einfach- und mehrfach ungesättigt.
Die Assoziation zwischen erhöhtem Karzinom- Risiko (insgesamt) und niedrigen Serum-Cho
lesterinspiegeln spricht nicht gegen die Fetthy
pothese. Beim Darmkrebs könnte es sich um eine verminderte Resorption oder eine erhöhte Cholesterinausscheidung handeln. Es handelt sich auf der Basis prospektiver Studien jeden
falls wahrscheinlich nicht bloß um einen »pre- clinical cancer effect«, d. h. um eine Folge eines frühen Karzinoms (11, 49).
Hinsichtlich unserer Trinkgewohnheiten ist der Zusammenhang zwischen Bier und Frequenz des Rektumkarzinom am engsten, ein Zusam
menhang zwischen Alkoholkonsum generell
Darmkrebs Fortbilduiig^t^^
und Auftreten/Häufigkeit des Darmkrebs ins
gesamt ist nicht auszuschließen (15, 21, 22, 34, 47, 64). Wir haben damit einen weiteren Grund zur Mäßigung.
Risikofaktoren für kolorektale Adenome
Wenn die Dysplasie-Adenom-Karzinom-Se- quenz stimmt, sollten die Risikofaktoren der Adenome denen der Karzinome weitgehend entsprechen. Mehrere Arbeiten über Risikofak
toren von Adenomen bestätigen dies (z. B. 20, 27, 32, 37, 63 ).
Interventionsstudien
Es sind mindestens 20 Substanzklassen iden
tifiziert, die die Karzinogenese auf unterschied
lichen Ebenen hemmen (56). Sie könnten uns
daher vor ubiquitären oder anderweitig noch unvermeidbaren Risiken bewahren.
Im Rahmen der Prävention der kolorektalen Karzinome sind Interventionsstudien an ver
schiedenen Zielpopulationen mit verschiede
nen Endpunkten durchgeführt worden
(Tab.
1).
Die Übersicht stammt aus einer systematischen Literatur-Recherche, aber sicherlich lau
fen weitere Experimente.
Ohne auf Details im Design, in der Durchführung und in den bereits vorliegenden Ergebnissen dieser Studien eingehen zu können, wird doch deutlich, wo die Schwerpunkte liegen; es wer
den bevorzugt Studien an Adenompatienten durchgeführt, die der endoskopischen Überwa
chung unterliegen, darunter eine des National Cancer Institute mit einer fettarmen, faserrei
chen Ernährung. Darüber hinaus hat das Na
tional Cancer Institute einen erkennbaren Schwerpunkt gesetzt, indem es kontrollierte
Ein Zusammen
hang von Alko
holkonsum und Auftreten von Darmkrebs ist nicht auszu
schließen
Es werden be
vorzugt Studien an Adenompa
tienten durch
geführt, die der endoskopischen Überwachung unterliegen Tabelle 1: Übersicht über publizierte Interventionsstudien zur Prävention des kolorektalen Karzinoms nach
Zielpopulation, Endpunkten und Präventions-Maßnahmen*
Zielpopulationen
Endpunkt Z.n. Colon-Ca Z.n. Adenom-
Resektion
Familiäre Polyposis
0. a. fam. Belastung
Normalpersonen
Durchführbarkeit Weizenkleie (23)
Proliferation Thymidin-LI Ornithin- Decarboxylase
Weizenkleie (1) Beta-Karotin (44)
Vitamine A, C, E (43)
Calcium (35, 48)
Adenom-Rekurrenz bzw.
Wachstum belassener (Mikro)-Adenome
Fett, Obst u.
Gemüse -i- (50) Vitamine C, E, Placebo (38)
Kalzium u.
Faser-Suppl.
(14)
Vitamin C (8, 12) Vitamin C, Alpha- Tocopherol, Faser-Suppl.
(13)
Fett ±, Faser- Suppl., ± Beta- Karotin (36) Krebsinzidenz
Krebsmortalität Gesamtmortalität
Aspirin, Beta-Karotin (7)
Aspirin, Beta-Karotin, Vitamin E*
sog. »Womens Health Study« unter Leitung von J. Buring
Fortbildung Darmkrebs
Die Beschäfti
gung mit der Pathogenese sollte nicht die Prävention auf
halten
Ohne viel Auf
wand machen Lakto-Vege- tarier von al
leine fast alles richtig
Arzneimittelstudien fördert, die mit Hilfe von Aspirin, Beta-Karotin und Vitamin E prospektiv die Krebsinzidenz und die Inzidenz kardio
vaskulärer Krankheiten gemeinsam senken wollen.
Die bereits vorliegenden Ergebnisse widerspre
chen den analytischen Studien nicht.
Ernährungsempfehlungen
Die Interventionsstudien werden zügig zur Aufklärung von Mechanismen und zu spezifi
schen Wirkmodellen auf biochemischer und molekularer Ebene beitragen. Sie werden da
mit helfen, zu einer möglichst gezielten Che- moprävention zu kommen.
Andererseits brauchen wir ein intermediäres Handlungskonzept für die Praxis der individu
ellen Ernährungsberatung und für einfache und verständliche Empfehlungen an unsere Allgemeinbevölkerung. Die Beschäftigung mit Pathogenese sollte die Prävention nicht aufhal
ten - so wie das präventivmedizinische Han
deln gegen den Zigarettenkonsum nicht da
durch aufgehalten werden darf, daß die Wirk
mechanismen, die 2000 Inhaltsstoffe des Ziga
rettenrauchs auf das Bronchialepithel ausüben, von einigen Forschergruppen noch nicht genau verstanden worden sind.
Der Europäische Kodex gegen den Krebs gibt bereits an die Allgemeinbevölkerung gerich
tete, allerdings zu schwache Empfehlungen:
»Essen Sie häufig frisches Obst und Gemüse sowie Getreideprodukte mit hohem Faserge
halt ... Vermeiden Sie Übergewicht und be
grenzen Sie die Aufnahme fettreicher Nah
rungsmittel ... Verringern Sie Ihren Alkohol
konsum ...«
Eine ovo-lakto-vegetarische Ernährung ent
spricht dem bekannten präventiven Profil der kolorektalen Karzinome im Sinne einer multi
plen Risikofaktoren-Intervention. Vegetarier haben ein günstigeres Darmmilieu als Patien
ten mit kolorektalen Karzinomen (28), und ein Umsteigen auf laktovegetarische Ernährung verändert das Darmmilieu in positiver Weise (25). Dieselbe Ernährung scheint darüber hin
aus gegen Krebs insgesamt, Herz-Kreislauf- Krankheiten, zur Senkung des Blutdrucks, ge
gen Atemwegserkrankungen und Osteoporose (3) sinnvoll zu sein.
Vegetarier machen von allein fast alles richtig:
Viel Obst und Gemüse, viele Vitamine, mehr Calcium, nicht unbedingt wenig Fett - aber wenig tierisches — und wenig Cholesterin, wenn wenigstens das Eigelb weggelassen wird. Eine undogmatische ovo-lakto-vegetarische Ernäh
rung ist leicht zu vermitteln, einfach durchzu
halten und zu evaluieren. Sie ist in einen stim
migen moralischen und ökologischen Kontext einzuordnen. Vielleicht ist sie schon wegen die
ser sinnstiftenden Ganzheitlichkeit den »tech
nokratischen« Diätempfehlungen unserer Fach-Gesellschaften praktisch überlegen.
Schließlich müssen Ernährungsempfehlungen auch unteren sozialen Schichten verständlich sein, die nach der »Nationalen Verzehrstudie«
besonders ungünstige Ernährungsgewohnhei
ten haben (45).
Eine Inzidenz-Reduktion gastrointestinaler Karzinome von 15-20% erscheint möglich, wenn sich die Bevölkerung in ihren Ernäh
rungsgewohnheiten wenigstens in eine gün
stige Richtung bewegt (57).
Literatur
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