Optimierung der Werkzeuggeometrie beim rotativen Rillen von Faltschachteln mit flexiblen Magnetblechen
WILKEN R.
1 Zusammenfassung
Rotatives Stanzen und Rillen ist in der Faltschachtelindustrie ein Verfahren, dass insbeson- dere bei der Produktion sehr hoher Auflagen Anwendung findet, in erster Linie wegen der hohen Werkzeugkosten. Rotative Rillwerkzeuge aus flexiblen Blechen herzustellen, eröffnet völlig neue Anwendungsfelder, weil die Werkzeugkosten erheblich abgesenkt werden kön- nen, allerdings treten andere Schwierigkeiten auf, die mit der sicheren Fixierung des Werk- zeugs auf dem Magnetzylinder und der optimalen Geometrie des Werkzeugs verbunden sind.
Gegenstand der Untersuchungen, über die im Folgenden berichtet wird, war die Optimierung der Rillgeometrie für rotative Rillwerkzeuge hinsichtlich der Laufeigenschaften damit gefer- tigter Faltschachteln in den weiteren Verarbeitungsprozessen. Im Rahmen des Projektes wurde eine rotative Stanzmaschine umgebaut und mit speziell angepassten Magnetzylindern ausgestattet.
Unter praxisnahen Produktionsbedingungen wurden mit der so modifizierten Maschine unter Verwendung unterschiedlich gestalteter Werkzeuge an zwei unterschiedlichen Kartonsorten (GC1 und GC2) Rillungen hergestellt und deren Qualität mit standardisierten Methoden be- urteilt.
Ergebnis der Untersuchungen war, dass für beide Kartonsorten eine Rillgeometrie gefunden wurde, die bei Gewährleistung einer hohen optischen Qualität der Rillungen signifikante Re- duzierungen der Faltmomente ermöglichen. Bei Verwendung der gefundenen Rillgeometrien kann die Weiterverarbeitbarkeit von Faltschachteln wesentlich verbessert werden, was schließlich zu einer höheren Prozesssicherheit bei den nachfolgenden Verarbeitungsschrit- ten des Verklebens und des Abpackens führt.
2 Die Bedeutung des Rillens
Die Faltschachtel aus Karton ist unverzichtbares Packmittel, deren wesentliche Vorteile die Formstabilität, Stapelbarkeit und die Kombination von Packgutschutz mit aufdruckbarer In- formation für den Verbraucher sind. Eine wesentliche Anforderung an Faltschachteln für die Weiterverarbeitung stellt die absolut störungsfreie Maschinengängigkeit in Faltschachtelkle- bemaschinen und Abpackmaschinen dar. Das Laufverhalten der Faltschachteln wird dabei entscheidend von der Güte der ausgeführten Rillungen bestimmt.
Neben der Verfahrenstechnik des Rillens an Hubstanzen wird in der Faltschachtelfertigung das rotative Rillen eingesetzt. Wie noch gezeigt wird, unterscheiden sich die beiden Rillver- fahren in mancherlei Hinsicht voneinander, so dass die Gesetzmäßigkeiten des Flachbettril- lens nicht unmittelbar auf das Rotationsrillen angewendet werden können. Gesicherte wis- senschaftliche Zusammenhänge zwischen den Rillparametern beim rotativen Rillen und dem dadurch erreichten Verhalten in der Weiterverarbeitung sind zur Zeit nicht verfügbar, so dass der Faltschachtelhersteller bei der Abstimmung zwischen Karton und bestgeeigneten Stanz- werkzeugen alleine auf Trial-and-Error-Methoden angewiesen ist. In einer ähnlichen Situati- on befindet sich der Hersteller von rotativen Rillwerkzeugen. Eine gezielte Optimierung der Werkzeuge auf Basis gesicherter Grundlagen zum Rotationsrillen ist bisher nicht möglich, so dass die Geometrien der Rillwerkzeuge primär von fertigungstechnischen Aspekten be- stimmt werden.
Bisher ist aufgrund der relativ hohen Werkzeugkosten das Verfahren des Rotationsrillens ausschließlich auf die Produktion von sehr großen Auflagen für Verpackungen von Geträn- ken und Lebensmitteln sowie für Zigarettenschachteln beschränkt. Bei kleineren bis mittleren Auflagen herrscht dagegen noch der Bogenoffsetdruck und das anschließende Stanzen und Rillen offline in Flachbettstanzen vor. Die zunehmende Forderung nach Just-in-Time- Lieferung des Packmittels zum abpackenden Betrieb und dem damit verbundenen Trend zu kleineren Losgrößen werden jedoch auch bei kleineren Auflagen zu neuen Fertigungsme- thoden für Faltschachteln führen [1]. Eine vielversprechende Alternative zu dem konventio- nellen Verfahren Bogenoffsetdruck ist der rotative Flexodruck bis zu einer Arbeitsbreite von 50 cm. Aus technischen Gründen stellt die anschließende rotativ arbeitende Stanz- und Ril- leinrichtung das ideale Aggregat für die Weiterverarbeitung von der Rolle dar. Ein solches Maschinenkonzept wird bereits erfolgreich für die Produktion von pharmazeutischen Falt- schachteln eingesetzt [2]. Die erzielbaren Produktionsgeschwindigkeiten in Rotationsstanzen liegen bei 300 m/min und mehr, mit der Entwicklung von Magnetstanz-Zylindern und flexiblen Stanz/Rill-Blechen, wie sie in der Etikettenproduktion schon standardmäßig eingesetzt wer- den, könnten die sonst hohen Werkzeugkosten drastisch gesenkt werden.
3 Herstellung von Faltschachteln - Stand der Technik
Abb. 1 zeigt schematisch die Verarbeitungsprozesse vom Rohkarton bis zur abgepackten Faltschachtel am Beispiel einer Zigarettenschachtel.
Abb. 1: Faltschachtel, Verarbeitungsschritte
Der Karton wird bei der Faltschachtelherstellung entweder in Bogen- oder Rollenform verar- beitet. Der Bogen bzw. die Rolle wird zunächst bedruckt und lackiert. Im nächsten Verarbei- tungsschritt werden durch einen kombinierten Stanz-/Rillvorgang die Schachtelzuschnitte hergestellt. Die flachliegenden Zuschnitte werden vereinzelt und in den meisten Anwen- dungsfällen bereits beim Faltschachtelhersteller in Klebemaschinen vorgeklebt.
Drucken Stanzen/
Rillen Abpacken
reichen - ein wichtiges Kriterium. Der Verfahrensschritt "Rillen" spielt somit neben der Wei- terverarbeitung auch für die Herstellung von Faltschachteln eine wichtige Rolle.
Unterschieden wird beim Rillen zwischen dem Hohlrillen und dem Vollrillen. Beim Hohlrillen wird die Verminderung der Biegesteifigkeit durch ein Verdrängen des Kartons erreicht, beim Vollrillen durch ein Verdichten des Kartons (siehe Abb. 2).
Hohlrillen Vollrillen
Rillmesser Karton
Rillunterlage Rillmatritze
Abb. 2: Prinzip des Hohl- und Vollrillens
Zur Herstellung von Biegelinien werden üblicherweise die in folgender Tabelle aufgeführten Verfahren angewendet:
Rotierend (kontinuierlich) Taktweise (intermittierend)
• Rillen mit Rotationsstanze
• Rillen mit Rillscheibe und Gegenzurich- tung
• Stanzrillung mit Bandstahl- schnittwerkzeugen
Das Rillen mit Rillscheibe und Gegenzurichtung wird fast ausschließlich für die Verarbeitung von Wellpappe eingesetzt, in der Faltschachtelverarbeitung findet diese Verfahren kaum Anwendung.
Das verbreitetste Verfahren stellt die Stanzrillung mit Bandstahlschnittwerkzeugen dar, das im folgenden Kapitel kurz betrachtet wird.
4.1 Stanzrillung mit Bandstahlschnittwerkzeugen
Beim Bandstahlschnitt sind die einzelnen Werkzeuge (Stanz- und Rill-Linien) aus Bandstäh- len gefertigt, die in eine Trägerplatte aus z.B. mehrfachverleimten Sperrholzplatten einge- setzt werden. Die hierfür erforderlichen Nuten werden mit Hilfe moderner Lasertechnologie in die Trägerplatte geschnitten und garantieren höchste Präzision der Werkzeuge. In den übli- chen Flachbettstanzen ist das Gegenwerkzeug - eine Stahlplatte mit aufgesetzten Rillkanä- len oder aus Pertinax gefrästen Zurichtungen - beweglich und führt den Stanzhub gegen die feststehende Trägerplatte mit den Werkzeugen aus. Abb. 3 zeigt eine schematische Dar- stellung des Stanz- und Rillvorgangs.
Stanzlinie Rillinie
Grundplatte
Karton Stanzplatte Rillnut-
zurichtung Auswerfer-
gummi
Abb. 3: Schematische Darstellung des Stanz- und Rillvorgangs
Wie schon erwähnt ist Voraussetzung für die Weiterverarbeitbarkeit eine hinreichende Bie- gemomentreduzierung an der Rilllinie. Nach Tenzer und Großmann [3, 4] erfolgt bei mehrla- gigem Karton eine solche Biegemomentreduzierung durch Lagentrennung aufgrund der auf- tretenden Scherspannungen beim Rillen. In Abb. 4 ist diese Lagentrennung beim Falten um eine Rilllinie deutlich zu erkennen.
Abb. 4: Lagentrennung von gerilltem Karton beim Falten
Die Zugspannungen dürfen gewisse Werte nicht überschreiten, damit es nicht zu Rissen des Kartons in der Rückseite (in der Mitte der Rillnut) bzw. in der Vorderseite (unmittelbar neben der Rillnut) kommt. Die wesentlichen Verarbeitungsparameter beim Rillen sind die Rilltiefe, d.h. die Eintauchtiefe des Rillwerkzeugs in den Karton und die Rillkanalbreite.
Die Rillbarkeit von Faltschachtelkarton wird in einem Diagramm angegeben, in dem die - auf die Kartondicke s bezogene - spezifische Rilltiefe über der spezifischen Rillbreite aufgetra- gen ist (siehe Abb. 5).
spezifische Rillbreite b/s spezifische
Rilltiefe t /s
1
3 2
Rillbreite b
Rilltiefe t Karton-
dicke s
Abb. 5: Rillbarkeitsbereich von Karton
Die Linien 1 bis 3 kennzeichnen die Grenzen, die durch die Materialeigenschaften des Kar- tons bestimmt werden. Liegen die eingestellten Rillparameter außerhalb des Rillbarkeitsbe- reiches kommt es zu folgenden Fehlern:
1 Risse der Kartonrückseite beim Formen der Rille
2 mangelhafte Delaminierung beim Formen der Rille und fehlerhafte Wulstbildung beim Falten um die Rilllinie
3 Risse an der Kartonvorderseite beim Falten der Rille
Auf die physikalischen Ansätze von Großmann und Tenzer zur Beschreibung dieser Gren- zen soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden.
4.2 Rillen in Rotationsstanzen
Das Rillen mit Rotationsstanzen ist bei der Verarbeitung von Wellpappe weitverbreitet. Hier- bei werden Stanz- und Rillmesser in Halbschalen aus Holz eingesetzt und auf Trägerzylin- dern angebracht. Mit den Stanz-Rill-Werkzeugen werden in einem Arbeitsgang Faltschach- teln oder Faltkisten hergestellt. Es gibt zwei unterschiedliche Systeme: Beim Stanz-Rillen gegen Stahl wird eine Gegenzurichtung auf dem Gegenstanzzylinder aufgebracht, es wird nach dem Prinzip des Hohlrillens gearbeitet. Beim Stanz-Rillen gegen Polyurethan wird nach dem Prinzip des Vollrillens gearbeitet, da keine Gegenzurichtung auf dem elastischen Ge- genstanzzylinder aufgebracht werden muss.
In der Fertigung von Faltschachteln aus Karton wird das rotative Rillen derzeit vor allem bei höheren Auflagen eingesetzt. Die Vorteile gegenüber dem Flachbettrillen sind:
niedrigere Stanz- und Rillkräfte durch Linienberührung,
damit geringere Investitionskosten für die Rillmaschinen,
kürzere Rüst- und Einstellzeiten und
minimaler Makulaturabfall, damit
höhere Produktivität.
Wesentlicher Nachteil sind die hohen Werkzeugkosten, die den Einsatz dieser Technik bis- her nur bei sehr hohen Auflagen wirtschaftlich werden lässt. Mit Entwicklung von flexiblen Stanz/Rill-Blechen auf Magnet-Stanzzylindern könnten die hohen Werkzeugkosten jedoch drastisch gesenkt werden. Betragen die Werkzeugkosten für ein herkömmliches Rillwerk
zeugpaar etwa 5.000 € so ist der Kostenaufwand für ein Paar Rillbleche mit weniger als 500
€ anzusetzen. Ein weiterer Vorteil der Bleche ist die einfache und schnelle Fixierung auf Permanent-Magnetzylindern, wodurch die Rüstzeiten minimiert werden können.
Abb. 8 zeigt die prinzipielle Werkzeuganordnung zum rotativen Stanzen von Karton mittels flexibler Magnetbleche.
Abb. 6: Ansicht eines rotativen Rillwerkzeugs, bestehend aus zwei Magnetzylindern mit aufgespannten flexiblen Magnetblechen
Den wesentlichen Unterschied zum Flachbettrillen stellt die abrollende Wirkgeometrie beim rotativen Rillen dar. Der rotative Rillvorgang an einer Querrillung ist in Abb. 7 für ein typi- sches Beispiel (Rillzylinderumfang 800 mm, Breite der Rilllinie 0,6 mm, Kartondicke 300 µm) größenverhältnisrichtig dargestellt.
Demnach lassen sich die Vorgänge in 3 Phasen einteilen:
1 Aufsetzen der Rilllinie auf die Kartonoberfläche 2 Beginn der Materialverformung
3 Vollständiger Eingriff der Rilllinie in die Rillnut Magnetzylinder mit
aufgespanntem Rillwerkzeug
Walzenspalt
Magnetzylinder mit aufgespanntem Gegenwerkzeug
Stanz-/Rillzylinder
Gegenzylinder
Rillkanal Karton Rill-Linie
3 2 1
Abb. 7: Vorgänge beim rotativen Rillen (Querrillung)
Es ist zu sehen, dass zwischen Phase 1 und Phase 3 eine unsymmetrische Verformung des Kartons stattfindet: Der Karton wird auf der linken Seite der im Eingriff befindlichen Rilllinie stark komprimiert, während an der rechten Seite Zugspannungen auftreten. Nach vollständi- ger Verformung (Phase 3) wird der Karton an der Rilllinie wieder entlastet, abgesehen von elastischen Rückverformungen treten beim Auslauf aus der Rilllinie nach Phase 3 keine nennenswerten Spannungen mehr auf.
Bei der Herstellung von Längsrillungen stimmen dagegen die Spannungsverteilungen weit- gehend mit denen einer Flachbettrillung überein, d.h. die Rilllinie taucht symmetrisch in den Karton ein.
Die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Rotationsrillen und dem Flachbettrillen beste- hen also in der Werkzeuggeometrie und in den Spannungsverteilungen bei Querrillungen.
Diese Unterschiede machen es nur bedingt möglich, bei der Auslegung von rotativen Rill- werkzeugen auf die Erfahrungen des Flachbettrillens zurückzugreifen. Obwohl die rotative Rilltechnik mit massiven Zylindern - insbesondere in den USA - schon seit einiger Zeit etab- liert ist, liegen bis heute keine systematischen Untersuchungen zum Einfluss der Rillgeo- metrie (Form des Rillwerkzeugs, Verhältnis der Breite des Rillwerkzeugs, des Rillkanals und der Eintauchtiefe zur Kartondicke) auf das Rillergebnis vor, insbesondere fehlen Erfahrungen bei der Verwendung flexibler Rillbleche.
Der besondere Vorteil des rotativen Rillverfahrens liegt darin, dass dieser praktisch keine Einrichtzeiten für die Werkzeuge wie beim Flachbettrillen benötigt. Die Magnetbleche können getrennt vom Fertigungsprozess auf einem zweiten Satz von Magnetzylindern aufgebracht werden und diese dann bei einem Auftragswechsel sehr schnell in die Stanzeinheit montiert werden. Der Vorgang des Werkzeugwechsel beim rotativen Rillen erfordert einige Minuten, während beim Flachbettrillen für den Werkzeugwechsel inklusive der Zeit für das Werkzeug- einrichten 20 bis 30 Minuten vergehen.
4.3 Anforderungen an Rillungen von Faltschachteln
Im wesentlichen werden 2 Anforderungen an Rillungen von Faltschachteln gestellt. Zum ei- nen darf die Rillung äußerlich keine Beschädigungen wie Risse der Decklagen oder Rückla- gen des Kartons aufweisen. Insbesondere bei Faltschachteln, die um die Faltlinien bedruckt sind, kann eine solche Beschädigung einen beträchtlichen Qualitätsverlust darstellen, was von den Kunden der Faltschachtelhersteller in der Regel als gravierender Produktmangel re- klamiert wird. Zum zweiten muss die durchgeführte Rillung eine hinreichend hohe Biegemo- mentreduzierung an der Faltlinie gewährleisten, damit in den nachfolgenden Verarbeitungs- prozessen des Faltschachtelklebens (bei dem Faltschachtelhersteller) und des Abpackvor
gangs (bei dem Kunden des Faltschachtelherstellers) keine Störungen auftreten. Optimal ist eine Rillung, wenn das Biegemoment möglichst stark reduziert wird, ohne dass es dabei zur sichtbaren Beschädigung der Außenlagen des Kartons kommt.
Diese Anforderungen an Rillungen werden im industriellen Prozess standardmäßig geprüft, die Prüfvorschriften dafür sind in den Normen DIN 55 437, Teil 2 und 3 [5] festgelegt. Diese Normen wurden auch zur Bewertung der Qualität der durchgeführten Rillungen im Rahmen dieses Forschungsprojektes herangezogen und sind in den nachfolgenden Kapiteln näher beschrieben.
5 Experimenteller Teil 5.1 Zielsetzung
Das Projekt, über das im Folgenden berichtet wird, hatte zum Ziel, den Einfluss der Geomet- rie und der Rillparameter von rotativen Rillwerkzeugen auf das Rillergebnis zu untersuchen und somit die Grundlagen für ein verbessertes Verarbeitungsverhalten von Faltschachteln in den weiteren Verarbeitungsschritten sowohl beim Faltschachtelhersteller als auch im abpa- ckenden Unternehmen bereitzustellen. Die Untersuchungen beschränkten sich auf Rillwerk- zeuge aus flexiblen Blechen, die auf Magnetzylinder aufgespannt werden.
Die Ergebnisse sollten weiterhin helfen, kostengünstig Rillungen bei sehr kleinen oder sogar extrem kleinen Auflagengrößen zu ermöglichen.
Zielgröße ist somit das Rillergebnis. Es wird durch Standardverfahren beurteilt, auf die unten näher eingegangen wird.
5.2 Auswahl der zu untersuchenden Kartonsorten
In Abstimmung mit Vertretern der Faltschachtel herstellenden Industrie wurden zwei Karton- sorten ausgewählt, und zwar ein Karton der Qualität GC1 sowie ein Karton der Sorte GC2.
Nachfolgend die wesentlichen technischen Kennwerte der Materialien:
Karton FG Dicke Sorte SMD SCD
(g/m²) (µm) (mNm) (Nmm)
1 240 360 GC1 20,5 11,1
2 205 330 GC2 14,6 7,9
mit
FG: flächenbezogene Masse in g/m²
SMD: Biegesteifigkeit in Maschinenrichtung nach DIN 53 123, Teil 1 SCD: Biegesteifigkeit quer zur Maschinenrichtung nach DIN 53 123, Teil 1
F
Karton SM
s1 s3 v
Mα
s2 MZ
GSZ
SW
SM Schmitzringe
s1 Wegmessung Zeilenkamera s2 Spaltbreite, Spaltmaß s3 Zylinderabstand Mα Drehmoment v Bahngeschwindigkeit F Zustellkräfte, dynamische Kräfte
MZ Magnetzylinder GSZ Gegenstanzzylinder SW Stützwalze
Abb. 8: Schematische Anordnung der Rotationsstanze
Für die Arbeiten im Rahmen des Projektes wurden spezielle Magnetzylinder angefertigt, die wegen der erforderlichen höheren Passergenauigkeit gegenüber konventionellen Magnetzy- lindern für das Stanzen von Etiketten eine zusätzliche Seitenführung besitzen. Die Fertigung der Magnetzylinder erfolgte bei einem renommierten Werkzeughersteller (Fa. Spilker GmbH, Leopoldshöhe), der bezüglich rotativer Rillwerkzeuge langjährige Erfahrungen besitzt.
5.3 Anfertigung von Magnetblechen
In Abb. 9 ist ein Standardmagnetblechpaar dargestellt, das für die eingesetzten Kartonsorten mit Dicken von 330 µm bis 360 µm konzipiert wurde.
Abb. 9: Standardwerkzeuge, Eintauchtiefe 0 mm, ohne Fasen (Geometrie 1)
Oben ist im Querschnitt das Magnetblech mit der Rilllinie dargestellt, unten das Magnetblech mit dem entsprechenden Rillkanal, in den der Karton während des Rillvorgangs verdrängt wird. Die Eintauchtiefe ist in diesem Fall 0 mm, d.h. die Unterkante der Rilllinie fluchtet exakt mit der oberen Fläche der Rillnut. Die Breite der Rillinie beträgt 0,7 mm, die lichte Weite an den Flanken beträgt 0,3 mm. Die Flankenwinkel mit 60° ergeben sich aus dem Herstellpro- zess der Magnetbleche
Aus an der Forschungsstelle durchgeführten Forschungsarbeiten zum Flachbettrillen von Karton ist bekannt, dass es sich für nachfolgende Verarbeitungsprozesse positiv auswirkt, wenn das Biegemoment an der Faltlinie möglichst stark reduziert wird, was wiederum durch größere Eintauchtiefen realisiert werden kann. Allerdings besteht dabei gleichzeitig die er- höhte Gefahr von Rissen in den Decklagen des Kartons.
Ziel des Forschungsprojektes war es nun, die Grenzen zu finden, bei denen eine möglichst hohe Biegemomentreduzierung ohne Kartonschädigung erreicht wird. Zu diesem Zweck wurde bei den weiteren angefertigten Magnetblechpaaren die Eintauchtiefe vom Standard- wert 0 mm auf 0,1 mm bzw. 0,2 erhöht.
Eine kritische Stelle bei einer Erhöhung der Eintauchtiefen ist der Übergang von der Flanke zur Unterseite der Rilllinie. Hier treten besonders hohe Zugkräfte auf, die schließlich zu Ris- sen der Kartonoberseite führen können. Um solche Effekte zu vermeiden, wurden bei den Rilltiefen von 0,1 mm und 0,2 mm an den kritischen Übergängen eine Fase angebracht. Die- se Fase wurde auch in 2 Ausprägungen variiert, und zwar in der Breite 0,1 mm und 0,2 mm.
Insgesamt ergaben sich aus der Variation von Eintauchtiefe und Fasenbreite 4 zusätzliche Werkzeuge, die dann schließlich auch im Rahmen der Untersuchungen zum Einsatz kamen.
Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die Geometrien dieser Magnetblechpaare.
Abb. 10: Werkzeuge mit Eintauchtiefe 0,1 mm, Fasenbreite 0,1 mm (Geometrie 2)
Abb. 11 Werkzeuge mit Eintauchtiefe 0,1 mm, Fasenbreite 0,2 mm (Geometrie 3)
Abb. 12: Werkzeuge mit Eintauchtiefe 0,2 mm, Fasenbreite 0,1 mm (Geometrie 4)
Abb. 13: Werkzeuge mit Eintauchtiefe 0,2 mm, Fasenbreite 0,2 mm (Geometrie 5)
Für die Bestimmung der optischen und technischen Qualität der mit Hilfe oben dargestellter Werkzeuge durchgeführten Rillungen war es ausreichend, einen Nutzen auszulegen, der je- weils 2 Rillungen quer zur Maschinenrichtung des Kartons (CD = cross direction) und parallel zur Maschinenrichtung (MD = machine direction) aufweist. Zusätzlich wurde eine Rilllinie pa- rallel zur Maschinenrichtung aufgenommen, die die Belastungen berücksichtigen sollte, die während des Rillens nahe an einer Schnittkante auftreten (wie z.B. an der Klebelasche einer Faltschachtel). Die Nutzenzeichnung mit den entsprechenden Maßen ist der Abb. 14 zu ent- nehmen (Rilllinien dargestellt mit unterbrochenen Linien, die Schnittlinien mit durchgezoge- nen Linien).
30 38
38 10
10°
5.4 Durchführung von Stanzversuchen
Mit Hilfe von Positionierschrauben wurden die Magnetzylinder außerhalb der Rotationsstan- ze mit den Magnetblechen bestückt. Anschließend wurden die ausgerüsteten Magnetzylinder in die Rotationsstanze montiert und die Anordnung durch Variation der Stanzkraft soweit zu- gerichtet, bis sämtliche Stanzlinien den Karton sauber durchtrennten. Sämtliche Versuche wurden bei einer Verarbeitungsgeschwindigkeit von 100 m/min durchgeführt.
5.5 Bewertung der Rillergebnisse
Die Rillergebnisse wurden nach der optischen und technischen Qualität gemäß DIN 55 437, Teil 2 und 3 [5] beurteilt.
Bei der optischen Bewertung wird die Rillung von Hand um 180° zur Kartonrückseite gefaltet und anschließend untersucht, ob es zu einer ordnungsgemäßen Ausbildung der Rillwulst kommt und ob Risse an der Kartonvorderseite oder der Kartonrückseite vorhanden sind.
In Abb. 15 sind neben einer einwandfreien Rillung typische Fehler von Rillungen dargestellt, die sich durch charakteristische Formfehler nach dem Falten zu erkennen geben.
Abb. 15: Optische Bewertung von Rillungen
Bei der technischen Bewertung von Rillungen wird in einem dafür konzipierten Prüfgerät die gerillte Probe eingespannt und mit einer definierten Winkelgeschwindigkeit wird eine Biegung um die Rilllinie herbeigeführt. Die prinzipielle Prüfanordnung ist in Abbildung 16 dargestellt.
Das Prüfgerät berechnet das Biegemoment aus der gemessenen Kraft F und dem Hebelarm l und zeichnet dieses als Funktion des Biegewinkels kontinuierlich auf. Als Bewertungskrite- rium wird das maximale Moment innerhalb eines Biegewinkels von 90° herangezogen.
einwandfreie Rillung Risse an der Oberseite der Rillung
gequetschte Rillwulst Risse in der Rillwulst
Abb. 16: Prüfanordnung zur Bestimmung des Faltmoments an Rillungen
6 Untersuchungsergebnisse
In Abb. 17 und Abb. 18 sind die optischen und technischen Bewertungen der Rillergebnisse für die beiden Kartonsorten GC1 und GC2 grafisch zusammengefasst. Darin sind die ge- messenen Faltmomente der Rillungen parallel zur Maschinenrichtung (MD) und quer zur Maschinenrichtung des Kartons (CD) für die unterschiedlichen Werkzeuggeometrien aufge- tragen. Die Balken mit den horizontalen Linien kennzeichnen dabei die Rillungen mit man- gelhafter optischer Qualität.
Es ist die Tendenz zu erkennen, dass mit größerer Eintauchtiefe und geringerer Fasenbreite die Faltmomente gegenüber der Standardgeometrie (Geo1) deutlich reduziert werden kön- nen. Allerdings weisen nicht alle Rillungen ein optisch einwandfreies Rillergebnis auf.
Setzt man voraus, dass die optische Qualität der Rillungen eine unbedingte Voraussetzung für die Rillgüte darstellt, so kann jedoch für beide Kartonsorten die Aussage getroffen wer- den, dass mit der Werkzeuggeometrie 3 (Eintauchtiefe 0,1 mm, Fasenbreite 0,2 mm) gegen- über der Standardgeometrie eine signifikante Verbesserung der Rillgüte hinsichtlich opti- scher und technischer Qualität erreicht werden kann. Im Einzelfall (je nach Kartonqualität und Lage der Rillung zur Kartonmaschinenrichtung) ist eine weitere Reduzierung des Falt- moments bei Erfüllung der optischen Qualität erreichbar.
0 2 4 6 8 10 12 14 16
V1 Geo1 V2 Geo3 V3 Geo2 V4 Geo5 V5 Geo4
Versuchsreihe
Faltmoment (mNm)
CD MD
Abb. 17: Faltmomente an Rillungen MD und CD für Karton GC1
0 2 4 6 8 10 12 14 16
V6 Geo1 V7 Geo3 V8 Geo2 V9 Geo5 V10 Geo4
Versuchsreihe
Faltmoment (mNm)
CD MD
Abb. 18: Faltmomente an Rillungen MD und CD für Karton GC2
Aus diesen Ergebnissen kann pauschal die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Werkzeuggeometrie 3 in allen Fällen eine Optimierung der Rillgeometrie darstellt und bei Verwendung derartig dimensionierter Werkzeuge die Maschinengängigkeit von Faltschach- teln in der weiteren Verarbeitung - sowohl in Klebemaschinen als auch in Abpackmaschinen - wesentlich verbessert wird. Eine weitere Verbesserung der Maschinengängigkeit ist durch
Erhöhung der Eintauchtiefe und die Reduzierung der Fasenbreite möglich, jedoch muss die optische Erscheinung der Rillungen für unterschiedliche Kartonsorten im Einzelfall überprüft werden.
Danksagung
Das Forschungsvorhaben PTS-BAY 2000/06 wurde mit finanziellen Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Technologie gefördert. Dafür sei an dieser Stelle gedankt.
Weitere Informationen unter r.wilken@ptspaper.de Autor:
Dr. R. Wilken PTS München Heßstr. 134 80797 München
Literaturverzeichnis
1 Wilken, R.
Flachbett- und Rotationsstanzen
Vortrag anläßlich der 37. DFTA-Fachtagung 1998, Bad Soden Papier- und Kunststoffverarbeiter - , 49 - 50 (1998), Nr. 5 2 N.N.
Alles von der Rolle
PackReport - , 47 (1996), Nr. 7-8 3 Tenzer, H.-J.
Leitfaden der Papierverarbeitungstechnik VEB Fachbuchverlag Leipzig 1989, 208 S.
4 Großmann, V.
Untersuchungen zum Verarbeitungsverhalten von Karton beim Rillen mit Bandstahl- schnittwerkzeugen
TU Dresden 1985, Dissertation 5 DIN 55 437
Prüfung von Pappe: Rillungen
2. Teil, 01.92: Ermittlung des Rillbarkeitsbereiches durch visuelle Bewertung der Rillun- gen
3. Teil, 01.92: Bestimmung der technischen Qualität