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S Wer setzt die Prioriäten?

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© 2014 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 1617-9439/14/1111-3 Physik Journal 13 (2014) Nr. 11 3 M E I N U N G

Meinung von Prof. Dr. Dominik Schwarz, Professor für theore- tische Physik an der Universität Bielefeld und Mitglied der SKA Science Working Group.

S

eit 1993 planen Wissenschaftler weltweit ein Radiointerfero- meter, das eine Vielzahl wichtiger Fragen der Astrophysik, Kosmolo- gie und der Physik allgemein sowie nach der Entstehung von Leben be- antworten soll. An diesem Square Kilometer Array (SKA), dem ersten globalen Großforschungsprojekt, das auf zwei Kontinenten (Afrika und Australien) errichtet werden soll, sind deutsche Wissenschaftler maßgeblich beteiligt. Derzeit erar- beitet die SKA-Organisation, der Deutschland im Dezember 2012 beigetreten ist, Entscheidungs- und Planungsgrundlagen für die Mitgliedsstaaten. Dazu zählen der Bau von Prototypen, das Erstellen eines genauen Kostenplans sowie ein Vorschlag zur Organisations- struktur.

Doch noch bevor diese Grund- lagen voraussichtlich 2015 vorlie- gen werden, hat das BMBF kürzlich die Mitgliedschaft bei der SKA- Organisation mit Wirkung zum Juni 2015 gekündigt. Das BMBF hat sich auch gegen eine Beteiligung am europäischen ELIXIR-Projekt der Bioinformatik entschieden. Auf der anderen Seite wurden Entschei- dungen für eine deutsche Beteili- gung an der European Spallation Source (ESS) und dem Cherenkov Telescope Array (CTA) getroffen.

Sind diese Entscheidungen trans- parent nachvollziehbar?

Natürlich kann kein Land bei allen Großforschungsprojekten in gleichem Umfang mitmachen.

Daher ist es richtig, Prioritäten zu setzen. Dabei sollten insbesondere das wissenschaftliche und tech- nische Potenzial der Projekte sowie deren technische Umsetzbarkeit und die Kosten betrachtet und gegeneinan der abgewogen werden.

Solche Prio risierungen durch das zuständige Bundesministerium hat es seit den 1970er-Jahren auf der Basis von wissenschaftlichen

Bewertungen durch Gutachter jeweils ein Mal pro Dekade gege- ben. Im Jahr 2002 hat erstmals der Wissenschaftsrat neun Projekte vergleichend begutachtet. Auch damals gab es „Verlierer“, so erntete die ESS deutliche Kritik.1) Ein Pilot- durchgang zur Entwicklung einer

„Nationalen Roadmap“ für For- schungsinfrastrukturen wurde im letzten Jahr abgeschlossen, wieder begleitet durch den Wissenschafts- rat.2) Dabei wurden auf Einladung des BMBF ausgewählte Projekte begutachtet, eines davon war CTA.

Den Ausstieg aus der SKA- Organisation und der Planungs- phase hat das BMBF mit großen finanziellen Belastungen durch andere Großforschungsprojekte be- gründet, namentlich den Schwer- ionenbeschleuniger FAIR und den Röntgenlaser XFEL. Darüber hinaus sei SKA nicht auf der „Nati- onalen Roadmap“ aufgeführt, habe also keine hohe Priorität für die deutsche Wissenschaft.

Vor allem die letzte Aussage erstaunt mich sehr. Das SKA ist seit Jahren eine der Top-Prioritäten auf der europäischen Liste der For- schungsinfrastrukturen (ESFRI), wurde aber im deutschen Road- map-Prozess nie wissenschaftlich evaluiert. Warum nicht? Das BMBF hat die im Pilotdurchgang zur „Na- tionalen Roadmap“ begutachteten Projekte eingeladen, sich für diesen Prozess zu bewerben. Eine offene Ausschreibung zur Beteiligung hat es nicht gegeben. Fragen, wie das SKA an diesem Prozess teilnehmen könnte, wurden ausweichend, hin- haltend oder gar nicht beantwortet.

Auf Nachfrage hat das BMBF erklärt: „Voraussetzung dafür, dass ein Vorhaben auf diese Roadmap jetzt oder künftig aufgenommen wird, ist eine Bereitschaft der betei- ligten Forschungsorganisationen, die anfallenden Betriebskosten zu übernehmen.“3) Offensichtlich soll

die Bereitschaft zur Übernahme von Betriebskosten vor der wissen- schaftlichen Überprüfung des Projekts stehen. Diese neue Politik wird alle Initiativen behindern, an denen primär deutsche Hochschu- len interessiert sind. Sie wird auch dazu führen, dass Nachfolgeein- richtungen existierender Großfor- schungsvorhaben einen Startvorteil haben.

Eine nicht wissenschaftlich basierte Priorisierung von Beteili- gungen an Großprojekten schränkt die Entfaltung und Konkurrenz- fähigkeit der deutschen Wissen- schaft massiv ein. Priorisierungen und Entscheidungen zur natio- nalen Beteiligung an europäischen und internationalen Großfor- schungsprojekten sind notwendig, sollten aber ausschließlich auf- grund wissenschaftlicher Evaluati- onen erfolgen. Die Zulassung zum Roadmap-Prozess an eine Über- nahmegarantie der Betriebskosten zu knüpfen, ist meiner Meinung nach falsch. Dies schließt vor allem die deutschen Universitäten von einer konstruktiven Mitwirkung aus – ihre Ausstattung gestattet es nicht, signifikante Beiträge zu den Betriebskosten europäischer und globaler Großforschung zu leisten.

Erfolgreiche Organisationen wie das CERN, die ESO oder die ESA wären unter dieser politischen Prämisse wohl ohne deutsche Beteiligung entstanden.

Wer setzt die Prioriäten?

Wie werden in Deutschland Entscheidungen über eine Beteiligung an internationalen Großforschungsprojekten getroffen?

Dominik Schwarz

1) In Antwort auf die da- mals geäußerte Kritik wurde eine Perspektive gefunden, die dieses Pro- jekt nun doch ermög- licht.

2) Physik Journal, Juni 2013, S. 6

3) Antwortbrief des BMBF vom 9. Juli 2014 an den Autor

U Bielefeld

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