Tutorium 27.03.2020
Heutiges Thema sind gewisse Typen von gew¨ ohnlichen Differentialglei- chungen. Generell ist zu sagen, dass es bei Differentialgleichungen von großer Bedeutung ist, den jeweiligen Typ zu erkennen, weil es dann oft entsprechende L¨ osungsmethoden gibt.
Ein derartiger Typ ist etwa eine Differentialgleichung mit getrennten Variablen. Diese hat die Form
y
0= f (x)g(y)
Wir erhalten konstante L¨ osungen y = y
0falls g(y
0) = 0 . Ansonsten betrachten wir die Umformung
dy
dx
= f (x)g(y) ⇒
g(y)dy= f (x)dx ⇒ R
dyg(y)
= R
f (x)dx
woraus wir eine implizite Darstellung der L¨ osungskurven erhalten.
Beispiel. y
0= xy
Die konstante Funktion y = 0 ist L¨ osung. F¨ ur y 6= 0 erhalten wir R
dyy
= R
xdx ⇒ ln |y| =
x22+ C ⇒ y = ±e
x22e
C⇒ y = Ke
x2 2
Die lineare Differentialgleichung 1. Ordnung hat die Form y
0+ f (x)y = g(x) (inhomogene Differentialgleichung)
Die zugeh¨ orige homogene Differentialgleichung y
0+ f (x)y = 0 hat die allgemeine L¨ osung
y
H= Ke
−Rf(x)dx, K ∈ R
Die allgemeine L¨ osung der inhomogenen Differentialgleichung setzt sich
zusammen aus der allgemeinen L¨ osung der homogenen Gleichung und einer
speziellen (oder partikul¨ aren) L¨ osung der inhomogenen Gleichung. Diese
kann mittels Variation der Konstanten oder per Ansatz gefunden werden.
1. Beispiel 18c) y
0−
x+24y = (x + 2)
5Dies ist eine inhomogene lineare Differentialgleichung 1. Ordnung mit f (x) = −
x+24und g(x) = (x + 2)
5.
y
H= Ke
R x+24 dx= Ke
4 ln(x+2)= Ke
ln(x+2)4= K (x + 2)
4Bei der Variation der Konstanten verwenden wir den Ansatz y
I= K(x)(x + 2)
4und setzen diesen in die inhomogene Gleichung ein.
K
0(x + 2)
4+ 4K(x + 2)
3−
x+24K(x + 2)
4= (x + 2)
5Es verbleibt K
0(x + 2)
4= (x + 2)
5bzw. K
0= x + 2 ⇒ K =
x22+ 2x
Damit ist y
I= (
x22+ 2x)(x + 2)
4und die allgemeine L¨ osung der inhomogenen Gleichung lautet
y = K (x + 2)
4+ (
x22+ 2x)(x + 2)
4, K ∈ R
2. Bemerkung.
Bei linearen Differentialgleichungen h¨ oherer Ordnung mit konstan- ten Koeffizienten wird wiederum zuerst die allgemeine L¨ osung der zugeh¨ origen homogenen Differentialgleichung bestimmt (mittels des Exponentialansatzes y = e
λx).
Danach bestimmt man eine spezielle L¨ osung der inhomogenen Glei- chung mittels Erraten, Ansatz oder Variation der Konstanten.
Details siehe Vorlesung.
3. Beispiel 19b)
2y
00+ 2y
0+ 3y = 0 bzw. y
00+ y
0+
32y = 0
Dies ist eine homogene lineare Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten.
Der Exponentialansatz y = e
λxliefert die charakteristische Glei- chung λ
2+ λ +
32= 0 .
Die Nullstellen sind λ
1,2= −
12± i
√5 2
.
Gem¨ ass der Diskussion in der Vorlesung bilden dann die Funktionen e
−x2cos
√5
2
x und e
−x2sin
√5
2
x ein sogenanntes Fundamentalsystem.
Die allgemeine L¨ osung ist daher y = C
1e
−x2cos
√5
2
x + C
2e
−x2sin
√5
2
x , C
1, C
2∈ R
4. Beispiel 19h)
y
00− 3y
0+ 2y = 14 sin 2x − 18 cos 2x
Wir bestimmen zuerst die allgemeine L¨ osung der homogenen Glei- chung. Die charakteristische Gleichung ist
λ
2− 3λ + 2 = 0 ⇒ λ
1,2=
32±
12⇒ λ
1= 2 , λ
2= 1
Die Funktionen y
1= e
2xund y
2= e
xbilden ein Fundamentalsystem, folglich ist
y
H= C
1e
2x+ C
2e
xdie allgemeine L¨ osung der homogenen Gleichung.
Um eine spezielle L¨ osung der inhomogenen Gleichung zu bestimmen, treffen wir den Ansatz
y
I= A sin 2x + B cos 2x
und setzen diesen in die inhomogene Gleichung ein.
y
I0= 2A cos 2x − 2B sin 2x , y
00I= −4A sin 2x − 4B cos 2x
−4A sin 2x−4B cos 2x−3(2A cos 2x−2B sin 2x)+2(A sin 2x+B cos 2x) = 14 sin 2x − 18 cos 2x
(−2A + 6B) sin 2x + (−6A − 2B) cos 2x = 14 sin 2x − 18 cos 2x Koeffizientenvergleich liefert −2A + 6B = 14 , −6A − 2B = −18 Damit ist A = 2 , B = 3 und y
I= 2 sin 2x + 3 cos 2x
Die allgemeine L¨ osung ist y = C
1e
2x+ C
2e
x+ 2 sin 2x + 3 cos 2x .
5. Bemerkung.)
F¨ ur die Differentialgleichung y
00− 2y
0+ y = 0 erhalten wir die charak- teristische Gleichung λ
2− 2λ + 1 = 0 und folglich λ
1,2= 1 .
Wenn eine Nullstelle mehrfach auftritt, sprechen wir von innerer Resonanz . In obigem Fall erhalten wir f¨ ur die doppelte Nullstelle +1 die zugeh¨ origen Funktionen e
x, xe
xals Fundamentalsystem.
Die allgemeine L¨ osung ist also y = C
1e
x+ C
2xe
x.
Betrachten wir nun die Gleichung y
00− 3y
0+ 2y = e
x+ sin x . Von vorher wissen wir, dass die allgemeine L¨ osung der homogenen Gle- ichung durch y
H= C
1e
2x+ C
2e
xgegeben ist.
Der Summand e
xder rechten Seite ist allerdings eine L¨ osung der homogenen Gleichung. Dieses Ph¨ anomen heißt ¨ außere Resonanz.
In diesem Fall muss der ¨ ubliche Ansatz f¨ ur den Summanden e
x, der Ae
xw¨ are, modifiziert werden zu Axe
x!
F¨ ur den zweiten Summanden sin x liegt keine ¨ außere Resonanz vor, deshalb ist der korrekte Ansatz zur Bestimmung einer speziellen L¨ osung
y
I= Axe
x+ B cos x + C sin x .
In diesem Fall muss der ¨ ubliche Ansatz mit x
2multipliziert werden, also
y
I= Ax
2e
x+ B cos x + C sin x .
6. Beispiel 19n)
y
00+ y =
cos1x. Die rechte Seite ist g(x) =
cos1xDie charakteristische Gleichung ist λ
2+ 1 = 0 ⇒ λ = ±i .
Die Funktionen y
1(x) = cos x und y
2(x) = sin x bilden ein Funda- mentalsystem, folglich y
H= C
1cos x + C
2sin x .
F¨ ur die rechte Seite steht kein ”¨ ublicher” Ansatz zur Verf¨ ugung, de- shalb bestimmen wir eine spezielle L¨ osung mittels Variation der Kon- stanten.
Dabei ist y
I= C
1(x)y
1(x) + C
2(x)y
2(x) , wobei C
1(x) = − R
y2·g∆
dx , C
2(x) = + R
y1·g∆
dx , ∆ =
y
1y
2y
01y
20∆ =
y
1y
2y
01y
20=
cos x sin x
− sin x cos x
= 1 C
1(x) = − R
sinxcosx
dx = − R
tan xdx = ln | cos x|
C
2(x) = R
cosxcosx