Elementarmathematik vom höheren Standpunkt
Dr. Regula Krapf
Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz
Sommersemester 2019
Bestandteile der Veranstaltung
Elementarmathematik vom höheren Standpunkt Vorlesung: FR 14:15-15:45
Übungen: DO/FR verschiedene Termine, getrennt nach Schultyp Tutorium: MO/DI verschiedene Termine, getrennt nach Schultyp Übungsblätter: jeweils 1 pro Woche
Falls noch nicht geschehen: Melden Sie sich umgehend für die Übungen/Tutorien an!
Die Tutorien beginnen in der zweiten Woche (15./16. April) und fallen in der dritten Woche wegen Ostern aus!
Die Übungen beginnen wegen Ostern in der dritten Woche (26./27.
April).
Die Vorlesung
Die Vorlesung findet freitags um 14:15 im Raum E011 statt.
Es wird ein Skript zur Verfügung gestellt, jeweils spätestens zwei Tage vor der Vorlesung in aktualisierter Form.
Bitte bringen Sie das Skript in die Vorlesung mit!
Übungsblätter
Jede Woche soll ein Übungsblatt bearbeitet werden und zur Korrektur abgegeben werden.
Übungsblätter werden spätestens FR um 18:00 online gestellt.
Abgabe: bis MO um 18:00 in den Fächern der jeweiligen
Übungsgruppe im Erdgeschoß des G-Gebäudes (Abgabe Blatt 1: 29.
April).
Abgabe erfolgt alleine oder in Kleingruppen vonbis zu 3 Personen Übungsblätter sollen mit Name, Gruppennummer und Name des Übungsleiters/der Übungssleiterin beschriftet sein
Es müssen 50% der möglichen Punkteerreicht werden.
Die Übungsstunde
In der Übungsstunde ...
erhalten Sie das korrigierte Übungsblatt der Vorwoche mit Feedback zurück.
wird das Übungsblatt der Vorwoche nachbesprochen.
können Sie das aktuelle Übungsblattin Kleingruppen unter Betreuung des Übungsleiters/der Übungsleiterin bearbeiten.
Bringen Sie dazu das aktuelle Übungsblatt und das aktuelle Methodenblatt mit!
Termine: siehe KLIPS
Das Tutorium
Im Tutorium ...
werdenPräsenzaufgabenzur Nachbearbeitung des Vorlesungsstoffs gelöst.
wird ein Aufgaben zu den Methodender Hochschulmathematik und dem mathematischen Arbeiten in Gruppenarbeit bearbeitet.
haben Sie Zeit Fragenzu den Übungen und den Vorlesungsinhalten zu stellen.
Bringen Sie dazu das aktuelle Übungsblatt und das aktuelle Methodenblatt mit!
Termine: siehe KLIPS
Das Tutorium
Das Tutorium ist eine freiwillige Veranstaltung, die Ihnen den Übergang von der Schule zur Hochschule erleichtert mit den Zielen:
Präsenzaufgaben: Nachbereitung der Vorlesung und Vorbereitung der Übung
Methodenblatt:
Auffrischung von Schulstoff
Methoden der Hochschulmathematik: Beweismethoden
Struktur der Hochschulmathematik: Definitionen, Sätze, Beweise Mathematisches Schreiben
Fehlervermeidung (⇒ hilfreich für die Klausur!)
Allgemeine Tipps zum Mathematikstudium
Nehmen Sie regelmäßig an den Lehrveranstaltungen teil!
Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit zur Bearbeitung von
Übungsaufgaben und zur Nachbearbeitung von Vorlesung/Übung!
Geben Sie die Übungsblätter zur Korrektur ab (auch bei Fächern ohne Abgabepflicht!)
Arbeiten Sie in Gruppen!
Stellen Sie Fragen in den Übungsstunden (auch in/nach der Vorlesung)!
Und ganz wichtig: Keine Panik, wenn man etwas nicht sofort versteht!
Klausurvorbereitung
Klausur: FR, 2. August 10-12.
Die beste Klausurvorbereitung ist eine regelmäßige Bearbeitung der Übungsaufgaben und eine aktive Beteiligung im Übungsbetrieb!
Zitat eines Erstemestrigen an der Uni Bonn auf die Frage “Was fasziniert sich an Mathematik besonders?”
[...] es sind pure Glücksgefühle, die Aufgaben zu schaffen!
Klausurvorbereitung
Wie man die Klausur NICHT besteht...
durch häufige Abwesenheit bei den Lehrveranstaltungen durch Bulimie-Lernen kurz vor der Klausur
durch Abschreiben der Übungsaufgaben
durch passives Abschreiben in den Lehrveranstaltungen
Materialien
Alle Materialien befinden sich auf Open Olat:
https://olat.vcrp.de/dmz/→ Katalog → Uni KO
→ FB3 Mathematik/Naturwissenschaften→ Mathematik Bachelor
→ Elementarmathematik vom höheren Standpunkt SoSe19 Zugangscode: ElMaSoSe19
Online-Aufgaben: jeweils ab FR 18:00 online, Lösungen ca. 10 Tage später. Erreichen der Hälfte der Punkte des Online-Tests gibt 2 Bonuspunkte! Dazu müssen die Tests wie die Übungsblätter bis MO 18:00 bearbeitet werden.
Materialien
Eintragen in der entsprechenden Übungsgruppe auf Open Olat:
https://olat.vcrp.de/dmz/→ Gruppen → Erweiterte Suche
→ Betreuer: rkrapf→ richtige Gruppe auswählen und beitreten Beispiele:
Elementarmathematik SoSe19 Übungsgruppe 1 GS Elementarmathematik SoSe19 Übungsgruppe 3 GY/RS+/BBS/MM/2FB
Wichtig: Ohne Anmeldung in der entsprechenden Gruppe werden die Bonuspunkte des Online-Tests nicht angerechnet!
Einleitung
Was ist Mathematik?
eine Hilfswissenschaft bzw. ein Werkzeug für die Natur- und Ingenieurwissenschaften?
Rechnen und Algorithmen?
eine Form der Kunst?
die Wissenschaft von Zahlen und Formen?
die Wissenschaft von Beweisen?
eine Sprache?
Einleitung
Inhalte der Vorlesung
Logik: Aussagen- und Prädikatenlogik, Beweismethoden Mengen: Mengenoperationen, Abzählprinzipien
Natürliche Zahlen: Rekursion, das Pascalsche Dreieck, vollständigke Induktion
Relationen: Äquivalenzrelationen, Ordnungsrelationen, Teilbarkeit, Konstruktion der rationalen Zahlen
Funktionen: Funktionseigenschaften, Komposition von Funktionen, Umkehrfunktionen, Abzählbarkeit
Logik und Beweismethoden
1. Logik und Beweismethoden
Logik und Beweismethoden
1.1. Aussagenlogik
“Die Mathematiker sind eine Art Franzosen: redet man zu ihnen, so übersetzen sie es in ihre Sprache, und dann ist es alsbald ganz etwas anders.”
(Johann Wolfgang von Goethe)
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Einleitung: Logikrätsel
Anne, Benjamin und Carina machen folgende Aussagen:
Anne sagt: “Benjamin und Carina lügen!”
Benjamin sagt: “Carina lügt!”
Carina sagt: “Anne lügt oder Benjamin lügt!”
Wer sagt die Wahrheit?
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Aussagen
Definition
Eine Aussage ist ein Satz, von denen man sinnvoll und vor allem eindeutig sagen kann, ob er wahr oder falsch ist.
Welche der folgenden Sätze sind Aussagen? Sind sie wahr oder falsch?
1 Draußen scheint die Sonne.
2
√3 lässt sich als Bruch darstellen.
3 Was soll das?
4 In 200 Jahren existieren keine Menschen mehr.
5 a2+b2=c2.
6 Wenn der Mond ein gelber Käse ist, so ist die Erde eine Scheibe.
7 Dieser Satz ist falsch.
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Das Pinocchio-Paradoxon
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Kombinationen von Aussagen (1)
Seien A,B Aussagen.
Definition
DieNegation¬A(“nichtA”) ist genau dann wahr, wennAfalsch ist.
DieKonjunktion A∧B (“A undB”) ist genau dann wahr, wenn A wahr ist undB wahr ist.
DieDisjunktion A∨B (“A oderB”) ist genau dann wahr, wennA wahr ist oderB wahr ist oder beide.
A∨B ist das sogenannteinklusive Oder, im Gegensatz zumexklusiven Oder (A∨B)∧ ¬(A∧B).
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Wahrheitstafeln
Aussagen können durch sogenannteWahrheitstafeln dargestellt werden:
A B ¬A A∧B A∨B
w w f w w
w f f f w
f w w f w
f f w f f
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Rechenregeln (1)
Wie lautet die Negation folgender Aussagen?
A ¬A
Mathe ist einfachundspannend. Mathe ist schwierigoderlangweilig.
Mathe ist nicht einfachodernicht spannend.
Mathe ist einfachoderspannend. Mathe ist schwierigundlangweilig.
Mathe ist nicht einfachundnicht spannend.
Fazit: Die Negation vertauscht ∧ und ∨.
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Rechenregeln (2)
Definition
Zwei AussagenA undB sindlogisch äquivalent, falls sie dieselbe Wahrheitstafel haben. In diesem Fall schreiben wirA≡B.
Beispiel Es gilt:
1 ¬(A∧B)≡ ¬A∨ ¬B
2 ¬(A∨B)≡ ¬A∧ ¬B.
Wie beweist man das?
Für (1) zeigt man, dass die Wahrheitstafeln von ¬(A∧B) und ¬A∨ ¬B die gleichen Einträge haben.
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Kombination von Aussagen (2)
Seien A,B Aussagen.
Definition
DieImplikation A⇒B (“AimpliziertB” bzw. “wenn Agilt, so auch B”) ist genau dann wahr, wenn, fallsA wahr ist, auchB wahr ist.
Anennt man die Prämisseund B dieKonklusion der Implikation A⇒B.
DieÄquivalenz A⇔B (“Aist äquivalent zu B” bzw. “A gilt genau dann, wenn B gilt”) ist genau dann wahr, wennA⇒B und B⇒A wahr sind.
Bei A⇒B haben wir 2 Fälle:
1 Aist wahr: Dann ist A⇒B genau dann wahr, wennB wahr ist.
2 Aist falsch: Dann ist A⇒B immer wahr.
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Die Implikation
Wir betrachten die Aussage
Wennp eine Primzahl>2 ist, so istp ungerade,
für p ∈N. Die Aussage scheint offensichtlich wahr zu sein. Das bedeutet aber, dass sie für jedes p ∈Nwahr ist.
Also müssen die Aussagen
1 Wenn 1 eine Primzahl>2 ist, so ist 1 ungerade.
2 Wenn 2 eine Primzahl>2 ist, so ist 2 ungerade.
3 Wenn 3 eine Primzahl>2 ist, so ist 3 ungerade.
4 Wenn 4 eine Primzahl>2 ist, so ist 4 ungerade.
...
wahr sein.
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Implikation und Äquivalenz
Die Implikation und die Äquivalenz haben folgende Wahrheitstafeln:
A B A⇒B B ⇒A A⇔B
w w w w w
w f f w f
f w w f f
f f w w w
Die Äquivalenz kann auch als Abkürzung für (A⇒B)∧(B⇒A) aufgefasst werden.
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Rangfolge
Bezüglich der Rangfolge der Junktoren gelten folgendeVorrangregeln (die Bindungsstärke nimmt von oben nach unten ab):
1 die Negation ¬
2 die Konjunktion ∧und die Disjunktion∨
3 die Implikation ⇒und die Äquivalenz ⇔.
Beispiel
Zeigen Sie durch Klammersetzung, wie die folgende Aussage interpretiert wird:
A∨ ¬B ⇒ ¬C∧A
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Rechenregeln Implikation (1)
Wir betrachten die Aussagen A: Es schneit.
B: Es ist kalt.
Welche der folgenden Aussagen sind (logisch) äquivalent?
1 Wenn es schneit, so ist es kalt.
2 Entweder es schneit nicht oder es ist kalt.
3 Wenn es kalt ist, so schneit es.
4 Wenn es nicht kalt ist, so schneit es nicht.
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Rechenregeln Implikation (2)
Satz
Für Aussagen A und B gilt A⇒B≡ ¬A∨B≡ ¬B ⇒ ¬A.
Manchmal definiert man A⇒B auch als Abkürzung von ¬A∨B.
Beweis.
Wir vergleichen die Wahrheitstafeln von A⇒B,¬A∨B und ¬B⇒ ¬A:
A B A⇒B ¬A ¬A∨B ¬B ¬B⇒ ¬A
w w w f w f w
w f f f f w f
f w w w w f w
f f w w w w w
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Weitere Rechenregeln
Es gibt viele weitere Rechenregeln:
Seien A,B und C Aussagen. Dann gilt:
¬(¬A)≡A doppelte Negation
A∨ ¬A ist wahr Tertium non datur
A∧ ¬A ist falsch
A∧A≡A Idempotenz von∧
A∨A≡A Idempotenz von∨
A∧(B∧C)≡(A∧B)∧C Assoziativität von∧ A∨(B∨C)≡(A∨B)∨C Assoziativität von∨ A∧B ≡B∧A Kommutativität von∧ A∨B ≡B∨A Kommutativität von∨ A∧(B∨C)≡(A∧B)∨(A∧C) Distributivität von∧ bzgl. ∨ A∨(B∧C)≡(A∨B)∧(A∨C) Distributivität von∨ bzgl. ∧
¬(A∧B)≡ ¬A∨ ¬B Regel von de Morgan für∧
¬(A∨B)≡ ¬A∧ ¬B Regel von de Morgan für∨ A⇒B≡ ¬B ⇒ ¬A≡ ¬A∨B
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Tautologien und Kontradiktionen
Definition
Eine Aussage, die allgemeingültig ist, d.h. unabhängig vom Wahrheitswert der aussagenlogischen Variablen immer wahr ist, nennt man Tautologie.
Eine Aussage, die für jede Belegung der aussagenlogischen Variablen falsch ist, wird als Kontradiktionbezeichnet.
Bei einer Tautologie sind alle Einträge in der Wahrheitstafel “wahr”, bei einer Kontradiktion “falsch”.
Beispiel
Welche der folgenden Aussagen sind Tautologien/Kontradiktionen?
1 A∨ ¬A
2 A∧ ¬A
3 (A⇒B)⇒B
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Die Implikation
Oft werden Implikationen im Alltag falsch angewendet:
Donald Trump, 2015
Free trade is terrible. Free trade can be wonderful if you have smart people. But we have stupid people.
Die Implikation ist
You have smart people ⇒ free trade can be wonderful.
Daraus folgt aber nicht
You have stupid people ⇒ free trade is terrible.
In anderen Worten: Aus A⇒B folgt nicht¬A⇒ ¬B!
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Notwendig und hinreichend
Definition
Seien Aund B Aussagen. Dann heißtA hinreichendfür B, falls A⇒B wahr ist. In diesem Fall heißt B notwendigfür A.
Beispiel
Welche Beziehung besteht zwischen den folgenden Aussagen?
A: Es schneit.
B: Es ist kalt.
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Zurück zum Logikrätsel
Anne, Benjamin und Carina machen folgende Aussagen:
Anne sagt: “Benjamin und Carina lügen!”
Benjamin sagt: “Carina lügt!”
Carina sagt: “Anne lügt oder Benjamin lügt!”
Wir übersetzen das Rätsel in aussagenlogische Formeln:
A⇔ ¬B∧ ¬C B⇔ ¬C C ⇔ ¬A∨ ¬B.
Logik und Beweismethoden Aussagenlogik
Des Rätsels Lösung
Wir betrachten die Wahrheitstafel:
A B C A⇔ ¬B∧ ¬C B ⇔ ¬C C ⇔ ¬A∨ ¬B
w w w f f f
w w f f w w
w f w f w w
w f f w f f
f w w w f w
f w f w w f
f f w w w w
f f f f f f
⇒ Anne und Benjamin lügen und Carina sagt die Wahrheit.
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
1.2. Direkte und indirekte Beweise
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Was ist ein Beweis?
Beispielen Zeichnungen
Begründungen/Erklärungen geometrische Konstruktionen
Herleitungen, bspw. durch Termumformungen vollständige Induktion
...
Definition
Ein Beweis ist eine vollständige Herleitung eines Satzes, bei der nur Axiome und bereits bekannte Sätze verwendet werden.
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Was ist ein Beweis?
Blaise Pascal
Alles muß bewiesen werden, und beim Beweisen darf man nichts außer Axiomen und früher bewiesenen Sätzen benutzen.
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Wieso Beweise?
Richard Dedekind
Was beweisbar ist, soll in der Wissenschaft nicht ohne Beweis geglaubt werden.
Beweise in der Mathematik und im Unterricht haben viele Funktionen:
Erkenntnissicherung
Begründung/Veranschaulichung Überzeugen und Kommunizieren
Finden von neuen mathematischen Sätzen und Begriffen, beispielsweise durch Verallgemeinerung
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Beweise
Welcher Satz wird durch folgende Skizze bewiesen?
b c a
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Direkter Beweis
Beim direkten Beweismöchte man eine Implikation A⇒B
beweisen.
FallsA falsch ist, so ist die Implikation wahr.
Es bleibt also zu zeigen: WennA wahr ist, so ist auchB wahr.
Man nimmt an, dass Awahr ist und folgert, dass dann auchB wahr sein muss.
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Direkter Beweis (2)
Definition
Eine ganze Zahl a∈Z heißt
gerade, falls es eine natürliche Zahlk∈Zgibt mita= 2k.
ungerade, falls es eink ∈Z gibt mita= 2k+ 1.
Beispiel
Die Summe zweier gerader Zahlen inZ ist gerade.
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Direkter Beweis (3)
Möchten zeigen: A⇒B. Dazu zeigt man oft Zwischenresultate, also A⇒A1 ⇒A2⇒ · · · ⇒An⇒B.
Wir nehmen Aan, folgern daraus A1, dann A2,. . . , dannAn und daraus folgern wirB.
Beispiel (Logarithmus-Gesetz)
Man definiert für a,u,x ∈Rmit a,u >0 und a6= 1:
logau =x ⇐⇒ax =u.
Dann gilt loga(u·v) = loga(u) + loga(v).
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Kontraposition
Definition
DieUmkehrung einer ImplikationA⇒B ist die ImplikationB ⇒A.
DieKontraposition einer Implikation A⇒B ist die Implikation
¬B⇒ ¬A.
Beispiel. Was ist die Umkehrung/Kontraposition von
“Wenn es schneit, so ist es kalt.” ?
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Kontrapositionsbeweise
Zur Erinnerung: Es gilt
A⇒B ≡ ¬B⇒ ¬A.
Beim Kontrapositionsbeweis zeigt man¬B ⇒ ¬A stattA⇒B.
D.h. man nimmt an, B sei falsch, und folgert, dass Afalsch ist.
Beispiel
Sei a∈Z. Wenn a2 gerade ist, so ist aucha gerade.
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Kontrapositionsbeweise: Stufenwinkelsatz
Der Stufenwinkelsatzbesagt Folgendes:
Seien g,h und k Geraden, sodassk sowohl g als auchh schneidet. Fallsg und h parallel sind, so sind alle Stufenwinkel (bzgl. k) gleich groß.
h
g
k β
α
Gilt auch die Umkehrung, d.h. wenn die Stufenwinkel vong undh (bzgl.
k) gleich groß sind, sind danng und h parallel?
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Widersprüche
Definition
Ein Widerspruchist eine Formel der FormA∧ ¬A.
Aus einem Widerspruch kann man alles folgern (ex falso quodlibet):
A∧ ¬A⇒B ist immer wahr, daA∧ ¬A immer falsch ist.
Beispiel
Falls der Mond ein gelber Käse ist, so ist die Erde eine Scheibe.
Falls Bielefeld existiert, so gilt 0 = 1.
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Widerspruchsbeweise
Wenn man in einem Beweis auf einen Widerspruch stößt, so ist die Annahme falsch: Wenn
B⇒A∧ ¬A
wahr ist, so muss B falsch sein, da Widersprüche immer falsch sind.
Widerspruchsbeweise verwendet man wie folgt:
(1) StattB zu zeigen, leiten wir aus ¬B einen Widerspruch her.
(2) StattA⇒B zu zeigen, leiten wir ausA∧ ¬B einen Widerspruch her.
Typ (1) ist ein Spezialfall von Typ (2).
Begründung für (2): Wenn A∧ ¬B zu einem Widerspruch führt, so ist A⇒B wahr wegen
¬(A∧ ¬B)≡ ¬A∨ ¬(¬B)≡ ¬A∨B≡A⇒B.
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Widerspruchsbeweise: Irrationalität von √ 2:
Dierationalen Zahlen Q umfassen alle Brüche, d.h. Zahlen der Form pq mitp ∈Z undq ∈N\ {0}.
Diereellen Zahlen Rumfassen alle Dezimalbrüche.
Dieirrationalen Zahlen R\Qsind die reellen Zahlen, die nicht rational sind, d.h. alle nicht-abbrechenden nicht-periodischen Dezimalbrüche.
Satz√
2 ist irrational, d.h. √
2∈R\Q.
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Widerspruchsbeweise: Umkehrung des Satzes von Pythagoras
Satz des Pythagoras
Falls ein Dreieck rechtwinklig ist mit Hypothenuse c und Katheten a,b, so gilt a2+b2 =c2.
Wie lautet die Umkehrung des Satzes von Pythagoras?
Umkehrung des Satzes von Pythagoras
Falls in einem Dreieck mit Seitenlängen a,b und c die Gleichheit
a2+b2=c2 gilt, so ist der Winkel zwischena und b ein rechter Winkel.
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
Nichtexistenzbeweise
Der Beweis der Irrationalität von√
2 ist ein Beispiel für einen Nichtexistenzbeweis, denn es wird gezeigt, dass √
2 keine Darstellung der Form pq mitp,q∈N\ {0} besitzt.
Ein weiteres Bespiel für einen Nichtexistenzbeweis:
Beispiel
Die Gleichung x2 =y2+ 1 hat keine Lösungen inN\ {0}.
Logik und Beweismethoden Direkte und indirekte Beweise
... nochmals zurück zum Logikrätsel
Anne, Benjamin und Carina machen folgende Aussagen:
Anne sagt: “Benjamin und Carina lügen!”
Benjamin sagt: “Carina lügt!”
Carina sagt: “Anne lügt oder Benjamin lügt!”
Wir übersetzen das Rätsel in aussagenlogische Formeln:
A⇔ ¬B∧ ¬C B⇔ ¬C C ⇔ ¬A∨ ¬B.
Logik und Beweismethoden Fallunterscheidung
1.3. Fallunterscheidungen
Logik und Beweismethoden Fallunterscheidung
Fallunterscheidung
Beim Beweis durch Fallunterscheidung möchte manA∨B ⇒C folgern. Dazu zeigt man
A⇒C und B⇒C.
Ein Spezialfall ist: Statt C zeigt man A⇒C und
¬A⇒C. Beispiel
Eine Quadratzahl ist eine Zahl der Formn2 fürn ∈N. Quadratzahlen sind also
0,1,4,9,16,25,36,49,64,81, . . . Welche Endziffern können Quadratzahlen haben?
Logik und Beweismethoden Fallunterscheidung
Ähnliche Beispiele wie das vorangehende verwenden als Fälle die möglichen Reste bei der Division durch eine Zahl n∈N, diese sind nämlich
0,1, . . . ,n−1. Was man dabei im Grunde verwendet, ist dieDivision mit Rest:
Theorem (Division mit Rest)
Seien a∈Zund n∈N\ {0,1}. Dann gibt es eindeutige Zahlen q,r ∈Z mit r ∈ {0, . . . ,n−1}und
a=qn+r.
Für n= 2 bedeutet Rest 0: a ist gerade Rest 1: a ist ungerade
Logik und Beweismethoden Fallunterscheidung
Der Betrag
Fallunterscheidungen werden oft beiBetrags(un)gleichungenverwendet:
Für x ∈Rdefinieren wir
|x|:=
(x x ≥0,
−x x <0.
Die Betragsfunktionentspricht fürx <0 einer Spiegelung an der x-Achse:
−3 −2 −1 1 2 3
−1 1 2
0
Logik und Beweismethoden Fallunterscheidung
Betragsungleichungen
verwendet:
Für x ∈Rdefinieren wir
|x|:=
(x x ≥0,
−x x <0.
Beispiel
1 Bestimmen Sie die Lösungsmenge der Ungleichung
|2x+ 1|<5 mittels Fallunterscheidung.
2 Wie viele Fälle gibt es bei der Ungleichung
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
1.4. Prädikatenlogik
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Aussageformen
Wie kann man eine Aussage wie Jede Primzahl >2 ist ungerade.
Es gibt keine Marsmenschen.
Jede Zahl hat eine eindeutige Primfaktorzerlegung.
mathematisch ausdrücken?
Eine AussageformE(x) ist eine Eigenschaft, die von einer (oder mehreren) Variablen x abhängt.
Beispiel
Beispiele für Aussageformen sind S(x) = “x ist schön”.
U(x) = “x ist ungerade”.
Dann ist S(Koblenz) ist die Aussage “Koblenz ist schön”; U(2) besagt “2
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Quantoren
Definition
Sei E(x) eine Aussageform.
∃x :E(x) bezeichnet die Aussage “es gibt (mindestens) ein x, so dass E(x)”.
∀x :E(x) bezeichnet die Aussage “für allex giltE(x)”.
∃ heißt Existenzquantor (Merkregel: umgekehrtes “ E”)
∀ heißt Allquantor. (Merkregel: umgekehrtes “ A”) Beispiel
∀x :U(x) ist die Aussage “jedes x ist ungerade”.
∃x :U(x) ist die Aussage “es gibt ein ungerades x”
U(3) ist die Aussage “3 ist ungerade”.
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Rechenregeln Quantoren
Wie lautet die Negation folgender Aussagen?
1 Alle Wege führen nach Rom.
2 Es gibt einen Weg, der nach Rom führt.
Satz
Sei E(x) eine Aussageform. Dann gilt
1 ¬(∃x :E(x))≡ ∀x :¬E(x).
2 ¬(∀x :E(x))≡ ∃x :¬E(x).
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Verallgemeinerte Quantoren
Sei M eine Menge undE(x) eine Aussageform. Dann schreiben wir
∃x ∈M :E(x) für “es gibt einx inM, für das E(x) gilt”
∀x ∈M :E(x) für “für jedesx in M giltE(x)”.
∃!x :E(x) für “es gibt genau einx, für das E(x) gilt”
Beispiel
Sei U(x) die Aussageform “x ist ungerade”. Dann bedeutet
∀x ∈N:U(x)
“Alle natürlichen Zahlen sind ungerade”.
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Quantoren
Beispiel
Was bedeuten die folgenden Aussagen? Sind sie wahr oder falsch?
1 ∃x ∈R:x2 = 2.
2 ∃x ∈Q:x2 = 2.
3 ∃!x :x2 = 2.
4 ∀x ∈R∀y ∈R:x+y =y+x.
5 ∃n∈N∀m∈N:m<n.
6 ∃n∈N∀m∈N:m≥n.
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Reihenfolge von Quantoren
Die Reihenfolge gleicher Quantoren spielt keine Rolle:
Man schreibt
∃x,y :E(x,y) für ∃x ∃y:E(x,y)
∀x,y :E(x,y) für ∀x ∀y:E(x,y).
Zu beachten: Die Reihenfolgeverschiedener Quantoren spielt eine Rolle:
(1) ∀x∃y :E(x,y) und (2) ∃y∀x :E(x,y) bedeuten nicht dasselbe!
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
1.5. Beispiele und Gegenbeispiele
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Fermat-Zahlen
Beispiel
Fermat-Zahlen sind Zahlen der Form Fn= 22n + 1
für n∈N. Pierre de Fermat stellte fest, dass F0, . . . ,F4 Primzahlen sind:
F0= 220+ 1 = 21+ 1 = 3 F1= 221+ 1 = 22+ 1 = 5 F2= 222+ 1 = 24+ 1 = 17 F3= 223+ 1 = 28+ 1 = 257.
Fermat stellte die Vermutung auf: ∀n∈N: Fn ist eine Primzahl Fast 100 Jahre später bewies Euler, dass 641 ein Teiler vonF5 ist.
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Beweise von Allaussagen
Wie beweist man eine Formel der Form
∀x :E(x) ? Man wählt ein beliebiges x0 und beweistE(x0).
Beispiel
Wir betrachten nochmals die Binomischen Formeln. Formal präzis lautet die3. Binomische Formel
∀x,y ∈R: (x+y)(x−y) =x2−y2.
Wichtig: Allaussagen lassen sich nicht durch Angabe eines Beispiels beweisen!
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Gegenbeispiele
Wie kann man eine Allaussage widerlegen? D.h. wie beweist man
¬∀x:E(x) ? Beispiel
Wir betrachten die Aussage
A: Jede natürliche Zahl ist gerade.
A ist falsch, da 3 eine ungerade natürliche Zahl ist.
Um eine Aussage zu widerlegen, reicht es ein Gegenbeispielanzugeben.
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Widerlegung durch Gegenbeispiel
Bei der Widerlegung durch Gegenbeispiel beweist man
∃x :¬E(x) statt
¬∀x:E(x).
Dies reicht, da ¬∀x :E(x)≡ ∃x:¬E(x).
Beispiel
Für a∈Rmit a≥0 ist√
adie eindeutige Lösung x ∈Rmit x≥0 der Gleichung x2=a.
Beweisen Sie oder widerlegen Sie:
1 Für allea∈R gilt√ a2=a.
√
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Existenzbeweise
Eine Existenzaussage
∃x :E(x)
kann man beweisen, indem man expliziteinx angibt, für dasE(x) wahr ist.
Beispiel
Wie kann man folgende Aussagen beweisen?
1 Es gibt ein Dreieck mit Seitenlängena= 3cm,b = 4cm undc = 5cm.
2 Das Gleichungssystem
(1) 3x−4y = 2 (2) 2x+ 3y = 7 hat eine Lösung.
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Existenzaussagen
Beispiel
Drei Studenten A,B undC möchten gemeinsam Übungsaufgaben der Elementarmathematik bearbeiten. Dazu möchten sie sich an einem Ort treffen, der vom Wohnort der drei Studenten gleich weit entfernt ist. Die drei Studenten wohnen nicht an derselben Straße. Gibt es einen solchen Ort?
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Unendliche viele Primzahlen
Manchmal möchte man die Existenz unendlich vieler Objekte beweisen.
Wie geht das?
Eine natürliche Zahlp >1 heißt Primzahl, wenn ihre einzigen Teiler 1 und p sind.
Theorem
Es gibt unendlich viele Primzahlen.
Problem: Wir können nicht alle Primzahlen 2, 3, 5, 7, 13, . . . explizit angeben.
Stattdessen kann man zeigen, dass die Aufzählung der Primzahlen nie aufhört: Jede endlicheFolge p1, . . . ,pn von Primzahlen istunvollständig.
Logik und Beweismethoden Prädikatenlogik
Das Trinker-Paradoxon
Blaise Pascal
Die Mathematik als Fachgebiet ist so ernst, daß man keine Gelegenheit versäumen sollte, dieses Fachgebiet unterhaltsamer zu gestalten.
Trinker-Paradoxon
Es gibt jemanden in der Kneipe, sodass, wenn er trinkt, so trinken alle in der Kneipe.
Wie übersetzt man das Trinker-Paradoxon in die Sprache der Logik?
Wir schreiben T(x) für das Prädikat “x trinkt”. Dann besagt das Trinker-Paradoxon
∃x : (T(x)⇒ ∀y:T(y)).
Logik und Beweismethoden Das Schubfachprinzip
1.7. Das Schubfachprinzip
Logik und Beweismethoden Das Schubfachprinzip
Das Schubfachprinzip
Beispiel
Unter vier Personen haben mindestens zwei Personen dasselbe Geschlecht.
Dies ist eine Existenzaussage.
Wenn die vier Personen nicht bekannt sind, kann man solche zwei Personen nicht explizitangeben.
Begründung: Es gibt nur 3 Geschlechter, aber 4 Personen: Wenn alle Personen verschiedene Geschlechter hätten, so müsste es mindestens 4 Geschlechter geben!
Logik und Beweismethoden Das Schubfachprinzip
Das Schubfachprinzip
Schubfachprinzip
Wenn man n+ 1 Objekte n Kategorien zuordnet, so müssen mindestens zwei Objekte derselben Kategorie zugeordnet werden.
Beispiel
1 Unter 13 Personen befinden sich immer mindestens zwei, die im selben Monat Geburtstag haben.
2 Eine Gerade, die durch keinen Eckpunkt des Dreiecke ∆ABC geht, kann höchstens zwei Seiten schneiden.
3 An einer Party gibt es stets zwei Personen, die dieselbe Anzahl Partygäste kennen.
4 Gegeben seien 11 Zahlen. Gibt es stets zwei Zahlen, sodass deren Differenz die Endziffer 0 hat?
Logik und Beweismethoden Das Schubfachprinzip
2. Mengenlehre
Logik und Beweismethoden Das Schubfachprinzip
2.1. Mengen und
Mengenschreibweise
Mengen Mengenschreibweise
Was sind Mengen?
Mengenbegriff von Georg Cantor
Eine Mengeist eine Zusammenfassung verschiedener Objekte unserer Anschauung oder unseres Denkens zu einem Ganzen. Die Objekte werden dieElemente der Menge genannt.
Beispiele für Mengen sind:
die Menge aller Studierenden in Koblenz die Menge aller natürlichen ZahlenN
die Menge aller reellen Zahlen ≥2 und≤7, also das Intervall [2,7]
die Lösungsmenge der Gleichungx3+ 2x−1 = 0
dieleere Menge ∅, die eindeutige Menge ohne Elemente
Mengen Mengenschreibweise
Mengen
Definition
Seien M,N Mengen. Wir schreiben x ∈M, fallsx ein Element von M ist.
x ∈/M, fallsx kein Element vonM ist.
M ⊆N, falls M eineTeilmenge vonN ist, d.h.
∀x(x ∈M ⇒x ∈N).
Es gilt das Extensionalitätsaxiom:
M =N ⇐⇒M ⊆N∧N⊆M.
Mengen Mengenschreibweise
Zahlenmengen
Die wichtigsten Mengen, sind dieZahlenmengen:
N={0,1,2,3, . . .} natürliche Zahlen
Z={. . . ,−3,−2,−1,0,1,2,3, . . .} ganze Zahlen Q={Brüche}={pq |p ∈Zund q ∈N\ {0}} rationale Zahlen R={Dezimalbrüche} reelle Zahlen.
Es gilt
N ⊆ Z ⊆ Q ⊆ R.
Mengen Mengenschreibweise
Zahlenmengen
R Q Z N
−1 0
1 2
√2
Die Zahlenmengen sind alle verschieden; es gilt N ( Z ( Q ( R.
Mengen Mengenschreibweise
Mengenschreibweise
Sei M eine Menge undE(x) eine Aussageform. Wir schreiben {x ∈M |E(x)}
für die Menge aller x ∈M, für dieE(x) wahr ist.
Beispiel
Beispiele für die Mengenschreibweise sind
{x ∈R|x2+ 3x−4 = 0}die Lösungsmenge der Gleichung x2+ 3x−4 = 0
{x ∈N|x ist gerade}={0,2,4,6, . . .}
{x ∈R|x2 = 2}={√ 2,−√
2}
{x ∈Q|x2 = 2}=∅ dieleere Menge.
Mengen Mengenschreibweise
Intervalle
Für reelle Zahlen a,b∈Rdefiniert man
(a,b) ={x ∈R|a<x <b} offenes Intervall [a,b] ={x ∈R|a≤x ≤b} geschlossenes Intervall [a,b) ={x ∈R|a≤x <b} halboffenes Intervall (a,b] ={x ∈R|a<x ≤b} halboffenes Intervall (a,∞) ={x ∈R|x >a} offenes Intervall (−∞,b) ={x ∈R|x <b} offenes Intervall
[a,∞) ={x ∈R|x ≥a} halboffenes Intervall (−∞,b] ={x ∈R|x ≤b} halboffenes Intervall
Mengen Mengenschreibweise
Mengenschreibweise
Wieso kann man nicht einfach Mengen der Form {x |E(x)} statt {x ∈M |E(x)}
bilden?
Wir betrachten die “Menge”
R ={x |x ∈/x}.
GiltR ∈R?
Dieses Paradoxon wird alsRussellsches Paradoxon bezeichnet.
Mengen Mengenschreibweise
Mengenschreibweise
Manchmal sieht man auch andere Formen der Mengenschreibweise:
Definition
Falls f :M →N eine Funktion ist, so schreibt man
{f(x)|x∈M}:={y ∈N| ∃x ∈M :y=f(x)}.
Beispiele:
1 {2a|a∈Z}
2 {n2 |n∈N}
Mengen Mengenschreibweise
Mengen
Wichtig bei der Mengenschreibweise ist, dass Mengen ungeordnetsind.
So gilt beispielsweise
{1,2}={2,1}={1,2,1,2}.
Dies ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Mengen und geordneten Paaren wie beispielsweise Koordinaten in der Ebene oder im Raum. So gilt etwa
(1,2)6= (2,1) (−1,3,5)6= (3,5,−1)
(1,2,1)6= (1,2).
Mengen Mengenoperationen und weitere Beweismethoden
2.2. Mengenoperationen
Mengen Mengenoperationen und weitere Beweismethoden
Mengenoperationen
Definition
Seien M,N Mengen. Wir definieren
M∪N:={x |x ∈M∨x ∈N} dieVereinigung vonM und N M∩N:={x |x ∈M∧x ∈N} der Durchschnittvon M und N M\N:={x ∈M |x ∈/ N} dieDifferenz vonM und N
P(M) :={x|x ⊆M} diePotenzmengevon M.
M×N:={(x,y)|x∈M∧y ∈N} daskartesische ProduktvonM und N.
Mengen Mengenoperationen und weitere Beweismethoden
Mengenoperationen
Mengenoperationen lassen sich durch Venn-Diagramme darstellen:
M N
M∩N
Mengen Mengenoperationen und weitere Beweismethoden
Mengenoperationen
Mengenoperationen lassen sich durch Venn-Diagramme darstellen:
M N
Mengen Mengenoperationen und weitere Beweismethoden
Mengenoperationen
Mengenoperationen lassen sich durch Venn-Diagramme darstellen:
M N
M\N
Mengen Mengenoperationen und weitere Beweismethoden
Teilmengen
Es gilt M ⊆N, falls jedes Element von M ein Element vonN ist.
M N
M ⊆N
Mengen Mengenoperationen und weitere Beweismethoden
Mengenoperationen
Beispiel
R\Q={nicht-abbrechende, nicht-periodische Dezimalbrüche}
irrationale Zahlen (−1,2)∪ {2}
(3,5)∩[4,6]
{1,2} \ {2,3}
{1,{2}} \ {2}
P({1,2}) {1,2} × {3,4}
R2=R×R
Mengen Mengenoperationen und weitere Beweismethoden
Verallgemeinerte Mengenoperationen
Definition
Sei I6=∅eine Menge (genannt Indexmenge) und sei Mi eine Menge für jedesi ∈I. Dann definiert man
[
i∈I
Mi :={x| ∃i ∈I:x∈Mi}
\
i∈I
Mi ={x | ∀i ∈I:x ∈Mi}.
Für I={1, . . . ,n} erhalten wir die Spezialfälle
n
[
i=1
Mi :=M1∪M2∪. . .∪Mn und
n
\
i=1
Mi :=M1∩M2∩. . .∩Mn. Beispiel
Mengen Beweise mit Mengen
2.3. Beweise mit Mengen
Mengen Beweise mit Mengen
Teilmengen
Wie zeigt man M ⊆N?
Man wählt ein beliebiges x∈M und zeigt x∈N.
Beispiel
1 Für alle Mengen M undN giltM ⊆M ∪N.
2 Für jede MengeM gilt ∅ ⊆M.
Mengen Beweise mit Mengen
Mengengleichheit
Wie beweist man, dass zwei Mengen M undN gleich sind?
Man verwendet dasExtensionalitätsaxiom, d.h.
M =N ⇐⇒M ⊆N∧N⊆M. Um M =N zu zeigen, beweist man also
1 M ⊆N und
2 N⊆M.
Beispiel
Für MengenM,N undP gilt dasDistributivgesetz von∩ bzgl. ∪:
(M∩N)∪P = (M∪P)∩(N∪P).
Mengen Beweise mit Mengen
Mengengesetze
Es gelten folgendeMengengesetze für Mengen M,N und P. M∩ ∅=∅
M∪ ∅=M
M∩(N∩P) = (M∩N)∩P Assoziativität von ∩ M∪(N∪P) = (M∪N)∪P Assoziativität von ∪ M∩N=N∩M Kommutativität von∩ M∪N=N∪M Kommutativität von∪ M∩(N∪P) = (M∩N)∪(M∩P) Distributivität von∩ bzgl. ∪ M∪(N∩P) = (M∪N)∩(M∪P) Distributivität von∪ bzgl. ∩ M\(N∩P) = (M\N)∪(M\P) Regel von de Morgan für ∩ M\(N∪P) = (M\N)∩(M\P) Regel von de Morgan für ∪
Mengen Beweise mit Mengen
Rechenregeln der Aussagenlogik
Zum Vergleich: Für Aussagen A,B und C gilt:
¬(¬A)≡A doppelte Negation
A∨ ¬A ist wahr Tertium non datur
A∧ ¬A ist falsch
A∧A≡A Idempotenz von∧
A∨A≡A Idempotenz von∨
A∧(B∧C)≡(A∧B)∧C Assoziativität von∧ A∨(B∨C)≡(A∨B)∨C Assoziativität von∨ A∧B ≡B∧A Kommutativität von∧ A∨B ≡B∨A Kommutativität von∨ A∧(B∨C)≡(A∧B)∨(A∧C) Distributivität von∧ bzgl. ∨ A∨(B∧C)≡(A∨B)∧(A∨C) Distributivität von∨ bzgl. ∧
¬(A∧B)≡ ¬A∨ ¬B Regel von de Morgan für∧
¬(A∨B)≡ ¬A∧ ¬B Regel von de Morgan für∨ A⇒B≡ ¬B ⇒ ¬A≡ ¬A∨B
Mengen Beweise mit Mengen
Äquivalenzbeweis
Es gilt
M ⊆N⇐⇒M∩N =M.
Wie kann man eine solche Äquivalenzbeweisen? Bei einem
Äquivalenzbeweisfür A⇐⇒B (wobei A,B Aussagen sind) beweist man
“⇒”: A⇒B und
“⇐”: B⇒A Beispiel
1 Für jedes a∈Zgilt: Die Zahl a2 ist genau dann gerade, wenn a gerade ist.
2 DasAssoziativgesetz M∩(N∩P) = (M∩N)∩P für Mengen M,N und P kann auch als Äquivalenz betrachtet werden. Man zeigt für jedesx
x ∈M∩(N∩P)⇔x ∈(M∩N)∩P.
Mengen Beweise mit Mengen
Äquivalenzbeweise
Zu beachten bei Äquivalenzen: Bei jedem Schritt überprüfen, ob es sich tatsächlich um eine Äquivalenz und nicht um eine Implikation in nur eine Richtung handelt!
Beispiel
Es sei a=b. Dann folgt
ab=a2 ab−b2=a2−b2 b(a−b) = (a+b)(a−b)
b=a+b b= 2b 1 = 2.
Worin besteht der Fehler?
Mengen Beweise mit Mengen
Ringschluss
Um die Äquivalenz von AussagenA1, . . . ,Anzu beweisen, genügt es zu zeigen:
A1 ⇒A2 A2 ⇒A3 . . .
An−1 ⇒An und An⇒A1.
Dann sind beispielsweise A1 und A3 äquivalent:
“⇒” aus A1 ⇒A2 und A2 ⇒A3 folgt A1⇒A3
“⇐” aus A3 ⇒A4, . . . ,An−1 ⇒An und An⇒A1 folgt A3 ⇒A1.
Mengen Beweise mit Mengen
Ringschluss
Beispiel
Seien M und N Mengen. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent:
1 M ⊆N
2 M∩N=M
3 M∪N=N
4 M\N=∅
Gibt es weitere äquivalente Bedingungen?
Mengen Beweise mit Mengen
Elementetafeln
Mengengesetze kann man auch mit Hilfe von Elementetafelnbeweisen:
Beispiel
Für MengenM,N undP gilt dasDistributivgesetz:
(M∩N)∪P = (M∪P)∩(N∪P).
Dabei entspricht die Elementetafel einer Wahrheitstafel, wobei statt M die Aussagex ∈M steht und an der Stelle von∈resp. ∈/ entsprechend “w”
oder “f” steht.
Mengen Abzählprinzipien endlicher Mengen
2.4 Abzählprinzipien endlicher
Mengen
Mengen Abzählprinzipien endlicher Mengen
Mächtigkeit
Definition
Sei M eine endliche Menge. Wir schreiben|M|für die Anzahl Elemente von M. Man nennt |M|auch die Mächtigkeitvon M.
Beispiel:
1 |{1,2,3}|=?
2 |{{1,2},{3}}|=?
Mengen Abzählprinzipien endlicher Mengen
Disjunkte Mengen
Definition
Zwei Mengen M,N heißen disjunkt, falls M∩N=∅.
Falls M undN disjunkt sind, so nennt man die VereinigungM ∪N eine disjunkte Vereinigung und man schreibt auch
M ∪˙ N:=M∪N.
M N
Mengen Abzählprinzipien endlicher Mengen
Die Summenregel
Summenregel
Falls zwei endliche Mengen M und N disjunktsind, d.h. falls M∩N=∅, so gilt
|M ∪N|=|M|+|N|.
Allgemeiner: Falls M1, . . . ,Mn endliche Mengen sind, die paarweise disjunkt sind, d.h. Mi ∩Mj =∅für alle i 6=j in {1, . . . ,n}, so gilt für M =M1∪. . .∪Mn
|M|=|M1|+. . .+|Mn|.
Mengen Abzählprinzipien endlicher Mengen
Die Produktregel
Produktregel
Für zwei endliche MengenM und N gilt
|M×N|=|M| · |N|.
Allgemeiner: Falls M1, . . . ,Mn endliche Mengen sind, so gilt
|M1×. . .×Mn|=|M1| ·. . .· |Mn|.
Beispiele:
1 In einem Restaurant gibt es 3 verschiedene Vorspeisen, 8 Hauptgänge und 4 Nachspeisen. Wieviele verschiedene Menüs kann man in diesem Restaurant zusammenstellen?
2 Wieviele zweistellige Zahlen gibt es?
Mengen Abzählprinzipien endlicher Mengen
Verallgemeinerte Produktregel
Verallgemeinerte Produktregel
Falls in einem Entscheidungsprozess n Entscheidungen getroffen werden, und man bei der i-ten Entscheidungenki Möglichkeiten hat, so gibt es insgesamt
k1·. . .·kn Möglichkeiten.
Beispiele: Wie viele Zahlenpaare der Form (a,b) mita,b ∈ {1, . . . ,100}
und
1 a6=b?
2 a<b?
Mengen Abzählprinzipien endlicher Mengen
Doppeltes Abzählen
Doppeltes Abzählen
Manchmal kann man eine MengeM auf zwei Arten abzählen. Dabei erhält man zwei Formeln, deren Gleichheit dadurch bewiesen ist, dass sie beide gleich |M|sind.
Beispiel. Bei einer Party mitn Gästen schüttelt jeder jedem die Hand.
Wie oft werden die Hände geschüttelt?
Mengen Abzählprinzipien endlicher Mengen
Anzahl 2-elementiger Teilmengen
Das vorige Beispiel zeigt: Es gibt
n(n−1) 2
Möglichkeiten, 2 aus n Elementen auszuwählen.
Folgerung: Die Anzahl 2-elementiger Teilmengen einer n-elementigen Menge ist n(n−1)2 .
Natürliche Zahlen
3. Natürliche Zahlen
Natürliche Zahlen
Die Peano-Axiome
Die natürlichen Zahlen lassen sich durch die sogenannten Peano-Axiome charakterisieren:
Die Pean-Axiome
1 0 ist eine natürliche Zahl.
2 Für jede natürliche Zahl n, ist n+ 1 eine natürliche Zahl (der Nachfolger vonn)
3 Für jede natürliche Zahl n giltn+ 16= 0.
4 Falln und m natürliche Zahlen sind mitn+ 1 =m+ 1, so folgt n=m.
5 FallsX eine Menge natürlicher Zahlen ist mit den Eigenschaften 0∈X und
für jedesn∈X gilt auchn+ 1∈X,
Natürliche Zahlen
Axiome
Axiome sind Grundannahmen, die nicht bewiesen werden.
Idee des axiomatischen Zugangs: Aus möglichst wenigen Axiomen möglichst viel beweisen.
Zu beachten: Nicht alles, was wahr ist, ist beweisbar (Kurt Gödel):
Dieser Satz ist unbeweisbar.
Natürliche Zahlen Rekursion
3.1 Rekursion
Natürliche Zahlen Rekursion
Rekursion
Um Rekursion zu verstehen, muss man Rekursion verstehen.
Eine rekursive Zahlenfolgea0,a1,a2, . . . ist eine Zahlenfolge, bei der das n-te Folgengliedan+1 ausa0,a1, . . . ,an berechnet werden kann.
Beispiel
Auf wieviele Arten kann man n Kugeln anordnen?
Um dieses Problem zu lösen, nummerieren wir die Kugeln mit Zahlen 1, . . . ,n. Seian die Anzahl Anordnungen von n Kugeln.
Natürliche Zahlen Rekursion
Rekursion
Definition
Für n∈Ndefiniert man rekursiv 0! = 1
(n+ 1)! = (n+ 1)·n!
gesprochen “n Fakultät”. Man kann n! etwas informeller auchexplizit darstellen als
n! = 1·2·. . .·n.
Natürliche Zahlen Rekursion
Rekursion
Rekursion
Wenn man ein Zahlenfolge anfür jedes n∈Nrekursiv definieren möchte, genügt es
1 einen Anfangswerta0 zu definieren; und
2 fallsan schon definiert ist,an+1 zu definieren (Rekursionsvorschrift).
Voraussetzungen (1) und (2) kann man an für jedesn ∈Nberechnen:
Nach Voraussetzung ist a0 bekannt.
Aus a0 kann mana1 berechnen.
Aus a1 kann mana2 berechnen.
Aus a2 kann mana3 berechnen.
...
Natürliche Zahlen Rekursion
Rekursion
Wenn der Anfangswert fehlt...
M.C. Escher,Zeichnende Hände. M.C. Escher,Bildgalerie
Natürliche Zahlen Rekursion
Rekursion
Beispiel
Wie viele Teilmengen besitzt eine Menge mit 100 Elementen? Dies scheint nicht einfach auszurechnen zu sein...
Einfacher ist die Verallgemeinerung: Wieviele Teilmengen besitzt eine n-elementige Menge, beispielsweise {1,2, . . . ,n}? Wir setzen
bn:=|P({1,2, . . . ,n})|.
Wie kann manbn rekursiv definieren?