• Keine Ergebnisse gefunden

Single Dose- und Steady State-Kinetik von Tulathromycin beim Fohlen

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Single Dose- und Steady State-Kinetik von Tulathromycin beim Fohlen"

Copied!
154
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Single Dose- und Steady State-Kinetik von Tulathromycin

beim Fohlen

INAUGURAL – DISSERTATION Zur Erlangung des Grades einer DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN

-Doctor medicinae veterinariae (Dr. med. vet.)

Vorgelegt von

Birthe Schock

aus Bielefeld

Hannover 2008

(2)

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. K. Feige

2. Gutachter: Prof. Dr. W. Bäumer

Tag der mündlichen Prüfung: 04.12.2008

(3)

In Liebe und Dankbarkeit

meiner Mutter und meinem verstorbenen Vater

(4)
(5)

2 Schrifttum 2.1 Tulathromycin

2.1.1 Geschichte der Entwicklung 2.1.2 Stoffklasse und Struktur 2.1.3 Wirkspektrum

2.1.4 Wirkmechanismus

2.1.5 Minimale Hemmkonzentrationen 2.1.6 Pharmakodynamik

2.1.7 Pharmakokinetik von Tulathromycin beim Tier 2.1.7.1 Allgemeine Pharmakokinetik

2.1.7.2 Pharmakokinetische Daten im Plasma 2.1.7.3 Pharmakokinetische Daten in der Lunge 2.1.7.4 Verstoffwechselung und Ausscheidung 2.1.8 Anwendungsgebiete und Dosierung beim Tier 2.1.9 Nebenwirkungen

2.1.10 Wechselwirkungen 2.1.11 Resistenzen

2.2 Bronchoalveoläre Lavage

2.2.1 Technik der bronchoalveolären Lavage 2.2.2 Bronchoalveoläre Lavage beim Fohlen

2.2.3 Verdünnungsberechnung der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit 2.2.4 Komplikationen bei der bronchoalveolären Lavage

3 Material und Methode 3.1 Probanden

3.1.1 Allgemeine Bedingungen

3.1.2 Voraussetzungen für die Aufnahme der Fohlen in die Studie

15 15 15 16 20 21 22 24 26 26 32 34 37 37 38 40 40 41 41 43 46 48 49 49 49 49

(6)

3.2.3 Sonographische Untersuchung der Lunge 3.2.4 Klinische Durchführung der Studie

3.2.4.1 Blutprobenentnahme zur Bestimmung der Tulathromycin- Konzentration im Plasma

3.2.4.2 Blutprobenentnahme zur Bestimmung der biochemischen Parameter

3.2.4.3 Durchführung der bronchoalveolären Lavage

3.2.4.4 Bestimmung der Gesamtzellzahl in der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit

3.2.4.5 Bestimmung der Tulathromycin-Konzentration im Überstand und in der Zellfraktion der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit

3.2.4.6 Bestimmung des Differential-Zellbildes der BALF 3.2.4.7 Abschlussuntersuchung der Fohlen

3.2.5 Methode zur Bestimmung der Konzentration von Tulathromycin 3.2.5.1 Probenaufarbeitung

3.2.5.2 Herstellung von Kalibratoren und Qualitätskontrollproben 3.2.5.3 Festphasenextraktion

3.2.5.4 Hochleistungsflüssigkeitschromatographie mit doppelter Massenspektroskopie

3.2.6 Auswertung der Ergebnisse und Statistik 4 Ergebnisse

4.1 Auswertung der HPLC-MS/MS-Analytik

4.2 Tulathromycin-Konzentrationen im Plasma beim Fohlen 4.2.1 Konzentrationsverlauf von Tulathromycin nach Single Dose 4.2.2 Konzentrationsverlauf von Tulathromycin im Steady State

4.3 Menge der rückgewonnenen bronchoalveolären Lavageflüssigkeit, deren Gesamtzellgehalte und Zellfraktionen

51 51

53

54 54

56

56 57 57 58 58 59 60

61 63 65 65 67 67 70

71

(7)

4.4.2 Konzentrationsverlauf von Tulathromycin im Steady State 4.5 Ergebnisse der Blutchemie

4.6 Auftreten von Nebenwirkungen 5 Diskussion

5.1 Probanden

5.2 Auswertung der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit beim Fohlen 5.3 Beeinträchtigung der Fohlen durch die bronchoalveoläre Lavage 5.4 Nachweisbarkeit und Pharmakokinetik von Tulathromycin

5.4.1 Konzentrationsverlauf von Tulathromycin nach Single Dose 5.4.2 Konzentrationsverlauf von Tulathromycin im Steady State 5.5 Verträglichkeit und Nebenwirkungen von Tulathromycin 5.6 Aussagen zur Dosierung von Tulathromycin beim Fohlen 5.7 Schlussfolgerungen

6 Zusammenfassung 7 Summary

8 Literaturverzeichnis 9 Anhang

9.1 Abbildungsverzeichnis 9.2 Tabellenverzeichnis 9.3 Tabellen

9.4 Chemikalien, Reagenzien und Geräte

75 77 79 81 81 81 83 83 84 87 89 91 93 95 97 99 113 113 113 117 141

(8)

< kleiner (weniger) als die nachfolgende Zahl

≤ gleich und kleiner (weniger) als die nachfolgende Zahl

> größer (mehr) als die nachfolgende Zahl

% Prozent

°C Grad Celsius

Abb. Abbildung AL Arbeitslösung

AUC

(

AUC0

)

area under the curve, Gesamtfläche unter der Konzentration- Zeit-Kurve

tn

AUC0 area under the curve vom Zeitpunkt Null bis zum festgelegten Zeitpunkt tn

last

AUCt area under curve vom letzten festgelegten Zeitpunkt tlast bis unendlich

AUMC

(

AUMC0

)

area under the first moment-curve, Gesamtfläche unter der (Konzentration x Zeit)-Zeit-Kurve

tn

AUMC0 area under the first moment-curve vom Zeitpunkt Null bis zum festgelegten Zeitpunkt tn

last

AUMCt area under the first moment-curve vom letzten festgelegten Zeitpunkt tlast bis unendlich

Aqua bidest. zweifach destilliertes Wasser BAL bronchoalveoläre Lavage

BALF bronchoalveoläre Lavageflüssigkeit BAZ Zellen in der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit bzw. beziehungsweise

C Konzentration

C0 Ordinatenschnittpunkt der Eliminationskurve Cmax Maximalkonzentration im Steady State Cmin Minimalkonzentration im Steady State Cav gemittelte Konzentration im Steady State

(9)

C-Atom Kohlenstoff-Atom Cl Chlorid CK Kreatinkinase cm Zentimeter (10-2 Meter) Crea Kreatinin D Dosis d Tag

d.h. das heißt

EDTA Äthylendiamintetraessigsäure EHV Equines Herpes Virus

exp Exponentialfunktion F Bioverfügbarkeit g Gramm

GGT Gamma-Glutamyl-Transferase GLDH Glutamat-Dehydrogenase h Stunde

HPLC-MS/MS Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (high-performance liquid chromatography) mit zweifacher Massenspektroskopie IBK Infektiöse Bovine Keratokonjunktivitis

i.m. intramuskulär IS Interner Standard (Roxithromycin) i.v. intravenös K Kalium

kel Eliminationskonstante

K-1 bis K-6 Kalibrierungslösungen 1 bis 6 KM Körpermasse kg Kilogramm L Liter

LDH Laktat-Dehydrogenase

(10)

Kalibriergeraden

LPS Lipopolysaccharidmembran der Bakterien

LVL Landesveterinär – und Lebensmitteluntersuchungsamt m Meter

MHK Minimale Hemmstoffkonzentration

MHK90 Minimale Hemmstoffkonzentration, bei der 90 % der Bakterienisolate im Wachstum gehemmt werden min Minute

mg Milligramm (10-3 Kilogramm) ml Milliliter (10-3 Liter) mm Millimeter (10-3 Meter) mmol Millimol (10-3 Mol) MW Mittelwert N Stickstoff Na Natrium ng Nanogramm (10-6 Kilogramm) Nr. Nummer

OATP organic anion transporting protein, P Irrtumswahrscheinlichkeit (probability) PAR peak area ratio (Peakflächen-Verhältnis) PBS phosphat buffered saline

PELF pulmonary epithelial lining fluid

p.o. per os

Q-1 bis Q-3 Qualitätskontrollproben 1 bis 3 R. equi Rhodococcus equi

RNA Ribonukleinsäure

RSD relative Standardabweichung

s.c. subkutan SD Standardabweichung

(11)

SS Steady State

ssp. Subspezies, Untergruppe

t1/2 Halbwertszeit

tmax Zeitpunkt der Maximalkonzentration Tab. Tabelle

TULA Tulathromycin Urea Harnstoff

Vd Verteilungsvolumen

z.B. zum Beispiel

µg Mikrogramm (10-9 Kilogramm) µl Mikroliter (10-9 Liter) µm Mikrometer (10-9 Meter) µmol Mikromol (10-9 Mol) τ Dosierungsintervall

(12)
(13)

1 Einleitung

Zu den häufigsten Krankheitsursachen bei Fohlen in den ersten sechs Lebensmonaten zählen neben Durchfall vor allem Atemwegserkrankungen. Als Erreger spielen dabei hauptsächlich Rhodococcus equi (R. equi) und Streptococcus equi ssp. zooepidemicus eine Rolle. R. equi verursacht bei den Fohlen häufig eine Bronchopneumonie und eine pyogranulomatöse Entzündung der Lunge, die mit einer hohen Morbidität und einer hohen Mortalität einhergehen und somit zu hohen wirtschaftlichen Verlusten führen können.

Eine frühe Diagnose ist ebenso Grundlage für eine erfolgreiche Therapie wie die Wahl des Antibiotikums, denn die lipophile Abszesskapsel kann nicht von jedem Wirkstoff durchdrungen werden. Außerdem befindet sich der Erreger R. equi überwiegend im intrazellulären Raum, in dem nicht jedes Antibiotikum einen ausreichenden Wirkspiegel erreicht. Nur lipophile Antiinfektiva dringen sowohl in Abszessmaterial als auch in die Bakterienzellen ein und werden deshalb mit Erfolg zur Behandlung der R. equi-Pneumonie eingesetzt. Die Anwendung einer Antibiotika- Kombinationstherapie von einem Makrolid (z.B. Erythromycin oder dessen halbsynthetisches Derivat Azithromycin) mit dem Ansamycin „Rifampicin“ hat sich besonders bewährt. Die Überlebensrate der an einer R. equi-Infektion erkrankten Fohlen konnte damit auf über 90 % gesteigert werden. Allerdings wurden auch Nachteile dieser Behandlung deutlich, denn die Erythromycin-Gabe ist nicht nur zeit- und kostenaufwendig, sondern sie kann auch zu lebensbedrohlichen Nebenwirkungen, beispielsweise einer Colitis, bei Fohlen und Mutterstute führen.

Azithromycin dagegen weist deutlich geringere Nebenwirkungen und bessere pharmakokinetische Eigenschaften, wie eine längere Halbwertszeit und eine hohe Anreicherung in den Alveolar-Makrophagen der Lunge von Fohlen, auf.

Auch Tulathromycin, ein neues Makrolid aus der Untergruppe der Triamilide, erscheint geeignet zur Behandlung der R. equi-Pneumonie. Dieser Wirkstoff ist seit 2004 für die Behandlung von Atemwegserkrankungen bei Rind und Schwein

(14)

zugelassen. Tulathromycin ist als 10%ige Lösung unter dem Handelsnamen Draxxin® auf dem Markt erhältlich.

Nach dem erfolgreichen Einsatz von Tulathromycin bei Atemwegserkrankungen bei Rind und Schwein folgte eine erste Studie zur klinischen Wirksamkeit von Tulathromycin in der Behandlung von Lungenabszessen bei Fohlen. Auch die ersten ermittelten pharmakokinetischen Daten nach einer Mono- bzw. Kombinationstherapie von Tulathromycin und Rifampicin lassen auf eine gute Wirksamkeit bei Fohlen schließen.

Ziel der vorliegenden Studie ist es, ausgewählte pharmakokinetische Parameter von Tulathromycin beim lungengesunden Fohlen nach wiederholter intramuskulärer Applikation ohne Einfluss anderer Antibiotika zu ermitteln. Dazu werden nach der Verabreichung von Tulathromycin die Konzentrationen des Wirkstoffes im Plasma und in den Zellen der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit bestimmt. Damit sollten erstmalig wichtige Daten ermittelt werden, aus denen sich eine angemessene Dosierung und ein optimales Verabreichungsintervall beim Fohlen ableiten lassen.

(15)

2 Schrifttum

2.1 Tulathromycin

Das zu den Triamiliden, einer Untergruppe der Makrolid-Antibiotika, gehörende Tulathromycin wurde für die Therapie und Metaphylaxe von bakteriellen Atemwegs- erkrankungen bei Rind und Schwein entwickelt. Die Besonderheit gegenüber anderen Makroliden besteht darin, dass nach einmaliger Injektion eine langanhaltende Wirkung von bis zu 15 Tagen erzielt wird (NOWAKOWSKI et al., 2004).

In Deutschland ist Tulathromycin seit 2004 als 10%ige Injektionslösung unter dem Handelnamen Draxxin® (Pfizer, Karlsruhe, Deutschland) erhältlich und zur Behandlung von Atemwegserkrankungen von Rind und Schwein zugelassen.

2.1.1 Geschichte der Entwicklung

Nach der Entdeckung des ersten Makrolid-Antibiotikums wurde ab 1952 zunächst nur Erythromycin viele Jahre lang eingesetzt. Erst ab Mitte der 80er Jahre wurden neue Forschungsansätze zur Entwicklung von halbsynthetischen Derivaten des Erythromycins wie beispielsweise Azithromycin oder Clarithromycin verfolgt. Die Abkömmlinge zeigten aufgrund der verbesserten pharmakokinetischen Eigenschaften nicht nur eine bessere Wirksamkeit, sondern auch eine Reduktion der Nebenwirkungen im Vergleich zu Erythromycin (JACKS et al., 2001; DAVIS et al., 2002; JACKS et al., 2002; WOMBLE et al., 2006a).

Auf der Suche nach einem neuen Makrolid mit verbesserter Gewebeverteilung und verlängerter Halbwertszeit bei gleichzeitig erhöhter Wirksamkeit gegenüber bakteriellen Erregern (z.B. Pasteurella multocida) von Atemwegserkrankungen bei Rind und Schwein wurden die Triamilide entdeckt (BENCHAOUI et al., 2004).

Triamilide sind halbsynthetische Derivate des Erythromycins (NORCIA et al., 2004).

Als erster Vertreter dieser neuen Gruppe wurde Tulathromycin entwickelt, welches aus einem Fermentationsprodukt des Erythromycins mit anschließender organischer Synthese gewonnen wird (TRAEDER u. GROTHUES, 2004).

(16)

Bis zur Entwicklung von Tulathromycin wurden die bei Rind und Schwein eingesetzten Antibiotika (z.B. Erythromycin, Tylosin oder Tilmicosin) über Futter oder Trinkwasser verabreicht (BENCHAOUI et al., 2004; NOWAKOWSKI et al., 2004).

Insbesondere bei kranken Tieren ist die Aufnahme von Futter und Wasser nicht immer gewährleistet und führt in Kombination mit einer geringeren Wirksamkeit der Makrolide nach oraler Gabe nicht immer zu einer erfolgreichen Behandlung. Deshalb standen bei der Entwicklung der Darreichungsform (einmalige Injektion ausreichend) eine gesicherte Aufnahme des Antibiotikums und eine Reduzierung von Behandlungsstress bei den kranken Tieren sowie eine Minimierung des Arbeitsaufwands durch eine einmalige Verabreichung bzw. Injektion im Vordergrund.

Durch die strukturellen Modifikationen, die zu einer erheblichen Verbesserung der pharmakokinetischen Eigenschaften geführt haben, konnte auch die Wirkstoffmenge gesenkt werden. So sind die Bakterien für eine lange Zeit einem im Vergleich zu Erythromycin (25 mg/kg KM) oder Azithromycin (10 mg/kg KM) niedrig dosiertem Wirkstoff Tulathromycin (2,5 mg/kg KM) ausgesetzt, der nicht nur die Bakterien wirkungsvoll in ihrem Wachstum hemmt sondern auch noch die Eigenschaft besitzt, die Bakterien abzutöten, während der erkrankte Organismus weniger belastet wird (CHARLES u. SEGRETI, 1997; EVANS, 2005).

2.1.2 Stoffklasse und Struktur

Die Charakteristika der zu den Antibiotika gehörenden Makrolide sind eine gute Penetration in Gewebe und Körperflüssigkeiten und ein daraus resultierendes großes Verteilungsvolumen. Die durch die Struktur entstehenden und dafür verantwortlichen Eigenschaften sind Lipophilie, Basizität und der begrenzte Grad an Ionisierung (PETERS et al., 1992; ANADÓN u. REEVE-JOHNSON, 1999).

Das Grundgerüst der Struktur der Makrolid-Antibiotika besteht aus einem zentralen mehrgliedrigen Laktonring. Dieser Laktonring variiert in der Anzahl der Kohlenstoffatome (C-Atome) und wird deshalb zur Klassifizierung der einzelnen Makrolide herangezogen (z.B. Erythromycin: 14 C-Atome, Azithromycin: 15 C-Atome oder Spiramycin: 16 C-Atome). Weiterhin kommen verschiedene Isomerformen bei den einzelnen Makroliden vor (LÖSCHER et al., 2002). Bei Tulathromycin

(17)

unterscheiden sich die beiden vorkommenden Isomere A und B in der Anzahl ihrer Kohlenstoffatome im Ring. In Abbildung 1 sind das aus einem 15gliedrigen Lactonring bestehende Isomer A und das aus einem 13gliedrigen Laktonring bestehende Isomer B dargestellt.

(18)

Abb. 1: Struktur von Tulathromycin (C41H79N3O12): Isomer A zu Isomer B im Verhältnis 90:10 (NOWAKOWSKI et al., 2004)

(19)

Eine weitere Besonderheit des Tulathromycins ist das ungleiche Verhältnis der beiden Isomere. In Lösung liegen Isomer A zu 90 % und Isomer B zu 10 % in einer stabilen Mixtur vor (TRAEDER u. GROTHUES, 2004). Unter physiologischen Bedingungen liegen beide Isomere vor, wobei Isomer A deutlich überwiegt. Es besteht gar kein oder nur ein geringer Einfluss der biologischen Matrix auf dieses Gleichgewicht. Lediglich das dominierende Isomer A wird bei der Analytik gemessen und ist für die pharmakokinetischen Eigenschaften von Tulathromycin verantwortlich (GÁLER et al., 2004).

Darüber hinaus sind weitere strukturelle Eigenschaften der Makrolide, wie die glykosidischen Bindungen des Laktonringes mit Neutral- und Aminozuckern, essentiell für die antibiotische Wirkung (LÖSCHER et al., 2002). Bei Tulathromycin wurde am vierten Kohlenstoffatom (C-4″) des Laktonringes erstmals eine (dritte) polare Aminogruppe angefügt. Um diese einmalige Struktur von den Azaliden und Makroliden abgrenzen zu können, wurde die Bezeichnung „Triamilid“ eingeführt (LETAVIC et al., 2002). Es besteht eine nahe Verwandtschaft zu den zwei Aminogruppen besitzenden Azaliden (z.B. Azithromycin), weshalb die neue Klasse auch als C-4″ modifizierte Azalid-Antibiotika bezeichnet wird (BRONK et al., 2003).

Wie bei den Azaliden liegt bei Tulathromycin eine Aminogruppe im Kern des Makrolides und eine Aminogruppe ist über einen Desosamin-Zucker mit dem Kern verbunden. Die dritte Aminogruppe (C-4″) ist über einen Cladinose-Zucker mit dem Kern des Makrolids verbunden.

Mit zunehmender Länge der Kohlenstoff-Kette (41 C-Atome bei Tulathromycin) kommt es zur Lipophilie, die für eine hohe Organverteilung sorgt, denn die Membranen lassen nur lipophile Stoffe passieren (TRAEDER u. GROTHUES, 2004).

Da die Aminogruppen basisch sind, führt die dritte Aminogruppe am C-4″ zu einer ansteigenden Basizität des Wirkstoffs. Dadurch sinkt dessen Fettlöslichkeit und seine Diffusionsfähigkeit durch die Zellwand der Bakterien wird vermindert (NORCIA et al., 2004). Im sauren Milieu sind die basischen Aminogruppen vollständig ionisiert (Entstehung einer Ladung durch Abtrennung eines Elektrons vom Molekül) und dreifach positiv geladen. Diese dreifach positiv geladene Form des Tulathromycins ist in der Lage die Magnesiumionen (Mg2+), die die äußere

(20)

Lipopolysaccharidmembran (LPS) der Bakterien stabilisieren, zu verdrängen und dadurch die einheitliche Struktur der LPS zu zerstören (NORCIA et al., 2004). Ein pH-Wert von 6,0 oder niedriger führt zur Inaktivität des Moleküls. Im alkalischen Milieu (pH 8,0) kommt es zu einer Abnahme der positiven Ladungen und zu einer partiellen Ionisation des Moleküls. Gleichzeitig steigt die Lipidlöslichkeit an, und führt zu einer besseren Penetration durch die innere und äußere Zellmembran der Bakterien (NORCIA et al., 2004).

Ebenfalls charakteristisch für die halbsynthetischen Derivate des Erythromycins sind die höheren Konzentrationen im peripheren Gewebe (z.B. Lunge oder Zellen des monozytären Phagozytensystems) und in Gewebsflüssigkeiten (z.B. pulmonary epithelial lining fluid, PELF) im Vergleich zum Plasma. Deshalb erlaubt die Konzentration dieser Wirkstoffe im Plasma keine zuverlässige Aussage über die klinische Wirksamkeit (WILLIAMS u. SEFTON, 1993; NIGHTINGALE, 1997).

In der Veterinärmedizin wurden nach dem jahrelangem Einsatz von Erythromycin zunächst nur Tylosin, Spiramycin und Tilmicosin bei Rind und Schwein eingesetzt (BENCHAOUI et al., 2004; GÁLER et al., 2004; NOWAKOWSKI et al., 2004). In den letzten Jahren gewinnen auch Azithromycin und Clarithromycin insbesondere im Rahmen der Rhodococcus equi-Therapie beim Fohlen zunehmend an Bedeutung (JACKS et al., 2001; DAVIS et al., 2002; JACKS et al., 2002; GIGUÈRE et al., 2004;

WOMBLE et al., 2006a).

2.1.3 Wirkspektrum

Makrolide sind wirksam gegenüber grampositiven Bakterien, einigen gramnegativen Bakterien und Anaerobiern sowie zellwandlosen Bakterien wie Mykoplasmen (LÖSCHER et al., 2002). Viele gramnegative Bakterien sind von Natur aus resistent gegenüber Makrolid-Antibiotika (CHARLES u. SEGRETI, 1997).

Das Wirkspektrum von Tulathromycin umfasst alle bei respiratorischen Erkrankungen von Rindern und Schweinen nachgewiesenen bakteriellen Pathogene (TRAEDER u.

GROTHUES, 2004). Dazu zählen beispielsweise Pasteurella multocida, Haemophilus somnus oder Actinobacillus pleuropneumoniae. In jüngster Vergangenheit erfolgte aufgrund der nachgewiesenen Wirksamkeit gegenüber

(21)

Moraxella bovis, dem Verursacher der Infektiösen Bovinen Keratokonjunktivitis (IBK) eine Zulassungserweiterung für Draxxin® (LANE et al., 2006).

Auch bei anderen Tierarten scheint Tulathromycin an therapeutischer Bedeutung zu gewinnen. Dieser Wirkstoff wird aufgrund der oben genannten pharmakokinetischen Eigenschaften bei Lungenabszessen beim Fohlen und bei der Pasteurellose bei Schafen und Ziegen erfolgreich eingesetzt (KERTH, 2005; WASHBURN et al., 2007).

Allerdings fehlen bei diesen Spezies ausreichende pharmakokinetische Daten, um richtige Dosierungs- und Verabreichungsintervalle zu bestimmen.

2.1.4 Wirkmechanismus

Makrolide sind meistens bakteriostatisch wirkende Antibiotika, und sie hemmen die lebensnotwendige Proteinsynthese der Bakterien.

Wie bei den anderen Makrolid-Antibiotika beruht die bakteriostatische Wirkung von Tulathromycin auf einer kovalenten Bindung an die 50S-Untereinheit im Peptidyltransferasezentrum der ribosomalen Ribonukleinsäure (RNA) der Bakterien.

Die Bindung verhindert den Transfer der neu entstehenden Peptidyl-transfer(t)RNA von der Akzeptorstelle zur Donorstelle am Ribosom. Durch eine Störung in der Elongationsphase kommt es somit zur Trennung der Peptidyl-tRNA vom Ribosom während der Translokation. Es werden nur kleine Peptide und keine hoch polymerisierten Ketten mehr gebildet (VANNUFFEL u. COCITO, 1996; ANADÓN u.

REEVE-JOHNSON, 1999).

Bei Tilmicosin und Tulathromycin wurde auch eine bakterizide Wirkung nachgewiesen (TRAEDER u. GROTHUES, 2004; EVANS, 2005). Im Vergleich zu Tilmicosin zeigt Tulathromycin in vitro eine höhere bakterizide Aktivität, denn es ist zum Beispiel auch gegen Tilmicosin-resistente Stämme von Pasteurella multocida wirksam (NORCIA et al., 2004). In mehreren in vivo Vergleichsstudien beim Rind (KILGORE et al., 2005a,b; NUTSCH et al., 2005; ROONEY et al., 2005;

SKOGERBOE et al., 2005; STEP et al., 2007; WELLMAN u. O’CONNOR, 2007) wurde die bessere Wirksamkeit von Tulathromycin gegenüber Tilmicosin bestätigt.

Diese Eigenschaft lässt sich durch die drei Aminogruppen des Tulathromycins

(22)

erklären, die die Penetration durch die äußere Membran der gramnegativen Bakterien erhöhen (TRAEDER u. GROTHUES, 2004; EVANS, 2005).

2.1.5 Minimale Hemmkonzentrationen

Die kleinste Konzentration eines antimikrobiellen Wirkstoffs, die eine Vermehrung der Erreger im Kulturansatz verhindert, wird als minimale Hemmkonzentration bezeichnet. Da Tulathromycin ein zeitabhängig wirksames Antibiotikum ist, muss die therapeutisch wirksame Konzentration für die Therapiedauer ununterbrochen höher als der MHK90-Wert des Erregers sein (TRAEDER u. GROTHUES, 2004). Der MHK90

bezeichnet die minimale Konzentration eines Antibiotikums, bei der 90 % der Bakterienisolate im Wachstum gehemmt werden.

Da aber die Makrolide und vor allem Tulathromycin die Eigenschaft besitzen, sich schnell in den Geweben zu verteilen, liegen die gemessenen Plasmakonzentrationen von Makroliden trotz guter klinischer Wirksamkeit nicht immer oberhalb der MHK.

Entscheidend für die antimikrobielle Wirksamkeit von Tulathromycin ist hauptsächlich der pH-Wert des umgebenden Mediums. Aufgrund der oben beschriebenen Struktur von Tulathromycin kommt es bei einer Änderung des pH-Wertes vom saurem (pH 6,0) zum alkalischen (pH 8,0) Milieu zu einer enormen Potenzierung der anti- biotischen Wirkung, die je nach Bakterienstamm bis zu 4.000mal höher sein kann.

Dabei kommt es zu einem starken Abfall der MHK gegenüber Tulathromycin von 512 µg/ml auf 0,125 µg/ml (NORCIA et al., 2004).

Die für Tulathromycin ermittelten minimalen Hemmkonzentrationen gegenüber den am häufigsten von Atemwegserkrankungen bei Rind und Schwein beteiligten Erregern sind in Tabelle 1 dargestellt. Für die Ermittlung der MHK von Tulathromycin wurden Bakterien-Stämme aus Europa (GODINHO et al., 2005; NANJIANI et al., 2005) und Amerika (EVANS, 2005) isoliert.

(23)

Tab. 1: Minimale Hemmkonzentrationen von einigen Atemwegserregern bei Rind und Schwein gegenüber Tulathromycin

Tierart Erreger

EVANS, 2005*

GODINHO et al., 2005*

NANJIANI et al., 2005

Rind M. haemolyticaa 2 µg/ml 2 µg/ml −

P. multocidab 1 µg/ml 1 µg/ml −

H. somnic 4 µg/ml 0,5-4 µg/ml −

M. bovisd 1 µg/ml − −

Schwein P. multocidab 2 µg/ml 2 µg/ml 0,25-1 µg/ml A. pleuropneumoniaee 32 µg/ml 4-16 µg/ml 2-4 µg/ml

H. parasuisf 2 µg/ml 4 µg/ml 4 µg/ml

B. bronchisepticag 8 µg/ml 4 µg/ml 4 µg/ml

M. hyopneumoniaeh − − 0,05-0,4 µg/ml

* Diese Autoren geben den MHK90 an.

aMannheimia(Pasteurella) haemolytica, bPasteurella multocida

cHistophilus somni (Haemophilus somnus), dMycoplasma bovis

eActinobacillus pleuropneumoniae, fHaemophilus parasuis

gBordetella bronchiseptica, hMycoplasma hyopneumoniae

Da es bisher noch nicht gelungen ist, die minimale Hemmkonzentration von Tulathromycin für Rhodococcus equi (R. equi) zu bestimmen (ROTHHAAR, pers.

Mitteilung), sind in Tabelle 2 die MHK90 von anderen Makroliden dargestellt. Die minimalen Hemmkonzentrationen in Tabelle 1 und Tabelle 2 lassen einen ebenfalls niedrigen MHK90 von Tulathromycin für R. equi vermuten. Der höchste MHK90 von

(24)

Azithromycin wurde für R. equi bei dem Wert von 4 µg/ml bestimmt und liegt damit im Bereich der MHK90, die für Tulathromycin in Tabelle 1 angegeben ist.

In einer Studie zur Wirksamkeit von Tilmicosin bei einer R. equi-Pneumonie

ermittelten WOMBLE et al. (2006b) eine minimale Hemmkonzentration von 32 µg/ml. Dieser Wert ist vergleichbar mit dem von EVANS (2005) angegebenen

Wert für A. pleuropneumoniae beim Schwein.

Tab. 2: Minimale Hemmkonzentrationen von R. equi für verschiedene Makrolide

Erythromycin Azithromycin Clarithromycin Studie

Anzahl der

Isolate MHK (µg/ml)

MHK90

(µg/ml)

MHK (µg/ml)

MHK90

(µg/ml)

MHK (µg/ml)

MHK90

(µg/ml) PRESCOTT

(1981) 51 < 0,25 − − − − −

NORDMANN u. RONCO

(1992)

5 0,06-0,25 − 0,06-0,25 0,25 0,12-0,25 −

JACKS et al.

(2003) 64 − ≤ 0,25 − 1 − 0,12

ROTHHAAR

(2006) 127 0,12-0,5 0,25-0,5 0,5-4 4 0,03-0,12 0,06 MHK: minimale Hemmkonzentration; R. equi: Rhodococcus equi

2.1.6 Pharmakodynamik

Die Pharmakodynamik untersucht den Einfluss von Arzneistoffen auf den Organismus. Dieses Teilgebiet der Pharmakologie beschäftigt sich neben der Dosis- Wirkungsbeziehung und dem Wirkmechanismus (s.o.) mit den Nebenwirkungen (s.u.) und der Toxikologie eines Arzneistoffes (DERENDORF et al., 2002).

(25)

Die neueren Makrolide (Derivate des Erythromycins) akkumulieren in den Zellen des monozytären Phagozytensystems. Diese Zellpopulation setzt sich aus überwiegend sesshaften Makrophagen, mobilen Monozyten, neutrophilen und eosinophilen Granulozyten sowie Lymphozyten zusammen. Die Makrolide reichern sich besonders in den Alveolar-Makrophagen der Lunge an. Bei einer bakteriellen Infektion wandern die Immunzellen als Antwort auf die Entzündung in das erkrankte Gewebe ein und dienen gleichzeitig als Transportmittel für die Makrolide zum Ort der Infektion. Durch die anschließende Abgabe des Wirkstoffs entsteht eine schnelle Anreicherung und Verteilung im Gewebe (CARBON, 1998; TRAEDER u. GROTHUES, 2004). Toxine von gramnegativen Bakterien (z.B. Leukotoxin) verursachen eine Auflösung der mit Antibiotika beladenen Phagozyten und lösen eine erhöhte Freisetzung des Wirkstoffs am Infektionsort aus (EVANS, 2005). Im erkrankten Gewebe wird so eine 4,1-4,8fach erhöhte Tulathromycin-Konzentration im Vergleich zu gesundem Gewebe erreicht (TRAEDER u. GROTHUES, 2004). Durch diese erhöhte intrazelluläre Anreicherung werden die Bakterien in den phagozytierenden Immunzellen erfolgreich bekämpft.

In einem Versuch wurden mit Erythromycin und mit Tulathromycin beladene neutrophile Granulozyten vom Rind bei 39°C vier Stunden inkubiert (SIEGEL et al., 2004). Anschließend wurde das Verhältnis von intra- zu extrazellulärer Makrolid- Konzentration ermittelt. Dabei ließ sich nachweisen, dass Erythromycin nur dreifach intrazellulär kumuliert, während bei Tulathromycin eine 26fache und somit signifikant (P < 0,01) höhere Anreicherung in den Zellen nachgewiesen wurde. Bei einem Versuch zur zeitlichen Bestimmung der Abgabe der Antibiotika von neutrophilen Granulozyten an die Umgebung zeigte sich, dass Tulathromycin die Zellen langsamer verlässt als Erythromycin (SIEGEL et al., 2004). Diese verzögerte Abgabe in die extrazelluläre Umgebung stellt eine Eigenschaft von hoher therapeutischer Bedeutung dar. In den neutrophilen Granulozyten des Schweins kommt es im Vergleich zum Rind zu einer geringeren Anreicherung von Tulathromycin. Beim Schwein wurde eine 17fache und beim Rind, wie bereits erwähnt, eine 26fache intrazelluläre Kumulation von Tulathromycin festgestellt. Nach einer vierstündigen Inkubation von Alveolar-Makrophagen mit Tulathromycin konnte beim Rind eine

(26)

19fache und beim Schwein eine achtfache intrazelluläre Anreicherung nachgewiesen werden (SIEGEL et al., 2004).

Auch beim Fohlen kumuliert Tulathromycin um ein Vielfaches in den Zellen der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit (SCHEUCH et al., 2007).

2.1.7 Pharmakokinetik von Tulathromycin beim Tier

2.1.7.1 Allgemeine Pharmakokinetik

Als Teilgebiet der Pharmakologie beschreibt die Pharmakokinetik den Einfluss des Organismus auf Arzneistoffe. Nach der Applikation durchläuft der Wirkstoff unabhängig von der Applikationsart verschiedene Prozesse. Zunächst wird der Arzneistoff je nach Applikationsort unterschiedlich schnell resorbiert. Dann folgt die Disposition, die sich aus der Verteilung und der Elimination des Pharmakons zusammensetzt. Nach der Disposition kommt es zum Metabolismus und schließlich zur Ausscheidung des Wirkstoffs und seiner Metabolite auf unterschiedlichen Wegen (z.B. Fäzes, Urin, Leber und/oder Galle). Ziel der Pharmakokinetik ist es, Beziehungen zur Pharmakodynamik herzustellen und ein optimales Dosierungs- schema zu entwickeln (DERENDORF et al., 2002).

In der Pharmakokinetik wird der Organismus als ein System von einzelnen Kompartimenten gesehen, die nicht immer auch eine physiologische Grundlage besitzen (DERENDORF et al., 2002). Als Funktion der Zeit lässt sich der zeitliche Verlauf der Arzneistoff-Konzentration in verschiedenen Körperflüssigkeiten (z.B.

Plasma oder Urin) darstellen und beschreibt so das kinetische Verhalten des jeweiligen Arzneistoffes. Im Folgenden wird das Plasma als Beispiel für eine Körperflüssigkeit gewählt, die auch in der vorliegenden Studie verwendet wurde.

Dabei kann die Konzentrations-Änderung in einem oder mehreren Kompartimenten betrachtet werden. Demgegenüber steht das in dieser Studie angewendete nicht- kompartimentelle Modell, bei dem auf die Darstellung von Kompartimenten verzichtet wird. Dieser Ansatz ist in der Regel nur bei Vorliegen einer linearen Pharmakokinetik gewährleistet (DERENDORF et al., 2002). Eine lineare Pharmakokinetik liegt vor, wenn die Disposition eines Pharmakons nach einer Kinetik erster Ordnung

(27)

mechanismen durch den Arzneistoff im Organismus zu einer Kinetik nullter Ordnung, liegt eine nichtlineare Pharmakokinetik vor. Die Verteilung und Elimination vieler Arzneistoffe lässt sich mittels einer Kinetik erster Ordnung beschreiben. Bei dieser Kinetik ist die Geschwindigkeit der sich verändernden Arzneistoff-Konzentration nicht konstant und direkt proportional zu der vorliegenden Konzentration. Während der Elimination wird pro Zeiteinheit ein konstanter Anteil des Arzneistoffes ausgeschieden und mittels der Eliminationskonstante kel beschrieben. Graphisch stellt sich eine Konzentrations-Zeit-Kurve als Exponentialfunktion dar (DERENDORF et al., 2002). Dazu wird die Zeit (Abszisse) gegen die Konzentration des Arzneistoffes (Ordinate) aufgetragen (Abbildung 2).

Cmax: Maximalkonzentration; tmax: Zeitpunkt der Maximalkonzentration;

AUC: Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve („area under the curve“) Abb. 2: Darstellung pharmakokinetischer Parameter (FICHTL, 2005)

Häufig wird jedoch eine halblogarithmische Darstellung der Funktion gewählt, da die entstehende annähernde Gerade die Berechnung anderer pharmakokinetischer

(28)

Parameter erleichtert. Die Steigung der Funktion beträgt in diesem Fall

303 , 2

kel

− und

der Achsenabschnitt auf der Ordinate entspricht C0. Als C0 wird die Konzentration zum Zeitpunkt Null bezeichnet (DERENDORF et al., 2002).

Anhand einer Eintragung der gemessenen Konzentrationen zu festgelegten Zeitpunkten in ein Diagramm, lassen sich einige Parameter, wie die maximale Arzneistoff-Konzentration (Cmax) und die Zeit bis zum Erreichen der maximalen Arzneistoff-Konzentration (tmax), direkt ablesen. Cmax wird hauptsächlich von der Geschwindigkeit und dem Ausmaß der Resorption beeinflusst. Oft lässt dieser pharmakokinetische Parameter Rückschlüsse auf die Intensität von erwünschten und unerwünschten Nebenwirkungen (pharmakodynamische Effekte) zu. Sowohl die Resorptions- als auch die Eliminations-Geschwindigkeit haben Einfluss auf tmax. Nur wenn genügend Messpunkte im Bereich von tmax vorhanden sind, lassen sich Cmax

und tmax zuverlässig bestimmen (DERENDORF et al., 2002).

Mittels einer Exponentialfunktion kann die Arzneistoff-Konzentration C zu jedem Zeitpunkt tn berechnet werden: C=C0⋅expkeltn.

Die letzte bestimmte Arzneistoff-Konzentration Clast zum Zeitpunkt tlast ist für die Berechnung anderer pharmakokinetischer Parameter von großer Bedeutung und wird gleichermaßen ermittelt: Clast =C0⋅expkeltlast.

Die Zeitspanne, in der die Konzentration um die Hälfte ihres ursprünglichen Wertes abgenommen hat, wird als Halbwertszeit (t1/2) bezeichnet. Bei Vorliegen einer Kinetik erster Ordnung ist t1/2 konstant und umgekehrt proportional zur Eliminations- konstanten kel. Die Berechnung erfolgt nach der Formel:

el el

2 /

1 k

693 , 0 k

2

t =ln = .

Die Halbwertszeit hängt nicht nur von der Eliminationsleistung des Organismus, sondern auch von der Verteilung des Pharmakons ab. Deshalb ist t1/2 eines Wirkstoffes umso länger, je geringer die Elimination und je größer das Verteilungsvolumen ist. Die Halbwertszeit verändert sich nur, wenn einer der beiden Faktoren variiert (DERENDORF et al., 2002). Dies muss bei der mehrmaligen Dosierung eines Arzneimittels beachtet werden, denn wenn die Halbwertszeit

(29)

verlängert ist, muss unter Umständen die sogenannte Erhaltungsdosis verringert werden. Die Erhaltungsdosis ist die Dosis, die notwendig ist, um eine bestimmte therapeutisch wirksame Konzentration aufrechtzuerhalten (FICHTL, 2005).

Wird ein Wirkstoff wiederholt in einem Zeitabstand gegeben, der zu kurz für seine vollständige Elimination ist, kommt es zur Addition dieses Wirkstoffes. Bei diesem Vorgang wird von einer Kumulation gesprochen. Da die Menge des Pharmakons im Organismus nicht unbegrenzt ansteigt, stellt sich ein Gleichgewicht gemäß dem Prinzip der Elimination erster Ordnung ein. Dabei fluktuiert der Plasmaspiegel zwischen einem konstanten Maximum Cmax und einem konstantem Minimum Cmin. Unmittelbar nach der jeweils letzten Gabe wird Cmax und unmittelbar vor der nächsten Applikation wird Cmin erreicht. Die Dosis und das Dosierungsintervall müssen so gewählt werden, dass die gemessene Konzentration noch oberhalb der minimalen effektiven Plasma-Konzentration liegt und die minimale toxische Konzentration noch nicht erreicht ist (DERENDORF et al., 2002). Bei der Annahme, dass die minimal toxische Wirkstoff-Konzentration viermal so hoch wie die minimal effektive Konzentration ist, lässt sich das Dosierungsintervall τ wie folgt berechnen:

2 / 1 el

el

t k 2

2 ln 2 k

4

ln × = ×

=

=

τ .

Zwei weitere wichtige pharmakokinetische Parameter sind die Gesamtfläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve („area under the curve“, AUC) und die Gesamtfläche unter der ersten Moment-Kurve („area under the first moment-curve, AUMC).

Die Gesamtfläche unter der Plasmaspiegel-Kurve (area under the curve, AUC) wird als Integral der Konzentration über die Zeit dargestellt und setzt sich aus zwei Abschnitten zusammen: AUC0 =AUC0tn +AUCtlast.

Der erste Abschnitt

tn

AUC0 wird mit Hilfe der ermittelten Wirkstoff-Konzentrationen bis zum letzten experimentell bestimmten Punkt Clast nach der sogenannten Trapezregel berechnet. Dabei kann die lineare Methode angewendet werden, bei der die Trapezfläche zwischen zwei Messpunkten bestimmt wird:

( ) ( )

=

+

+

= n1 +

0 i

i 1 i i 1 i t

0 2

t t C AUC C

n .

(30)

Der terminale Flächenanteil, der sich nicht mit der Trapezregel erfassen lässt, wird mittels des letzten gemessenen Konzentration Clast und der aus der Steigung der Konzentrations-Zeit-Kurve berechneten terminalen Eliminationskonstanten kel

bestimmt:

el t last

k AUC C

last = .

Dieser sogenannte extrapolierte Abschnitt sollte nicht über 20% an der Gesamtfläche übersteigen, da sonst keine zuverlässige Bestimmung der Gesamt-AUC garantiert werden kann (DERENDORF et al., 2002).

Nach wiederholter Applikation eines Arzneistoffes (Steady State) lässt sich mittels der AUCSiD und dem gewählten Dosierungsintervall τ ein durchschnittlicher Plasma- Konzentrations-Spiegel Cav im Steady State berechnen:

= τSiD

av

C AUC .

Bei C handelt es sich um einen Durchschnittswert, der nichts über die Fluktuation av der Arzneistoff-Konzentration im Plasma aussagt. Auch dieser Wert wird unabhängig von der Zahl möglicher kinetischer Kompartimente (nicht-kompartimentelles Modell) berechnet.

Die AUC verändert sich proportional zur Arzneistoffmenge, die in die systemische Zirkulation gelangt. Deshalb lässt sich anhand der AUC die Bioverfügbarkeit F bestimmen. Um die absolute Bioverfügbarkeit F (%) nach einer nicht-intravenösen Applikation zu berechnen, werden die Dosis und die AUC sowohl nach einer nicht- intravenösen als auch nach einer intravenösen Gabe benötigt (DERENDORF et al., 2002).

Die Gesamtfläche unter ersten Moment-Kurve (AUMC) entspricht der entstehenden Fläche, wenn das Produkt aus Plasmaspiegel und Zeit gegen die Zeit aufgetragen wird. Die Gesamt-AUMC besteht, wie die AUC, aus zwei Abschnitten, die entsprechend berechnet werden: AUMC0 =AUMC0tn +AUMCtlast.

Wie bei der AUC wird der erste Teil der Kurve mittels der Trapezregel und der terminale Teil mittels der Eliminationskonstanten kel berechnet:

=

+ +

+

+

+ +

+

= n1

0 i

1 i i i 1 i i 1 i i 1 i t

0 6

)) C C 2 ( t ) C 2 C ( t )(

t t AUMC (

n ;

(31)

⎟⎟⎠

⎜⎜ ⎞

⎛ +

=

el

last el last

t k

t 1 k AUMC C

last

Der terminale Flächenanteil der AUMC ist immer größer als der entsprechende Anteil der AUC. Diese Tatsache wird durch den Faktor ⎟⎟

⎜⎜ ⎞

⎛ +

el last k

t 1 deutlich.

Das Verteilungsvolumen (Vd) als weiterer wichtiger Parameter in der Pharmakokinetik gibt Informationen über die Verteilung des Arzneistoffes im Körper.

Vd ist ein Proportionalitätsfaktor, der die Einheit eines Volumens hat und die gemessene Arzneistoff-Konzentration C in Bezug zur Gesamtarzneistoff-Menge X setzt:

C Vd= X.

Bei der Verteilung kann es sowohl zu einer gleichmäßigen (homogenen) als auch zu einer ungleichmäßigen (inhomogenen) Lösungsverteilung kommen. Wird ein Wirkstoff im Gewebe gebunden, so kommt es zu einer Verringerung der Arzneistoff- Konzentration im Blut und zu einem Anstieg der Konzentration im Gewebe. Daraus resultiert eine Zunahme des Verteilungsvolumens und somit eine inhomogene Verteilung. Das bedeutet, je niedriger die Konzentration des Pharmakons im Blut ist, desto höher ist die Wirkstoff-Konzentration in den Geweben und damit das Verteilungsvolumen. Deshalb wird Vd auch als „scheinbares“ Verteilungsvolumen bezeichnet, denn es entspricht dem Volumen, das bei einer homogenen Lösung entsprechender Konzentration nötig wäre, um die insgesamt vorhandene Arzneistoffmenge zu enthalten (DERENDORF et al., 2002).

Die Berechnung des Verteilungsvolumens bei einem nicht-kompartimentellen Modell erfolgt mittels der verabreichten Dosis D nach folgender Formel: 2

AUC AUMC Vd=D× . Ein weiterer wichtiger pharmakokinetischer Parameter ist die Clearance (Cl), die ein Maß für die Ausscheidungsgeschwindigkeit ist. Sie entspricht dem Volumen der untersuchten Körperflüssigkeit, das pro Zeiteinheit von dem Arzneistoff „geklärt“, d.h.

von ihr befreit, wird. Bei einer linearen Kinetik ist sie konzentrationsunabhängig, da das geklärte Volumen pro Zeiteinheit unabhängig von der Konzentration immer

(32)

gleich bleibt. Die maximale Clearance wird durch die Durchblutungsgeschwindigkeit des jeweiligen Organs bestimmt (DERENDORF et al., 2002).

2.1.7.2 Pharmakokinetische Daten im Plasma

Um die pharmakokinetischen Daten von Tulathromycin aus Blut- und Gewebeproben zu ermitteln, wird ein den Eigenschaften des Wirkstoffs angepasstes Verfahren benötigt. Eine bereits existierende analytische Methode für die Bestimmung der Konzentration von Azithromycin (und anderen Makroliden) aus diesen Proben ist die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie mit doppelter Massenspektroskopie (high- performance liquid chromatography: HPLC-MS/MS). Dieses Verfahren wurde gewählt, da Azithromycin dem Tulathromycin strukturell ähnlich ist. Der Einsatz der HPLC-MS/MS hat sich auch bei der Bestimmung der Konzentration von Tulathromycin in Proben aus Plasma und Lungenhomogenaten von Rind und Schwein bewährt (BENCHAOUI et al., 2004; NOWAKOWSKI et al., 2004). Diese Methode wurde zur Bestimmung der Tulathromycin-Konzentration von GÁLER et al.

(2004) ausführlich beschrieben.

NOWAKOWSKI et al. (2004) führten die erste veröffentlichte Studie zur Bestimmung der Bioverfügbarkeit und der Pharmakokinetik von Tulathromycin im Plasma und in der Lunge beim Rind nach einer einmaligen Verabreichung in einer für den Handel vorgeschlagenen Dosierung durch. Gleichzeitig veröffentlichten BENCHAOUI et al.

(2004) eine vergleichbare Studie beim Schwein.

Die ersten pharmakokinetischen Daten von Tulathromycin beim Fohlen wurden von HÖHENSTEIGER (2005) beschrieben. Die ermittelten Werte der oben erwähnten pharmakokinetischen Parameter für Tulathromycin im Plasma für Rind, Schwein und Fohlen sind in Tabelle 3 dargestellt.

(33)

Tab. 3: Pharmakokinetische Daten von Tulathromycin (2,5 mg/kg) im Plasma von Rind bzw. Schwein und Fohlen nach subkutaner bzw.

intramuskulärer Gabe

Tierart Rind (s.c.) Schwein (i.m.) Fohlen (i.m.)

Studie

NOWAKOWSKI et al. (2004)

GÁLER et al. (2004)

BENCHAOUI et al.

(2004)

GÁLER et al.

(2004)#

HÖHENSTEIGER (2005)

Cmax (ng/ml) 500 300 616 1.100 584

tmax (min) 30 43 15 20 40

t1/2 (h) 90 110 91 57 129

AUC0-∞

(ng x h/ml) 16.700 12.000 12.200 9.000 20.000

Vd (l/kg) 11,1* − 13,2* − −

F (%) 91 − > 87 − −

*Ermittlung im Steady State nach intravenöser Applikation

#Dosierung beim Schwein: 2,2 mg/kg KM i.m.

s.c.: subkutan, i.m.: intramuskulär

Cmax: maximale Plasma-Konzentration, tmax: Zeit bis zum Erreichen von Cmax,

t1/2: Halbwertszeit der Elimination, AUC0-∞: Fläche unter der Konzentration-Zeit-Kurve vom Zeitpunkt 0 bis unendlich, Vd: scheinbares Verteilungsvolumen im Steady State, F: Bioverfügbarkeit

(34)

Die maximale Plasma-Konzentration (Cmax) von Tulathromycin wird innerhalb einer Stunde (Zeitmaximum tmax < 1 Stunde) erreicht. Die ermittelten maximalen Plasmakonzentrationen und die dazu gehörigen Zeitmaxima unterscheiden sich nur wenig bei den einzelnen Tierarten. Bei einer intravenösen (i.v.) Gabe wird C0

bestimmt, denn die höchste Konzentration ist unmittelbar nach Verabreichung zu messen. Da sich der Wirkstoff sofort im Plasma verteilt, folgt eine kürzere Halbwertszeit als nach subkutaner (s.c.) bzw. intramuskulärer (i.m.) Applikation (BENCHAOUI et al., 2004; NOWAKOWSKI et al., 2004).

Die Halbwertszeiten der Tulathromycin-Konzentration bei Schweinen werden mit 75,6 Stunden nach i.m. und 67,5 Stunden nach i.v. Gabe in der Studie von BENCHAOUI et al. (2004) angegeben.

Vergleichbare Halbwertszeiten finden sich nach einer s.c. bzw. i.v. Injektion beim Rind. Nach subkutaner Gabe wird eine gemittelte Halbwertszeit von 92 Stunden errechnet, nach intravenöser Applikation ein Mittelwert von 65 Stunden (NOWAKOWSKI et al., 2004).

Die Bestimmung des scheinbaren Verteilungsvolumens Vd erfolgt nach i.v. Injektion.

Im Vergleich einer i.m. mit einer i.v. Injektion beim Schwein finden sich in der AUC keine signifikanten Unterschiede (P > 0,05) (BENCHAOUI et al., 2004). Die Bioverfügbarkeit (weit über 80 %) von Tulathromycin ist sowohl beim Rind als auch beim Schwein sehr hoch.

2.1.7.3 Pharmakokinetische Daten in der Lunge

Die Pharmakokinetik von Tulathromycin im Lungengewebe von Rind und Schwein wurde anhand der Bestimmung der Konzentration des Wirkstoffes im Lungengewebe von zu diesem Zweck euthanasierten Tieren bestimmt. Das homogenisierte Lungengewebe bildet eine Zusammensetzung nach intra- und extrazellulärer Wirkstoff-Penetration und liefert Ergebnisse, die diffizil zu interpretieren sind (BENCHAOUI et al., 2004). In den Lungenhomogenaten vom Rind wurde nach einmaliger subkutaner Gabe von Tulathromycin (2,5 mg/kg KM) ein Cmax von 4.620 ng/g nach 24 Stunden bei einem einzelnen Tier bestimmt. Am Ende der Studie (tmax = 360 Stunden) lag der niedrigste Einzelwert immer noch bei 795 ng/g

(35)

Lungenhomogenat (NOWAKOWSKI et al., 2004). Sechs Tage nach der Injektion wurde beim Schwein (2,5 mg/kg KM) eine mittlere Konzentration von 1.700 ng/g und nach zehn Tagen, mit Ausnahme von zwei Tieren eine Konzentration von über 1.000 ng/g Lungenhomogenat gemessen (BENCHAOUI et al., 2004).

Eine langsame Abnahme der Tulathromycin-Konzentration im Lungengewebe spiegelt sich in einer langen Halbwertszeit t1/2 von etwa acht Tagen beim Rind und etwa sechs Tagen beim Schwein wider (BENCHAOUI et al., 2004; NOWAKOWSKI et al., 2004).

Bei der Ermittlung der AUC der Lunge wurden höhere Werte als im Plasma festgestellt. In Tabelle 4 sind die im Lungengewebe bestimmten pharmakokinetischen Parameter von Tulathromycin von Rind und Schwein zusammengefasst.

Im Vergleich zu der Tulathromycin-Konzentration im Plasma nach einmaliger subkutaner Gabe beim Rind (2,5 mg/kg KM) ist der Wirkstoffspiegel in der Lunge nach 15 Tagen 220mal so hoch (NOWAKOWSKI et al., 2004)

(36)

Tab. 4: Pharmakokinetische Daten von Tulathromycin (2,5 mg/kg KM) in der Lunge von Rind und Schwein

Tierart Rind (s.c.) Schwein (i.m.)

Studie NOWAKOWSKI

et al. (2004)

GÁLER et al.

(2004)

BENCHAOUI et al. (2004)

GÁLER et al.

(2004)#

Cmax (ng/ml) 4100 2700 3470 1160

tmax (h) 24 − 24 −

t1/2 (h) 184 − 142 −

AUC0-∞ (ng x h/ml) 1.230.000 − 749.000 −

AUCLunge:AUCPlasma 73,7 80 61,4 130

#Dosierung Schwein: 2,2 mg/kg; s.c.: subkutan, i.m.: intramuskulär

Cmax: maximale Plasma-Konzentration, tmax: Zeit bis zum Erreichen von Cmax,

t1/2: Halbwertszeit der Elimination, AUC0-∞: Fläche unter der Konzentration-Zeit-Kurve vom Zeitpunkt 0 bis unendlich, AUCLunge: Fläche unter der Konzentration-Zeit-Kurve der Lunge, AUCPlasma: Fläche unter der Konzentration-Zeit-Kurve im Plasma

Beim Fohlen wurden im Vergleich zu den Lungenhomogenaten Spülproben nach einer bronchoalveolären Lavage ausgewertet (HÖHENSTEIGER, 2005). In den nach Zentrifugation gewonnen Zellen und dem Überstand wurden hohe Tulathromycin- Konzentrationen festgestellt. Vierundzwanzig Stunden nach einmaliger i.m. Wirkstoff- Gabe betrug die Konzentrationen in den Zellen 246,2 ± 97,9 ng/109 Zellen und im Überstand 37,1 ± 19,0 ng/ml. Nach acht Tagen konnte in den Zellen eine Tulathromycin-Konzentration von 392,8 ± 250,5 ng/109 Zellen und im Überstand eine Konzentration von 12,4 ± 7,7 ng/ml ermittelt werden (HÖHENSTEIGER, 2005).

(37)

2.1.7.4 Verstoffwechselung und Ausscheidung

In der Leber von Rind und Schwein wird Tulathromycin geringfügig (< 10 %) durch N-Demethylation und N-Oxidation metabolisiert (TRAEDER u. GROTHUES, 2004).

Die Exkretion über Niere und Darm erfolgt langsam, aber vollständig. Beim Rind wurden innerhalb von 40 Tagen etwa 70 % der verabreichten Dosis ausgeschieden, wobei 40 % im Urin und 32 % im Kot zu finden waren. Beim Schwein wurden binnen 23 Tagen 2/3 der verabreichten Dosis mit dem Kot und 1/3 im Urin ausgeschieden (EMEA, 2004). Zu ca. 90 % wird Tulathromycin in aktiver Form über die Galle mit den Fäzes ausgeschieden (TRAEDER u. GROTHUES, 2004) bzw. hauptsächlich unverändert mit Fäzes und Harn ausgeschieden (EVANS, 2005). Zur Verstoffwechselung von Tulathromycin beim Fohlen liegen bisher keine Daten vor.

2.1.8 Anwendungsgebiete und Dosierung beim Tier

Die weite Verteilung und die hohe Konzentrationen im Gewebe von Tulathromycin sind beste Voraussetzungen für eine hohe Wirksamkeit gegenüber pathogenen Erregern der Atemwege bereits nach einer einmaligen Applikation (EVANS et al., 2004; NANJIANI et al., 2005). Eine 10%ige (100 mg/ml) Injektionslösung von Tulathromycin ist unter dem Handelsnamen Draxxin® (Pfizer, Karlsruhe) als gebrauchsfertige, sterile wässrige Lösung erhältlich. Dieses Präparat ist zugelassen für die Behandlung von Atemwegserkrankungen bei Rind und Schwein sowie zur Behandlung der Infektiösen Bovinen Keratokonjunktivitis (IBK). Die Applikation erfolgt subkutan am Hals beim Rind und intramuskulär in den Ohrgrund beim Schwein. Die empfohlene Dosierung von 2,5 mg/kg KM entspricht 1,0 ml pro 40 kg Körpergewicht.

Tulathromycin besitzt eine gute chemische Stabilität, ist bei Raumtemperatur (≤ 25°C) 36 Monate haltbar, lichtstabil und in durchsichtigen Flaschen verpackt. In seiner rohen Form ist Tulathromycin ein weißes, kristallines Pulver, das bei einem pH-Wert von 8,0 oder niedriger gut in Wasser löslich ist (EVANS, 2005). Im Gegensatz zu anderen Antibiotika wie Tilmicosin oder Florfenicol lässt sich Tulathromycin aufgrund seiner niedrigen Viskosität über eine weite Temperaturspanne gut verabreichen (EVANS, 2005).

(38)

Bei Fohlen wurde Tulathromycin in der Dosierung von 2,5 mg/kg KM zur Behandlung von abszedierenden Pneumonien im Vergleich zur Antibiotika-Kombination Azithromycin/Rifampicin eingesetzt. Dabei zeigte die Monotherapie mit Tulathromycin eine vergleichsweise gute Wirksamkeit (KERTH, 2005; VENNER et al., 2006). Nach intramuskulärer Verabreichung von Tulathromycin kommt es auch beim Fohlen zu einer schnellen Absorption vom Injektionsort, einer weiten Verteilung im Gewebe sowie einer langsamen Elimination (SCHEUCH et al., 2007).

Allerdings fehlen noch genaue pharmakokinetische Daten bei Fohlen, die es erlauben, eine optimale Dosierung und genaue Verabreichungsintervalle zu definieren.

Eine veröffentlichte Studie zur Applikation von Tulathromycin bei Ziegen zeigt, dass der Anwendungsbereich für Tulathromycin noch nicht vollständig erschlossen wurde (WASHBURN et al., 2007).

Applikation beim Fohlen

Beim Fohlen ist die intramuskuläre Injektion an mehreren Stellen möglich, jedoch nennen KOTERBA et al. (1990) die Region der langen Sitzbeinmuskulatur (Musculus semimembranosus, Musculus semitendinosus) als wahrscheinlich sicherste Stelle beim neonaten Fohlen. WILLIAMS (1995) nennt als Vorteile eine große Muskelmasse der Fohlen an dieser Stelle sowie eine günstige Drainage im Falle eines Abszesses. Ein Nachteil bei abgemagerten Fohlen ist die Nähe zum Ischias- Nerv (Nervus ischiadicus), auch wenn die Methode als sicher beschrieben wird. Da bei jungen Fohlen sowohl die Brust- als auch die Halsmuskulatur noch nicht gut entwickelt sind, sollte die Applikation in die Muskelmasse im Bereich der Sitzbeinmuskulatur bevorzugt werden. So werden Schädigungen im Bereich der Halswirbel und des Nackenbandes (Ligamentum nuchae) durch die Injektionslösung vermieden (WILLIAMS, 1995).

2.1.9 Nebenwirkungen

In verschiedenen toxikologischen Studien wurde eine gute Verträglichkeit von Tulathromycin bei Rind, Schwein, Hund und Ratte nachgewiesen (TRAEDER u.

(39)

GROTHUES, 2004). Das hepatotoxische Potential der Makrolide ist als gering einzustufen (PERITI et al., 1993) und eine Kardiotoxizität von Tulathromycin in der zugelassenen Formulierung nach intravenösen Injektionen bei Rind und Schwein ist nicht nachweisbar (BENCHAOUI et al., 2004; TRAEDER u. GROTHUES, 2004). Systemisch wird eine Gabe bis zum zehnfachen der empfohlenen Dosierung gut vertragen (EVANS, 2005). Hinweise auf eine teratogene, fötotoxische oder maternotoxische Wirkung bei Labortieren sowie genotoxische, karzinogene oder neurotoxische Effekte bei den oben erwähnten Tierarten finden sich nicht (EMEA, 2004). Als einzige unerwünschte Wirkung von Tulathromycin wurden eine lokale Reaktion nach subkutaner Gabe in Form von Schwellung und Schmerzen an der Injektionsstelle bei Verabreichung von mehr als 10,0 ml beim Rind beschrieben (TRAEDER u. GROTHUES, 2004). Nach einer einmalig subkutan verabreichten Dosis von 2,5 mg/kg traten bei 14 % der behandelten Rinder Schwellungen an der Injektionsstelle auf. Bei häufigerer Applikation wurden keine anderen Reaktionen beobachtet. Auch bei Schweinen sind nur mikroskopisch pathologische Gewebereaktionen nachzuweisen. Häufig verabreichte Dosen führten zu Schmerzreaktionen, Lahmheiten und Beeinträchtigungen des Allgemeinbefindens.

Die empfohlene Dosierung führte bei diesen Tieren zu keiner sichtbaren Reaktion an der Injektionsstelle (TRAEDER u. GROTHUES, 2004). Auch BENCHAOUI et. al.

(2004) stellten in ihrer Studie an Schweinen keine unerwünschten Nebenwirkungen fest.

Beim Fohlen wurden ähnliche lokale Nebenwirkungen wie beim Rind beschrieben.

Nach 12 von 279 Injektionen von Tulathromycin in die lange Sitzbeinmuskulatur bei 37 Fohlen kam es zu geringgradigen Schwellungen, jedoch nicht zu Wärme und Schmerzhaftigkeit (VENNER et al., 2006). Lediglich ein Fohlen zeigte eine deutliche Schwellung sowie eine mittelgradige Lahmheit und Fieber, die sich ohne eine weitere Behandlung normalisierten. Es ist nicht nachgewiesen, ob die Schwellungen aufgrund von Tulathromycin oder durch die Manipulation des Gewebes durch die intramuskuläre Injektion selbst entstanden sind. Weiterhin wurde bei fünf der 37 Fohlen ein Anstieg der rektalen Körpertemperatur über einen Tag und ein selbstlimitierender Durchfall bei 11 der 37 Fohlen beobachtet (VENNER et al., 2006).

(40)

Systemische Nebenwirkungen sind selten. In einer Studie an 18 Fohlen im Alter von 50-70 Tagen zeigte nur ein Fohlen jeweils 40 Minuten nach jeder Tulathromycin- Applikation Koliksymptome, die behandelt werden mussten (HÖHENSTEIGER, 2005).

2.1.10 Wechselwirkungen

Die gleichzeitige Anwendung von Tulathromycin mit Chloramphenicol oder Lincosamiden führt bei Rind, Schwein und Fohlen zu unerwünschten Interaktionen (LÖSCHER et al., 2002). Chloramphenicol besitzt die gleiche Bindungsstelle an den Ribosomen wie Tulathromycin. Lincosamide binden dagegen an eine andere Stelle der gleichen ribosomalen Untereinheit. Deshalb führt eine gleichzeitige Anwendung von Tulathromycin und Lincosamiden zu einer Abnahme der Wirksamkeit, da ein gebundenes Antibiotikum räumlich die Bindungsstelle der anderen Substanz überdeckt (EMEA, 2004).

2.1.11 Resistenzen

Resistenzen gegenüber Makroliden bzw. Tulathromycin können schnell entstehen und sind meistens Plasmid-vermittelt. Dabei sind vier Mechanismen von Bedeutung.

Es kann eine enzymatische Modifikation des Bindungsortes am Ribosom durch Produktion eines Methylase-Enzyms vorkommen (LECLERQ et al., 1988). Einige Bakterienspezies (z.B. Staphylokokken) sind in der Lage, Makrolide über einen aktiven Pumpmechanismus aus dem Zellinneren zu befördern und die Permeabilität für die Makrolide so herabzusetzen (LAMPSON et al., 1986). In der Folge kommt es zu Konzentrationen, die für eine Hemmung des Bakterienwachstums nicht ausreichend sind. Tulathromycin besitzt, im Gegensatz zu anderen Makroliden (z.B.

Erythromycin) nur eine geringe Affinität zu der bakteriellen Effluxpumpe und kann deshalb in der Bakterienzelle kumulieren (NORCIA et al., 2004; EVANS, 2005).

Ein weiterer Resistenzmechanismus gegenüber Makroliden ist eine durch Esterasen verursachten Hydrolyse, die zur enzymatischen Inaktivierung oder zum Abbau führt (BARTHÉLÉMY et al., 1984). Eine Resistenz durch eine Mutation der Gene, welche die ribosomale Ribonukleinsäure (RNA) oder einige andere ribosomale Eiweiße

(41)

kodieren, kommt gegenüber den Makroliden selten vor (VANUFFEL u. COCITO, 1996; ANADÓN u. REEVE-JOHNSON, 1999).

Aufgrund der Fähigkeit von Tulathromycin, in der Bakterienzelle zu kumulieren, kann der therapeutische Spiegel mehr als das Vierfache der minimalen Hemmkonzentration des Erregers erreichen und verstärkt so die antibakterielle Wirksamkeit. Dadurch ist Tulathromycin auch bei Bakterien, die eine oben genannte ribosomal-basierende Resistenz besitzen im Vergleich zu anderen Makroliden (z.B.

Tilmicosin) noch wirksam (TRAEDER u. GROTHUES, 2004).

Dennoch wird beim Fohlen mit durch R. equi-verursachten Lungenabszessen von einer Monotherapie mit Tulathromycin abgeraten, um eine Resistenzentwicklung zu verhindern (KERTH, 2005). Empfohlen wird eine Kombination mit Rifampicin. Eine notwendige Monotherapie sollte nur unter klinischer und sonographischer Überwachung durch den behandelnden Tierarzt stattfinden (KERTH, 2005).

2.2 Bronchoalveoläre Lavage

Die bronchoalveoläre Lavage (BAL) ist eine Untersuchungsmethode, die Anfang der 80er Jahre erstmals in der Diagnostik von Lungenerkrankungen beim Pferd eingesetzt wurde (VIEL, 1980).

Das Ziel ist die Gewinnung von Zellen und extrazellulären Molekülen (z.B. Proteine), die sich auf dem Oberflächen-Epithel der distalen Atemwege und in den Alveolen befinden (COSTABEL, 1986; REYNOLDS, 1987). Die Technik der BAL ist wenig invasiv, sicher und ermöglicht eine zytologische Differenzierung der Zellen, die bei der Bewertung eine Beziehung zum pathologischen Status der Lunge herstellt (GANTER et al., 1993).

2.2.1 Technik der bronchoalveolären Lavage

Die technische Durchführung der bronchoalveolären Lavage (BAL) kann unter endoskopischer Kontrolle (VIEL, 1980) oder blind mit einem flexiblen Katheter erfolgen (FOGARTY, 1990). Die transendoskopische Methode besitzt überzeugende Vorteile. Durch die Sichtkontrolle ist sowohl eine optische Beurteilung des

(42)

Atemtraktes, die die Möglichkeit zu zusätzlichen Informationen bietet, als auch eine Wahl der Lungenseite und des Bronchus möglich (GANTER et al., 1993).

Die BAL besteht aus einer Spülung (Instillation mit anschließender Reaspiration) größerer Flüssigkeitsmengen (ca. 200-300 ml) in einen spezifischen Lungenlappen (WEHRLI et al., 2000). Die rückgewonnene Menge kann 50 % bis 90 % der Flüssigkeit beim adulten Pferd (McGORUM u. DIXON, 1994; CLARK et al., 1995) und über 60 % beim Fohlen betragen (HÖHENSTEIGER, 2005). Da keine diagnostisch signifikanten Unterschiede in der Gesamtzellzahl vorkommen, exsistieren keine Unterschiede zwischen Teil- und Sammelproben (PICKLES et al., 2002a). Ein Vergleich der verschiedenen Studien ist aufgrund der Variationen in Technik und Volumen der BAL nicht möglich, weshalb eine Standardisierung der Methode angestrebt wird (SWEENEY et al., 1992; CLARK et al., 1995). Kleinere Volumina haben den Nachteil, dass nur die Bronchiolen, nicht aber die Alveolen gespült werden und das Zellbild nicht dem der Alveolen entspricht (SWEENEY et al., 1992; CLARK et al., 1995).

Für die Auswertung der Zellpopulationen werden entweder Zytozentrifugate oder Abstrich-Präparate hergestellt. Bisher existiert kein standardisiertes Protokoll für die Zytozentrifugation, denn diese Methodik wird in der Veterinärmedizin selten angewendet (PICKLES et al., 2002b). Es gibt bedeutende Unterschiede in der Zellmorphologie innerhalb der beiden Techniken. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei der selektive Verlust der Lymphozyten durch die Zytozentrifuge. Sowohl beim Pferd als auch beim Mensch ließ sich ein signifikant höherer Anteil an Lymphozyten und ein signifikant niedriger Anteil an Makrophagen im Abstrich- Präparat feststellen (COSTABEL, 1986; REYNOLDS, 1987; LAPOINTE et al., 1994;

PICKLES et al., 2002b) Diagnostisch gesehen ist dieser Unterschied nicht als signifikant wichtig einzustufen. Eine Standardisierung der BAL-Methode und - Analyse ist unumgänglich, wenn es um die Diagnostik von Lungenerkrankungen beim Pferd geht (REYNOLDS, 1987; LAPOINTE et al., 1994; PICKLES et al., 2002a).

(43)

2.2.2 Bronchoalveoläre Lavage beim Fohlen

Nach der Zentrifugation der rückgewonnen bronchoalveolären Lavageflüssigkeit (BALF) befindet sich über dem Zellpellet die aus weißem flockigem Material bestehende Surfactant-Schicht (ZINK u. JOHNSON, 1984). Das Zellpellet enthält bei gesunden Fohlen und adulten Pferden hauptsächlich Alveolar-Makrophagen (ZINK u.

JOHNSON, 1984).

Es gibt keine altersabhängige Reifung der Funktion der Phagozyten. Die Zellen sind ab dem Geburtszeitpunkt kompetent, so dass ihre Aktivität beim Fohlen vergleichbar mit der von Phagozyten adulter Pferde ist (FLAMINIO et al., 2000). Die Effektivität des monozytären Phagozytensystems hängt mit der Anzahl der vorhandenen Alveolar-Makrophagen zusammen und ist sehr wichtig im Hinblick auf die Bekämpfung der respiratorischen Pathogene beim neonaten Fohlen (ZINK u.

JOHNSON, 1984). So sind ca. 50 % der Makrophagen bei einer Rhodococcus equi- Pneumonie infiziert und beinhalten durchschnittlich zwei Bakterien in jeder infizierten Zelle (HONDALUS u. MOSSER, 1994). Die Gesamtzellzahl der Immunzellen scheint, mehr als deren Funktion, der limitierende Faktor in der Entwicklung des Immunsystems von Fohlen zu sein. Es kommt zu einem altersabhängigen prozentualem Abfall der Makrophagen und zu einem prozentualem Anstieg der Lymphozyten (FLAMINIO et al., 2000).

In der BALF von Fohlen kommen mehr Makrophagen und weniger Lymphozyten als bei adulten Pferden vor (ZINK u. JOHNSON, 1984; BALSON et al, 1997). Diese Veränderung wird wahrscheinlich durch den Beginn der Lungenatmung postnatal, bei der die Makrophagen die Lungen reinigen, hervorgerufen (ZINK u. JOHNSON, 1984). Auch der prozentuale Anteil der einzelnen Zellfraktionen in der Lunge verändert sich in den ersten Lebensmonaten erheblich (ZINK u. JOHNSON, 1984).

Bis zu einem Alter von drei Wochen können nur wenige Zellen bei der BALF gewonnen werden (ZINK u. JOHNSON, 1984). Die Begründung liegt in der Gesamtzellzahl in der BALF, die zu dieser Zeit etwa halb so hoch ist wie die bei adulten Pferden (BALSON et al., 1997; FLAMINIO et al., 2000). Die Makrophagen sind mit ca. 86 % die am häufigsten vorkommende Zellfraktion in der Lunge (ZINK u.

JOHNSON, 1984). Bis zu einem Alter von drei Monaten steigt die Anzahl aller

(44)

Leukozyten in der BALF an (BALSON et al, 1997; FLAMINIO et al., 2000). Dadurch steigen die Makrophagen bis zum dritten Lebensmonat in ihrer absoluten Zahl an, obwohl sie prozentual bis zum vierten Lebensmonat abnehmen (BALSON et al, 1997; FLAMINIO et al., 2000). In den ersten zwei Lebensmonaten sinkt der Anteil der Makrophagen auf ca. 71 %. Während dieser Zeit steigen gleichzeitig die absoluten und prozentualen Anteile der Lymphozyten innerhalb der ersten vier Lebensmonate von 5 % auf 20 % an (ZINK u. JOHNSON, 1984; FLAMINIO et al., 2000). Die Konzentration an neutrophilen Granulozyten in der BALF liegt in dieser Zeit zwischen 1,5 % und 18,3 % (ZINK u. JOHNSON, 1984). In den einzelnen Proben der Fohlen werden nur geringgradige Variationen beim Zellbild beschrieben (ZINK u.

JOHNSON, 1984). In Tabelle 5 sind Beispiele für beim Fohlen ermittelte Zellpopulationen dargestellt.

(45)

Tab. 5: Rückgewonnene Menge, Gesamtzellgehalte und prozentualer Anteil der einzelnen Zellfraktionen der BALF beim gesunden Fohlen

HOFFMAN et al. (1991)

HÖHENSTEIGER (2005)

SUAREZ-MIER et al. (2007)

(ml) – 125,5 ± 28,5 –

Rückgewonnene Lavageflüssigkeit

(%) – > 60 –

Makrophagen (%) 73,2 ± 14,7 69,5 ± 14,8 55,3 ± 21,3 Lymphozyten (%) 28,8 ± 10,8 23,2 ± 15,5 25,0 ± 14,3 neutrophile Granulozyten (%) 3,1 ± 2,4 3,3 ± 3,4 19,8 ± 22,7

Mastzellen (%) 0,4 ± 0,39 0,2 ± 0,5 –

Epithelzellen (%) 0,9 ± 0,79 2,5 ± 4,1 –

Riesenzellen (%) – 1,3 ± 1,1 –

Nach einer BAL kann es durch die mechanische Einwirkung auf die Schleimhaut zu einem veränderten Zellbild kommen. Die Folgen können eine Neutrophilie (> 5 %), gelegentlich vorkommenden Erythrozyten oder Hämosiderophagen (Makrophagen, die Erythrozyten aufnehmen und abbauen) sein (ZINK u. JOHNSON, 1984;

McGORUM u. DIXON, 1994; HÖHENSTEIGER, 2005). Aus dem gleichen Grund können auch zahlreiche bronchiale Epithelzellen (> 5 %) in der Zytologie gefunden werden, die nicht von klinischer Relevanz sind. Unterschiede beim Anteil der Mastzellen sind durch unterschiedliche Techniken zu erklären. Kleine Makrophagen können mit Lymphozyten verwechselt werden und dadurch das Zellbild verändern (McGORUM u. DIXON, 1994).

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Tabelle 27: Konzentration von Gamithromycin (GAMI) und Gamithromycin-Declad (GAMI-DEC) in den bronchoalveolären Zellen (BALC) der zehn Fohlen während der ersten (GAMI ohne RIF)

0,5 ) in Tagen aller Tiere der Studie (n=52) nach chirurgischer Therapie einer Arthritis purulenta des Klauengelenkes getrennt nach Weidehaltung post operationem und nach Art

Nach oraler Verabreichung von 25 mg/kg wurde der MHK (minimale Hemmstoffkonzentration) von Rhodococcus equi in allen Fohlen für mindestens vier Stunden erreicht (LAKRITZ

(1997) an 99 Rhodococcus equi-Isolaten von einem Fohlen, das zuvor einer einmonatigen Rifampicin–Monotherapie unterzogen wurde, zeigen sich 90% der untersuchten Isolate

28: Klinische und sonographische Befunde der genesenen Fohlen, die mit Rifampicin und Azithromycin behandelt wurden (Gruppe 3), eine (T7) und zwei (T14) Wochen

Allerdings zeigten Sektionsergebnisse von Fohlen mit Lungenabszessen, dass bei 80% der obduzierten Tiere die Abszesse im Zentrum der Lunge und zwar in einem röntgenologisch

In this period of time the placenta required exposure to exogenous corticosteroids to ensure the physiological maturation process that would allow induction of parturition without

equi für Trimethoprim-Sulfamethoxazol (1:19) ... equi für Gentamicin ... equi für Rifampicin ... equi für Tulathromycin ... equi für Azithromycin ... equi für Erythromycin ... equi