NACHWACHSENDE ROHSTOFFE
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Axel Römer
Verlängerung der Ölwechselintervalle für Hydrauliköle
Die Standzeiten von Hydraulikölen wer
den durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt. Der Maschinentyp, das Hydrau
liksystem, die Einsatzbedingungen sowie die Umgebungseinflüsse und schließlich die verwendete Ölsorte sind bei der Festlegung der Ölwechselintervalle zu berücksichtigen. Eine schlechte Ölqua
lität, verursacht durch gealterte Öle, kann zu erheblichen Schäden an den Hydrau
likkomponenten führen. Sind die Zeiträu
me zwischen zwei Ölwechseln zu kurz, steigen die Wartungskosten und der Rohstoffverbrauch. Welche Möglichkeiten zur Verlängerung von Ölwechselinterval
len im mobilen Anwendungsbereich bieten sich an? Beschrieben wird ein Sensor zur Überwachung des Ölzustandes beim Einsatz von Ölen auf pflanzlicher Basis.
D
schinen schreiben Ölwechsel nach eiie Hersteller von �obilen Arbeitsmaner bestimmten Betriebsstundenzahl vor.
Diese Wechselintervalle richten sich nach Erfahrungswerten und sind mit einem entsprechenden Sicherheitsfaktor verse
hen, damit ein störungsfreier Betrieb der Maschinen garantiert werden kan n . Außerdem beziehen sich d i e maximal vorgegebenen Betriebsstunden auf eine vom Hersteller a ngegebene Ölspezifika
tion. Die Folge ist, daß d ie Öle in vielen Fällen gewechselt werden, obwohl sie noch gebrauchstauglich sind.
Beurteilung des Ölzustandes
Die Beurteilung des Ölzusta ndes ist sehr komplex und a bhängig von den Betriebs
bedingu ngen u nd den verwendeten Ölen.
l n der Regel wird ein Ölwechsel nötig, wenn
• d ie Viskosität und der Viskositätsindex sich verändern (durch zu hohe Be
triebstem peraturen, mechanische Be
anspruchung, Vermischung m it a nde
ren Flüssigkeiten),
• eine Oxidation des Öls und ein Anstieg des Säuregeha ltes eintreten (durc h ho
he Betriebstemperaturen , Verschmut-
Dipl. -lng. Axel Römer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Landmaschinen und Fluidtechnik der TU Braunschweig, Langer Kamp 19 a, 38106 Braunschweig (Leiter: Prof Dr. -lng. H.-H. Harms).
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3,0
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6001/oll: Rapsöl / rape oil
Bild 1: Veränderung der Ölkennwerte während des Betriebs
....,._Nz {70 'C) -+-- NZ (65 °C}
-- ViskositäVviscosity (70 •C)
Fig. 1: Change of oil parameter during operation
0 200 400 600 800 1 000
Betriebsstunden/operafing hours
zung von außen, Metal l partikel durch Versch leiß),
• die Verseh rn ut- zung (durch Was
ser und Stau b) be
stimmte Toleran
zen ü bersch reitet,
• der Metalla brieb den Verschleiß von Hyd raulikkompo- nenten anzeigt,
Öl/oi/
Triglyzerid/Rapsöl
tri-glyceridlrape oil
(HETG) Esteröi/Rapsöl
esteroi/lrape oil
(HEES) Mineralöl
mineral oil
• die Öladd itive a bgeba ut werden (etwa durch hohe Betriebstemperatu ren, me
chanische Beanspruchung, Metall
a brieb).
Eine an das Hyd rauliksystem a ngepaßte Ölfi lterung ka nn d ie Ölstandzeit deutlich verlängern . Die hier beispielhaft a ufge
führten Veränderungen der Öle zeigen oft kausale Zusammenhänge. U ntersch ied li
che Belastu ngen füh ren in einigen Fällen zu gegenlä ufigen Veränderu ngen (An
stieg der Viskosität durch zu hohe Öltem
peratu ren und Viskositätsverlust d u rch mechanische Scherbea nspruchung).
Für die genaue Bestimmung der Visko
sitätsä nderungen, des Sä uregehalts im Öl (Bestimmung der Neutralisationszahl NZ oder der Total Acid N umber TAN ) , der Ad
ditive, der Oxidationsstabilität sowie der Abriebpartikel u nd der Ölverschmutzung werden den Masc h i nen Ölproben ent
nommen, deren Ana lyse dann in einem speziell ei ngerichteten Laboren erfolgt.
Der La borbericht gi bt Auskunft ü ber den Zustand des Öls und der Maschine u nd enthä lt eine Empfehlung für den weiteren Betrieb [ 1 ] . Sogenan nte Öltestkoffer bie
ten eine Möglich keit zur groben Beurtei
lung des Ölzusta ndes. Diese Analysesets enthalten relativ einfache Methoden zur Aufbereitung der P roben und zur Ab-
Betriebsstunden Oxidationsstabilität
Operating hours oxidation stability [onset-temperature •C]
0 184
600 1 70
1 000 1 58
0 204
600 1 91
1 000 1 71
0 242
600 2 1 7
1 000 2 1 5
schätzung der Reinheitsklasse sowie des Wassergehalts direkt a n der Masch ine.
Auch kön nen mobile M eßgräte zur Parti
kelzä hlung und zur B esti mmung des Wassergehalts an das Hydra u l i ksystem a ngeschlossen werden.
Die Verwendung eines Sensors, der zur permanenten Ölzustandsü berwachung im Hydraulikölta n k integriert wird , kann die Ü berwach ung der Öle für den An
wender wesentl ich verei nfachen . Sensoren zur Überwachung des Ölzustandes
Im Fah rzeug integrierte Sensoren zur Öl
ü berwachung lassen sich in indirekte und direkte Meßverfa h ren unterteilen. Im Be
reich der M otorenöle werden beispiels
weise indirekte Verfahren eingesetzt, d ie Betriebsdaten wie die Öltem peratur u nd die Kurbelwellendrehza h l des Motors messen und m it H i lfe von in P rüfständen ermittelten Kennfeldern (etwa ü ber den Ei ntrag von R üc kständen aus dem Ver
brennu ngsprozeß in das Öl) eine Aussage über den Zustand des Öls treffen . Im Ge
gensatz zur i ndirekten M essung kommen bei der d irekten Ölzustandsbestimmung Sensoren zum Einsatz, die Verä nderu n
gen der chemischen Struktur des Öls er
fassen .
53, Jahrgang LANDTECHNIK 4/98
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Diagnosesystem für
pflanzenölbasierte Druckflüssigkeiten
Für die Auslegung des Diagnosesystems ist die Kenntnis der Ölverä nderungen und der Alterungsprozesse im Betrieb eine wichtige Voraussetzung. Die Einsatzuntersuchungen mit umweltfreundlicheren biologisch sch nell abbaubaren Hyd raul i k
ölen haben gezeigt, daß diese Öle in G e
triebe- und Hyd rauliksystemen von Trak
toren und La ndmaschinen eingesetzt werden können. Allerdings ist die Band
breite der Leistungsfäh igkeit der auf dem Markt angebotenen Produkte sehr groß.
Besonders die a uf pflanzlicher Basis her
gestellten Öle reagieren in vielen Fä llen wesentlich empfindlicher auf den Einfluß der Betriebsbedingungen a ls die bisher verwendeten M ineralöle.
Die Ergebnisse verschiedener Arbeiten [2, 3, 4] zeigen, daß sich bei den Alte
rungsprozessen der Öle in den meisten Fä l len bestim mte Kennzahlen (Viskosität, Neutralisationszahl) verändern . Bild 1 stellt den Verlauf der Änderung von Neu
tra lisationszahl und kinematischer Visko
sität eines Rapsöls, das 1000 Stu nden in einem hyd ra u l ischen Prüfstand gelaufen ist, dar. Die Versuche wurden bei Prüf
tem peraturen des Öls von 70 oc (Öldruck:
1 50 bar, Ölvolumenstrom : 50 1/m in) und 65 oc (Öldruck: 1 30 bar, Ölvolumen
strom: 35 1/min) durchgeführt. Die Verän
deru ng der Ölkennwerte fäl lt bei der ge
ringeren Öl belastung deutlich niedriger aus. Ein Ölwechsel wird bei einem An
stieg der kinematischen Viskosität um 1 5 bis 20 % empfohlen. Die Darstellung ent
hält weiterhi n Beispiele für die Verände
rung der Oxidationsstabilität verschiede
ner Öle während der Belastung im Ver
suchsstand . Die Oxidationsta bilität wurde mit der D ruck-DSC (Differential Sca n ning Calorimetry) ermittelt, bei der die soge
nannte onset-Tem peratur das Maß für die Oxidationsstabil ität der Öle darstellt. J e höher die onset-Tem peratur ist, um so größer ist die Oxidationsstabilität des Öls.
Deren Abnahme war bei a llen Testölen mit einem Anstieg der Viskosität und der Neutralisationszah l verbunden . Der An
stieg der Neutralisationszah l und der Vis
kosität fiel bei dem M inera löl im Vergleich zu den biologisch schnell a bbau baren Ölen wesentlich geringer aus. Die Er
kenntnisse solcher Versuche sollen zur Entwicklung eines Ölanalysesytems her
angezogen werden.
Da bei einer direkten Messung mit ei
nem Sensor nicht alle chemischen und physikalischen Vorgänge erfaßt werden kön nen, muß man sich auf eine möglichst chara kteristische G röße beschränken. Ei
ne solche Messung ka nn folglich n icht al
le "Schadensfälle im Öl" erfassen . Eine 53. Jahrgang LANDTECHNIK 4/98
wichtige G röße, die zur Bewertung der Öle herangezogen wird , ist die Viskosität.
Das Fraun hofer-l nstitut für Festkörper
technologie in M ü nchen hat einen Visko
sitätssensor als Laborm uster entwickelt.
Das Funktionsprinzip beruht auf der An
regung und Messung von elektroakusti
schen Scherwellen auf einem piezoelek
trischen Su bstrat Quarz. Eine Flüssigkeit auf der Bauelementoberfläche ändert d ie Ausbreitungsgeschwindigkeit und Ampli
tude dieser Wellen . Für Newtonsehe Flüs
sigkeiten ist der Meßeffekt proportional zu
.Y11·P
(J1: dynamische Viskosität, p: Dichte) . Dieser Sensor (Oberflächenwellen
sensor) wird mit einer indirekten Methode zur Bestimmung des Ölzustandes ver
knüpft ( Bild 2) . Als maßgebende Größen für die Bewertung der Öl belastu ng wird neben der Viskosität die Betriebstempe
ratur des Öls im Tan k permanent gemes
sen. Das System enthält außerdem pro
grammierte I nformationen über das Hy
drauliksystem ( Maschinentyp, Ölsorte, Ölmenge). Zur Auswertung dieser I nfor
mationen hinsichtlich der Beurteilung des Ölzusta ndes wird die u nscharfe Logik (englisch Fuzzy Logic) herangezogen. Sie ermöglicht die Verarbeitung verbaler un
scharf vorliegender I nformationen mit mathematisch exakten M itteln. Ein Bei
spiel für eine solche I nformation ist: " Das Öl a ltert schnell bei hohen Tem peraturen"
oder " Die Standzeit erhöht sich bei gerin
gen U mwälzraten des Öls". Diese Vorge
hensweise zur Beurteil ung des Ölzustan
des ermöglicht die Einbindu ng von Expertenwissen der Öl- und Masch inen
hersteller sowie der Anwender.
Ausblick
Für die Entwicklung einer im Fahrzeug in
tegrierten Ölzustandskontrolle sind wei
terführende U ntersuchungen notwend ig, um die Chara kterisierung der Ölalterung
... 0 II) c:::
tn Cl)
Öltemperatur oil temp,eratura
�
n�
Bet�ebsstunden l%1 operafing hoursdurch a usgewählte Ken nwerte wie d ie Öl
viskosität zu überprüfe n . ln den für die Zukunft geplanten Forschungsarbeiten sollen weitere Sensoren ( etwa kapazitive Meßverfah ren) und Auswertungssyste
me, die a uf einem Expertenwissen basie
ren , für den Einsatz in Hydrauliksystemen angepaßt und deren Zuverlässigkeit bei verschiedenen chemischen Vorgängen in den Ölen u ntersucht werden. Ziel ist zunächst die Anwendung bei den biolo
gisch schnell a bbaubare n Getriebe- und Hydra u l i kölen . Nach den bisherigen Er
gebnissen ist zu erwarten , daß in vielen Fällen eine kontrollierte Verlä ngerung der bisherigen Ölwechselintervalle möglich ist. Treten vorzeitige Alterungserschei
nu ngen im Öl auf, werden diese vor dem Entstehen von Schäden an den G etriebe
und Hydraulikkom ponenten erkan nt. Die Ü bertragung a uf weitere Anwendungen ( M otorenöle, andere Gru ndöle und Addi
tive) ist zu ü berprüfen.
Literatur
[ l ] Weismann, P.: Zustandsabhängige I nstand
haltung und Ölwechselverlängerung durch Ölanalysen. Antriebstechnik 36 ( 1 997), H. 7, S. 47 - 52
[2] Römer, A.: Hydrauliköle auf der Basis nach
wachsender Rohstoffe. Landtechnik 52 (1997); H. 5, S. 244 - 245
[3] Kempermann, C.; A. Remmelmann und M.
Werner: Perspektiven für die umweltscho
nende Hydraulik. Ölhydraulik und Pneumatik 41 ( 1997), H. 5, S. 353 - 367
[4] Widmann, 8.: Bewährungsprobe bestanden.
Landtechnik 52 ( 1997), H. 2, S. 66 - 67
Schlüsselwörter
Hydra u l i köl, Ölwechseli nterval l
Keywords
Hydraulic oil, oil change intervals Viskosität
Signal M
Ölzustands
überwachung
oll property control
Hydrauliksystem flydraullc system
a Ölvolumen oil vo/ume a Umwälzrate
circulation rate a Ölsorte
type ofoil a Schaltungstechnik
hydrau/ic circuit a Maschinentyp
typ of machine
Bild 2: Schematische Darstellung einer Ölzustandsüberwachung Fig. 2: Schematic presentation of oi/ status control
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