• Keine Ergebnisse gefunden

Thalparpan, P. (2000). Lawinenverbauungen im Permafrost. Schlussbericht und Erläuterungen zu den Kapiteln IV und V der Richtlinien für den Lawinenverbau im Anbruchgebiet. Davos: Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Thalparpan, P. (2000). Lawinenverbauungen im Permafrost. Schlussbericht und Erläuterungen zu den Kapiteln IV und V der Richtlinien für den Lawinenverbau im Anbruchgebiet. Davos: Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung."

Copied!
96
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

SLF ""

•".* U

PNL ' /

Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung, Davos

Lawinenverbauungen im Permafrost

Patrik Thaiparpan

Das Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung, SLF, gehört zur Eidg. Forschungsanstalt WSL, Birmensdorf

2000

(2)
(3)

Schlussbericht und Erläuterungen zu den Kapiteln IV und V der Richtlinien für den Lawinenverbau im Anbruchgebiet

Patrik Th;::llparpan

Herausgeber

Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung, Davos, 2000

Das Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) gehört zur Eidg. Forschungsanstalt WSL, 8903 Birmensdorf

(4)

Schnee- und Lawinenforschung, Davos Zitierung

Thalparpan, P., 2000: Lawinenverbauungen im Permafrost.

Schlussbericht und Erläuterungen zu den Kapiteln IV und V der Richtlinien für den Lawinenverbau im Anbruchgebiet Davos, Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung. 91 S.

ISBN 3-905620-83-9

Auftraggeber

Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), Eidg.

Forstdirektion, Bern

Kanton Graubünden, Forstinspektorat, Chur

Kanton Wallis, Dienststelle für Wald und Landschaft, Sion Auftragnehmer und Herausgeber

Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF), Davos Begleitkommission EKLS

Reto Baumann, Eidg. Forstdirektion, BUWAL, Bem

Stefan Margreth, Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung, Davos

Peder Spinatsch, Forstinspektorat, Kanton Graubünden, Chur Charly Wuilloud, Dienststelle für Wald und Landschaft, Kanton Wallis, Sion

Zusammenarbeit mit der EMPA (Ankermörtel) Dr. Konrad Moser, Dübendorf

Beteiligte Firmen und Unternehmungen

Aliva AG (Widen), Basil Sournissen (Arolla), Etrasa AG (Martigny), Foralpin SA (EvoiEme), Fatzer AG/Geobrugg (Romanshorn), Helibernina AG (Samedan), Lauberund Söhne AG (Zermatt), Markasub AG (Basel), MBT AG (Zürich), Vermessungsbüro Antoine Rieder (Evolene), Rovina und Partner AG (Varen), Sakret AG (Solothum), Sika AG (Zürich), Störi AG (Maienfeld), Stump AG (Nänikon-Uster), Ingenieurbüro Pascal Tissieres (Martigny), Toscano AG (Pontresina), Voest-Aipine AG (Zeltweg/A)

Bezugsadresse

Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) Bibliothek

Flüelastrasse 11 CH-7260 Davos Preis: Fr. 18.-

© 2000, Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung

Umschlag

Test-Verbauungen im Permafrost am Muot da Barba Peider ob Pontresina/GR (Foto automatische Kamera SLF).

(5)

Vorwort und Dank

Die Einsätze von Helikoptern und die Verwendung von leichten innovativen Verbausy- stemen ermöglichen es heute, hochalpine Regionen in über 2500

m

ü.M. mit Stützwer- ken als Lawinenschutz zu verbauen. Diese extremen Höhenlagen zeichnen sich häufig durch geotechnisch äusserst anspruchsvollen Baugrund mit alpinem Permafrost aus. Der vergangene Lawinenwinter 1998/99 mit den randvoll eingeschneiten Lawinenverbauun- gen hat uns eindrücklich vor Augen geführt, wie wichtig der Stützwerkverbau im Alpen- raum zum Schutz der dort lebenden Menschen ist. Ohne diese Verbauungen wären die Schäden noch bedeutend verheerender gewesen.

Das Eidgenössische Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF, Davos) unter- suchte in den Jahren 1996-1999 im Auftrag des BUWAUEidg. Forstdirektion und der Kantone Graubünden und Wal/is, ob und wie Verbauungen im Permafrost zu realisieren sind. Das Ziel dieses Forschungsprojektes Lawinenverbauungen im Permafrost war die Ausarbeitung einer Richtlinie mit konkreten bautechnischen Empfehlungen für die Praxis.

Gleichzeitig wurde die wichtige Frage des möglichen Einflusses der Verbauungen auf das Temperaturregime in Böden mit Permafrost erforscht.

Bei der Festlegung der Projektinhalte war die Eidg. Expertenkommission für Lawinen und Steinschlag (EKLS) massgeblich beteiligt. Das BUWAUEidg. Forstdirektion und die bei- den Kantone Graubünden und Wallis ermöglichten mit Ihrer Finanzierung dieses For- schungsprojekt. Für diese Unterstützung sei allen Beteiligten herzlich gedankt.

Den Herren Reto Baumann, Peder Spinatsch und Charly Wuilloud mit ihren langjährigen Erfahrungen im Lawinenverbau danke ich für ihre wertvolle fachliche Begleitung dieses anforderungsreichen Projektes.

Die beiden Firmen Voest-Aipine GmbH (Zeltweg/A) und Fatzer AG/Geobrugg (Romanshorn) wirkten massgeblich bei der Entwicklung der Speziai-Verbauungen für die Anwendung im Permafrost mit. Herr Dr. Konrad Moser von der EMPA, Abt. Be- ton/Bauchemie legte das Prüfverfahren der Speziai-Ankermörtel für Permafrost- Bedingungen fest. Ein wesentlicher Teil dieses Aufwandes für die Untersuchungen wurde durch die EMPA grasszügigerweise mitgetragen. Der Spezialmörtel wurde durch die Fir- ma Sakret AG unter Leitung von Herrn Stirnimann entwickelt. Mit der Abteilung für Na- turgefahren des Kt. Bern konnten dank Herrn Heinrich Buri die praktischen Mörtei- Pumpversuche auf einer Baustelle im Berner Oberland durchgeführt werden. Frau Garoie Grittin und Herr Alain Broccard vom Geographischen Institut der Universität Lausanne wiesen in ihren Diplomarbeiten im Kt. Wal/is auf die Wichtigkeit der Geomorphologie hin.

Weiterer Dank gilt der Gemeinde Pontresina, der Gemeinde Evolime, Herrn Anzevui als Grundeigentümer der Versuchsfläche am Mt. Dolin, dem Kreisforstamt 28 (GR), den Kreisforstämtern I, 111, IV, V, VII (VS) und Herrn Reinhold Bumann für die angenehme Zusammenarbeit.

Ein herzlicher Dank gilt absch/iessend dem SLF-Projektteam unter der effizienten Leitung von Herrn Patrik Thalparpan. Bei ihm und bei Frau Dr. Marcia Phillips lag die Hauptver- antwortung für die Durchführung dieses technisch-wissenschaftlich äusserst interessan- ten Projektes. Namentlich erwähnt und verdankt seien im weiteren Dr. P. Bartelt und Mare Christen (numerische Simulationen), Francouis Dufour (Koordination der Arbeiten im Kanton Wallis), Stefan Margreth (Bautechnik}, Dr. Bernhard Krummenacher, Mare Schaer, Frau Dr. Veronika Stöckli (SLF-Review) sowie der Abteilung Logistik (insbesondere Werkstatt, Elektronik).

Davos, im Januar 2000

Dr. Walter Ammann Institutsleiter SLF

(6)
(7)

Inhalt

1 Einleitung 7

2 Zusammenfassung: Schlussfolgerungen _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 8

3 Permafrost: allgemein 11

3.1 Definition des Permafrostes 11

3.2 Untersuchungs-Standorte 11

3.3 Begriffe 12

3.4 Vorkommen des Permafrostes 14

3.4.1 Einflussfaktoren 14

3.4.2 Permafrostmächtigkeit 16

3.5 Erscheinungen des Permafrostes 16

3.6 Problematik beim Bauen im Permafrost 18

3.6.1 Im Lockergesteinsboden 18

3.6.2 Im Fels 20

3.7 Wechselwirkung Lawinenverbauung-Permafrost 20

3.7.1 Eis als Bindemittel im Permafrostboden und -fels 20

3.7.2 Resultate aus der Untersuchung der Wechselwirkung Lawinenverbauung-Permafrost _ _ 21

3.7.3 Klimaerwärmung 23

3.8 Z u s a m m e n f a s s u n g - - - 23

4 Erkundung des Permafrostes _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 24

4.1 Direkte Methoden 24

4.1.1 Erkundungsbohrungen 24

4.1.2 Sondierschlitze 29

4.2 indirekte M e t h o d e n - - - 30

4.2.1 Schätzformel 30

4.2.2 Geomorphologie 30

4.2.3 BTS-Methode 34

4.3 halbdirekte Methoden: Geophysik 36

4.3.1 Geoelektrik 36

4.3.2 Seismik 37

4.3.3 Radarmethode 38

4.4 Zusammenfassung 38

5 Beurteilung der Kriechanfälligkeit des Baugrundes _ _ _ _ _ _ _ _ 40

5.1 Stabilisierung von Kriechhängen 40

5.2 Kriechbewegungen in Permafrosthängen mit Lockergestein 42

5.2.1 Messkampagne in Hängen mit Permafrost 44

5.3 Beurteilung der Kriechbewegungen 48

5.3.1 Beurteilung aufgrund der Geomorphologie 48

5.3.2 Geländevermessung 49

5.3.3 lnklinometermessungen 49

5.4 Zusammenfassung 50

(8)

6 Verbaumassnahmen im Parmafrost _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 51 6.1 Baugrundverhältnisse und Kriechraten _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 51

6.2 Verbaumassnahmen im Permafrostfels 52

6.3 Verbaumassnahmen im Lockergestein 52

6.3.1 Test-Verbauungen im Rahmen des Forschungsprojektes 52

6.3.2 Verbaumassnahmen mit Schneenetzen in kriechenden Lockergesteinsverhältnissen _ _ _ 54 6.3.3 Schutzmassnahmen bei Hängen mit grossen Kriechbewegungen 57 6.4 Z u s a m m e n f a s s u n g - - - 58 7 Verankerung im Parmafrost _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 59

7.1 Im Lockergestein 59

7.1 .1 Problematik von Verankerungen im Permafrostboden 59

7.1.2 Versuchsanordnung der Ankerversuche 60

7.1 .3 Langzeitverhalten eines Ankers im Permafrostboden 61

7 .1.4 Resultate aus den Kurzzeit-Zugversuche 63

7.1 .5 Dimensionierung der Anker und Pfähle in Permafrostböden 65 7 .1.6 Vergleich mit der Richtlinie für den Lawinenverbau im Anbruchgebiet 71

7.2 Im Fels 73

7.3 Bohrtechnik 73

7.4 Zusammenfassung 73

8 Ankermörtel im Parmafrost _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 74

8.1 Allgemeines 74

8.2 Herkömmlicher Mörtel für Permafrostbedingungen 75

8.2.1 Beschreibung des Mörtels 75

8.2.2 Versuchsprozedere 75

8.2.3 Druckfestigkeiten 77

8.3 Spezialmörtel für Permafrostbedingungen 78

8.3.1 Beschreibung der Spezial-Mörtel 78

8.3.2 Vorwärmung des Wassers 79

8.3.3 Druckfestigkeiten 79

8.3.4 Abkühlungsverhalten 80

8.3.5 Frostbeständigkeit 82

8.4 Feldversuch: Überprüfung der Pumpbarkeit 82

8.4.1 Versuchsdurchführung 82

8.4.2 Resultate 83

8.4.3 Schlussfolgerung 84

8.5 Eignungsprüfung für den Spezialmörtel 84

8.6 Konformitätsprüfung beim Spezialmörtel 87

8.7 Zusammenfassung 87

9 Glossar _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ 88 10 Literaturverzeichnis _ __ __ __ __ _ _ _ _ _ __ _ _ _ _ 90

(9)

1 Einleitung

ln der Diskussion um die weltweite Klimaerwärmung ist das Phänomen des alpinen Per- mafrostes wieder zu einem Gesprächsthema geworden. Der alpine Permafrost ist nicht nur ein wichtiger Klimaaspekt, sondern er stellt wegen seinen speziellen geotechnischen Eigenschaften die Planer und Ingenieure von hochalpinen Bauwerken vor eine besonde- re bautechnische Herausforderung. Zahlreiche geplante hochgelegene Verbauperimeter, die sich im Permafrost befinden, wurden bis anhin zurückgestellt, da wichtige Fragen noch offen waren.

Das BUWAUEidg. Forstdirektion und die beiden Kantone Graubünden und Wallis beauf- tragten im Jahre 1995 das Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung mit dem For- schungsprojekt Lawinenverbauungen im Permafrost, dessen Ziel die Untersuchung von zwei wesentlichen Fragestellungen war:

1 . Können die geotechnisch schwierigen Hänge im Permafrost, die kriechen, überhaupt mit Stützwerken dauerhaft verbaut werden und falls ja, welche Systeme sind anzu- wenden?

2. Haben die Lawinenverbauungen auf den Permafrost im Untergrund langfristig einen thermischen Einfluss? Das im Permafrost vorkommende Eis kittet Lockergestein und zerklüfteten Fels und trägt zur Stabilität von steilen Schutthängen und Felsflanken bei. Lawinenverbauungen sollten das Temperaturregime im Untergrund nicht negativ beeinflussen, was im Extremfall langfristig zu einem Auftauen des Permafrostes füh- ren könnte.

ln den Richtlinien für Lawinenverbauungen im Anbruchgebiet (BUWAL, SLF 1990, Kap.

Lawinenverbauungen im Permafrost) ist beschrieben, wie bei der Projektierung von Stützwerken im Permafrost vorzugehen ist. Phillips (2000) untersuchte im Rahmen ihrer Dissertation umfassend die Wechselwirkung zwischen den Lawinenverbauungen und dem Permafrost im Untergrund.

Im vorliegenden Erläuterungsbericht werden ergänzend zur Richtlinie weitergehende Informationen allgemein zum Thema Permafrost und zur Problematik von Bauten im Permafrost gegeben. Die im Rahmen des Forschungsprojektes gewonnenen Erkenntnis- se werden zusammengefasst mit dem Ziel, aufzuzeigen, wie die einzelnen Artikel der Richtlinie Lawinenverbau im Permafrost entstanden sind und was deren Hintergründe sind. Den Projektierenden von Lawinenverbauungen im hochalpinen Gelände sollen zu- sätzliche, teilweise auch praktische Hinweise zur Planung von Schutzmassnahmen im Permafrost gegeben werden.

Der vorgängigen Erkundung der Baugrundverhältnisse wird ein grosser Stellenwert bei- gemessen, da die genaue Kenntnis des Baugrundes eine wichtige Voraussetzung für die fundierte Projektierung von dauerhaften Verbaumassnahmen ist.

(10)

2 Zusammenfassung: Schlussfolgerungen

Hänge mit Permafrost im Untergrund sind geotechnisch für die Lawinenverbauungen vor allem dann ein heikler Baugrund, wenn sie talwärts kriechen. ln Hangsituationen neigt eisreiches Lockergestein wegen seines viskosen Verhaltens, eisarmer Hangschutt we- gen seiner lockeren Lagerung zu langsamen Kriechbewegungen.

ln diesen bautechnisch anspruchsvollen Kriechhängen, die in Höhenlagen von über 2500-3000 m ü.M. anzutreffen sind, kommen Lawinenverbauungen teuer zu stehen.

Damit sie wirtschaftlich sein können, sind dauerhafte Konstruktionen mit einer langen Lebensdauer gefragt. Mit geeigneten Verbausystemen ist dies bei einer sorgfältigen Projektierung und Ausführung möglich. Langfristig haben Verbauungen keinen nach- weisbaren Einfluss auf das Temperaturregime des Permafrostes und bewirken nicht sein Auftauen.

ln stark kriechendem Baugrundverhältnissen ist stets zu prüfen, ob alternative Schutz- massnahmen anstelle des Stützwerkverbaus im Anbruchgebiet langfristig wirtschaftlicher sind. Mit dem heutigen Stand der Bautechnik kann in solchen Verhältnissen die für Stützwerke angestrebte Lebensdauer von 80-100 Jahren nicht erreicht werden. Die Sta- bilisierung der Kriechhänge mit bautechnischen Massnahmen ist zudem im Hochgebirge keine Alternative, da sie äusserst aufwändig und kaum realisierbar sind.

Ein wesentlicher Beitrag für dauerhafte und wirtschaftliche Schutzmassnahmen ist gelei- stet, wenn bei der Ausarbeitung eines Verbauprojektes folgende 3 Punkte beachtet wer- den:

1. Genaue Kenntnis des Baugrundes: Erkundungsbohrungen

Eine erste Grobbeurteilung betreffend Permafrost im Untergrund kann mit einfachen Faustregeln und der Geomorphologie vorgenommen werden. Bei Vermutung auf Perma- trost im Untergrund ist der Baugrund mit Bohrungen, die mit einem herkömmlichen Bohr- gerät aus der Lawinenverbautechnik (Abb. 1) abgeteuft werden, ausreichend zu erkun- den. ln diesen einfachen, kostengünstigen Bohrlöchern kann die Temperatur gemessen werden. Zur eindeutigen Erkundung des Permafrostes ist dies eine wirtschaftliche Me- thode. Diese Erkundungsbohrungen geben zusätzlich Auskunft über die geotechnischen Eigenschaften des Baugrundes und deren Bohrbarkeit. Mit dieser guten Kenntnis des Baugrundes können bei allzu schwierigen Verhältnissen fundiert alternative, unter Um- ständen langfristig wirtschaftlichere Schutzmassnahmen diskutiert werden.

Abb. 1 Abteufen von Erkundungsbohrungen in einem Permafrosthang mit einem herkömmlichen Bohrgerät aus der Lawinenverbautechnik (Foto M. Phillips)

(11)

2. Kriechbewegungen des zu verbauenden Hanges: Stützverbau oder alternative Schutzmassnahmen

Für die Dauerhaftigkeit der Verbauungen in einem Kriechhang sind dessen Kriechraten massgebend. Der Beurteilung der Hangstabilität bzw. der möglichen Kriechdeformatio- nen kommt daher eine zentrale Bedeutung zu. Die Hangstabilität kann aufgrund der Geomorphologie und der Geologie grob beurteilt werden. Oft ist es aber unmöglich, kon- kret Aussagen über die Kriechraten, d.h. wieviele Zentimeter sich ein Hang pro Jahr tal- wärts bewegt, zu machen. Daher wird es in vielen Fällen unumgänglich sein, allfällige Kriechbewegungen mit lnklinometermessungen (Abb. 2) und/oder mit Geländevermes- sungen zu bestimmen. Mit der Kenntnis dieser Kriechbewegungen und der Einschät- zung, ob sie tolerierbar sind, lassen sich die für den Standort geeigneten Verbau- oder Schutzmassnahmen entsprechend planen:

- Stabile oder wenig kriechende Hänge sind mit geeigneten Systemen bautechnisch verbaubar. ln wenig kriechenden Hängen ist allerdings ein erhöhter Aufwand für den Unterhalt zu erwarten.

- Mässig kriechende Hänge dürfen nur bei hoher Kostenwirksamkeit verbaut werden, da sicher mit einem stark zunehmenden Unterhalt zu rechnen ist. Alternative Schutz- massnahmen (Dämme, Zonenplanung, Evakuierung usw.) sind zu überprüfen.

- Stark kriechende Hänge dürfen nicht verbaut werden, da Stützwerke nicht dauerhaft realisiert werden können und sie wegen der zu kurzen Lebensdauer nicht wirtschaft- lich sind. ln solchen Fällen sind alternative Schutzmassnahmen vorzusehen.

Abb. 2 lnklinometermessungen in einem Permafrosthang zur Überwachung von dessen Stabilität (Foto M.

Phillips)

3. Hänge mit tolerierbaren Kriechbewegungen: Verbau mit flexiblen Systemen, An- kerversuche, Einsatz von Spezialmörtel

Hänge im Parmafrost sind mit flexiblen Systemen, d.h. mit Schneenetzen zu verbauen (Abb. 3). Sie sind wenig empfindlich auf mögliche Kriechbewegungen im Untergrund und sie lassen sich in ihrer Geometrie wieder neu richten. Die Verankerungen müssen mit speziellen Fundationstypen, die geeignet für kriechende Permafrostverhältnisse sind, ausgeführt werden. Zur Dimensionierung der notwendigen Verankerungslängen im Par- mafrost sind vorgängig Ankerversuche durchzuführen.

Die Injektion der Verankerungen im Permafrost hat mit speziellen Ankermörtel zu erfol- gen. Sie sind in einer Eignungsprüfung für die Anwendung im Parmafrost zu testen. Die- se Spezialmörtel erreichen bei negativen Temperaturen im Untergrund die geforderten Eigenschaften, namentlich die Druckfestigkeit und Frostbeständigkeit Damit unter Per-

(12)

mafrostbedingungen im Bohrloch die Mörtel abbinden, sind sie auf der Baustelle vor dem Injizieren vorgängig zu erwärmen.

Abb. 3 Flexible Schneenetze in locker gelagerten Hangschutt im Permafrost (Wisse Schijen ob Randa/VS)

Fortsetzung der Überwachungskampagne der Test-Verbauungen im Permafrost Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden ob Pontresina/GR und ob Arolla/VS in- strumentierte Test-Verbauungen (vgl. Umschlagsbild, Abb. 31) in Hängen mit Permafrost erstellt. Für die von der Permafrost-Problematik betroffenen Kantone Wallis und Grau- bünden ist die Fortsetzung der Messkampagnen sinnvoll, da für zukünftige Verbauperi- meter in ähnlichen schwierigen Baugrundverhältnissen wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden können. Die eingerichteten Messvorichtungen dienen weiterhin der Ermittlung der Kriechbewegungen im Untergrund. Eine kontinuierliche Messreihe gibt Aufschluss über den Bewegungs-Mechanismus und vor allem über die wichtige Frage der langfristi- gen Dauerhaftigkeit der Verbauungen.

(13)

3 Permafrost: allgemein

3.1 Definition des Permafrostes

Lockergestein oder Fels wird als Parmafrost definiert, wenn die Temperatur ganzjährig unter dem Gefrierpunkt von

oo

C liegt. Für die Definition Parmafrost (Abb. 7) ist allein die Temperatur massgebend und nicht das im Untergrund allenfalls vorhandene Eis. Perma- trost wird häufig mit dauernd gefrorenem Boden oder Dauerfrostboden bezeichnet.

Der Einfachheit halber wird im vorliegenden Bericht generell abgekürzt von Parmafrost gesprochen, statt korrekterweise von Permafrostboden oder Permafrostfels. Mit Boden werden Lockergesteine bezeichnet, dies im Gegensatz zum eigentlichem Festgestein oder Fels.

3.2 Untersuchungs-Standorte

Die Felduntersuchungen im Rahmen des Forschungsprojektes wurden an den folgenden drei Standorten durchgeführt. Am Muot da Barba Peider ob Pontresina/GR (Abb. 4) und am Mt. Dolin ob Arolla/VS (Abb. 5) wurden instrumentierte Test-Verbauungen im Perma- trost erstellt. Bei den Wissen Schijen ob Randa/VS (Abb. 6) stehen bereits seit 1990 Schneenetze im Permafrost.

Tab. 1 Übersicht über die Standorte

Muot da Barba Peider, Mt. Dolin, Arolla/VS Wisse Schijen, RandaNS Pontresina/GR (Abb. 4} (Abb. 5} (Abb. 6}

Höhe ca. 2940 m ü.M. ca. 2865 m ü.M. 3000·3130 m ü.M.

Hangexposition NNW NE E

Mittlere Hangneigung 35° 36° 36-38°

Oberflächenbeschaffenheit grobblockiger Hangschutt grobblockiger Hangschutt grobblockiger Hangschutt (Verwitterungsschutt), keine (Verwitterungsschutt), keine (Verwitterungsschutt), keine

Vegetation Vegetation Vegetation

Abb. 4 Test-Verbauungen am Muot da Barba Peider ob Pontresina!GR (@ DHM25, reproduziert mit Bewil- ligung des Bundesamtes für Landestopographie vom 13. Dez. 99)

(14)

Abb. 5 Test-Verbauungen am Mt. Do/in ob Arol/a!VS (@ DHM25, reproduziert mit Bewilligung des Bundes- amtes für Landestopographie vom 13. Dez. 99)

Abb. 6 Verbauungs-Perimeter Wisse Schijen ob RandaNS (@ DHM25, reproduziert mit Bewilligung des Bundesamtes für Landestopographie vom 13. Dez. 99)

3.3

Begriffe

ln einem Permafrostgebiet wird die obere Schicht, die im Sommer jeweils auftaut und im nachfolgenden Winter wieder gefriert, als Auftauschicht (engl. active layef) bezeichnet (Abb. 7, links). Der eigentliche Permafrostkörper beginnt ab dem Permafrostspiegel und weist bis zur Permafrostbasis, der unteren Begrenzung, ganzjährig negative Temperatu- ren auf. ln diesem Bereich ist der Untergrund also permanent gefroren.

Die saisonalen Temperaturschwankungen im Untergrund wirken sich bis zur sogenann- ten ZAA-Linie (engl. zero-annual-amplitude) aus. Die Schwankungen geschehen ent- sprechend der Jahreszeiten, im Sommer sind die Temperaturen im Untergrund eher wärmer, im Winter eher kälter. Wegen der thermischen Trägheit des Bodens und Felsens wirken sich die Schwankungen mit zunehmender Tiefe allerdings zeitlich verzögert aus.

Damit überhaupt Permafrost im Untergrund vorhanden sein kann, muss die mittlere langjährige Temperatur an der Oberfläche kälter als

oo

C sein (Abb. 7, links). Wo sich

(15)

das Temperaturregime im Untergrund mit dem Aussenklima thermodynamisch im Gleichgewicht befindet, kann der konstante geothermische Gradient bis nach oben an die Oberfläche verlängert werden, was die mittlere Bodenoberflächen-Temperatur ergibt.

Im Gegensatz dazu ist in Gebieten ohne Parmafrost (Abb. 7, rechts) die mittlere Bo- denoberflächen-Temperatur wärmer als

oo

C. Im Winter gefriert jeweils die obere Schicht temporär, taut aber im folgenden Sommer wieder auf. Es handelt es sich also hierbei nicht um Permafrost, sondern um lediglich saisonalen Winterfrost, der nicht nur in alpinen Regionen, sondern auch im Flachland sehr verbreitet ist. Dabei dringt der Winterfrost bis zur sogenannten Frosteindringtiefe ein.

Permafrost:

Mittlere Oberflächentem-

peratur < O'C Oberfläche

<:

.. ..

<:

:::1

ZAA·Linle

Permafrost·

basis

·-·-·-·-·-· -·-·-·- · - · -·7 negative

Temperaturen O'C positive Temperaturen

Nicht Permafrost:

Oberfläche

Froste in·

dringtiefe

·-·-·-·- -· ·-·-·-·-·-·-·7

negative O'C

Temperaturen

positive Temperaturen

Abb. 7 Temperaturverläufe im Untergrund in einem Permafrostgebiet und zum Vergleich im Nicht- Permafrostgebiet

Bis in welche Tiefe die Auftauschicht in einem Parmafrostgebiet auftaut, hängt von ver- schiedenen Faktoren ab. Wesentlichen Einfluss haben:

- die Eigenschaften des Untergrundes (die Wärmeleitfähigkeit und -kapazität, der vor- handene Eis- bzw. Wassergehalt).

- die sommerliche Bodenoberflächen-Temperatur: Sie wird in erster Linie von der Son- neneinstrahlung bestimmt, die von der Hangexposition abhängt.

- die Oberflächenbeschaffenheit (Vegetation an der Oberfläche, nackte Felsoberfläche, Hangschutt usw.): Sie beeinflusst im wesentlichen den Wärmeaustausch an der Oberfläche.

Am Muot da Barba Peider ob Pontresina/GR (Abb. 4) beträgt beispielsweise die Mäch- tigkeit der Auftauschicht ca. 1.5-3.0 m. Am Mt. Dolin ob Arolla/VS (Abb. 5) beträgt sie ca.

2.5 m. Bei beiden Standorten besteht der Untergrund aus 1.0-2.5 m mächtigem blocki- gem Verwitterungsschutt, der den Fels überlagert. Der Parmafrost ist eher trocken, d.h.

er weist einen geringen Eisgehalt auf.

(16)

Die Tiefe der ZAA-Linie wird einerseits von den Wärmeleiteigenschaften und -kapazitäten des Untergrundes, anderseits von den saisonalen Schwankungen der Bodenoberflächen- Temperatur beeinflusst. Die ZAA-Linie befindet sich je nach Gegebenheit in 10-20 m Tiefe. Am Muot da Barba Peider liegt sie in ca. 17.5 m Tiefe. Darunter erwärmt sich der Boden wegen der Erdwärme kontinuierlich. Der geothermische Gradient (Abb. 7) beträgt in der Schweiz im Mittel ca. 3° C/1 00 m (Bundesamt für Energie, 1998), d.h. die Erdtem- peratur nimmt mit der Tiefe pro 100 m um 3° Celsius zu.

ln einem Permafrostgebiet befindet sich die Auftauschicht immer deutlich über der ZAA- Linie. Der Grund ist, dass das im Untergrund enthaltene Eis das Eindringen der

oo

C-

lsotherme sehr stark verlangsamt. Eis weist eine sehr hohe Schmelzwärme von rund 334 kJ/kg auf und die

oo

C-lsotherme (d.h. die auftauende Schicht) dringt bei weitem nicht bis zur ZAA-Linie.

ln Nicht-Permafrostgebieten verhält es sich analog mit dem Eindringen des Winterfro- stes. Die Frosteindringtiefe (Abb. 7) hängt von ähnlichen Faktoren ab, im wesentlichen von der Beschaffenheit des Untergrundes, vom vorhandenen Wassergehalt und von der Strenge des Winters. Die Strenge des Winters wird mit der Frostindexzahl (Frostindex

=

Anzahl Frosttage x mittlere negative Tagestemperatur) beschrieben. Daneben spielt die winterliche Schneedecke eine entscheidende Rolle, da Schnee gute wärmeisolierende Eigenschaften aufweist und den Untergrund in der kalten Jahreszeit vor Frost schützt.

3.4 Vorkommen des Permafrostes

3.4.1 Einflussfaktoren

Die mittlere langjährige Bodenoberflächen-Temperatur ist massgebend, ob im Unter- grund Permafrost vorkommt oder nicht (Kap. 3.3, Abb. 7). Bei mittleren langjährigen Oberflächen-Temperaturen von kälter als

oo

C ist mit Permafrost zu rechnen, bei Tempe- raturen von wärmer als

oo

C hingegen nicht.

Folgende Faktoren beeinflussen die mittlere Oberflächen-Temperatur und sind deshalb entscheidend für das Permafrostvorkommen im Untergrund:

- Hangexposition und davon abhängige Sonneneinstrahlung: Die Hangexposition be- stimmt die Dauer der Sonneneinstrahlung und den Einfallswinkel. Die Sonnenein- strahlung erwärmt vor allem im Sommer die Geländeoberfläche. Je direkter sie auf- trifft, desto effizienter wird die Oberfläche erwärmt. Nebst der Hangexposition be- stimmt auch das nachbarliche Geländerelief mit seiner Schattenwirkung die Dauer der Sonnenbestrahlung. ln extremen Schattenlagen kann deswegen Permafrost flecken- haft in tiefere Höhenlagen hinunterreichen.

- Höhenlage und Lufttemperatur: Die Bodenoberflächen-Temperatur steht in direktem Zusammenhang mit der Lufttemperatur, da sie durch den konvektiven Wärmeaus- tausch beeinflusst wird. Die mittlere Lufttemperatur in der freien Atmosphäre (Abb. 9) korreliert mit der Höhenlage, d.h. je höher man sich befindet, desto kälter ist sie. ln den Alpen beträgt der Temperaturgradient in der freien Atmosphäre ca. 0.65° C auf 100 m. Im Winter wird der Wärmeaustausch zwischen dem Untergrund und dem Aus- senklima stark reduziert, da eine wärmeisolierende Schneedecke zwischengeschaltet ist.

- Windverhältnisse: Der konvektive Wärmeaustausch zwischen Luft und Oberfläche wird wesentlich von den Windgeschwindigkeiten beeinflusst. Je stärker ein kalter Wind weht, desto stärker wird die Oberfläche abgekühlt und desto mehr Wärme wird dem Untergrund entzogen (sog. wind-chill-effekt). So sind windexponierte Stellen generell günstiger für Permafrost im Untergrund.

(17)

- Beschaffenheit der Oberfläche: Die für den Wärmeaustausch wichtigen physikalischen Eigenschaften hängen von der Beschaffenheit der Oberfläche ab. Beispielsweise werden dunkle Gesteine, welche die Wärmestrahlung besser absorbieren und weniger reflektieren, stärker erwärmt als helle. Helle Gesteine bleiben unter direkter Sonnen- bestrahlung kühler. Nicht nur die Farbe, sondern auch die Struktur der Oberfläche spielt eine Rolle. Ein Felswand mit gleichmässiger Oberflächenstruktur erwärmt sich unter Sonnenbestrahlung besser als grober Blockschutt, durch den kühle Luft durch- strömen kann.

Abb. 8 Links: Infrarotaufnahme (Tanner 1998) am 26.8.98 am Muot da Barba Peider ob Pontresina. Per- mafrosthang mit den Test-Verbauungen. Deutlich erkennbar sind die wärmeren Oberflächen-Temperaturen in den Felspartien und bei den Test-Schneebrücken, im Hangschutt ist es deutlich kühler. Rechts: Zur Ori- entierung normale Fotoaufnahme am 20.10.97 (Foto automatische Kamera SLF).

- Winterliche Schneeverhältnisse: Je nach Dichte besteht Schnee zu 60-80% aus Luft.

Da Luft einen schlechten Wärmeleiter bildet, weist Schnee gute wärmeisolierende Ei- genschaften auf und schützt im Winter den Untergrund vor der Kälte. Eine 70 cm mächtige Schneedecke isoliert beispielsweise gleichwertig wie eine Fassadenisolation mit 12 cm Mineralwolle, welche den neusten Energievorschriften genügt. Windexpo- nierte Stellen mit einer fehlenden oder geringmächtigen Schneedecke sind deswegen tendenziell günstiger für Permafrost. Ebenfalls schneearme kalte Winter wirken sich auf des Temperaturregime des Permafrostes abkühlend aus.

Alle diese Faktoren wirken sich in einem komplexen Zusammenspiel auf die mittlere Bo- denoberflächen-Temperatur und damit auf das Permafrostvorkommen aus. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, generell eine Meereshöhe zu definieren, ab welcher Perma- trost im Untergrund vorkommt. Zum Beispiel trifft es nicht zu, dass ab 2300 m ü. M., wo die mittlere Lufttemperatur in der freien Atmosphäre ca.

oo

C (Abb. 9) beträgt, Permafrost im Untergrund vorkommt. Wegen der sommerlichen Sonneneinstrahlung und der winter- lichen Schneedecke (Isolation) liegt die Permafrostuntergrenze meist höher. ln südexpo- nierten Hängen liegt sie wegen der stark wärmenden sommerlichen Sonnenstrahlung sogar auf ca. 3000 m ü.M. (Abb. 26).

(18)

3.4.2 Permafrostmächtigkeit

Die Permafrostmächtigkeit nimmt generell mit der Höhe zu, da die mittlere Bodenoberflä- chen-Temperatur abnimmt. King (1996) schätzte am Beispiel des Gernergrates in Zer- matt in einem N-S-Schnitt die Permafrostmächtigkeiten ab und zeigte die Zusammen- hänge zwischen dem Permafrostvorkommen und der Lufttemperatur bzw. der Hangex- position mit der verbundenen Sonneneinstrahlung auf (Abb. 9). ln nordexponierten Hän- gen reicht der Permafrost weiter hinunter und der Permafrostkörper ist mächtiger als in südexponierten Hängen auf vergleichbarer Meereshöhe. ln den Übergangszonen kommt der Permafrost oft nicht kontinuierlich, sondern nur fleckenhaft vor.

mittlere Jährliche Lufttemperatur mittlere in der freien Oberflächen·

m ü. M. Atmosphäre: temperatur:

3300 3200 -6' C

3100 -5' C -2'C

3000 2900 -4'C 2800

-3' C

2700 -1 ' C

2600 -2' C 2500

-1 ' C 2400

2300 o·c o•c

2200

N

ungefähre Mächtigkelt des Permsfrostkörpers

*

=100m

-

Permafrost-

vorkommen

s

mittlere jährliche Oberflächen- temperatur:

-1 ' C

o·c

Abb. 9 Schematischer Nord-Süd-Schnitt mit Permafrostverteilung und Permafrostmächtigkeit (angepasst nach King 1996)

ln Abhängigkeit der Höhenlage und der Hangexposition kann generell für den alpinen Permafrost von folgenden Mächtigkeiten (Tab. 2) ausgegangen werden.

Tab. 2 Permafrostmächtigkeiten in Abhängigkeit der Höhenlage und Exposition

N-Expositlon S-Exposition

2500- 3000 m ü. M. einige Meter bis wenige 10 Meter wenige Meter 3000-3500 m ü. M. wenige 10 Meter bis 100 m einige 10 Meter

3.5 Erscheinungen des Permafrostes

Der Baugrund im Permafrostgebiet besteht entweder aus Lockergesteinen oder Fels.

Lockergesteine setzen sich im Gebirge oft aus Moränen oder Hangschutt zusammen, wobei der Hangschutt häufig das Verwitterungsprodukt des anstehenden Felsens ist.

Die Lockergesteine werden je nach Eisgehalt (Tab. 3) unterschieden in trockenen, eisuntersättigten, eisgesättigten und eisübersättigten Permafrost. Diese Unterteilung be- ruht auf dem Verhältnis vom vorhandenen Eisgehalt zum vorhandenen Porenvolumen im Lockergestein (Abb. 1 0).

(19)

Tab. 3 Bezeichnung der Permafrostverhältnisse aufgrundder verschiedene Eisgehalte in einem Lockerge- steinsboden

Bezeichnung des Permafrostbodens Beschreibung Eisgehalt

(Lockergestein)

Trocken trockener Parmafrost Kein Eis im Boden Eisgehalt = 0%

bis Eis- eisuntersättigter Permafrost Die Poren sind teilweise mit Eis gefüllt Eisgehalt < Porenvolumen arm

eisgesättigter Permafrost Die Poren sind vollumfänglich mit Eis Eisgehalt = Porenvolumen

Eisreich gefüllt

eisübersättigter Parmafrost Der Eisgehalt übertrifft das Porenvo- Eisgehalt > Porenvolumen Iumen. Die einzelnen Bodenkörner

berühren sich nicht mehr.

Trockenes bis eisuntersättigtes Lockergestein wird mit eisarmen Permafrost, nahezu eisgesättigtes bis eisübersättigtes Lockergestein wird mit eisreichem Permafrost um- schrieben . Im Feld kann der Eisgehalt nur qualitativ geschätzt werden. Der genaue Eisgehalt muss im Labor anhand von Bodenproben bestimmt werden, indem im aufge- tauten Zustand der Wassergehalt gemessen wird.

Luft· Poren

trocken

eisgesättigt

eisuntersättigt

eisübersättigt

Q

Lockergestein

D

Eis

Abb. 10 Schematische Darstellung der verschiedenen Eisgehalte in einem Lockergesteinsboden

Im Fels, der sich in einem Parmafrostgebiet befindet, sind die Klüfte oft mit Eis gefüllt.

Eine typische Erscheinung von Parmafrost im Gebirge sind die sogenannten Blockglet- scher (Abb. 11 ). Es handelt sich hierbei um eisübersättigte Schuttmassen, die wegen ihres viskosen Materialverhaltens langsam talwärts kriechen. Diese Blockgletscher kön- nen Abmessungen von mehreren Hundert Meter Länge bzw. Breite aufweisen. Die Blockgletscherströme mit ihren typischen an der Oberfläche auftretenden "Wülste" krie- chen in der Grössenordnung von mehreren cm-dm/Jahr talwärts (Hydrologischer Atlas der Schweiz 1999). Die Dynamik dieser einzigartigen Blockströme ist am eindrücklich- sten aus der Luft oder vom Gegenhang erkennbar.

(20)

Die Blockgletscher werden unterschieden in aktive und fossile. Aktive Blockgletscher beinhalten Eis und bewegen sich noch talwärts. Bei fossilen Blockgletschern hingegen ist im Laufe der vergangenen Erwärmung das Eis weggeschmolzen und sie sind heute zum Stillstand gekommen. Häufig sind aber noch alte Kriechstrukturen erkennbar.

Abb. 11 Blockgletscher Muragl (Oberengadin, Foto M. Phillips): Sehr schön sind an der Oberfläche die vis- kosen Kriechstrukturen zu erkennen. Dieser Blockgletscher bewegt sich im aktivsten Teil mit einer max.

Geschwindigkeit von 50 cm!Jahr talwärts (Kääb 1998)

3.6 Problematik beim Bauen im Permafrost

3.6.1 Im Lockergesteinsboden

Der Eisgehalt, der sehr unterschiedlich sein kann, beeinflusst die geotechnischen Eigen- schaften von Lockergesteinsböden. Eisübersättigte grobblockige Schuttmassen, wie es in Blockgletschern der Fall ist, verhalten sich viskos, da der Kornkontakt zwischen den Steinen und Blöcken nicht mehr gegeben ist. Solche Schuttmassen kriechen gravitativ langsam talwärts.

Viskoses Verhalten bedeutet, dass unter gleichbleibender Belastung (Normal- oder Scherspannungen) der Boden sich über die Zeit ungedämpft defomiert bzw. kriecht (Abb.

12 und Abb. 13). Das ungedämpfte Kriechverhalten eines Bodens wird auch als

"viskoplastisches" Fliessverhalten bezeichnet, wobei gilt:

Viskos = Deformationen sind zeitabhängig

plastisch = Deformationen sind irreversibel und gehen nicht mehr zurück (im Gegensatz zum elastischem Materialverhalten, wo die Deforma- tionen bei Entlastung wieder zurückgehen)

ln der Abb. 12 ist das viskose Materialverhalten unter Normalkraft-Beanspruchung dar- gestellt.

(21)

Zeit-Dehnungs- diagramm:

w

Cl c:

::>

.<= c:

Q)

0

dE dt

Zeit t

konstante

Normalspannung a:

1

Delormatlons- geschwlndlgkelt V

Abb. 12 Zeit-Dehnungsdiagramm in einem sich viskos verhaltenden Permafrostboden, der mit einer Nor- malspannung belastet wird.

Der Viskositätsmodul des Bodens drückt aus, wie schnell bei einer bestimmten Nor- malspannung der Boden zusammengedrückt wird (aus Rösli 1982). Der Viskositätsmodul ist spannungsabhängig und folgendermassen definiert:

l J'" v lS ko . .. Sltat

= /\. = -

1 ( j

dE dt

de

dt

=

Deformationsgeschwindigkeit V

Normalspannung

Die eigentliche Dehnung unter der Spannung cr berechnet sich nach einer gewissen Zeit folgendermassen :

( j

Dehnung = E = -x t

A. t Zeit

ln den folgenden Abb. 13 ist das viskose Materialverhalten unter Scherkraft- Beanspruchung dargestellt:

Zeit-Verzerrungs- diagramm:

dt

Zeit t

Verzerrungs- geschw ind igkeit V

konstante Sche rspannung -r:

Abb. 13 Zeit-Verzerrungsdiagramm in einem sich viskos verhaltenden Permafrostboden, der mit einer Scherspannung belastet wird.

(22)

Der Viskositätsmodul des Bodens drückt aus, wie schnell bei einer bestimmten Scher- spannung der Boden seitlich verzerrt wird (aus Rösli 1982}. Der Viskositätsmodul ist spannungsabhängig und folgendarrnassen definiert:

Viskosität

=

A

= - r :

dy dt

dy

dt Verzerrungsgeschwindigkeit

= Scherspannung

Die seitliche Verzerrung unter der Spannung • berechnet sich nach der Zeit t folgender- massen:

Verzerrung= y = -r x t

A t Zeit

ln geneigten Hängen wirken wegen des Überlagerungsdruckes grosse innere Scher- spannungen. ln eisübersättigten Schuttmassen oder Blockgletschern bewirken diese Spannungen ein viskoses talwärts-Kriechen. Lawinenverbauungen, die in solchen krie- chenden Verhältnissen fundiert sind, werden mitgezogen und erleiden grosse Deforma- tionen, die bei starren Schneebrücken kurzfristig zu einer vollständigen Zerstörung füh- ren können (Abb. 14).

Abb. 14 Abgerutschte Schneebrücken (Stahl, Typ DICKRU, o .

=

4.0 m) in kriechendem Permafrost (Verbauung Wisse Schijen, Randa!VS, 2980 m ü.M.,). Pro Jahr bewegte sie sich ca. 30 cm talwärts. Nach 5 Jahren musste sie bereits abgebrochen werden.

3.6.2 Im Fels

Im kompakten oder wenig zerklüfteten Fels stellen sich die Probleme des viskosen Krie- chans nicht, obwohl die Klüfte oft mit Eis gefüllt sind. Das Materialverhalten des Felsens wird vorwiegend durch die Eigenschaften des Festgesteines bestimmt.

3. 7 Wechselwirkung Lawinenverbauung-Permafrost

3.7.1 Eis als Bindemittel im Permafrostboden und -fels

Eis im Permafrostboden wirkt wie Bindemittel und die innere Festigkeit von Lockerge- steinsböden wird erhöht. Zahlreiche durch Huder und al. (1979) durchgeführte Triaxver- suche zeigten in gefrorenen Böden mit der Temperaturabnahme eine starke Zunahme der Kohäsion. ln Abb. 15 ist ersichtlich, wie die Kohäsion eines gefrorenen siltigen San-

(23)

des (USCS-Kiassifikation: SM-SC, Eisgehalt ca. 13%} bei -5° C einen sehr hohen Wert von 1.0 N/mm2 (= 1000 kPa) annimmt. Das gleiche Material, ungefroren, weist eine um ca. 170 x kleinere durchschnittliche Kohäsion von nur 5.8 kN/m2 (= 5.8 kPa, SN 670 010 a) auf. ln der gefrorenen Bodenprobe nimmt der innere Reibungswinkel <p bis zur Tempe- ratur von -8° C zu, nachher wieder ab.

30

0

.!:

>9o C'l c

:I 20 .0

c e!

Cll c

,!;

Ci 10 '0

c

0

c

I

",.

....

--- ...

...

,

/ , .

'

/

1'\

I /

I t

I

/

I I I t

c"

-15 -10 -5 -3 -1,5 0

Temperatur Tin °C

3.0

2.0

1.0

0

N

E z

!:

u c 0

;;;

s=. 0

:.:: 0

'

Abb. 15 Triaxversuche an siltigen Sanden bei unterschiedlichen Temperaturen (Huder und a/., 1979)

Solches gefrorenes Lockergestein, dessen innere Festigkeit durch das Eis erhöht wird, ist weniger gefährdet auf Murganganrisse oder Hanginstabilitäten.

Im Tunnelbau wird diese Art der Bodenverfestigung beim sogenannten Gefrierverfahren genützt. Von der Tunnelbrust aus werden vorgängig horizontale Bohrungen vorgetrieben und das Lockergestein wird künstlich abgekühlt und gefroren. Im Schutz dieses verfe- stigten gewölbeartigen Eispanzers erfolgt dann nachfolgend der eigentliche Tunnelaus- bruch.

ln Felspartien sind Klüfte oft mit Eis gefüllt. Dieses an den Kluftwandungen angefrorene Eis verbessert die Stabilität von zerklüfteten Felsen. ln Klüfte, die mit Eis gefüllt sind, kann zudem kein Wasser eindringen. Solche wassergefüllten Felsklüfte, in denen sich immense Wasserdrücke aufbauen können, waren oft die Ursache von grossen Fels- und Bergstürzen (Keusen 1999).

3.7.2 Resultate aus der Untersuchung der Wechselwirkung Lawinenver- bauung-Permafrost

Phillips (2000) untersuchte im Rahmen des Forschungsprojektes Lawinenverbauungen im Permafrost die mögliche Wechselwirkung zwischen den Verbauungen und dem Per- mafrost im Untergrund. Stahlverbauungen erwärmen sich unter direkter Sonnenstrah- lung. ln einem südexponierten Hang wurden Temperaturen von 30-35° C an den Stahl- werken gemessen. Nach heutigem Stand der Technik werden Stützwerke mittels Mi- kropfählen, Stabankern und Seilankern fundiert. Nicht ausgeschlossen war ein möglicher Wärmeeintrag über diese Fundationen in den Untergrund, was langfristig zu einem Auf- tauen des Permafrostes führen könnte ..

Da Verbauungen für eine Lebensdauer von bis zu 100 Jahren realisiert werden, rechnete Phillips mit Finite-Eiement-Simulationen den langfristigen Einfluss auf das Temperaturre- gime des Permafrostes durch. Im Gelände bis in 20 m Tiefe abgeteufte Bohrlöcher, die mit Thermistoren ausgerüstet waren und mit denen kontinuierlich die Temperatur ge- messen wurde, dienten der Kalibrierung des thermodynamischen Modells. Zur Messung

(24)

eines allfälligen Wärmeeintrages waren Mikropfähle und Seilanker der Test-Verbauungen im Parmafrost (Abb. 17) mit Thermistoren instrumentiert.

Die langfristigen Simulationen und die Temperatur-Messungen an den Seilankern und Mikropfählen ergaben zwei hauptsächliche Resultate {Abb. 16):

1. Über die Fundationen findet kein nachweisbarer Wärmeeintrag in den Parmafrost statt, der zu einem Auftauen des Parmafrostes führt.

2. Oberhalb der Verbauungen werden die Schneeverhältnisse verändert, da Lawinen nicht mehr anreissen und im Frühling der Schnee länger liegen bleibt. Diese verän- derten Schneeverhältnisse haben aber langfristig keinen nachweisbaren erwärmen- den Einfluss auf das Temperaturregime im Untergrund. Unterhalb der Verbauungen bildet sich in der Schneedecke häufig ein Spalt infolge Kriechen und Gleiten des Schnees aus. Dieser Spalt, in dem die Isolationswirkung des Schnees fehlt, hat im Gegenteillangfristig einen leicht abkühlenden, also parmafrostfördernden Effekt.

Abb. 16 Interaktion Lawinenverbauung-Permafrost (Phillips 2000)

Kein Wärmeeintrag über die Fundationen

Abb. 17 Mit Temperaturfühlern und Datenlogger instrumentierte Schneenetze am Muot da Barba Peider (Pontresina/GR, Foto M. Phillips))

(25)

3.7.3 Klimaerwärmung

Eine mögliche Klimaerwärmung wirkt sich sicher auf das Temperaturregime im Perma- trost aus. Ein solche Beeinflussung wird aber unabhängig davon geschehen, ob in einem

Hang Verbauungen stehen oder nicht, da die Verbauungen selber die Temperatur im Untergrund nicht beeinflussen. .

Generell ist heute noch zu wenig bekannt, wie schnell Permafrost bei einer Klimaerwär- mung auftaut. Schon ein geringer Eisgehalt im Permafrostboden oder -fels genügt, dass er thermisch sehr träge reagiert. Eine allfällige Klimaerwärmung wirkt sich deswegen im Untergrund stark verzögert aus. Wegmann (1998) zeigte unter der extremen Annahme einer sprunghaften Temperaturerwärmung von 1.5° C, dass es in einem Felsen mit nur 6% Eisgehalt 1 00 Jahre dauert, bis die Auftauschicht 15 m eingedrungen ist.

ln hochalpinen Lagen ist der Permafrost während einer langen Zeitperiode von Schnee bedeckt. Die Schneedecke bildet in dieser Zeit eine Isolationsschicht zwischen dem Permafrost und dem Klima. ln der Diskussion um den auftauenden alpinen Permafrost wird auch die zukünftige Mächtigkeit und Liegedauer der Schneedecke eine entschei- dende Rolle spielen. Es gibt aber noch andere Faktoren zu berücksichtigen, wie die Son- nenstrahlung, der Bewölkungsgrad, die Niederschläge usw. Deren zukünftige Entwick- lung hat ebenfalls einen Einfluss auf Permafrostveränderungen.

Dies zeigt, dass die Entwicklung des Permafrostes ein komplexes Wechselspiel sein wird, das von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird. Es ist deswegen schwierig, fundierte Prognosen für die Permafrostentwicklung bei einer Klimaerwärmung zu machen.

Mit sehr vereinfachenden Aussagen oder Katastrophenszenarien von "herabstürzenden Bergen und herabdonnernden Schuttlawinen" ist deswegen vorsichtig umzugehen, denn über die mit schmelzenden Permafrost oft ins Spiel gebrachten Naturereignisse, wie Murgänge, Felsstürze, Steinschlag usw. wissen wir noch zuwenig. Vor allem die Eintre- tenswahrscheinlichkeit dieser Ereignisse ist die grosse Unbekannte. Allein schmelzender Permafrost genügt zudem noch nicht für solche Naturereignisse (Thalparpan 1998). Die eigentlichen Ursachen wie starke Niederschläge, geologische Schwächezonen, stark wasserführende Klüfte, ungünstige Bodenzusammensetzung sind entscheidender.

3.8 Zusammenfassung

Das Permafrostvorkommen hängt von zahlreichen Faktoren ab. Es ist deshalb nicht möglich, generell eine Meereshöhe zu definieren, ab welcher mit Permafrost im Unter- grund zu rechnen ist.

Vor allem eisreiche Lockergesteine, wie z.B. Blockgletscher, verhalten sich viskos und neigen zu teilweise starken Kriechbewegungen. Bei der Projektierung von Verbaumass- nahmen ist dies zu berücksichtigen.

Lawinenverbauungen beeinflussen das Temperaturregime des Permafrostes nicht, so dass wegen den Verbauungen auftauender Permafrost zu befürchten wäre. Über die Fundationen wird keine Wärme in den Untergrund geleitet und die veränderten Schnee- verhältnisse oberhalb der Verbauungen haben keinen Einfluss.

(26)

4 Erkundung des Permafrostes

Zur Parmafrostprospektion und zur Erkundung des Baugrundes für ein konkretes Bau- vorhaben stehen im Gebirge unterschiedliche Methoden zur Verfügung:

- direkte Methoden: Sondierungen mit Bohraufschlüssen oder Sondierschlitzen

- indirekte Methoden: Schätzformeln, Geomorphologie, BTS-Messungen (Basis- Temperatur der Schneedecke)

- halbdirekte Methoden: geophysikalische Sondierungen (Geoelektrik, Seismik, Radar) Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden sie im Feld in Hängen mit Permafrost, am Muot da Barba Peider und Mt. Dolin, getestet. Das Ziel war die Bestimmung von geeig- neten Prospektionsmethoden für die Projektierung von hochgelegenen Lawinenverbau- ungen.

4.1 Direkte Methoden

4.1.1 Erkundungsbohrungen

Mit einem Bohrgerät aus dem Lawinenverbau, mit einem lmlochhammer werden im Ge- lände Bohrlöcher abgeteuft. ln diesen lässt sich zur Erkundung des Parmafrostes die Temperatur messen. Ebenfalls können die Baugrundverhältnisse aufgrund des Bohrfort- schrittes bzw. des Bohrwiderstandes durch einen geübten Bohrmeister qualitativ abge- schätzt werden, namentlich kann Fels oder Lockergestein unterschieden werden. Diese Bohrungen sind relativ einfach zu bewerkstelligen und sind kostengünstig (Abb. 1 ).

Falls genauere Aufschlüsse über die Baugrundverhältnisse notwendig sind, sind Rota- tionskernbohrungen mit Kernentnahme abzuteufen. Im eisreichen Lockergestein sind zwei- bis dreifach Kernrohre einzusetzen und es ist gekühlt zu bohren, damit standfeste Kerne entnommen werden können. Diese Bohrtechnik bedingt allerdings aufwändige Installationen (Abb. 18) und ist wesentlich teurer als einfache Erkundungsbohrungen mit einem lmlochhammer.

Abb. 18 Abteufen von Rotationskernbohrungen am Muot da Barba Peider (Pontresina/GR, 2929 m ü.M., Sommer 1996, Foto M. Phillips)

Jahres-Temperaturverlauf im Permafrost

ln den Erkundungsbohrlöchern wird das Temperaturprofil des Untergrundes gemessen.

Damit die Messresultate richtig interpretiert werden können, sind in Abb. 19 als Beispiel die kontinuierlichen Temperaturmessungen aus dem 20 m tiefen Bohrloch am Muot da

(27)

Barba Peider ob Pontresina (Abb. 4) aufgezeichnet. Im Winter wird der Untergrund ab- gekühlt und im Sommer wieder erwärmt, wobei sich die saisonalen Schwankungen we- gen der thermischen Trägheit des Untergrundes verzögert auswirken. ln 4.0 m Tiefe ist die wärmste Temperatur ca. Ende Oktober erreicht, die kälteste Temperatur ca. Ende April. Die Temperaturen schwanken saisonal stärker, je weiter oben man im Bohrloch ist.

An der Oberfläche weisen sie die grösste Amplitude auf. Die obere ca. 1.5 m mächtige Bodenschicht, die Auftauschicht, ist von ca. Mitte Juli-Anfangs Oktober aufgetaut und gefriert im nachfolgenden Winter wieder.

1.0 °

0.0 °

0

-0.5 0 :!...

-1.0 °

«i

...

8.

-1.5 ° E {!!. -2.0 °

-2.5 ° -3.0 ° -3.5 °

---- ---

_____ r;:-..., __

---

'---._

---

...__

'---

' ..._

""

" f-1

(

CO I ' I ' I ' I '

O"l O"l O"l O"l O"l

N c .a t::! 0..

Q) Cll Q)

:2 <(

0 """) u..

ober Schi eh aufg_et ut

A (\ /

f_ \ \AA

/ r

y \

1--J

G

---

\_

- r---- :7'

-

/

Tiefe= 1.0m

\ -

--Tiefe = 4.0m - Tiefe= 10.0m ---Tiefe= 17.5m

I ' I ' I ' I ' I ' I ' I ' I '

O"l O"l O"l O"l O"l O"l O"l O"l

"i:ij c ::; Cl 0. Si: > N

::J ::J Q)

0 0 Q)

:2 """) """) <( Cf) z 0

Abb. 19 Saisonaler Temperaturverlauf am Muot da Barba Peider (Pontresina/GR) in verschiedenen Tiefen (Periode Dez. 96-Dez. 97)

ln der folgenden Abb. 20 sind die gleichen Messwerte vom Bohrloch Muot da Barba Pei- der als Monatsmittel aufgezeichnet. ln dieser Darstellung lässt sich die Tiefe der Auftau- schicht abschätzen. Auch ist erkennbar, dass die saisonalen Schwankungen in der Tiefe gedämpft werden. ln 17.5 m Tiefe, bei der ZAA-Linie, bleiben die Temperaturen während das ganzen Jahres mehr oder weniger konstant und schwanken nur noch minim, in die- sem Beispiel um lediglich ± 0.05° C.

(28)

Temperatur [°C]

-4.0 -3.0 -2.0 -1.0 0.0 1.0 2.0 0 2 4 ...

... E 6 .! j:: Cl)

1 ;J

8 -+-Jan 97 10 -+-Mar 97

1

\ .L

12 -+-May97 -+-Jul97 14 -Sep97 16 --+-Nov 97

ZAA-Linie

---[_ · ---r ·---- --- ---

18

Abb. 20 Monatsmittel im Permafrost am Muot da Barba Peider (Pontresina!GR.) Wegen der Übersichtlichkeit sind nur alle 2 Monate aufgezeichnet.

Erkundungsbohrungen: Praktische Durchführung und Temperaturmessung

Die Erkundungsbohrungen sind lotrecht bis in eine Tiefe von 8-10 m abzuteufen, um bis zum allfälligen Permafrost im Untergrund vorzustossen. Zur Stabilisierung der Wandung ist das Bohrloch mit einem Polyaethylenrohr zu verrohren. Innerhalb dieses Rohres wird die Temperatur mit einer einfachen Temperatursonde, die am Kabel hinuntergelassen wird, gemessen.

Abb. 21 Temperaturmessung mit einem einfachen Temperaturmessgerät in einem Erkundungsbohrloch am Emshorn, kein Permafrost im Untergrund (Oberems/VS, 2480 m ü.M., Exposition NE, Sept. 1996)

Im oberen Bereich ist der Zwischenraum zwischen dem Polyaethylenrohr und der Bohr- lochwand zur Abdichtung gegen Luftzirkulation mit Mörtel zu verdämmen (Abb. 22). Im Sommer kann durch diesen Zwischenraum warme Luft hineinströmen und die Tempera- turmessung verfälschen. Das Rohr ist wasserdicht auszubilden, damit kein Wasser hin-

(29)

einströmen kann, das gefrieren könnte. Oben ist es mit einem Deckel abzudecken, um das Hinunterfallen von Steinen zu verhindern. Die Sohrstelle ist im Gelände mit einem kleinen Betonschacht zu schützen und beispielsweise mit einem Armierungseisen zu markieren, damit die Sondierstelle auch nach einem Schneefall wieder gefunden werden kann.

Abb. 22

Markierung de Bohrloches

verdämmen

dichtes Poly·

aethylenrohr d=50·60 mm (wasserdicht, unten mit Boden, oben mit Deckel)

kleiner Betonschacht mit Deckel

+ - 4 Bohrloch d=95mm

0 E

...

.0

..

..c 0 II)

Erkundung des Permafrostes: Abteufen eines Bohrloches zur Temperaturmessung.

Frühestens 3-4 Wochen nach dem Bohren, sobald sich die Temperatur im Bohrloch sta- bilisiert hat (Reibungswärme infolge Bohren), wird im Bohrloch alle Meter das Tempera- turprofil aufgenommen (Abb. 23 und Abb. 24). Die Temperaturmessungen sollen zweimal in der Periode mit den wärmsten Temperaturen im Untergrund, d.h. einmal im Septem- ber und einmal im Oktober durchgeführt werden. ln 4 m bis 10 m Tiefe sind die wärmsten Temperaturen im Untergrund eigentlich erst in der Periode November/Dezember (Abb.

19) erreicht. Zu dieser späten Jahreszeit ist es wegen den in Permafrostgebieten bereits oft winterlichen Verhältnissen schwierig oder sogar unmöglich, noch ins Gelände zu ge- hen. Die Temperaturdifferenz ist aber klein und kann toleriert werden. Die zweimalige Messung soll Fehlmessungen vermeiden.

Im Bohrloch gemessene negative Temperaturen bedeuten Permafrost (Abb. 23). Im Temperaturprofil kann die Mächtigkeit der Auftauschicht abgeschätzt werden. Darunter ist der Boden permanent gefroren, was in den Erkundungsbohrungen am Muot da Barba Peider bestätigt wurde, als beim Bohren im Sommer Eispartikel an die Oberfläche geför- dert wurden.

Die Interpretation gemessener negativer Temperaturen in den oberflächennahen Berei- chen hat sorgfältig zu erfolgen. Im Oktober/November erfolgt von oben bereits wieder eine Abkühlung des Bodens (Abb. 20). Bei ,allenfall$ negativen Temperaturen in diesen oberflächennahen Bereichen kann es sich entweder um die wieder gefrierende Auftau- schicht oder lediglich um saisonalen Frost handeln, ohne dass Permafrost im Untergrund vorhanden ist. Erst bei negativen Temperaturen, die ab ca. 2-5 m Tiefe gemessen wer- den, handelt es sich um den eigentlichen Permafrost.

(30)

-2.0 -1.0

I I

ftauschicht

Temp. [° C]

0.0

"

- 1

1.0 2.0

-

---::

l V---

---- ----

Pe rma- fro st

I

J

I

-Terrperaturprofil am

I

4 10.09.1997

I

5- .5 E

"

-

Cl) Cl)

i=

7 8

Abb. 23 Temperaturprofil in einem Erkundungsbohrloch am Muot da Barba Peider (Pontresina!GR). Die Auftauschicht beträgt ca. 1.5 m.

ln einem Nicht-Permafrostgebiet ist hingegen die Temperatur im Herbst über das ganze Profil positiv. ln Abb. 24 ist das Beispiel eines Temperaturprofiles am Emshorn (OberemsNS) dargestellt. Die oberflächennahen Schichten sind durch die sommerliche Wärme stark erwärmt. Bis in eine Tiefe von 6.0 m nimmt die Temperatur ab. Ab dieser Tiefe nimmt die Temperatur wieder leicht zu. Unter Umständen ist in dieser Tiefe der geothermische Gradient erreicht, wobei diese Aussage eine Hypothese ist, die durch tiefere Bohrungen zu bestätigen wäre. ln diesem Baugrund ist demzufolge bis in 8-10 m Tiefe kein Permafrost vorhanden, auch in grösseren Tiefen ist wahrscheinlich kein Par- mafrost vorhanden, da die Temperatur in 7.0 m Tiefe mit 3.0° C relativ warm ist.

0

2 E 3 .5 i= 4

5 6 7

0.0 2.0

Temp. [° C]

4 .0 6.0 8.0

/

L

I

II' Pe

I I

- - Terrperaturprof il

I am10.9.97

' \ I

Nicht rmafrost

Abb. 24 Temperaturprofil am Emshorn (OberemsNS, auf 2480 m ü.M., Exposition NO), ab ca. 6.0 m Tiefe nimmt die Temperatur vermutlich wegen der geothermischen Wärme wieder zu.

Das Bohrloch kann auch mit einer Thermistorenkette, die an einem Datenlogger zur Da- tenspeicherung angeschlossen ist, ausgerüstet werden. Dies erlaubt die kontinuierliche Temperaturmessung, ist aber aufwändiger in der Ausführung als die Messung mit einem

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Analyse des Temperaturverlaufs und der Nettostrahlung kann helfen, den Wassergehalt abzuschätzen. Es ist wichtig, den Zustand der Metamorphose und die Körner

Eine Person wurde nicht ver- schüttet, 14 Personen wurden teilverschüttet und zwei Personen wurden ganz verschüttet.. Abbildung 14: Anriss der Lawine bei L’Hospitalet im Skigebiet

Das Ziel des temporären Stützverbaus ist es, in einem potentiellen Lawinenanriss- oder Gleit- schneegebiet Schneebewegungen für eine befristete Zeit zu verhindern oder zumindest zu

&#34; Die wichtigsten Ergebnisse dieser Arbeit werden in Kapitel 5.1.1 zusammengefasst.. verfahrens benutzt worden waren. Die einzige Lösung bot die direkte Befragung von

Auf verschiedenen Messstationen (eine Über- sichtskarte aller Stationen befindet sich im Anhang A) wurden folgende lawinenrelevante Daten ge- messen:.. Datum Neuschnee

Aus Unfällen und Erfahrungen anderer können im- mer Lehren gezogen werden. Dies ist der eigentli- che Sinn der umfangreichen und aufwendigen Ar- beiten, welche für die Herausgabe

Ist dies aus Zeit- oder Platzgründen im Radio oder in den Zeitungen nicht möglich, so kann man sich auf einzelne Abschnitte beschränken, wobei die • Vorhersage

oberfläche war durch die stürmischen Winde sehr unregelmässig erodiert. Unterhalb von rund 2000 m verband sich der nasse Neuschnee mit dem trockenen Schnee der