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4 Erkundung des Permafrostes

4.3 halbdirekte Methoden: Geophysik

Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden an den beiden Standorten mit den Test-verbauungen im Permafrost , am Muot da Barba Peider ob Pontresina und am Mt. Dolin ob Arolla (Abb. 4 und Abb. 5) die geophysikalischen Methoden, die zur Permafrostpro-spektion eingesetzt werden, getestet.

4.3.1 Geoelektrik

ln der Geoelektrik wird der spezifische elektrische Widerstand einzelner Schichten im Untergrund gemessen. Dafür werden an der Oberfläche zwei einspeisende Stromelek-troden und zwei abtastende Potenzialsonden angebracht. Der Stromkreis wird über den Untergrund geschlossen und es wird die Potenzialdifferenz gemessen, was Aussagen über den elektrischen Widerstand bzw. über die Gesteinsformationen zulässt.

Die Aussagen aus den geoelektrischen Messungen sind um so besser, je unterschiedli-cher die elektrischen Widerstände der einzelnen Gesteinsformationen sind. ln der fol-genden Tab. 5 sind Erfahrungswerte für verschiedene Materialien im Hochgebirge ange-geben. Der elektrische Widerstand ist stark abhängig vom Eisgehalt, grosser Eisgehalt bedeutet einen hohen elektrischen Widerstand. Permafrost weist je nach Eisgehalt einen elektrischen Widerstand von 1 0-2'000 knm auf. In einem aktiven Blockgletscher lässt sich so der obenflächennahe trockene Blockschutt deutlich von dem darunterliegenden eisreichen Schutt unterscheiden. ln vielen Anwendungen aber überschneiden sich die Wertbereiche der einzelnen Materialien, was die Interpretation der Messresultate er-schwert.

Tab. 5 Spezifischer elektrischer Widerstand für typische Materialien im Hochgebirge nach VA W (1991)

Material elektrischer Widerstand

inknm

Gletschereis, Toteis 1 0'000-1 00'000 Lawinenresten, Firnflecken 1'000-1 0'000 Permafrost, Eisgehalt variabel 10-2'000

Blockschutt trocken 5-30

Sturzschutt und Moräne, trocken 3-100 Sturzschutt und Moräne, feucht 1-3

Grundwasser 0.5-2

Fels, stark zerklüftet 5-20

Fels 5-20

Hochgelegene Verbauperimeter befinden sich vielfach im Hangschutt mit eher trockenem bis eisarmem Permafrost. Am Muot da Barba Peider konnte im Hangschutt mit geoelek-trischen Messungen Permafrost nicht lokalisiert werden, da der Eisgehalt zu gering war.

Die elektrischen Widerstände unterschieden sich hier wegen des zu geringen Eisanteiles nicht signifikant von ungefrorenen Böden. Geoelektrik ist deswegen im trockenen bis eisarmen Hangschutt nicht geeignet zur Permafrost-Erkundung. Im grobblockigen Hang-schutt besteht zudem oft die Schwierigkeit eines einwandfreien elektrischen Kontaktes zwischen den Sonden und dem Untergrund.

4.3.2 Seismik

ln der Refraktionsseismik wird an der Oberfläche eine künstliche Erschütterung des Bo-dens mittels eines Hammers oder einer Sprengung ausgelöst. Geophone, die in einem bestimmten Abstand angeordnet sind, registrieren die refraktierten seismischen Wellen.

Die unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeiten der Wellen in den verschiedenen Schichten lassen Rückschlüsse über die Beschaffenheit des Untergrundes zu.

Die Aussagen sind um so eindeutiger und zutreffender, je unterschiedlicher die Ausbrei-tungsgeschwindigkeiten in den einzelnen Schichten sind. Auf einem Blockgletscher kann mit der Refraktionsseismik der trockene Blockschutt (meistens entspricht er der Auftau-schicht) vom darunterliegenden eisreichen Parmafrost unterschieden werden.

Tab. 6 Ausbreitungsgeschwindigkeit Vp der Kompressionswellen für typische Materialien im Hochgebirge nach VAW (1991)

Sturzschutt und Moräne, trocken 300-1'200 Sturzschutt und Moräne, feucht 1'000- 2'000

Grundwasser 1'500- 2'500

Fels, stark zerklüftet 2'500-4'000

Fels 4'000-6'000

Die Wertbereiche für die einzelnen Materialien überschneiden sich (z. B. Eisreicher Par-mafrost und zerklüfteter Fels), was die Interpretation der Messresultate erschwert.

Am Muot da Barba Peider konnte mit den seismischen Messungen im trockenen Hang-schutt, der den Fels überlagert, Parmafrost nicht erkannt werden, da der Eisgehalt zu gering war. Bei hochgelegenen Verbauperimetern, die sich häufig in solchen Hangsitua-tionen mit trockenem Parmafrost befinden, liefert die Seismik allein keine eindeutigen Aussagen über allfälligen Parmafrost im Untergrund.

4.3.3 Radarmethode

Elektromagnetische Wellen werden von einem Sender in den Boden ausgesandt. Die reflektierten Signale werden mit Radarantennen empfangen und aufgezeichnet. Die Wellengeschwindigkeit hängt von der Beschaffenheit der einzelnen Schichten ab, wobei die Eindringtiefe der Wellen eine Funktion der verwendeten Frequenz ist. An Grenz-schichten zwischen Materialien mit unterschiedlichen Permittivitäten werden die Radar-wellen reflektiert. Die Permittivität ist eine materialabhängige Grösse. Sie beschreibt, wie stark die elektrische Feldstärke abnimmt, nachdem das Material in das elektrische Feld eingebracht wurde.

Mit gutem Erfolg wird das Radar auf Eismeeren zur Eisdickenbestimmung und auf Glet-schern zur Messung der Gletschermächtigkeit eingesetzt. Bei diesen Anwendungen wer-den gute Resultate erzielt, weil vom Eis die Permittivität und die damit verbunwer-dene Wel-lengeschwindigkeit bekannt ist. Ebenfalls sind deutliche Grenzschichten ("Eis-Wasser"

bzw. "Gletscher-Fels") vorhanden.

Anfangs Jan. 1997 wurde zusammen mit der Universität Rovaniemi/Finnland der Hang am Mt. Dolin mit der Radarmethode abgetastet. Das Gerät war auf einem Schlitten mon-tiert und es wurde in Fallrichtung des Hanges ein Profil abgefahren. Da der Schutt und der darunterliegende Fels nur wenig Eis enthielt, waren die empfangenen Signale schwierig zu interpretieren. Aufgrund der Messresultate bzw. deren Interpretation, waren Aussagen, dass Parmafrost im Untergrund vorhanden ist und ab welcher Tiefe die gefro-renen Schichten auftreten, nicht möglich.

4.4 Zusammenfassung

Für die Projektierung eines Verbauprojektes muss der Projektverfasser exakte Kenntnis-se haben, ob im Untergrund Parmafrost vorhanden ist oder nicht.

-Die indirekten Prospektionsmethoden (Schätzformeln, BTS-Methode, Beurteilung der Geomorphologie) geben Hinweise, aber für ein geplantes konkretes Bauvorhaben ist die Aussagekraft zu unsicher. Die halbdirekten Methoden, die geophysikalischen Untersu-chungen, können im trockenen und eisarmen Hangschutt Parmafrost nicht eindeutig da-tektieren. Sie können kombiniert (beispielsweise Seismik und Geoelektrik) eingesetzt werden, zur Interpretation der Messresultate sind vielfach zusätzliche Rotationskernboh-rungen mit Kernentnahme unumgänglich. Diese punktuelle Informationen aus den Boh-rungen können mit den geophysikalischen Messresultaten in die Fläche extrapoliert wer-den. Diese Untersuchungsmethode ist vor allem für grassflächige Untersuchungsperi-meter beispielsweise für Tunnels oder Staudämme geeignet und liefert gute Resultate.

Für ein Lawinenverbauprojekt ist diese Methode allerdings sehr aufwändig und kostspie-lig.

Bei der Projektierung von hochgelegenen Verbauperimetern ist ein phasenweises Vor-gehen zur Erkundung des Baugrundes am wirtschaftlichsten und aussagekräftigsten. ln einer ersten Phase beurteilt der Projakverfasser mit dem Diagramm zur Abschätzung des Parmafrostvorkommens (Abb. 26) und mit Hilfe geomorphologischer Untersuchungen (Tab. 4) allfälliges Parmafrostvorkommen im Baugrund. Bei Verdacht auf Parmafrost sind in einer zweiten Phase im Verbauperimeter mehrere Erkundungsbohrungen mit einem Bohrgerät aus dem Lawinenverbau (lmlochhammer) abzuteufen und

Temperaturmes-sungen in den Bohrlöchern durchzuführen. Mit dieser einfachen Methode kann Perma-trost im Untergrund mit grosser Sicherheit detektiert oder ausgeschlossen werden. Zu-sätzlich liefern diese Bohrungen Informationen zur Bohrbarkeit des Untergrundes und zu dessen geotechnischen Beschaffenheit.