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Zweifel, B. (2004). Lawinenunfälle in den Schweizer Alpen. Winter 2002/03. Personen- und Sachschäden. Davos: Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF.

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Schnee- und Lawinen- forschung SLF

Lawinenunfälle in den Schweizer Alpen

Winter 2002/03

Personen- und Sachschäden

Lawinenunfälle in den Schweizer Alpen

Winter 2002/03

(2)
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Lawinenunfälle

in den Schweizer Alpen Winter 2002/03

Personen- und Sachschäden Benjamin Zweifel

Herausgeber

Eidgenössisches Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF, Davos 2004

Das Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung gehört zur Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), Birmensdorf

(4)

Dr. Walter Ammann, Institutsleiter, Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF, Davos Zitierung

Zweifel, B., 2004: Lawinenunfälle in den Schweizer Alpen. Winter 2002/03. Personen- und Sachschäden. Davos, Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF. 138 S.

ISBN 3-905621-17-7 Bezugsadresse

Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF Bibliothek

Flüelastrasse 11 CH-7260 Davos

E-Mail: bibliothek@slf.ch Preis: CHF 32.–

Alle Karten wurden mit der Bewilligung des Bundesamtes für Landestopographie BM0421181 reproduziert.

© 2004, Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF, Davos

Druck: Gonzen Druck AG, Bad Ragaz

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In den Lawinen des Winters 2002/2003 verloren 20 Personen ihr Leben, wobei alle im freien Ge- lände abseits gesicherter Wege unterwegs waren.

Anfangs Februar gab es viele grosse Lawinen mit Sachschaden in denen glücklicherweise niemand getötet wurde. In dieser Phase wurden allerdings trotz der hohen Lawinengefahr häufig die gesicher- ten Pisten verlassen. In zwei Lawinenunfällen in dieser Periode sind insgesamt fünf Variantenski- fahrer ums Leben gekommen. Im Berichtswinter ereigneten sich ausserordentlich viel Lawinenun- fälle im Variantenbereich. Trotzdem ist es unzu- lässig von einem Trend zu mehr Variantenunfällen zu sprechen: Die jährlichen Schwankungen - auch schon in vergangenen Jahren - sind sehr gross.

Im vorliegenden Bericht werden 35 Lawinenunfäl- le beschrieben, und es wurde versucht, auf typi- sche Probleme und Unfallabläufe hinzuweisen. Be- schrieben sind alle Personenunfälle mit tödlichen Folgen sowie einige Lawinen mit erfassten Per- sonen und glimpflichem Ausgang. Zusätzlich wird auch auf zwei Lawinen mit Sachschäden genau- er eingegangen. Wir hoffen, dass sich der Bericht sowohl für das Selbststudium als auch zur Unter- stützung für Leiter von Lawinenkursen als nützlich erweisen wird.

Der Unfallbericht gliedert sich wie folgt: In der Zu- sammenfassung werden die wichtigsten Ereignisse und Besonderheiten des Winters beschrieben und mit früheren Wintern verglichen. Anschliessend fol- gen die Berichte zu ausgewählten Ereignissen. Am Schluss jedes Berichts werden die wichtigsten Da- ten des Ereignisses in einer Tabelle zusammenge-

fasst. Alle Berichte werden mit Kartenausschnitten im Massstab 1:25’000 und mit Angaben zum ak- tuellen Lawinenbulletin ergänzt. Eine einheitliche Gestaltung soll dem Leser eine bessere Übersicht und bis zu einem gewissen Grad Vergleiche ermög- lichen. Die üblichen tabellarischen Zusammenstel- lungen wichtiger Unfalldaten sind im Anhang zu finden.

Wir danken allen Personen und Institutionen herz- lich, welche uns Informationen über Lawinenunfälle haben zukommen lassen. Die gute Zusammen- arbeit mit den verschiedenen Rettungsorganisa- tionen, mit dem SAC, Polizeistellen, Bergführern, Tourenleitern, Ski- und Variantenfahrern macht es uns erst möglich, alle relevanten Fakten und Infor- mationen zu sammmeln und aufzuarbeiten. Auch in Zukunft sind wir auf diese Unterstützung ange- wiesen. Zusammen können wir einen wichtigen Beitrag zu Vermeidung von Lawinenunfällen erbrin- gen!

Eidg. Institut für

Schnee- und Lawinenforschung Davos

Dr. Jakob Rhyner

Abteilungsleiter Lawinenwarnung und Riskomanagement

Davos Dorf, 5. November 2004

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(7)

1 Einleitung 4

2 Zusammenfassung 6

3 Übersichtstabellen und Grafiken 11

4 Auswahl von Unfällen mit Personen- oder Sachschäden 21

Nr. 1: Spinxstollen, Jungfraujoch 3.11.2002 . . . 22

Nr. 6: Gesena Lawine, Mesocco 26.11.2002 . . . 25

Nr. 14: Patraflon (Gantrisch), Charmey 19.12.2002 . . . 27

Nr. 18: Sur Crap, Laax 23.12.2002 . . . 29

Nr. 25: Val Roseg, Pontresina 27.12.2002 . . . 31

Nr. 26: Mont de l’Etoile (Val d’Arolla), Evolène 27.12.2002 . . . 33

Nr. 28: Bergüner Furgga (Sertig), Davos 28.12.2002 . . . 35

Nr. 33: Skigebiet Savognin, Riom-Parsonz 29.12.2002 . . . 38

Nr. 43: Gendusas Dadens, Disentis/Mustér 30.12.2002 . . . 41

Nr. 46: Jungfraujoch, Fieschertal 31.12.2002 . . . 43

Nr. 50: Pizzo Campolungo, Dalpe 3.1.2003 . . . 45

Nr. 52: Totalphorn (Skigebiet Parsenn), Davos 6.1.2003 . . . 47

Nr. 53: Pointe de Penne (Combe du Valsorey), Bourg-St-Pierre 6.1.2003 . . . 50

Nr. 55: Parpaner Rothorn, Lantsch / Lenz 10.1.2003 . . . 53

Nr. 61: Piz Badus, Tujetsch 17.1.2003 . . . 55

Nr. 63: Gross Muttenhorn, Oberwald 18.1.2003 . . . 57

Nr. 70: Gemsfreiheit (Diavolezza), Pontresina 25.1.2003 . . . 59

Nr. 89: Brämabüel (Jakobshorn), Davos 4.2.2003 . . . 61

Nr. 98: La Breya (Champex), Orsières 5.2.2003 . . . 64

Nr. 140: Val Pulanera (Rueras), Tujetsch 6.2.2003 . . . 67

Nr. 161: Naraus, Flims 6.2.2003 . . . 71

Nr. 207: Trubelboden - Larschi, Leukerbad 7.2.2003 . . . 75

Nr. 215: Dorfberg, Davos 7.2.2003 . . . 78

Nr. 223: Gamser Rugg, Grabs 8.2.2003 . . . 81

Nr. 225: Alter Spittel (Magehorn), Simplon 8.2.2003 . . . 83

Nr. 227: Piz Utèr (Val Champagna), Samedan 9.2.2003 . . . 86

Nr. 234: Geissberg (Gemsstock), Andermatt 10.2.2003 . . . 88

Nr. 236: Corne de Sorebois (Val de Moiry), Grimentz 11.2.2003 . . . 90

Nr. 237: Gross Fulfirst, Grabs 15.2.2003 . . . 93

Nr. 242: Wengahorn, Juf 24.2.2003 . . . 96

Nr. 262: Tschimas da Tisch, Bergün 26.3.2003 . . . 99

Nr. 265: Flüela Wisshorn, Davos 13.4.2003 . . . 101

Nr. 267: Grand Tavé (Val de Bagnes), Bagnes 15.4.2003 . . . 103

Nr. 268: Col de Sorebois (Zinal), Ayer 19.4.2003 . . . 105

Nr. 269: Riffelbord (Riffelberg), Zermatt 20.4.2003 . . . 107

Anhang 109

A Mess- und Beobachterstationen 109

B Detailtabellen 111

(8)

1 Einleitung

Der Unfallbericht vom Winter 2002/2003 ist nach den Unfallberichten 1999/2000 und 2000/2001 der dritte Unfallbericht in einem neuen Format. Der neue Farbdruck gibt uns die Möglichkeit, die Kar- tenausschnitte mit den Hangneigungen des Gelän- des (berechnet aus digitalen Höhenmodellen) dar- zustellen und mit vielen Fotos die Geländeverhält- nisse aufzuzeigen.

1998 begann das SLF mit der Archivierung aller bekannt gewordenen Lawinen mit Personen- oder Sachschaden seit 1970 in einer Datenbank. Mit 12’000 Datensätzen liegt heute eine sehr umfas- sende, weltweit einmalige Schadenlawinendaten- bank vor. Dies vereinfacht Abfragen und Analy- sen über Lawinenunfälle. Langjährige Vergleiche von Personenlawinen können jetzt bis zum Winter 1970/71 zurück gemacht werden.

Bei jedem beschriebenen Unfall sind die wichtig- sten Informationen aus dem Lawinenbulletin aufge- führt. Zusätzlich sind in einer neuen Tabelle im An- hang B Bulletininformationen für jeden Lawinenun- fall aufgelistet. Die vollständigen nationalen und re- gionalen Lawinenbulletins sowie die Gefahrenkarte und die Schneehöhenkarten können in einem neu- en Internetportal unter http://archiv.slf.ch/ abgeru- fen werden. Dem Unfallbericht liegt deshalb keine CD mehr bei.

Beim vorliegenden Bericht über Lawinenunfälle im Gebiet der Schweizer Alpen für das hydrologische Jahr 2002/2003 (1.10.2002 bis 30.9.2003) sind fol- gende Punkte zu beachten:

Personenlawinen

Bei den Personenlawinen wird zwischen Lawinen mit Todesfolgen, mit Verletzungsfolgen und ohne Folgen unterschieden. Alle uns bekannten Ereig- nisse, bei welchen Personen von Lawinen mit- gerissen worden sind, finden Eingang in unsere Statistik. Dazu werden auch Personenlawinen oh- ne Verschüttungs- und/oder Verletzungsfolgen ge- zählt. Die Dunkelziffer von glimpflich verlaufenen und nicht registrierten Personenlawinen ist vermut- lich gross. Es wäre für aussagekräftige Statistiken wichtig, dass wir die Informationen von möglichst vielen folgenlosen Lawinenunfällen erhalten. Um diese folgenlosen Lawinenunfälle besser erfassen zu können, wurde der «Fragebogen C» der Frage- bogenreihe des SLF geschaffen. In diesem Zusam- menhang richten wir eine dringende Bitte an alle, uns möglichst jeden Lawinenzwischenfall zu mel- den. Fragebogen können auch über das Internet (www.slf.ch/avalanche/fragebogen/frage-de.html) elektronisch an uns gesendet werden. Diese Da-

Sachschadenlawinen

Als Sachschadenlawinen werden alle Lawinen be- zeichnet, die entweder zu einem Sachschaden, zu einer Räumungsaktion (geöffnete Verkehrswe- ge, Skipisten) oder zu einer Suchaktion geführt ha- ben. Jedes Jahr müssen teilweise grosse und teure Such- und Rettungsaktionen durchgeführt werden, weil Lawinen im Touren- oder Variantenbereich nie- dergegangen sind und unklar ist, ob Personen ver- schüttet wurden; oder weil Lawinen geöffnete Pis- ten, Strassen etc. betroffen haben. Auch diese La- winen können zu einem grösseren volkswirtschaft- lichen Schaden führen. Diese Lawinen können mit einem StorMe-Formular ans Kantonale Forstamt gemeldet werden.

Tabellen und Grafiken

Die bekannten Tabellen 3 bis 7 (früher 2.3 bis 2.7) befinden sich im Anhang B. Die Lawineninformatio- nen (z.B. Grösse, Exposition, etc.) sind nicht mehr in Tabelle 3 oder 4, sondern in der neuen Tabel- le 8 (Anhang B) zusammen mit den Informationen des am Unfalltag gültigen Lawinenbulletins (Gefah- renstufe, Exposition und Höhenstufe) aufgelistet.

Für die langjährigen Vergleiche in den Abbildun- gen 6 bis 10 (Seite 17 bis 19) sind die Unfalljah- re zurück bis zum Winter 1970/71 zusätzlich auf- genommen worden. Zwei neue Abbildungen wur- den aufgenommen: Abbildung 11 zeigt die Exposi- tionen von Lawinenunfällen des Winters 2002/2003 im Vergleich zum langjährigen Mittel. Abbildung 12 zeigt die Hangneigungen von Skifahrerlawinen vom Winter 2002/2003 im Vergleich zum langjährigen Mittel.

Berichte über Lawinenunfälle

Im vorliegenden Bericht werden 35 Unfälle detail- liert beschrieben. Darin werden der Unfallhergang und die Wetter- und Lawinensituation beschrieben.

Eine Tabelle mit Angaben zur Lawine, sowie ein Kartenausschnitt und - wo vorhanden - Fotos er- gänzen die Beschreibung.

Es wurde versucht, die beschriebenen Unfälle, de- ren Vorgeschichten, Begleitumstände, Rettungsak- tionen etc. möglichst korrekt und objektiv zu schil- dern.

Aus Unfällen und Erfahrungen anderer können im- mer Lehren gezogen werden. Dies ist der eigentli- che Sinn der umfangreichen und aufwendigen Ar- beiten, welche für die Herausgabe des vorliegen- den Berichtes erforderlich sind. Es wurde versucht, Bemerkungen zu den Unfallbeispielen möglichst

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möglich die persönliche Meinung des Autors zu wi- derspiegeln. Allen ins Unfallgeschehen verwickel- ten Personen muss mit Respekt begegnet wer- den, und Bemerkungen dürfen nicht zu vorschnel- len Verurteilungen der betroffenen Personen füh- ren. Die Ursachen und Hintergründe, welche zu ei- nem Lawinenunfall geführt haben, sind oft komplex und vielfältig. Beschriebene Unfallbeispiele können immer nur Teilaspekte beleuchten und sind darum immer unvollständig. Eine Beurteilung im Nachhin- ein, im Wissen um die Unfallumstände, ist immer etwas anderes als eine Beurteilung vor Ort, mit feh- lenden, oft auch widersprüchlichen Informationen und unter möglichem Zeit- und/oder Gruppendruck.

Nie vergessen werden dürfen die menschliche Tra- gik und das oft grosse Leid, welche durch Lawine- nunfälle verursacht werden können.

Abkürzungen

SLF Eidg. Institut für Schnee- und Lawinenforschung

WB Winterbericht

UB Unfallbericht

IMIS Interkantonales Mess- und Infor- mationssystem

ENET Automatisches Ergänzungsnetz MeteoSchweiz/SLF

ANETZ Automatisches Messnetz Me- teoSchweiz

LVS, VS-Gerät Lawinenverschütteten- Suchgerät

RECCO Elektronisches System zur Lo- kalisierung von Lawinenopfern REGA Schweiz. Rettungsflugwacht SAC Schweizer Alpen-Club

BE Kanton Bern

FR Kanton Fribourg

GL Kanton Glarus

GR Kanton Graubünden

LU Kanton Luzern

NW Kanton Nidwalden

OW Kanton Obwalden

SG Kanton St. Gallen

SZ Kanton Schwyz

TI Kanton Tessin

UR Kanton Uri

VD Kanton Waadt

VS Kanton Wallis

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2 Zusammenfassung

Im Winter 2002/2003 wurden 271 Lawinenereignis- se mit Personen- oder Sachschaden registriert, deutlich mehr als im langjährigen Durchschnitt.

Ein eingeschneiter Oberflächenreif als Schwach- schicht führte zu vielen Lawinenabgängen von Mit- te Dezember bis Mitte Februar. Anfangs Februar herrschte eine aussergewöhnlich heikle Lawinen- situation, wobei Vergleiche mit dem Lawinenwinter 1998/1999 gezogen wurden.

Ende September und Anfangs Oktober 2002 schneite es oberhalb von rund 2400 m bereits ein.

Im November führte eine intensive Südstaulage mit mehreren eingelagerten Störungen zu einer hohen Lawinenaktivität im Süden. Allerdings war die Schneefallgrenze meistens über 2400 m. Das Muster der überdurchschnittlichen Schneehöhen oberhalb von 2400 m und unterdurchschnittliche Schneehöhen unterhalb von 2400 m blieb den gan- zen Winter über bestehen. Anfangs Dezember bil- dete sich verbreitet ein ausgeprägter Oberflächen- reif, welcher dann eingeschneit wurde und bis Mitte Februar als Schwachschicht bei vielen Lawinen feststellbar war.

Abbildung 1: Schneebrettlawine, welche auf dem Oberflächenreif vom Dezember 2002 abgeglitten war. Lawine am Piz dal Büz vom 15.1.2003 (Unfall Nr. 60, Foto: F. Techel).

Ende Januar 2003 führten drei intensive Nieder- schlagsperioden zu einer Phase mit sehr hoher Lawinenaktivität. Vom 4.2. bis 7.2. wurden 138 Schadenlawinen registriert. In der nachfolgenden Schönwetterperiode beruhigte sich die Lawinensi- tuation rasch, und es blieb bis Ende März mehr oder weniger trocken. Anfangs April kam der Win- ter mit Schnee bis in tiefe Lagen zurück. Anschlies- send herrschten verbreitet frühlingshafte Touren- bedingungen, wobei kaum mehr Schadenlawinen gemeldet wurden. Auffallend waren über den gan-

Gleitschneelawinen, welche aber nur selten mit ei- nem Schaden verbunden waren. Diese gingen - wie die Beobachtungen zeigten - unabhängig von der Tages- oder Nachtzeit und auch unabhängig von der Lufttemperatur nieder.

Abbildung 2: Gleitschneerutsch vom 2.3.2003, der über die Piste ging und zu einer Sicherheits- suchaktion führte (Unfall Nr. 251, Foto: R. Pajarola).

Personenschäden – Allgemein

Der grösste Teil der im Winter 2002/2003 durch La- winen erfassten Personen (160 registrierte Perso- nen) waren auf Touren oder Variantenabfahrten un- terwegs (Tabelle 5 im Anhang B). Im Berichtswin- ter war das Verhältnis Tourenunfälle – Varianten- unfälle 56:44. Das langjährige Verhältnis der letz- ten 21 Jahre beträgt 68:32. Auf Variantenabfahrten wurden im Winter 2002/2003 38 Skifahrer und 22 Snowboarder erfasst. In Tabelle 4 (Anhang B) sind alle Personenlawinen mit den wichtigsten Informa- tionen aufgeführt. Zu beachten ist, dass bei Perso- nenlawinen ohne grössere Verletzungen eine gros- se Dunkelziffer von nicht gemeldeten Lawinenun- fällen besteht.

Zu den Lawinenunfällen mit Personenschaden sei- en folgende mehr oder weniger glimpflich verlaufe- ne Fälle speziell erwähnt:

– Ein junger deutscher Bergsteiger wurde ein Meter tief verschüttet und konnte in einer schwierigen und aufwändigen Such- und Ber- gungsaktion erst nach fast vier Stunden Ver- schüttungszeit geborgen werden. Er konnte erfolgreich reanimiert werden und kam ohne bleibende Schäden davon (Nr. 46, Jungfrau- joch).

– Bei der Präparation einer Piste wurde ein Pi- stenfahrzeug von einer Schneebrettlawine er-

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mitgerissen. Das Pistenfahrzeug war total de- moliert, während der Fahrer wie durch ein Wunder den Unfall unverletzt überlebte (Nr.

223, Gamser Rugg).

– Ein Variantenskifahrer wurde dank der fei- nen Nase eines Lawinenhundes gefunden und überlebte eine 40-minütige Ganzver- schüttung glücklicherweise unbeschadet (Nr.

18, Sur Crap).

Personenschäden – Lawinentote

Mit 20 Lawinentoten liegt der Berichtswinter 2002/2003 unter dem langjähren Mittelwert (1936/37 bis 2000/01) von 25 Todesfällen. Zwölf Personen kamen auf Varianten, acht Personen auf Touren ums Leben (Tabelle 5). Zu den Lawinento- ten im freien Gelände seien folgende Punkte spe- ziell erwähnt:

– Von den acht Lawinenopfern auf Touren ka- men vier auf klassischen Skitouren um. Je eine Person starb auf einer Bergtour (Nr. 1, Jungfraujoch), auf einer Snowboardtour (Nr.

225, Simplon), ein Einzelgänger auf Skitour (Nr. 227, Piz Utèr) und ein Bergführer auf ei- ner Heliskiing-Tour (Nr. 267, Grand Tavé).

– Von den zwölf Lawinentoten im Variantenbe- reich waren acht Personen auf Skis und vier Personen auf dem Snowboard unterwegs.

– Im Vergleich zu den 32-jährigen Mittelwerten (61% Todesopfer bei Ski- und Bergtouren ge- genüber 25% Todesopfer beim Variantenfah- ren) verunfallten im Winter 2002/2003 anteil- mässig viel weniger Tourengänger (40%), da- für deutlich mehr Variantenfahrer (60%) töd- lich.

– Auf geführten Touren und Abfahrten kamen fünf Personen ums Leben. Bei einem Unfall kam der verantwortliche Bergführer selber um (Nr. 267, Grand Tavé).

– Der grösste Lawinenunfall war Nr. 98 in Champex, wo vier Opfer beklagt werden mus- sten. Der Unfall erignete sich bei Gefah- renstufe «gross» im Variantengebiet.

– Von den 20 Lawinenopfern starben sieben Personen (35%) an mechanischen Verletzun- gen, und 10 (50%) Personen erstickten. Bei drei Opfern ist die Todesursache nicht klar.

Schadenlawinen

Mitte November war mit einer ausgeprägten Süd- staulage eine erste Phase von Schadenlawinen

am Alpensüdhang und im Gotthardgebiet zu ver- zeichnen. Die deutlich wichtigere Phase mit Scha- denlawinen war aber von Ende Januar 2003 bis zum 8.2.2003. Drei intensive Niederschlagsperi- oden brachten v.a. am Alpennordhang viel Neu- schnee. Die Lawinenaktivität erreichte am 5.2. und 6.2. die Spitze. Verschiedentlich wurden Vergleiche mit dem Lawinenwinter 1998/1999 angestellt. Ab dem 7.2. entspannte sich aber die Lawinensitua- tion rasch wieder. In Tabelle 3 (Anhang B) sind al- le Sachschadenlawinen mit den wichtigsten Infor- mationen aufgeführt. Folgende grossen Lawinen- abgänge im Winter 2002/2003 sind speziell zu er- wähnen:

– Die Pulanera-Lawine bei Rueras (GR) kam ausserordentlich gross und zerstörte zwei al- te Ställe. Sie ging bis über die Strasse und die Bahnlinie und riss die Fahrleitung weg. Glück- licherweise ereignete sie sich in der Nacht, als kein Verkehr unterwegs war (Nr. 140, Pu- lanera).

– Die Urschlaui verschüttete die Autobahnein- fahrt der A2 bei Wassen (UR) und beschädig- te die Fahrleitung der SBB-Strecke. Die Züge konnten rechtzeitig gestoppt werden (Nr. 106, Urschlaui).

– Im Gebiet Bockpfad oberhalb von Walenstadt SG), welches bisher als lawinensicher galt, stiess eine grosse Staublawine bis zum Rand einer Ferienhaussiedlung vor. Sie überwarf einen parkierten Jeep, beschädigte minde- stens zwei Ferienhäuser und zerstörte einen Unterstand mit dem darin stehenden Anhän- ger (Nr. 158, Bockpfad).

– Durch eine Sprengung wurde ungewollt eine grosse Lawine im Trubelboden (VS) fernaus- gelöst und zerstörte die Alp Larschi (Nr. 207, Trubelboden).

Speziell zu erwähnen sind auch zwei Lawinen mit grossen Suchaktionen:

– Eine grosse Lawine überführte das Restau- rant Naraus im Skigebiet Flims-Laax (GR), wobei nicht klar war, ob Personen verschüt- tet waren (Nr. 161, Naraus).

– Am Dorfberg oberhalb von Davos (GR) löste sich eine grosse Lawine, wobei mehrere Va- riantenfahrer betroffen waren. Wie viele Per- sonen verschüttet worden waren, wusste vor- erst niemand (Nr. 215, Dorfberg).

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Abbildung 3: Fotoserie einer künstlich ausgelösten Staublawine bei Walenstadt (Unfall Nr. 211, Schat-

Räumliche Verteilung

Eine repräsentative Analyse der räumlichen Vertei- lung von Lawinenunfällen ist nur in den Fällen mög- lich, wo Todesopfer zu beklagen waren. Nur dann werden die Informationen sicher ans SLF geliefert.

Die insgesamt 20 Lawinentoten verteilen sich wie folgt auf die verschiedenen Kantone: 12 VS, 7 GR, 1 UR.

Abbildung 4 (Seite 16) zeigt die geographi- sche Verteilung aller Schadenlawinen des Winters 2002/2003. Die Häufung von oft folgenlos geblie- benen Lawinenunfällen mit Personenbeteiligung im Raum Davos und in der weiteren Umgebung hängt sicher auch damit zusammen, dass uns die Pisten- rettungsdienste der Region regelmässig alle La- winenauslösungen durch Wintersportler und auch alle glimpflich verlaufenen Lawinenunfälle melden.

Ausserdem beobachten und melden Mitarbeiten- de des Instituts sowie andere uns bekannte Per- sonen immer wieder Lawinenabgänge in der Ge- gend. Aus anderen Regionen sind die Rückmeldun- gen begreiflicherweise spärlicher. Von den 93 be- kannten Lawinen, die zu Personenschäden geführt haben, entfallen 46 auf den Kanton Graubünden, 30 auf den Kanton Wallis und 17 auf die übrigen Kantone.

Zeitliche Verteilung

Aus der Abbildung 5 (Seite 17) ist eine Konzen- tration der Unfallhäufigkeit zum Jahreswechsel und Anfangs Februar ersichtlich. Bei der Häufung von Lawinenunfällen in einer bestimmten Zeitperiode sind neben der aktuell herrschenden Lawinenge- fahr auch immer Faktoren wie Wetter und allgemei- ne Schneeverhältnisse sowie Hoch- oder Neben- saison (Anzahl von Personen, welche sich in poten- tiell gefährdeten Gebieten bewegen) massgebend.

Hangexpositionen

Die 93 Lawinen mit Personenbeteiligung können bezüglich Hangexpositionen wie folgt eingeordnet werden (Exposition der Lawinenanrissfläche; z.B.

Nord: ein nach Norden abfallender Hang; eine Ex- position Nordwest zum Beispiel wurde je zur Hälfte den Expositionen Nord und West zugerechnet):

– Nord: 25% (langjähriger Mittelwert: 39%) – Ost: 24% (langjähriger Mittelwert: 26%) – Süd: 27% (langjähriger Mittelwert: 14%) – West: 24% (langjähriger Mittelwert: 21%) In Abbildung 11 (Seite 20) sind die Abweichun- gen vom Winter 2002/2003 zum 32-jährigen Mit-

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auf, dass deutlich mehr Unfälle in südlichen Ex- positionen vorkamen als im langjährigen Mittel.

Wahrscheinlich hängt dies mit den häufig vorherr- schenden Nordwinden zusammen, welche zu vie- len Triebschneeansammlungen in den südlich ex- ponierten Hängen geführt hatten. Mit 69% gesche- hen im langjährigen Mittel die meisten Unfälle mit Personenbeteiligung im freien Gelände in den Ex- positionen Nordwest über Nord bis Ost, im Winter 2002/2003 waren es mit 48% deutlich weniger.

Hangneigungen

Bei Lawinenunfällen mit bekannter Anrissfläche wurde im Anrissbereich (innerhalb Anrissfläche) die Hangneigung der steilsten Hangpartie aus der Landeskarte 1:25’000 von Hand gemessen (in fel- sigem Gelände konnte nicht gemessen werden!).

Abbildung 12 (Seite 20) zeigt die Dichteverteilung der Hangneigungen von Lawinen mit Personenbe- teiligung im freien Gelände im 32-jährigen Mittel und im Winter 2002/2003. Von den 93 Lawinen mit Personenbeteiligung im Winter 2002/2003 können die Hangneigungen wie folgt eingeordnet werden:

– 30 : 0% (langjähriger Mittelwert: 4%) – 31–35 : 11% (langjähriger Mittelwert: 16%) – 36–40 : 23% (langjähriger Mittelwert: 35%) – 41–45 : 36% (langjähriger Mittelwert: 29%) – 46–50 : 27% (langjähriger Mittelwert: 12%) – >50 : 3% (langjähriger Mittelwert: 4%) Dabei fällt auf, dass die Unfalllawinen im Winter 2002/2003 in steileren Hängen ausgelöst wurden als im langjährigen Vergleich. Vermutlich hat dies einen Zusammenhang mit den vielen Varianten- unfällen, weil die Variantenfahrer durchschnittlich steilere Hänge befahren als die Tourenfahrer.

Verschüttungen

Von den uns bekannten 35 Personen, welche ganz verschüttet wurden (Kopf unter dem Schnee), ha- ben 17 überlebt. 18 der insgesamt 20 Lawinenopfer waren demzufolge ganz verschüttet. Das Verhält- nis von Lebend- zu Totbergungen liegt mit 49% zu 51% etwa im 32-jährigen Durchschnitt (46% über- lebt, 54% tot; Tabelle 6 Anhang B sowie Abbildun- gen 7 und 8, Seite 18). Die Verschüttungstiefen der 35 Ganzverschütteten (17 überlebt, 18 tot) waren folgende:

Verschüttungstiefen Kopf

Bereich Median

überlebt 0,3 – 1,5 m 0,5 m

tot 0,3 – 3 m 1,2 m

Drei Personen haben Verschüttungstiefen von 1 bis 1,5 Meter überlebt. Speziell zu erwähnen ist der Unfall Nr. 18 (Mutta Rodunda), wo eine Person

41 Minuten lang 1,5 Meter tief verschüttet war und überlebte.

Die Verschüttungszeiten der 17 lebend geborgenen Ganzverschütteten schwanken zwischen 2 Minu- ten und 3 Stunden und 45 Minuten. Drei Personen haben eine Verschüttungsdauer von mehr als 20 Minuten überlebt, zehn überlebten eine Verschüt- tungszeit von bis zu 20 Minuten, bei den restlichen Personen sind keine Angaben vorhanden. Beson- ders zu erwähnen ist der Unfall Nr. 46, wo ein Ski- tourenfahrer eine Verschüttungsdauer von 3 Stun- den und 45 Minuten überlebte. Die Verschüttungs- zeiten der 18 tot geborgenen Ganzverschütteten bewegt sich zwischen zehn Minuten und zwei Ta- gen. Alle ausser zwei der Opfer waren 20 Minu- ten oder länger verschüttet. Trotz optimaler, sehr schneller Bergung starben beim Unfall Nr. 55 (Par- paner Rothorn) eine Person nach einer Verschüt- tungsdauer von 15 Minuten und beim Unfall Nr. 242 (Wengahorn) eine Persone nach einer zehnminüti- gen Verschüttung.

Rettung/Bergung und Auffindemittel

Alle Details sind aus der Tabelle 7 (Anhang B) und aus den Abbildungen 9 und 10 (Seite 19) ersicht- lich. 37% der Ganzverschütteten wurden durch Ka- meraden aufgefunden. Davon wurden 85% lebend (11 Personen) und 15% (2 Personen) tot gebor- gen. Bei den in der Kameradenrettung eingesetz- ten Auffindemittel wurden acht Personen (62%) mit LVS-Geräten geortet, sieben davon lebend und ei- ne Personen tot. Vier Personen konnten schnell ge- ortet und lebend geborgen werden, weil ein Körper- oder Ausrüstungsteil an der Oberfläche der Lawi- ne sichtbar war. Eine Person konnte trotz sichtbarer Hand nur noch tot geborgen werden (Unfall Nr. 89, Brämabüel).

Durch Rettungsmannschaften wurden fünf ganz verschüttete Personen lebend geborgen. Drei da- von dank sichtbaren Körperteilen und je eine Per- son durch den Lawinenhund und mit Sondieren.

16 Personen konnten durch Rettungsmannschaf- ten nur noch tot geborgen werden. Es gab einen Unfall mit ABS Lawinen-Airbag (Nr. 252 in Tabelle 4). Die beteiligten Personen wurde nicht verschüt- tet, weil die Lawine sehr klein war.Sie überlebten den Unfall unverletzt.

Dank

Ohne die bereitwillige Berichterstattung durch Au- genzeugen, Unfallbeteiligte, durch Bergführer, Tou- renleiter und Skilehrer, durch die Polizei, Pisten- dienste, SAC-Rettungschefs, SLF-Beobachter, die sofortige Information durch die REGA sowie die Auskünfte der Air-Glacier, Air-Zermatt, Heli Berni- na, Lawinenhundeführer sowie der Kantonsforst-

(14)

und Tiefbauämter wäre die Verwirklichung der vor- liegenden Arbeit unmöglich gewesen. Ihnen allen danken wir für die Daten, die detaillierten Beschrei- bungen und die gute Zusammenarbeit. Ein Dank gebührt auch allen, die sich zur Rettung und Ber- gung von Verschütteten in irgendwelcher Art ein- gesetzt haben. Ihre Arbeit ist oft schwierig und

nicht ungefährlich. Der MeteoSchweiz (Witterungs- berichte, ANETZ-Daten) sowie den Mitarbeiterin- nen und Mitarbeitern unseres Institutes, welche bei der Erarbeitung und Review dieses Unfallberichtes mitgeholfen haben, sei an dieser Stelle ganz herz- lich gedankt.

(15)

3 Übersichtstabellen und Grafiken

Die Tabelle 1 dient als Übersicht über alle Schadenlawinen der letzten 67 Jahre. Die Tabelle 2 gibt einen Überblick aller Lawinenniedergänge mit Personen- und Sachschaden des Winters 2002/2003. Die grau mar- kierten Unfälle werden im Kapitel 4 detaillierter beschrieben. Die übrigen Tabellen 3 bis 8 sind im Anhang B zu finden.

Weiter geben in diesem Kapitel die Abbildungen 5 bis 12 einen Überblick über Lawinenunfälle mit Personen- beteilung und ergänzen das Kapitel 2. Sie stellen grafisch die zeitliche Verteilung, Tätigkeit von Lawinenop- fern, Verschüttungsfolgen, Auffindemittel und Geländeeigenschaften dar. Die mehrjährigen Auswertungen gehen jeweils bis zum Winter 2002/2003, wobei der Winter 2001/2002 noch fehlt und in der Auswertung noch nicht berücksichtigt wird.

Tabelle 1: Zusammenfassung der Lawinenniedergänge mit Personen- oder Sachschäden in der Schweiz 1936/37 bis 2002/03.

Winter Anzahl Anzahl Anzahl Winter Anzahl Anzahl Anzahl

Schadenfälle Todesopfer Verletzte Schadenfälle Todesopfer Verletzte

1936 / 37 17* 20 0* 1971 / 72 48 23 18

1937 / 38 12* 11 0* 1972 / 73 128 32 36

1938 / 39 18* 23 0* 1973 / 74 35 14 18

1939 / 40 34* 15 2* 1974 / 75 1022 27 40

1940 / 41 42 27 34 1975 / 76 31 16 16

1941 / 42 90 56 6 1976 / 77 92 30 21

1942 / 43 19 14 4 1977 / 78 264 44 49

1943 / 44 84 29 14 1978 / 79 65 38 15

1944 / 45 202 39 26 1979 / 80 133 27 13

1945 / 46 49 11 4 1980 / 81 249 27 34

1946 / 47 21 20 8 1981 / 82 222 20 48

1947 / 48 23 10 4 1982 / 83 99 26 50

1948 / 49 8 1 0 1983 / 84 449 41 55

1949 / 50 32 5 4 1984 / 85 142 55 31

1950 / 51 1301 98 62 1985 / 86 325 34 37

1951 / 52 54 17 0 1986 / 87 88 15 21

1952 / 53 61 22 23 1987 / 88 137 24 27

1953 / 54 325 33 26 1988 / 89 32 16 17

1954 / 55 41 13 8 1989 / 90 46 28 22

1955 / 56 30 11 3 1990 / 91 50 38 21

1956 / 57 20 12 6 1991 / 92 89 13 37

1957 / 58 29 18 13 1992 / 93 49 28 23

1958 / 59 18 15 9 1993 / 94 54 21 52

1959 / 60 14 6 5 1994 / 95 89 20 12

1960 / 61 39 28 8 1995 / 96 97 17 36

1961 / 62 54 36 3 1996 / 97 125 24 26

1962 / 63 78 17 17 1997 / 98 72 13 12

1963 / 64 39 33 15 1998 / 99 1450 36 45

1964 / 65 49 24 8 1999 / 00 132 18 20

1965 / 66 73 16 22 2000 / 01 132 32 26

1966 / 67 90 17 10 2001 / 02 ** 24 **

1967 / 68 421 37 19 2002 / 03 271 20 26

1968 / 69 43 22 8

1969 / 70 254 56 23 Total 65 Winter 9963 1686 1333

1970 / 71 62 33 35 Mittel pro Jahr 151 25 20

* unvollständige Angaben

** noch nicht ausgewertet

(16)
(17)
(18)
(19)
(20)

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Abbildung 4: Geographische Verteilung der Lawinenniedergänge, die zu Sachschäden oder Suchaktionen

(21)

Abbildung 5: Zeitliche Verteilung der Lawinenunfälle mit Personenbeteiligung in der Schweiz im Winter 2002/2003

Abbildung 6: Vergleich der Tätigkeit bzw. Erfassungsorte aller Lawinenopfer in der Schweiz seit 1970/71

(22)

asstePersonentotal:3997Personen(100%)Teilverschüttet:1337Personen(33%) verschüttet:1135Personen(28%)Ganzverschüttet:1399Personen(35%) asstePersonentotal:160Personen(100%)Teilverschüttet:44Personen(28%) verschüttet:70Personen(44%)Ganzverschüttet:35Personen(22%) bildung7:VergleichderVerschüttungsfolgenallervonLawinenerfasstenPer- inderSchweizindenvergangenen32JahrenundimaktuellenJahr.

AnzahlGanzverschüttetetotal:1399 AnzahlGanzverschüttetetotal:35 Abbildung8:VergleichderRettung/BergungallerganzverschüttetenPersonen inderSchweizindenvergangenen32JahrenundimaktuellenJahr.

(23)

AnzahlganzverschüttetePersonentotal:1399 AnzahldurchKameradenhilfeaufgefundeneganzverschüttetePersonen:588(=100%) AnzahlGanzverschüttetetotal:35 AnzahldurchKameradenhilfeaufgefundeneGanzverschüttete:13(=100%) Abbildung9:VergleichderAuffindmittelallerdurchKameradenhilfeaufgefunde- nen,ganzveschüttetenPersoneninderSchweizindenvergangenen32Jahren undimaktuellenJahr.

AnzahlGanzverschüttetetotal:1399 AnzahldurchRettungsmannschaftenaufgefundeneganzverschüttetePersonen:745(=100%) AnzahlGanzverschüttetetotal:35 AnzahldurchRettungsmannschaftenaufgefundeneganzverschüttetePersonen:21(=100%) Abbildung10:VergleichderAuffindmittelallerdurchRettungsmannschaftenaufgefun- denen,ganzverschüttetenPersoneninderSchweizindenvergangenen32Jahrenund imaktuellenJahr.

(24)

Abbildung 11: Prozentanteil der Expositionen von Lawinenunfällen mit Personenbeteiligung im freien Ge- lände (Skifahrerlawinen) im Winter 2002/2003 und im langjährigen Mittel (32 Jahre).

Abbildung 12: Prozentuale Häufigkeit der Hangneigungen (Dichtekurve) von Lawinenunfällen mit Personen- beteiligung im freien Gelände (Skifahrerlawinen) im Winter 2002/2003 und im langjährigen Mittel (32 Jahre).

(25)

4 Auswahl von Unfällen mit Personen- oder Sachschäden

Einleitung

Die Unfallberichte sind in einheitlicher Form be- schrieben, mit einem kurzen Ablauf des Unfallge- schehens und der Rettungsaktion, Informationen zur Wetter- und Lawinensituation mit den wichtig- sten Messdaten in einer Tabelle, sowie – falls vor- handen – Ausführungen zu den rechtlichen Folgen und Bemerkungen. Bei jedem Unfall ist zudem kurz der Inhalt des Lawinenbulletins für die Unfallregion wiedergegeben. Die wichtigsten Angaben zur La- wine werden in einer Tabelle aufgelistet.

Tabelle «Angabe zur Lawine»

Diese Tabelle enthält die grundsätzlichen Informa- tionen zum beschriebenen Unfall. Diese sind auch in den Tabellen im Anhang B zu finden. Einige Be- griffe werden im Folgenden kurz erklärt:

LK-Nr. Blatt-Nr. der Landeskarte 1:25’000

Länge Distanz zwischen

oberstem Punkt im Anrissbereich und unterstem Punkt in der Ablagerung

Breite Breite der Lawine im

Anrissbereich Anrissmächtigkeit Mächtigkeit der

Anrisskante bei Schneebrettlawinen Exposition N=Nord, E=Ost, S=Süd,

W=West Hangneigung Karte Aus der Karte

gemessene steilste Hangpartie innerhalb der Anrissfläche

Geländeform Geländeform des Anrissgebietes

Anz. Auslösepersonen Wahrscheinliche Anzahl Personen, welche die Lawine ausgelöst haben Abstände ja=Abstände zwischen

Auslösepersonen von mind. 10 m vorhanden.

Wenn nur eine Person ausgelöst hat, gibt es keine Abstände Tätigkeit Angabe, ob Tour oder

Variante, und ob im Auf- oder Abstieg

Spuren Falls bekannt ist, ob im Anrissbereich Spuren vorhanden waren (oder nicht), wird dies vermerkt

Kartenausschnitte

Die Kartenausschnitte sind reproduziert mit Be- willigung von swisstopo (BM042181). Es handelt sich dabei um digitale Pixelkarten ohne Schumme- rung des Reliefs. Dafür konnten Hangneigungsin- formationen, berechnet aus dem digitalen Gelän- demodel (DHM 25), hinterlegt werden. Zu beachten ist, dass bei Waldflächen die Hangneigungsfarben überdeckt werden und somit keine Hangneigungs- information vorhanden ist. Die Hangneigungen sind in die Klassen 30–35 , 35–40 , 40–45 und >45 eingeteilt worden. Folgende Legende gilt für alle Kartenausschnitte:

(26)

Nr. 1: Spinxstollen, Jungfraujoch 3.11.2002

Zwei deutsche Bergsteiger werden auf dem Rück- weg zum Jungfraujoch beim Stolleneingang von ei- nem Schneebrett erfasst. Einer kann sich selber befreien, der andere kann mit Sondieren nur noch tot gefunden werden. Bei der Rettungsaktion stürzt ein Helikopter der Air Glacier ab. Der Pilot hat gros- ses Glück und wird nur leicht verletzt.

Unfallhergang und Rettungsaktion

Die beiden Brüder waren am Freitag 1.11. mit dem Auto von Stuttgart nach Grindelwald gefah- ren. Sie wollten auf dem oberen Mönchsjoch bi- wakieren und sich für spätere Touren an die Hö- he akklimatisieren. Um 10.25 Uhr waren sie bereits auf dem Jungfraujoch. Sie stiegen via Plateau auf den Jungfraufirn und marschierten Richtung Obe- res Mönchsjoch. Auf dem Weg dorthin hielten sie beim Stollenausgang Sphinx kurz an, wechselten mit einem Arbeiter kurz einige Worte und fragten, ob der Stollenausgang am Wochenende geöffnet werde, was bejaht wurde.

Aufgrund des sehr schlechten Wetters mit viel Schneefall wurde der Stollenausgang Sphinx ab dem Samstag für Besucher geschlossen. Die bei- den richteten also auf dem Oberen Mönchsjoch ein Biwak ein und verbrachten die Nacht und den Samstag im Zelt. Aufgrund der sehr schlech- ten Wetterbedingungen, schlechter als gemeldet, wechselten sie am Samstagabend in den Winter- raum der Mönchsjochhütte. Am Sonntagmorgen entschieden sie sich, zurück zum Jungfraujoch zu gehen. Mit Kompass und Höhenmesser gelangten sie ohne Probleme zum Stollenausgang Sphinx, fanden diesen jedoch eingeschneit vor. Sie depo- nierten ihre Skier und Rucksäcke etwa 5 m rechts vom Stollenausgang. Der obere Rand der Türe war sichtbar. Aufgrund der schlechten Sicht entschie- den sie sich, nicht aussen herum zum Plateau zu gehen, sondern sich den Weg zum Stollenausgang freizuschaufeln. Sie schaufelten abwechslungswei- se und hatten die Türe bereits zur Hälfte freige- schaufelt, als sie durch das Schneebrett erfasst wurden. Der Bergsteiger, welcher näher bei der Tür stand, wurde bis zum Hals verschüttet, sein Bruder hingegen ganz. Der Teilverschüttete konn- te sich innerhalb von 5 bis 10 Minuten selber be- freien. Bereits während seiner Verschüttung rief er nach seinem Bruder, erhielt aber keine Antwort. Als er frei war, suchte er sofort mit den Augen den La- winenkegel ab. Dann entschied er sich, nach dem Bruder zu graben, musste dies jedoch nach rund 15 Minuten erfolglos aufgeben. Er entschied sich dann, aufs Plateau zu laufen, um Hilfe zu organisie- ren. Nach etwa 55 Minuten erreicte er das Plateau

Abbildung 13: Schneebrettlawine beim Stollen- ausgang Sphinx am Jungfraujoch vom 3.11.2002 mit dem Stollenloch und dem Fundort des Opfers (Foto: Kantonspolizei BE).

Zur Zeit des Unfalles befand sich eine Gruppe Mi- litärs auf dem Jungfraujoch. Zusammen mit dem Wirt nahmen sie unverzüglich die Suche nach dem Vermissten auf. Einer der Retter beschrieb die Si- tuation so: «Zu viert gingen wir zum Stollenaus- gang, wo wir zuerst den Schnee wegschaufeln mussten, um ins Freie zu gelangen. Schlussendlich gelangten wir ins Freie, wo uns dann der Bruder des Verschütteten den angenommenen Verschüt- tungsort zeigte. Wir fingen sofort mit Graben an.

Das Personal der Jungfraubahnen kam dann noch mit Sondierstangen. Wir fanden den Rucksack und die Skier des Verschütteten. Wir organisierten uns dann und fingen mit einer Feinsondierung an. Nach ca. 15 Minuten stiessen wir mit einer Sondierstan- ge auf etwas, worauf wir erneut mit Graben anfin- gen. Gegen 12.50 Uhr trafen wir in einer Tiefe von ca. 1.5 m auf den Verschütteten. Wir konnten be- reits hier keinen Puls mehr fühlen und auch die At- mung hatte ausgesetzt. Wir gruben ihn sofort aus und legten ihn auf eine Rettungsbahre. Wir leiteten sofort eine Reanimation ein, welche bis zum Ein- treffen des Arztes aufrecht erhalten wurde.»

10 Minuten später war ein Notarzt der Air Glaciers auf dem Unfallplatz. Er konnte leider nur noch den Tod des Verschütteten feststellen. Der Pilot flog al-

(27)

Durch schlechte Sichtverhältnisse war er unterhalb der Eigerjöcher auf ca. 3420 m gezwungen zu lan- den. Bei der Landung geriet er in ein sogenanntes

«White-out», d.h. der aufgewirbelte Schnee verun- möglichte eine Orientierung. Er entschloss sich um 180 Grad abzudrehen und talwärts wegzufliegen.

Dabei touchierte der Heckrotor den Boden und der Helikopter geriet ausser Kontrolle und schlug auf dem Gletscher auf. Der Pilot hatte grosses Glück und wurde beim Flugunfall nur leicht verletzt. Er konnte durch einen weiteren Helikopter der Air Gla- ciers geborgen werden.

Wetter- und Lawinensituation

Mit einer Westlage strömte feuchte Luft gegen die Alpen und brachte intensive Niederschläge. Die Schneefallgrenze lag meistens über 2000 m. Am

nördlichen Alpenkamm wurden vom 2. bis 4.11.

verbreitet 30 bis 50 cm Neuschnee gemessen.

Mässige bis starke Winde aus westlichen bis nördli- chen Richtungen konnten den Schnee verfrachten.

Der Unfallhang war mit seiner südöstlichen Expo- sition ein typischer Triebschneehang. Deshalb wur- de ziemlich sicher auch das Stollenloch stark zu- geweht. Bei der Forschungsstation auf dem Jung- fraujoch wurden am Sonntag 3.11. 50 bis 100 cm Neuschnee angegeben. Der Neuschnee fiel auf ei- ne Altschneedecke, die in Folge der kalten Nächte von Ende Oktober teilweise umgewandelt, an ex- ponierten Lagen wahrscheinlich aber auch windge- presst war.

Auf verschiedenen Messstationen (Übersichtskar- ten aller Stationen befinden sich im Anhang A) wur- den folgende lawinenrelevanten Daten gemessen:

Datum Neuschnee [cm] Mittlere Mittlere

8 Uhr Windgeschwindigkeit [km/h] Lufttemperatur [ C]

1GD (1950 m) JUN (3580 m) JUN (3580 m)

3.11.2002 25 51 –1

4.11.2002 20 47 –13

Angaben zu den Stationen:

– 1GD: Vergleichsstation Grindel 1950 m; 13,6 km entfernt.

– JUN: ANETZ-Windstation Jungfraujoch 3580 m; 0,1 km entfernt.

Inhalt Lawinenbulletin für die Unfallregion:

An diesem Tag gab es noch kein tägliches nationa- les Lawinenbulletin. Am 3.11. wurde eine Mitteilung herausgegeben, wo auf die heiklen Lawinenverhält- nisse im Hochgebirge hingewiesen wurde.

Bemerkungen

Die Bergsteiger waren beide Mitglieder eines Al- penclubs und ziemlich erfahren. Eine Lawinen- schaufel für den Biwakbau hatten sie bei sich. LVS und Sondierstangen nahmen sie nicht mit, weil sie nicht mit Lawinen gerechnet hatten. Dieser Unfall zeigt einmal mehr, dass bei Bergtouren im späten Herbst die Lawinengefahr im Hochgebirge auf kei- nen Fall unterschätzt werden darf.

Angaben zur Lawine Lawine, 11.15 Uhr

LK-Nr. 1249 Anrissmächtigkeit min [cm] –

Länge [m] 30 Anrissmächtigkeit mittel [cm] 40

Breite [m] 30 Anrissmächtigkeit max [cm] –

Gelände

Exposition SE Hangneigung Karte [ ] –

Höhe ü.M. 3480 Geländeform Felswandfuss

Infos zur Auslösung

Auslöseart Bergsteiger Abstände –

Anz. Auslösepersonen 2 Tätigkeit Tour

Anz. erfasste Personen 2 Spuren –

Schaden Schaden Verschüttungsart Verschüttungsdauer

1. Person unverletzt teilverschüttet –

2. Person tot ganz verschüttet 1 Std. 32 Min.

(28)

Abbildung 14: Lawinenumriss beim Sphinxstollen vom 3.11.2002 (LK 1:25’000, Blatt 1249).

(29)

Nr. 6: Gesena Lawine, Mesocco 26.11.2002

Nach intensiven Niederschlägen geht die Gesena Lawine über die gesperrte Strasse nach Deira im Misox. Allgemein ist die Lawinenaktivität an diesem Tag im Misox ausserordentlich hoch.

Lawinenniedergang

Die bekannte Gesena-Lawine brach am 26.11. auf etwa 2800 m los und verschüttete die Strasse zum Dörfchen Deira. Die Strasse war am 25.11. vor- sorglich gesperrt worden. Die Lawine überführte die Strasse auf einer Breite von etwa 20 Meter bis zu 6 m hoch. Es gab nur geringfügige Schäden an den Strasseninstallationen im Wert von 2000 Fr.

Wetter- und Lawinensituation

Der November 2002 war im Süden und in Grau- bünden extrem niederschlagsreich. Ab dem 12.11.

bis zum Monatsende folgte eine Südstaulage nach der anderen. Vom 14. bis 16.11. gab es im Süden und in Graubünden extrem starke Dauernieder- schläge, welche besonders in der Surselva gros- se Schäden durch Rutschungen, Hochwasser und Murgänge verursachten. In diesen Tagen gab es im Süden verbreitet über 1 m Neuschnee. Auch nach dem 16.11. gab es immer wieder Niederschlag und die Situation konnte sich kaum beruhigen. Ab dem 25.11. intensivierten sich die Niederschläge wieder und die Lawinenaktivität erreichte am 26.11. eine Spitze. Im Misox gingen viele Lawinen bis ins Tal nieder. Häufig wurde auch der Schnee von Mitte November und teilweise sogar die gesamte Alt- schneedecke mitgerissen. Die Lawinen brachen in Höhen von 2500 m bis etwa 3000 m als trockene, spontane Schneebrettlawinen los und kamen im Tal als Nassschneelawinen an. In der ganzen Nieder- schlagsperiode war es ziemlich warm - die Schnee- fallgrenze pendelte meistens um 2000 m - und so lag unter der Waldgrenze wenig bis kein Schnee.

Trotzdem konnten die grossen Lawinen teilweise bis ins Tal vordringen. Im Misox war dies vor allem durch die sehr steilen Talflanken und grossen Hö- henunterschiede begünstigt.

Abbildung 15: Die Strasse nach Deira wurde von der Lawine auf einer Breite von etwa 20 m überführt. (Foto: Tiefbauamt GR, S. Fehler).

Auf verschiedenen Messstationen (Übersichtskar- ten aller Stationen befinden sich im Anhang A) wur- den folgende lawinenrelevanten Daten gemessen:

Datum Neuschnee [cm] Neuschnee [cm] Mittlere

8 Uhr 8 Uhr Lufttemperatur [ C]

6SB (1640 m) MES 2 (2380 m) MES 1 (2689 m)

24.11.02 22 – –

25.11.02 9 26 –2

26.11.02 6 54 –2

27.11.02 2 79 –1

Angaben zu den Stationen:

– 6SB: Vergleichsstation San Bernardino 1639 m; 11,5 km entfernt.

– MES 1: IMIS-Windstation Mesocco Piz Pian Grand 2689 m; 10,3 km entfernt.

– MES 1: IMIS-Schneestation Mesocco Pian Grand 2380 m; 9,8 km entfernt.

(30)

Inhalt Lawinenbulletin für die Unfallregion:

Grosse Lawinengefahr. Gefahrenstellen an Steil- hängen aller Expositionen oberhalb von rund 2200 m. Hinweis: Spontane Lawinen sind zu er- warten. Vermehrt ist mit grossen Lawinen zu rech- nen, die in gewohnten Bahnen bis in höhere Talla- gen vorstossen. Exponierte Verkehrswege und Ge- bäude sind gefährdet. Vorsorgliche Sperren sind zu empfehlen.

Bemerkungen

Da die Schneefallgrenze meist relativ hoch lag und in den Lawinenbahnen noch wenig Schnee lag, konnte man annehmen, dass zuerst die Sturzbah- nen mit Lawinenschnee gefüllt werden mussten, bevor die Lawinen weit ins Tal vordringen würden.

Häufig «verhungerten» die Lawinen noch in ihren Sturzbahnen. Im Misox konnten sie aber vor allem wegen dem extremen Gelände bis zu einzelnen ge- fährdeten Verkehrswegen vordringen. Deshalb war es sicher richtig, die exponiertesten Verkehrswege zu sperren. So konnten schlimmere Folgen erfolg- reich verhindert werden.

Angaben zur Lawine Lawine, 11.45 Uhr

LK-Nr. 1274 Anrissmächtigkeit min [cm] –

Länge [m] 3700 Anrissmächtigkeit mittel [cm] 400

Breite [m] 2000 Anrissmächtigkeit max [cm] –

Gelände

Exposition W Hangneigung Karte [ ] –

Höhe ü.M. 2800 Geländeform kammnah, Couloir,

felsdurchsetzt Infos zur Auslösung

Auslöseart spontan

Schaden

Geschlossene Strasse Schaden an Installation,

verschüttet Strasse für 36 Std. gesperrt

Abbildung 16: Gesena Lawine im Misox vom 26.11.2002. Das Anrissgebiet konnte wegen feh- lender Sicht nicht vollständig kartiert werden. (LK 1:25’000, Blatt 1274).

(31)

Nr. 14: Patraflon (Gantrisch), Charmey 19.12.2002

Drei Schneeschuhläufer lösen auf einer Vollmond- skitour eine Lawine aus, welche von einem Skitou- rengeher beobachtet wird. Dieser löst Alarm aus.

Den Schneeschuhläufern ist aber nichts passiert und eine aufwändige Suchaktion kann gerade noch abgebrochen werden.

Unfallhergang und Rettungsaktion

Ein Skitourengeher, Mitglied der Rettungskolonne des SAC Gruyère, unternahm bei Vollmond einen nächtlichen Ausflug Richtung Patraflon. Er ging beim Chalet Bi Gite vorbei, um auf dem Nordwest- grat auf den Patraflon zu gelangen. Dabei beobach- tete er Schneeschuhspuren von Leuten, die vor ihm waren. Bei seiner Rückkehr ging oberhalb von ihm eine Lawinen nieder. Er wurde dabei nicht erfasst, machte sich aber Sorgen um die Schneeschuhgän- ger, die er im Anrissbereich der Lawine vermute- te. Nach vergeblichem Rufen und Absuchen des Lawinenkegels mit seinem LVS alarmierte er die Rettungskolonne. Er rief auch seinen Vater an, der dann die REGA alarmierte. Kurz darauf konnte Ent- warnung gegeben werden. Der Skitourengeher hat- te die drei Schneeschuhgänger gefunden. Diese hatten die Lawine ausgelöst, waren aber nicht er- fasst worden. Sie hatten die Rufe des Tourengehers

nicht gehört, konnten dann aber sein Licht sehen.

Die Rettungsaktion konnte daraufhin abgebrochen werden.

Wetter- und Lawinensituation

In Höhenlagen unterhalb von rund 1800 m lag bis Mitte Dezember 2002 noch wenig Schnee. Darüber war die Schneehöhe für die Jahreszeit überdurch- schnittlich. Vom 10.12. bis 14.12. bestimmte ein kräftiges Hochdruckgebiet, das von der Nordsee bis Osteuropa reichte, das Wetter in der Schweiz.

Es wehte eine Bise und das Mittelland lag un- ter einer kompakten Hochnebeldecke. In den kla- ren Strahlungsnächten bildete sich verbreitet Ober- flächenreif. Die Vergleichsstation 1JA (Jaunpass, 1530 m, 9 km südöstlich des Patraflon) meldete am 14.12. 11 cm Schneehöhe und kleine Oberflei- chenreifkristalle. Am 15.12. drehte die grossräumi- ge Strömung auf West und brachte feuchtmilde Luft mit mehreren eingelagerten Störungen an die Al- pen. Es gab häufig Niederschlag, vor allem am Al- pennordhang teilweise ergiebig.

Auf verschiedenen Messstationen (Übersichtskar- ten aller Stationen befinden sich im Anhang A) wur- den folgende lawinenrelevanten Daten gemessen:

Datum Neuschnee [cm] Neuschnee [cm] Max. Windspitzen [km/h] Mittlere

8 Uhr 8 Uhr Lufttemperatur [ C]

1JA (1530 m) 1GT (1510 m) MLS (1972 m) 1JA (1530 m)

16.12.2002 9 5 76 –1

17.12.2002 11 6 58 0

18.12.2002 19 21 47 –3

19.12.2002 0 0 11 –8

Angaben zu den Stationen:

– 1JA: Vergleichsstation Jaunpass 1530 m; 9,1 km entfernt.

– 1GT: Vergleichsstation Gantrisch 1510 m; 17,5 km entfernt.

– MLS: ANETZ-Windstation Moleson 1972 m; 20 km entfernt.

Inhalt Lawinenbulletin für die Unfallregion:

Mässige Lawinengefahr. Gefahrenstellen an Trieb- schneehängen aller Expositionen oberhalb von

rund 1800 m. Hinweis: Die durch den Wind entstan- denen Triebschneeansammlungen sind lokal leicht auszulösen, bilden aber eher kleinere Lawinen.

(32)

Angaben zur Lawine Lawine, 22.00 Uhr

LK-Nr. 1225 Anrissmächtigkeit min [cm] –

Länge [m] 450 Anrissmächtigkeit mittel [cm] 40

Breite [m] 150 Anrissmächtigkeit max [cm] –

Gelände

Exposition NW Hangneigung Karte [ ] –

Höhe ü.M. 1800 Geländeform kammnahe Mulde

Infos zur Auslösung

Auslöseart Schneeschuh Abstände –

Anz. Auslösepersonen 3 Tätigkeit –

Anz. erfasste Personen 0 Spuren –

Schaden

Suchaktion eingeleitet

Abbildung 17: Ungefähre Lawinenbahn am Patraflon. Die genauen Lawinenumrisse sind nicht bekannt (LK 1:25’000, Blatt 1225).

(33)

Nr. 18: Sur Crap, Laax 23.12.2002

Zwei Variantenskifahrer werden im Skigebiet Flims- Laax direkt neben der Piste von einem Schneebrett erfasst. Einer wird dabei ganz verschüttet. Durch Sondieren und mit einem Lawinenhund kann er ge- ortet werden. Glücklicherweise überlebt er die 40- minütige Verschüttung ohne bleibende Verletzun- gen oder Schäden.

Unfallhergang und Rettungsaktion

Zwei Variantenskifahrer fuhren im Skigebiet Flims- Laax neben der Piste. An einer Geländekante im Bereich Sur Crap lösten sie ein Schneebrett aus und wurden erfasst. Einer wurde teilverschüttet und konnte sich sofort selber befreien. Vom anderen Variantenskifahrer war nichts mehr zu sehen.

Die Lawine wurde vom Skigebiet aus beobachtet und der REGA und dem Rettungsdienst gemeldet.

Rund 10 Minuten nach dem Lawinenabgang waren die ersten Helfer auf dem Unfallplatz und began- nen mit der Suche. Kurz darauf traf auch die REGA ein und suchte mit RECCO den Lawinenkegel ab.

Rund 30 Minuten nach dem Lawinenabgang ergab die Sondierung eine positive Anzeige. Diese wur- de mit einem Lawinenhund überprüft und bestätigt.

Weitere 10 Minuten später war der Kopf des Ver- schütteten freigelegt. Er war bewusstlos und wur- de sofort beatmet. Nach einer Viertelstunde kam er

wieder zu Bewusstsein und wurde ins Kantonsspi- tal Chur geflogen. Er konnte einen Tag später das Spital ohne grössere Verletzungen verlassen. Die Suche auf dem Lawinenfeld konnte abgebrochen werden, da klar war, dass es keine weiteren Ver- schütteten gab.

Wetter- und Lawinensituation

Für die Lawinensituation am 23.12. waren ver- schiedene, schwer einzuschätzende Faktoren re- levant. In der Altschneedecke war ein gut ausge- bildeter Oberflächenreif, der sich in einer Schön- wetterperiode Anfangs Dezember gebildet hatte, eingeschneit. Dieser Oberflächenreif war als heik- le Schwachschicht zu beurteilen. Allerdings war die Auslösebereitschaft von Schneebrettlawinen auf diesem Oberflächenreif nicht sehr hoch. Vom 20.12. bis 23.12. fiel wenig Neuschnee oberhalb von rund 2000 m. Der Wind wehte meistens mässig aus Nordwesten. In der Nacht auf Montag, 23.12.

war er vorübergehend stark und konnte auch den Altschnee verfrachten. Die frischen Triebschneean- sammlungen waren sehr störanfällig.

Auf verschiedenen Messstationen (Übersichtskar- ten aller Stationen befinden sich im Anhang A) wur- den folgende lawinenrelevanten Daten gemessen:

Datum Neuschnee [cm] Max. Windspitzen [km/h] Mittlere

Lufttemperatur [ C]

ELM 2 (2050 m) CMA 1 (2472 m) CMA 1(2472 m)

21.12.2002 6 33 –3

22.12.2002 14 68 –2

23.12.2002 0 63 0

Angaben zu den Stationen:

– ELM 2: IMIS-Schneestation Elm Chüebodensee 2050 m; 9,8 km entfernt.

– CMA 1: ENET-Windstation Crap Masegn 2472 m; 4,8 km entfernt.

Inhalt Lawinenbulletin für die Unfallregion:

Erhebliche Lawinengefahr. Gefahrenstellen an Steilhängen der Expositionen West über Nord bis Süd oberhalb von rund 2400 m.

Bemerkungen

Die Lawine war relativ klein, und auch die An- rissmächtigkeit war mit maximal 50 cm nicht aus- serordentlich gross. Trotzdem konnte sich der Schnee bis zu 2 m hoch ablagern, was vor allem an der ungünstigen Muldenlage im Staubereich lag.

Am gleichen Tag (23.12.) gab es im Gebiet Flims- Laax noch einen zweiten Lawinenunfall (Nr. 19).

(34)

Angaben zur Lawine Lawine, 9.55 Uhr

LK-Nr. 1194 Anrissmächtigkeit min [cm] 10

Länge [m] 100 Anrissmächtigkeit mittel [cm] 30

Breite [m] 100 Anrissmächtigkeit max [cm] 50

Gelände

Exposition SE Hangneigung Karte [ ] 43

Höhe ü.M. 2380 Geländeform Felsdurchsetztes Steilgelände

Infos zur Auslösung

Auslöseart Ski Abstände nein

Anz. Auslösepersonen 2 Tätigkeit Variantenabfahrt

Anz. erfasste Personen 2 Spuren –

Schaden Schaden Verschüttungsart Verschüttungsdauer

1. Person verletzt ganz verschüttet 41 Min.

2. Person unverletzt teilverschüttet –

Abbildung 18: Lawinenumriss der Unfall- lawine bei Sur Crap, Skigebiet Flims- Laax vom 23.12.2002 (LK 1:25’000, Blatt 1194).

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