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Einleitung

Die Unfallberichte sind in einheitlicher Form be-schrieben, mit einem kurzen Ablauf des Unfallge-schehens und der Rettungsaktion, Informationen zur Wetter- und Lawinensituation mit den wichtig-sten Messdaten in einer Tabelle, sowie – falls vor-handen – Ausführungen zu den rechtlichen Folgen und Bemerkungen. Bei jedem Unfall ist zudem kurz der Inhalt des Lawinenbulletins für die Unfallregion wiedergegeben. Die wichtigsten Angaben zur La-wine werden in einer Tabelle aufgelistet.

Tabelle «Angabe zur Lawine»

Diese Tabelle enthält die grundsätzlichen Informa-tionen zum beschriebenen Unfall. Diese sind auch in den Tabellen im Anhang B zu finden. Einige Be-griffe werden im Folgenden kurz erklärt:

LK-Nr. Blatt-Nr. der Landeskarte 1:25’000

Länge Distanz zwischen

oberstem Punkt im Anrissbereich und unterstem Punkt in der Ablagerung

Breite Breite der Lawine im

Anrissbereich Anrissmächtigkeit Mächtigkeit der

Anrisskante bei Schneebrettlawinen Exposition N=Nord, E=Ost, S=Süd,

W=West Hangneigung Karte Aus der Karte

gemessene steilste Hangpartie innerhalb der Anrissfläche

Geländeform Geländeform des Anrissgebietes

Anz. Auslösepersonen Wahrscheinliche Anzahl Personen, welche die Lawine ausgelöst haben Abstände ja=Abstände zwischen

Auslösepersonen von mind. 10 m vorhanden.

Wenn nur eine Person ausgelöst hat, gibt es keine Abstände Tätigkeit Angabe, ob Tour oder

Variante, und ob im Auf-oder Abstieg

Spuren Falls bekannt ist, ob im Anrissbereich Spuren vorhanden waren (oder nicht), wird dies vermerkt

Kartenausschnitte

Die Kartenausschnitte sind reproduziert mit Be-willigung von swisstopo (BM042181). Es handelt sich dabei um digitale Pixelkarten ohne Schumme-rung des Reliefs. Dafür konnten Hangneigungsin-formationen, berechnet aus dem digitalen Gelän-demodel (DHM 25), hinterlegt werden. Zu beachten ist, dass bei Waldflächen die Hangneigungsfarben überdeckt werden und somit keine Hangneigungs-information vorhanden ist. Die Hangneigungen sind in die Klassen 30–35 , 35–40 , 40–45 und >45 eingeteilt worden. Folgende Legende gilt für alle Kartenausschnitte:

Nr. 1: Spinxstollen, Jungfraujoch 3.11.2002

Zwei deutsche Bergsteiger werden auf dem Rück-weg zum Jungfraujoch beim Stolleneingang von ei-nem Schneebrett erfasst. Einer kann sich selber befreien, der andere kann mit Sondieren nur noch tot gefunden werden. Bei der Rettungsaktion stürzt ein Helikopter der Air Glacier ab. Der Pilot hat gros-ses Glück und wird nur leicht verletzt.

Unfallhergang und Rettungsaktion

Die beiden Brüder waren am Freitag 1.11. mit dem Auto von Stuttgart nach Grindelwald gefah-ren. Sie wollten auf dem oberen Mönchsjoch bi-wakieren und sich für spätere Touren an die Hö-he akklimatisieren. Um 10.25 Uhr waren sie bereits auf dem Jungfraujoch. Sie stiegen via Plateau auf den Jungfraufirn und marschierten Richtung Obe-res Mönchsjoch. Auf dem Weg dorthin hielten sie beim Stollenausgang Sphinx kurz an, wechselten mit einem Arbeiter kurz einige Worte und fragten, ob der Stollenausgang am Wochenende geöffnet werde, was bejaht wurde.

Aufgrund des sehr schlechten Wetters mit viel Schneefall wurde der Stollenausgang Sphinx ab dem Samstag für Besucher geschlossen. Die bei-den richteten also auf dem Oberen Mönchsjoch ein Biwak ein und verbrachten die Nacht und den Samstag im Zelt. Aufgrund der sehr schlech-ten Wetterbedingungen, schlechter als gemeldet, wechselten sie am Samstagabend in den Winter-raum der Mönchsjochhütte. Am Sonntagmorgen entschieden sie sich, zurück zum Jungfraujoch zu gehen. Mit Kompass und Höhenmesser gelangten sie ohne Probleme zum Stollenausgang Sphinx, fanden diesen jedoch eingeschneit vor. Sie depo-nierten ihre Skier und Rucksäcke etwa 5 m rechts vom Stollenausgang. Der obere Rand der Türe war sichtbar. Aufgrund der schlechten Sicht entschie-den sie sich, nicht aussen herum zum Plateau zu gehen, sondern sich den Weg zum Stollenausgang freizuschaufeln. Sie schaufelten abwechslungswei-se und hatten die Türe bereits zur Hälfte freige-schaufelt, als sie durch das Schneebrett erfasst wurden. Der Bergsteiger, welcher näher bei der Tür stand, wurde bis zum Hals verschüttet, sein Bruder hingegen ganz. Der Teilverschüttete konn-te sich innerhalb von 5 bis 10 Minukonn-ten selber be-freien. Bereits während seiner Verschüttung rief er nach seinem Bruder, erhielt aber keine Antwort. Als er frei war, suchte er sofort mit den Augen den La-winenkegel ab. Dann entschied er sich, nach dem Bruder zu graben, musste dies jedoch nach rund 15 Minuten erfolglos aufgeben. Er entschied sich dann, aufs Plateau zu laufen, um Hilfe zu organisie-ren. Nach etwa 55 Minuten erreicte er das Plateau

Abbildung 13: Schneebrettlawine beim Stollen-ausgang Sphinx am Jungfraujoch vom 3.11.2002 mit dem Stollenloch und dem Fundort des Opfers (Foto: Kantonspolizei BE).

Zur Zeit des Unfalles befand sich eine Gruppe Mi-litärs auf dem Jungfraujoch. Zusammen mit dem Wirt nahmen sie unverzüglich die Suche nach dem Vermissten auf. Einer der Retter beschrieb die Si-tuation so: «Zu viert gingen wir zum Stollenaus-gang, wo wir zuerst den Schnee wegschaufeln mussten, um ins Freie zu gelangen. Schlussendlich gelangten wir ins Freie, wo uns dann der Bruder des Verschütteten den angenommenen Verschüt-tungsort zeigte. Wir fingen sofort mit Graben an.

Das Personal der Jungfraubahnen kam dann noch mit Sondierstangen. Wir fanden den Rucksack und die Skier des Verschütteten. Wir organisierten uns dann und fingen mit einer Feinsondierung an. Nach ca. 15 Minuten stiessen wir mit einer Sondierstan-ge auf etwas, worauf wir erneut mit Graben anfin-gen. Gegen 12.50 Uhr trafen wir in einer Tiefe von ca. 1.5 m auf den Verschütteten. Wir konnten be-reits hier keinen Puls mehr fühlen und auch die At-mung hatte ausgesetzt. Wir gruben ihn sofort aus und legten ihn auf eine Rettungsbahre. Wir leiteten sofort eine Reanimation ein, welche bis zum Ein-treffen des Arztes aufrecht erhalten wurde.»

10 Minuten später war ein Notarzt der Air Glaciers auf dem Unfallplatz. Er konnte leider nur noch den Tod des Verschütteten feststellen. Der Pilot flog

al-Durch schlechte Sichtverhältnisse war er unterhalb der Eigerjöcher auf ca. 3420 m gezwungen zu lan-den. Bei der Landung geriet er in ein sogenanntes

«White-out», d.h. der aufgewirbelte Schnee verun-möglichte eine Orientierung. Er entschloss sich um 180 Grad abzudrehen und talwärts wegzufliegen.

Dabei touchierte der Heckrotor den Boden und der Helikopter geriet ausser Kontrolle und schlug auf dem Gletscher auf. Der Pilot hatte grosses Glück und wurde beim Flugunfall nur leicht verletzt. Er konnte durch einen weiteren Helikopter der Air Gla-ciers geborgen werden.

Wetter- und Lawinensituation

Mit einer Westlage strömte feuchte Luft gegen die Alpen und brachte intensive Niederschläge. Die Schneefallgrenze lag meistens über 2000 m. Am

nördlichen Alpenkamm wurden vom 2. bis 4.11.

verbreitet 30 bis 50 cm Neuschnee gemessen.

Mässige bis starke Winde aus westlichen bis nördli-chen Richtungen konnten den Schnee verfrachten.

Der Unfallhang war mit seiner südöstlichen Expo-sition ein typischer Triebschneehang. Deshalb wur-de ziemlich sicher auch das Stollenloch stark zu-geweht. Bei der Forschungsstation auf dem Jung-fraujoch wurden am Sonntag 3.11. 50 bis 100 cm Neuschnee angegeben. Der Neuschnee fiel auf ei-ne Altschei-needecke, die in Folge der kalten Nächte von Ende Oktober teilweise umgewandelt, an ex-ponierten Lagen wahrscheinlich aber auch windge-presst war.

Auf verschiedenen Messstationen (Übersichtskar-ten aller Stationen befinden sich im Anhang A) wur-den folgende lawinenrelevanten Daten gemessen:

Datum Neuschnee [cm] Mittlere Mittlere

8 Uhr Windgeschwindigkeit [km/h] Lufttemperatur [ C]

1GD (1950 m) JUN (3580 m) JUN (3580 m)

3.11.2002 25 51 –1

4.11.2002 20 47 –13

Angaben zu den Stationen:

– 1GD: Vergleichsstation Grindel 1950 m; 13,6 km entfernt.

– JUN: ANETZ-Windstation Jungfraujoch 3580 m; 0,1 km entfernt.

Inhalt Lawinenbulletin für die Unfallregion:

An diesem Tag gab es noch kein tägliches nationa-les Lawinenbulletin. Am 3.11. wurde eine Mitteilung herausgegeben, wo auf die heiklen Lawinenverhält-nisse im Hochgebirge hingewiesen wurde.

Bemerkungen

Die Bergsteiger waren beide Mitglieder eines Al-penclubs und ziemlich erfahren. Eine Lawinen-schaufel für den Biwakbau hatten sie bei sich. LVS und Sondierstangen nahmen sie nicht mit, weil sie nicht mit Lawinen gerechnet hatten. Dieser Unfall zeigt einmal mehr, dass bei Bergtouren im späten Herbst die Lawinengefahr im Hochgebirge auf kei-nen Fall unterschätzt werden darf.

Angaben zur Lawine Lawine, 11.15 Uhr

LK-Nr. 1249 Anrissmächtigkeit min [cm] –

Länge [m] 30 Anrissmächtigkeit mittel [cm] 40

Breite [m] 30 Anrissmächtigkeit max [cm] –

Gelände

Exposition SE Hangneigung Karte [ ] –

Höhe ü.M. 3480 Geländeform Felswandfuss

Infos zur Auslösung

Auslöseart Bergsteiger Abstände –

Anz. Auslösepersonen 2 Tätigkeit Tour

Anz. erfasste Personen 2 Spuren –

Schaden Schaden Verschüttungsart Verschüttungsdauer

1. Person unverletzt teilverschüttet –

2. Person tot ganz verschüttet 1 Std. 32 Min.

Abbildung 14: Lawinenumriss beim Sphinxstollen vom 3.11.2002 (LK 1:25’000, Blatt 1249).

Nr. 6: Gesena Lawine, Mesocco 26.11.2002

Nach intensiven Niederschlägen geht die Gesena Lawine über die gesperrte Strasse nach Deira im Misox. Allgemein ist die Lawinenaktivität an diesem Tag im Misox ausserordentlich hoch.

Lawinenniedergang

Die bekannte Gesena-Lawine brach am 26.11. auf etwa 2800 m los und verschüttete die Strasse zum Dörfchen Deira. Die Strasse war am 25.11. vor-sorglich gesperrt worden. Die Lawine überführte die Strasse auf einer Breite von etwa 20 Meter bis zu 6 m hoch. Es gab nur geringfügige Schäden an den Strasseninstallationen im Wert von 2000 Fr.

Wetter- und Lawinensituation

Der November 2002 war im Süden und in Grau-bünden extrem niederschlagsreich. Ab dem 12.11.

bis zum Monatsende folgte eine Südstaulage nach der anderen. Vom 14. bis 16.11. gab es im Süden und in Graubünden extrem starke Dauernieder-schläge, welche besonders in der Surselva gros-se Schäden durch Rutschungen, Hochwasgros-ser und Murgänge verursachten. In diesen Tagen gab es im Süden verbreitet über 1 m Neuschnee. Auch nach dem 16.11. gab es immer wieder Niederschlag und die Situation konnte sich kaum beruhigen. Ab dem 25.11. intensivierten sich die Niederschläge wieder und die Lawinenaktivität erreichte am 26.11. eine Spitze. Im Misox gingen viele Lawinen bis ins Tal nieder. Häufig wurde auch der Schnee von Mitte November und teilweise sogar die gesamte Alt-schneedecke mitgerissen. Die Lawinen brachen in Höhen von 2500 m bis etwa 3000 m als trockene, spontane Schneebrettlawinen los und kamen im Tal als Nassschneelawinen an. In der ganzen Nieder-schlagsperiode war es ziemlich warm - die Schnee-fallgrenze pendelte meistens um 2000 m - und so lag unter der Waldgrenze wenig bis kein Schnee.

Trotzdem konnten die grossen Lawinen teilweise bis ins Tal vordringen. Im Misox war dies vor allem durch die sehr steilen Talflanken und grossen Hö-henunterschiede begünstigt.

Abbildung 15: Die Strasse nach Deira wurde von der Lawine auf einer Breite von etwa 20 m überführt. (Foto: Tiefbauamt GR, S. Fehler).

Auf verschiedenen Messstationen (Übersichtskar-ten aller Stationen befinden sich im Anhang A) wur-den folgende lawinenrelevanten Daten gemessen:

Datum Neuschnee [cm] Neuschnee [cm] Mittlere

8 Uhr 8 Uhr Lufttemperatur [ C]

6SB (1640 m) MES 2 (2380 m) MES 1 (2689 m)

24.11.02 22 – –

25.11.02 9 26 –2

26.11.02 6 54 –2

27.11.02 2 79 –1

Angaben zu den Stationen:

– 6SB: Vergleichsstation San Bernardino 1639 m; 11,5 km entfernt.

– MES 1: IMIS-Windstation Mesocco Piz Pian Grand 2689 m; 10,3 km entfernt.

– MES 1: IMIS-Schneestation Mesocco Pian Grand 2380 m; 9,8 km entfernt.

Inhalt Lawinenbulletin für die Unfallregion:

Grosse Lawinengefahr. Gefahrenstellen an Steil-hängen aller Expositionen oberhalb von rund 2200 m. Hinweis: Spontane Lawinen sind zu er-warten. Vermehrt ist mit grossen Lawinen zu rech-nen, die in gewohnten Bahnen bis in höhere Talla-gen vorstossen. Exponierte Verkehrswege und Ge-bäude sind gefährdet. Vorsorgliche Sperren sind zu empfehlen.

Bemerkungen

Da die Schneefallgrenze meist relativ hoch lag und in den Lawinenbahnen noch wenig Schnee lag, konnte man annehmen, dass zuerst die Sturzbah-nen mit LawiSturzbah-nenschnee gefüllt werden mussten, bevor die Lawinen weit ins Tal vordringen würden.

Häufig «verhungerten» die Lawinen noch in ihren Sturzbahnen. Im Misox konnten sie aber vor allem wegen dem extremen Gelände bis zu einzelnen ge-fährdeten Verkehrswegen vordringen. Deshalb war es sicher richtig, die exponiertesten Verkehrswege zu sperren. So konnten schlimmere Folgen erfolg-reich verhindert werden.

Angaben zur Lawine Lawine, 11.45 Uhr

LK-Nr. 1274 Anrissmächtigkeit min [cm] –

Länge [m] 3700 Anrissmächtigkeit mittel [cm] 400

Breite [m] 2000 Anrissmächtigkeit max [cm] –

Gelände

Exposition W Hangneigung Karte [ ] –

Höhe ü.M. 2800 Geländeform kammnah, Couloir,

felsdurchsetzt Infos zur Auslösung

Auslöseart spontan

Schaden

Geschlossene Strasse Schaden an Installation,

verschüttet Strasse für 36 Std. gesperrt

Abbildung 16: Gesena Lawine im Misox vom 26.11.2002. Das Anrissgebiet konnte wegen feh-lender Sicht nicht vollständig kartiert werden. (LK 1:25’000, Blatt 1274).

Nr. 14: Patraflon (Gantrisch), Charmey 19.12.2002

Drei Schneeschuhläufer lösen auf einer Vollmond-skitour eine Lawine aus, welche von einem Skitou-rengeher beobachtet wird. Dieser löst Alarm aus.

Den Schneeschuhläufern ist aber nichts passiert und eine aufwändige Suchaktion kann gerade noch abgebrochen werden.

Unfallhergang und Rettungsaktion

Ein Skitourengeher, Mitglied der Rettungskolonne des SAC Gruyère, unternahm bei Vollmond einen nächtlichen Ausflug Richtung Patraflon. Er ging beim Chalet Bi Gite vorbei, um auf dem Nordwest-grat auf den Patraflon zu gelangen. Dabei beobach-tete er Schneeschuhspuren von Leuten, die vor ihm waren. Bei seiner Rückkehr ging oberhalb von ihm eine Lawinen nieder. Er wurde dabei nicht erfasst, machte sich aber Sorgen um die Schneeschuhgän-ger, die er im Anrissbereich der Lawine vermute-te. Nach vergeblichem Rufen und Absuchen des Lawinenkegels mit seinem LVS alarmierte er die Rettungskolonne. Er rief auch seinen Vater an, der dann die REGA alarmierte. Kurz darauf konnte Ent-warnung gegeben werden. Der Skitourengeher hat-te die drei Schneeschuhgänger gefunden. Diese hatten die Lawine ausgelöst, waren aber nicht er-fasst worden. Sie hatten die Rufe des Tourengehers

nicht gehört, konnten dann aber sein Licht sehen.

Die Rettungsaktion konnte daraufhin abgebrochen werden.

Wetter- und Lawinensituation

In Höhenlagen unterhalb von rund 1800 m lag bis Mitte Dezember 2002 noch wenig Schnee. Darüber war die Schneehöhe für die Jahreszeit überdurch-schnittlich. Vom 10.12. bis 14.12. bestimmte ein kräftiges Hochdruckgebiet, das von der Nordsee bis Osteuropa reichte, das Wetter in der Schweiz.

Es wehte eine Bise und das Mittelland lag un-ter einer kompakten Hochnebeldecke. In den kla-ren Strahlungsnächten bildete sich verbreitet Ober-flächenreif. Die Vergleichsstation 1JA (Jaunpass, 1530 m, 9 km südöstlich des Patraflon) meldete am 14.12. 11 cm Schneehöhe und kleine Oberflei-chenreifkristalle. Am 15.12. drehte die grossräumi-ge Strömung auf West und brachte feuchtmilde Luft mit mehreren eingelagerten Störungen an die pen. Es gab häufig Niederschlag, vor allem am Al-pennordhang teilweise ergiebig.

Auf verschiedenen Messstationen (Übersichtskar-ten aller Stationen befinden sich im Anhang A) wur-den folgende lawinenrelevanten Daten gemessen:

Datum Neuschnee [cm] Neuschnee [cm] Max. Windspitzen [km/h] Mittlere

8 Uhr 8 Uhr Lufttemperatur [ C]

1JA (1530 m) 1GT (1510 m) MLS (1972 m) 1JA (1530 m)

16.12.2002 9 5 76 –1

17.12.2002 11 6 58 0

18.12.2002 19 21 47 –3

19.12.2002 0 0 11 –8

Angaben zu den Stationen:

– 1JA: Vergleichsstation Jaunpass 1530 m; 9,1 km entfernt.

– 1GT: Vergleichsstation Gantrisch 1510 m; 17,5 km entfernt.

– MLS: ANETZ-Windstation Moleson 1972 m; 20 km entfernt.

Inhalt Lawinenbulletin für die Unfallregion:

Mässige Lawinengefahr. Gefahrenstellen an Trieb-schneehängen aller Expositionen oberhalb von

rund 1800 m. Hinweis: Die durch den Wind entstan-denen Triebschneeansammlungen sind lokal leicht auszulösen, bilden aber eher kleinere Lawinen.

Angaben zur Lawine Lawine, 22.00 Uhr

LK-Nr. 1225 Anrissmächtigkeit min [cm] –

Länge [m] 450 Anrissmächtigkeit mittel [cm] 40

Breite [m] 150 Anrissmächtigkeit max [cm] –

Gelände

Exposition NW Hangneigung Karte [ ] –

Höhe ü.M. 1800 Geländeform kammnahe Mulde

Infos zur Auslösung

Auslöseart Schneeschuh Abstände –

Anz. Auslösepersonen 3 Tätigkeit –

Anz. erfasste Personen 0 Spuren –

Schaden

Suchaktion eingeleitet

Abbildung 17: Ungefähre Lawinenbahn am Patraflon. Die genauen Lawinenumrisse sind nicht bekannt (LK 1:25’000, Blatt 1225).

Nr. 18: Sur Crap, Laax 23.12.2002

Zwei Variantenskifahrer werden im Skigebiet Flims-Laax direkt neben der Piste von einem Schneebrett erfasst. Einer wird dabei ganz verschüttet. Durch Sondieren und mit einem Lawinenhund kann er ge-ortet werden. Glücklicherweise überlebt er die 40-minütige Verschüttung ohne bleibende Verletzun-gen oder Schäden.

Unfallhergang und Rettungsaktion

Zwei Variantenskifahrer fuhren im Skigebiet Flims-Laax neben der Piste. An einer Geländekante im Bereich Sur Crap lösten sie ein Schneebrett aus und wurden erfasst. Einer wurde teilverschüttet und konnte sich sofort selber befreien. Vom anderen Variantenskifahrer war nichts mehr zu sehen.

Die Lawine wurde vom Skigebiet aus beobachtet und der REGA und dem Rettungsdienst gemeldet.

Rund 10 Minuten nach dem Lawinenabgang waren die ersten Helfer auf dem Unfallplatz und began-nen mit der Suche. Kurz darauf traf auch die REGA ein und suchte mit RECCO den Lawinenkegel ab.

Rund 30 Minuten nach dem Lawinenabgang ergab die Sondierung eine positive Anzeige. Diese wur-de mit einem Lawinenhund überprüft und bestätigt.

Weitere 10 Minuten später war der Kopf des Ver-schütteten freigelegt. Er war bewusstlos und wur-de sofort beatmet. Nach einer Viertelstunwur-de kam er

wieder zu Bewusstsein und wurde ins Kantonsspi-tal Chur geflogen. Er konnte einen Tag später das Spital ohne grössere Verletzungen verlassen. Die Suche auf dem Lawinenfeld konnte abgebrochen werden, da klar war, dass es keine weiteren Ver-schütteten gab.

Wetter- und Lawinensituation

Für die Lawinensituation am 23.12. waren ver-schiedene, schwer einzuschätzende Faktoren re-levant. In der Altschneedecke war ein gut ausge-bildeter Oberflächenreif, der sich in einer Schön-wetterperiode Anfangs Dezember gebildet hatte, eingeschneit. Dieser Oberflächenreif war als heik-le Schwachschicht zu beurteiheik-len. Alheik-lerdings war die Auslösebereitschaft von Schneebrettlawinen auf diesem Oberflächenreif nicht sehr hoch. Vom 20.12. bis 23.12. fiel wenig Neuschnee oberhalb von rund 2000 m. Der Wind wehte meistens mässig aus Nordwesten. In der Nacht auf Montag, 23.12.

war er vorübergehend stark und konnte auch den Altschnee verfrachten. Die frischen Triebschneean-sammlungen waren sehr störanfällig.

Auf verschiedenen Messstationen (Übersichtskar-ten aller Stationen befinden sich im Anhang A) wur-den folgende lawinenrelevanten Daten gemessen:

Datum Neuschnee [cm] Max. Windspitzen [km/h] Mittlere

Lufttemperatur [ C]

ELM 2 (2050 m) CMA 1 (2472 m) CMA 1(2472 m)

21.12.2002 6 33 –3

22.12.2002 14 68 –2

23.12.2002 0 63 0

Angaben zu den Stationen:

– ELM 2: IMIS-Schneestation Elm Chüebodensee 2050 m; 9,8 km entfernt.

– CMA 1: ENET-Windstation Crap Masegn 2472 m; 4,8 km entfernt.

Inhalt Lawinenbulletin für die Unfallregion:

Erhebliche Lawinengefahr. Gefahrenstellen an Steilhängen der Expositionen West über Nord bis Süd oberhalb von rund 2400 m.

Bemerkungen

Die Lawine war relativ klein, und auch die An-rissmächtigkeit war mit maximal 50 cm nicht aus-serordentlich gross. Trotzdem konnte sich der Schnee bis zu 2 m hoch ablagern, was vor allem an der ungünstigen Muldenlage im Staubereich lag.

Am gleichen Tag (23.12.) gab es im Gebiet Flims-Laax noch einen zweiten Lawinenunfall (Nr. 19).

Angaben zur Lawine Lawine, 9.55 Uhr

LK-Nr. 1194 Anrissmächtigkeit min [cm] 10

Länge [m] 100 Anrissmächtigkeit mittel [cm] 30

Breite [m] 100 Anrissmächtigkeit max [cm] 50

Gelände

Exposition SE Hangneigung Karte [ ] 43

Höhe ü.M. 2380 Geländeform Felsdurchsetztes Steilgelände

Infos zur Auslösung

Auslöseart Ski Abstände nein

Anz. Auslösepersonen 2 Tätigkeit Variantenabfahrt

Anz. erfasste Personen 2 Spuren –

Schaden Schaden Verschüttungsart Verschüttungsdauer

1. Person verletzt ganz verschüttet 41 Min.

2. Person unverletzt teilverschüttet –

Abbildung 18: Lawinenumriss der Unfall-lawine bei Sur Crap, Skigebiet Flims-Laax vom 23.12.2002 (LK 1:25’000, Blatt 1194).

Nr. 25: Val Roseg, Pontresina 27.12.2002

Im Val Roseg wird ein Lawinenniedergang beob-achtet und vermutet, dass Eiskletterer betroffen sei-en. Ein Suchflug verläuft negativ. Die Eiskletterer haben das Gebiet bereits verlassen.

Unfallhergang und Rettungsaktion

Am Vormittag des 27.12. hielten sich zwei italieni-sche Eisfallkletterer im Val Roseg auf. Auf der Hö-he des «Spiegelplatzes» stiegen diese über einen Eisfall auf. Um etwa 11.30 Uhr ging ein kleiner Nassschneerutsch nieder und erfasste die Klette-rer. Einer von ihnen wurde wahrscheinlich ganz ver-schüttet, während der andere sich rasch selber und dann auch seinen Freund vom Schnee befreien konnte. Unverletzt stiegen sie dann zurück und be-gaben sich nach Pontresina, ohne über den Vorfall eine Meldung zu erstatten.

Um 13.30 Uhr ging an derselben Stelle eine grös-sere Lawine nieder. Fussgänger im Val Roseg, wel-che am Vormittag die zwei Eiskletterer im Aufstieg beobachtet hatten, nahmen an, dass sich die Klet-terer immer noch in der Wand befunden hätten und dass diese nun von der Lawine in die Tiefe mitgeris-sen worden seien. Über Natel erstatteten sie Mel-dung an die REGA Einsatzzentrale in Zürich. Der Lawinenkegel am Fusse der steilen Felsflanke beim

Eisfall konnte aus Sicherheitsgründen (Nachlawi-nen) nicht zu Fuss begangen werden. Mit dem Heli-kopter wurde das Gebiet nach Spuren der eventuell Verschütteten abgesucht. Die Suche verlief negativ.

Die Aktion konnte 30 Minuten später abgebrochen werden.

Ein Augenzeuge der ersten Lawine (11.30 Uhr),

Ein Augenzeuge der ersten Lawine (11.30 Uhr),