• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Jugendliche: Treue und Pflicht" (31.01.1997)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Jugendliche: Treue und Pflicht" (31.01.1997)"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A-258

V A R I A BILDUNG UND ERZIEHUNG

M

it seiner deutschen Ju- gend kann Bundesbil- dungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) zufrieden sein. Und er ist es auch: „Die Jugendlichen zeigen sich un- beeindruckt von jenen in Po- litik und Wirtschaft, die den Standort schlechtreden“, ließ der Minister in Kenntnis der neuen EMNID-Daten ver- lauten. Mehr noch: Sie „ge- hen mit Zuversicht in die Zu- kunft“ und „haben die Zei- chen der Zeit erkannt“. Von solchen Jugendlichen möchte Rüttgers „lernen“ und auch ihre „Bedenken sehr ernst“

nehmen.

Anbieten würde sich hier das Thema Gentechnologie, eines der wenigen Gebiete, in

denen die Prozentzahlen nicht auf der Generallinie der Politik der Bundesregierung zu liegen kamen. Nur 14 Prozent der Befragten stimm-

ten gentechnisch veränderten Lebensmitteln eher zu. Gen- technik in der Lebensmittel- erzeugung halten 76 Prozent für gefährlich, und knapp

zwei Drittel sehen die Gen- technologie generell eher als Risiko denn als Chance an.

Die Analyse des Mini- steriums: Die Zahlen zu gen- veränderten Lebensmitteln reflektierten „die Unsicher- heiten der öffentlichen Aus- einandersetzungen“ bei Soja- und Maisimporten. Gegen- maßnahme: eine „offensi- ve Informationskampagne“

soll „die Vorteile der Zu- kunftstechnologie Gentech- nik deutlich machen“. Und weil 57 Prozent der Jungbür- ger gemäß einer Fragestel- lung ankreuzten, es werde wohl im Bereich Gentechnik zukunftssichere Arbeitsplät- ze geben, folgerte Rüttgers flugs: Eine grundsätzliche

(70) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 5, 31. Januar 1997

Jugendliche

Treue und Pflicht

Was treibt die Jugend in Deutschland um? Die Bundes-

regierung wollte es wissen – und schickte einmal mehr

die Demoskopen los. Rund 2 000 junge Bundesbürger

zwischen 14 und 29 Jahren ließen ihre Zukunftswünsche

und Weltanschauungen vom EMNID-Institut in statistische

Schablonen pressen. Ein Ergebnis: „Pflichterfüllung“ steht

angeblich ganz oben auf der Hitliste.

(2)

A-259 Ablehnung von Gentechnik

und Biotechnologie sei „nicht erkennbar; viele Jugendliche rechnen sogar mit sicheren Arbeitsplätzen in diesem Be- reich“.

Eine offensichtliche Ent- täuschung für die Umfrage- Sponsoren des Bundesmini- steriums für Bildung, Wis- senschaft, Forschung und Technologie war das Ab- schneiden des „technischen Fortschritts“ auf der Liste der

bedeutendsten Zukunftsthe- men: nur ein siebter Platz, noch hinter Europa. Spitzen- reiter sind Arbeit und – The- menvorgaben wie Innere Si- cherheit oder Bildung zum Trotz – der Umweltschutz.

Leicht verschnupfte Anmer- kung im Kommentar zum Er- gebnis: „Die Bedeutung des technischen Fortschritts wird noch verkannt.“

So hat sich die Jugend ein- mal mehr als nicht eigentlich böswillig, son- dern lediglich schlecht infor- miert und von den Medien ir- regemacht her- ausgestellt. Und die Zahlen las- sen einen weite- ren Hoffnungs- schimmer er- kennen: Ost- deutsche sind im Schnitt weni- ger technolo- giekritisch als ihre westlichen Altersgenossen.

Ansonsten be- deutet Jungsein in Deutschland 1997, EMNID und dem Auf- traggeber zufol- ge, vor allem Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 5, 31. Januar 1997 (71)

V A R I A BILDUNG UND ERZIEHUNG

Tabelle 1

Wichtige politische Aufgaben (in Prozent)

gesamt West Ost

Arbeitslosigkeit 99 99 98

Ausbildungs- und

Lehrstellensituation 97 96 99

Umweltschutz 95 96 94

Gesundheitsbetreuung für

alle sicherstellen 94 93 95

Schutz vor Verbrechen

und Kriminalität 93 93 94

soziale Gerechtigkeit 93 93 94

das Bildungssystem

(Schulen, Universitäten) 91 90 93

Renten sichern 91 90 92

Stabilität der Preise/Inflation 86 86 84 Wirtschaftskraft Deutschlands 84 84 83 Quelle: EMNID/BMBF

Tabelle 2

Werte und Leitlinien mit „eher großer Bedeutung“, in Prozent

gesamt West Ost Pflichtbewußtsein 93 93 92

Treue 91 91 90

Freizeit 89 89 88

Arbeit, Beruf 89 88 92

Toleranz 87 87 85

Eigeninitiative 86 86 88

Freiheit 84 82 94

Leistung 83 83 85

Fleiß 82 81 82

Familie 81 82 78

Quelle: EMNID/BMBF

(3)

Verantwortungsbewußtsein gegenüber den Belangen der Wirtschaft, dem Staatswesen und dem eigenen Fortschrei- ten auf der Karriereleiter.

Noch vor nicht einmal zehn Jahren landete in allen ähnli- chen Umfragen unter dem Druck der Friedensmärsche das Stichwort Atomkriegsge- fahr ganz oben auf der Liste der „wichtigsten politischen Aufgaben“. Heute nicht ein- mal unter „ferner liefen“. Die Arbeitslosigkeit ist für 99 Prozent das Top-Thema, ge- folgt von der Ausbildungs- und Lehrstellensituation mit 97 Prozent. Und sage und schreibe 91 Prozent (achter Platz) der 14- bis 29jährigen forderten die Sicherung der Renten.

Da verwundert schon kaum noch die Hitparade der zehn wichtigsten Werte und Leitlinien im Leben junger Menschen 1997: Die

„Treue“ (91 Prozent, zweiter Platz) schlägt knapp „Arbeit, Beruf“ als Wert oder Leitli- nie (89 Prozent, vierter Platz), wobei allen anderen

Primär- oder Sekundärtu- genden durch das „Pflichtbe- wußtsein“ (93 Prozent, Spit- zenreiter) das Sahnehäub- chen aufgesetzt wird.

Zeichen für Kleinmut

Ins fast schon Abenteuer- liche steigert sich das Fra- ge-Design, aber auch die offizielle Auswertung der EMNID-Umfrage, an ande- rer Stelle. Abzulehnen oder zu bejahen hatten die jungen Leute in vollem Ernst die Aussage: „Wir haben in Deutschland alles Wissen der Welt.“ – Das immerhin von flächendeckendem gesun- dem Menschenverstand zeu- gende Ergebnis von 89 Pro- zent Ablehnung nimmt die Studie als Zeichen für Klein- mut: „Wir reden in Deutsch- land noch zu wenig über un- sere Stärken.“ Von ähnli- chem Kaliber ist die An- merkung angesichts 67pro- zentiger Zustimmung zur Pa-

role „Schule darf nicht nur Spaß machen“: Die Jugendli- chen, teilt das Ministerium mit, stellten damit existieren- de pädagogische Konzepte bewußt in Frage.

Was Jugendliche wirklich wollen, warum sie allen etablierten Parteien ver- stärkt den Rücken kehren, was sie bei freier Nennung

der Probleme statt vorgege- bener Schablonen und Phra- sen äußern würden – das Bundesbildungsministerium wird es vorerst nicht erfah- ren. Auch nicht, woher 73 Prozent die überwiegende Hoffnung nehmen, mit der sie laut EMNID ihrer per- sönlichen Zukunft entgegen- sehen. Oliver Driesen

A-260 (72) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 5, 31. Januar 1997

V A R I A BILDUNG UND ERZIEHUNG

Erstmals „Reps“ im Studentenparlament

Erstmals werden im April zwei Vertreter der Partei

„Die Republikaner“ in ein Studentenparlament einzie- hen. Bei den Wahlen zur studentischen Vertretung an der Universität Marburg errangen die „Republikaner“ 3,7 Prozent der Stimmen und stellen im neuen Parlament zwei der insgesamt 41 Sitze. Besonders unter Juristen und Wirtschaftswissenschaftlern war die Gruppierung mit 182 Stimmen erfolgreich. Einer der beiden neuen Abgeord- neten, die zugleich Mitglieder von Burschenschaften in Marburg sind, sitzt seit 1993 als „Republikaner“-Vertre- ter im Marburger Kreistag. Eine Studie des Frankfurter Instituts für Sozialwissenschaften hat durch Studenten- befragungen ermittelt, daß an hessischen Universitäten ein harter rechtsradikaler Kern von vier Prozent und ein weiteres Umfeld von 15 Prozent existieren. OD

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

nicht nur Delikte, die die Grundlagen des Staates angreifen, wie Hetze, Staatsverrat, Spionage usw., sondern auch mit Mord, Brandstiftung, Kör- perverletzung, Diebstahl, Betrug und

Bereits nach dem alten Kran- kenhausfinanzierungsgesetz (KHG) oblag es den Selbstverwaltungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverbände der gesetz-

Mehr als drei Viertel der Be- fragten nehmen deshalb auch an, daß sich die Qualität der medizini- schen Versorgung für zahlungsunfä- hige Patienten und für Nutznießer der

Beim bereits erwähnten Fellow Programm dreht es sich um die Möglichkeit für Mit- arbeiter von McKinsey nach zwei Jahren im Unternehmen eine bezahlte Ausbildung in Anspruch zu

An familiären Belastungen fanden sich Verlust eines Eltern- teils durch Scheidung oder Tod bei 48 Prozent und chronische körperliche Erkrankung eines El-..

Geeignet für Decken-, Wand-, Pendel- und Tragschienenmontage.. EINSATZBEREICHE Parkhäuser, Kellerräume, Werkstätten,

Sie machen den Patienten hy- perop (überrichtig) und zwingen dann später bei einsetzender Pres- byopie (Alterssichtigkeit) bereits frühzeitig zum Tragen einer Fern- und

Die Übermittlungskontrolle soll ge- währleisten, daß überprüft und festge- stellt werden kann, an welche Stellen personenbezogene Daten durch Einrich- tungen zur