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Archiv "Behandlung des kolorektalen Karzinoms mit monoklonalen Antikörpern" (20.03.2009)

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M

olekularbiologisch zielgerichtete Therapien des metastasierten kolorektalen Karzinoms haben durch die Entwicklung monoklonaler Antikörper gegen den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR) oder den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) erheblich an Bedeutung gewonnen. So haben die gegen den EGFR gerichteten Antikörper Cetuximab und Panitumumab in zahlreichen Studien ihre klinische Effektivität bewiesen. Die Kombination von Cetuximab mit Irinotecan erbrachte erstmals in der BOND-Studie bei Irinotecan-vorbehandelten Patienten mit metasta- siertem kolorektalem Karzinom eine signifikante Stei- gerung von Ansprechrate und progressionsfreiem Über- leben und induzierte eine nicht signifikant längere Überlebenszeit (1). Dabei ist das progressionsfreie Überleben (PFS) als die Überlebenszeit definiert, in der es zu keiner Progression der Tumorerkrankung kommt.

Mehrere Studien, die überwiegend bei vorbehandel- ten Patienten durchgeführt wurden, zeigten, dass Muta- tionen des KRAS-Gens mit einer Resistenz des Tumors gegen EGFR-Inhibitoren verbunden sind, weil KRAS- Mutationen zu einer intrinsischen Aktivierung der EGFR-abhängigen Signaltransduktionskaskade führen.

Diese Aktivierung ist unabhängig von der EGFR- Expression und kann durch Medikamente, welche am EGFR selbst wirken, nicht gehemmt werden.

Im Folgenden soll ein Überblick über den Einfluss des KRAS(Kirsten-RAS)-Status auf die klinische Akti- vität einer spezifisch gegen den EGFR gerichteten Tu- mortherapie gegeben werden.

Epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor Der EGFR ist ein Transmembranprotein, das zu der Familie der Tyrosinkinase-Wachstumsfaktor-Rezeptoren gehört. Die EGFR-abhängige Signaltransduktion in Rich- tung Zellkern reguliert Prozesse wie Proliferation, Migra- tion, Invasion, Angiogenese und Apoptose (Grafik).

Beim metastasierten kolorektalen Karzinom kann eine EGFR-Expression bei etwa 70 % der Tumoren nachge- wiesen werden und ist mit einer schlechteren Prognose verbunden (2, 3). Der Grad der immunhistochemisch nachgewiesenen EGFR-Expression korreliert nicht mit der Effektivität der anti-EGFR-Therapie (1, 4). Ein im- munhistochemischer Nachweis von EGFR auf den Tu- ÜBERSICHTSARBEIT

Behandlung des kolorektalen Karzinoms mit monoklonalen Antikörpern

Bedeutung der KRAS-Mutationsanalyse und des EGFR-Status

Sebastian Stintzing, Volker Heinemann, Andreas Jung, Nicolas Moosmann, Wolfgang Hiddemann, Thomas Kirchner

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Der epidermale Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR) ist ein wichtiges therapeutisches Ziel in der Be- handlung des metastasierten kolorektalen Karzinoms. Die Kombination von anti-EGFR-Antikörpern mit einer Chemo- therapie hat zu einer Ansprechrate bestimmter Tumoren und zu einer signifikanten Verlängerung des progressions- freien Intervalls geführt. In einer durch den EGFR regulier- ten Signaltransduktionskaskade ist das KRAS-Protein ein wichtiger Mediator, der in etwa 30 bis 49 % aller kolorekta- len Karzinome mutiert ist. Mutationen im KRAS-Gen kön- nen molekularpathologisch nachgewiesen werden und sind von entscheidender Bedeutung in der Wahl EGFR-ge- zielter molekularbiologischer Therapieoptionen.

Methodik: Selektive Literaturrecherche.

Ergebnisse: Patienten profitieren von einer Behandlung mit den EGFR-Antikörpern Cetuximab und Panitumumab nicht, wenn das KRAS-Gen mutiert ist.

Schlussfolgerungen: Aktivierende Mutationen im KRAS- Gen sind Biomarker einer Resistenz gegen Cetuximab oder Panitumumab. Entsprechend ist in der Zulassung der EGFR-gerichteten Therapien bei metastasierten kolorekta- len Karzinomen eine Bestimmung des Mutationszustandes des KRAS-Gens ein zwingender Schritt, weil eine Steige- rung der Ansprechrate durch Kombination von Chemothe- rapie und EGFR-Antikörpern nur bei Vorliegen eines KRAS- Wildtyps erwartet wird.

Dtsch Arztebl Int 2009; 106(12): 202–6 DOI: 10.3238/arztebl.2009.0202 Schlüsselwörter: Kolorektalkarzinom, Cetuximab, moleku- lare Medizin, Genmutation, Krebstherapie

Medizinische Klinik und Poliklinik III, Klinikum der LMU München, Standort Großhadern: Dr. med. Stintzing, Prof. Dr. med. Heinemann, Dr. med. Moosmann, Prof. Dr. med. Hiddemann

Pathologisches Institut der LMU München: PD Dr. med. Jung, Prof. Dr. med.

Kirchner

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morzellen ist vor Beginn einer anti-EGFR-Therapie daher nicht notwendig. Gründe hierfür können methodisch be- dingt sein.

Der EGFR stellt die Verbindung zwischen dem extra- zellulären Raum und der intrazellulären Signaltransduk- tion dar. Er besteht aus dem extrazellulären Rezeptor, einer lipophilen Transmembran-Domäne, sowie einer in- trazellulären Domäne mit den Eigenschaften einer Tyro- sinkinase. Die Aktivierung des EGFR erfolgt extrazellulär durch Liganden wie EGF (epidermaler Wachstumsfaktor) oder TGF-α(transformierender Wachstumsfaktor-α) und führt zu einer Homodimerisierung des Wachstumsfaktor- Rezeptors. Die daraus resultierende Autophosphorylie- rung der Rezeptor-Tyrosinkinase setzt in der Folge ver- schiedene Signalkaskaden in Gang, in denen auch das KRAS-Protein eine wichtige Rolle spielt.

Aufgrund dieser Funktionen des EGFR wurden meh- rere therapeutische Angriffspunkte definiert und spezifi- sche Medikamente für eine gezielte Therapie entwickelt.

In Deutschland sind gegenwärtig zwei monoklonale An- tikörper, welche gegen den EGFR gerichtet sind, zuge- lassen. Cetuximab ist ein monoklonaler chimärer Maus/Mensch-Antikörper, der gegen die extrazelluläre Domäne des EGFR gerichtet ist und zu einer Hemmung der Ligandenbindung führt. Durch zellkulturelle in- vitro-Experimente konnte nachgewiesen werden, dass dies wiederum die Rezeptor-Tyrosinkinase und die davon abhängige Signaltransduktion inhibiert und es auf diese Weise zu einer Hemmung von Proliferation und Migrati- on sowie zu einer Steigerung der Apoptose von Tumor- zellen kommt (5). Cetuximab besitzt als IgG1-Anti- körper die Fähigkeit, eine antikörperabhängige zellulär vermittelte Zelltoxizität zu induzieren, therapeutisch scheint dieser Effekt aber von untergeordneter Bedeu-

tung zu sein. Die wichtigste Nebenwirkung von Cetuxi- mab ist ein bei etwa 70 % der behandelten Patienten auf- tretendes akneiformes Exanthem, welches mit der Effek- tivität der anti-EGFR-Therapie korreliert. Dieses Exan- them ist mithilfe topischer Maßnahmen zum Beispiel durch den Einsatz von cortison- oder antibiotikahaltigen Cremes meist gut behandelbar. Bei stärkerer Ausprägung ist eine orale systemische Antibiotikatherapie mit einem Tetracyclin (zum Beispiel Monocyclin) hilfreich. Selte- nere Nebenwirkungen, welche bei etwa 1 bis 10 % der Patienten auftreten, sind allergische Infusionsreaktio- nen, Fatigue, Nausea, Fieber, Diarrhö und Mukositis. Pa- nitumumab ist der zweite in Deutschland zugelassene, gegen den EGFR gerichtete Antikörper und besitzt im Gegensatz zu Cetuximab als rein humaner IgG2-Anti- körper keine antikörperabhängige Zelltoxizität. Er ver- ursacht bei Erstinfusion nur bei etwa 1 % der Patienten eine allergische Akutreaktion. Einzelne Todesfälle durch anaphylaktische Reaktionen sind bis jetzt nur bei der In- fusion von Cetuximab beschrieben worden.

Neben der Blockade der extrazellulären EGFR-Domä- ne ist auch die Hemmung der Tyrosinkinaseaktivität durch Tyrosinkinaseinhibitoren wie Erlotinib möglich.

Allerdings wurde Erlotinib beim metastasierenden kolo- rektalen Karzinom bislang nur in frühen Studienphasen getestet. Die Zulassung beschränkt sich daher aktuell auf die Behandlung des metastasierten Pankreaskarzinoms und des nicht kleinzelligen Bronchialkarzinoms.

RAS-Proto-Onkogene und KRAS-Mutation Die ras(rat sarkoma)-Proto-Onkogen-Familie besteht aus kleinen GTP-bindenden-Proteinen (G-Proteine) mit einem molekularen Gewicht von 21 kDa. Drei verschiede- ne RAS-Proteine (HRAS [Harvey-RAS], KRAS [Kir- sten-RAS] und NRAS [Neuroblastom-RAS]) sind heute bekannt, ihre Expression ist gewebsspezifisch (6, 7). Das für den EGFR wichtige KRAS-Protein ist an der inneren Plasmamembran lokalisiert und besitzt GTPase- Aktivität (8). Die Aktivierung des KRAS-Proteins ist der Phos- phorylierung der EGFR-Tyrosinkinase nachgeordnet. Die Signaltransduktion erfolgt im Weiteren über Raf („root abundant factor“), MEK (MAP-Kinase-ERK-Kinase) und ERK (extracellular regulated MAP-Kinase) und führt letztendlich zur Transkription von Genen im Zellkern, die zur malignen Progression der Tumoren führen.

Onkogene KRAS-Mutationen werden in etwa 40 % der nicht familiär bedingten kolorektalen Karzinome (90 % aller kolorektalen Karzinome) gefunden (6, 7, 9).

Untersuchungen an Familien mit HNPCC („hereditary non polyposis colorectal carcinoma“) zeigten, dass Mu- tationen im KRAS-Gen unabhängig vom Nachweis ei- ner Mikrosatelliteninstabilität sind (10) und dass die Häufigkeit einer KRAS-Mutation beim hereditär be- dingten Kolonkarzinom vergleichbar mit sporadisch auftretenden Kolonkarzinomen war (11). Die onkoge- nen Punktmutationen des KRAS-Gens findet man zu 98,4 % in Codon 12 und 13, weit weniger häufig in den Codon 61 und 63 (12) und sie führen zu einer dauerhaf- ten Autoaktivierung des dem KRAS-Protein nachge- schalteten Signalweges (Grafik).

Epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptor-Funktionen und therapeutische Angriffspunkte GRAFIK

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Für den molekularpathologischen Nachweis der KRAS-Mutation wird im Regelfall asserviertes und ar- chiviertes Gewebematerial eingesetzt. Da in den ver- schiedenen Studien Primärtumoren und die Codons 12 und 13 untersucht wurden, wird in den molekularpatho- logischen Routineuntersuchungen genauso verfahren.

Zum einen finden sich in über 98,4 % der Fälle Mutatio- nen in den beiden Codons 12 und 13, zum anderen wei- sen Metastasen kolorektaler Karzinome mit einer hohen Konkordanz dieselben Mutationen auf wie ihre zu- gehörigen Primärtumore. Der Nachweis der KRAS- Mutation erfolgt mithilfe verschiedener PCR-basierter Methoden, wie Didesoxy-Sequenzierung, Pyro-Se- quenzierung, ARMS(„amplification refractory mutati- on system“)-PCR, mutationsspezifische Hybridisie- rung, Schmelzpunktanalyse u.a.m. Bisher zeigte kein Verfahren gegenüber einem anderen einen Vorteil (eige- ne Untersuchungen) sodass jedes Labor die Qualität sei- nes molekularpathologischen KRAS-Mutationsnach- weises testen und validieren lassen sollte. Dazu bieten die Deutsche Gesellschaft für Pathologie zusammen mit dem Bundesverband Deutscher Pathologen einen Ring- versuch im Rahmen der Qualitätssicherungsmaßnahme QuIP (Qualitätssicherungsinitiative Pathologie) an. Bis- lang wurden zwei QuIP Ringversuche durchgeführt, aufgrund deren 49 Institutionen für Pathologie in Deutschland die erfolgreiche und zuverlässige Durch- führung des molekularpathologischen KRAS-Mutations- tests bescheinigt werden konnte (www99.mh-hannover.de/

institute/pathologie/dgp/).

Prognostische Relevanz der KRAS-Mutation Berichte über den Einfluss von KRAS-Mutationen auf die Prognose des kolorektalen Karzinoms sind unein- heitlich. Einige Studien weisen auf die negative prognostische Bedeutung der KRAS-Mutation für das Gesamtüberleben hin (15). So konnte im Rahmen einer Multivariatanalyse von über 2 400 Patienten, welche Patientenalter, Dukes-Stadium und Codon 12-KRAS-

Mutationen korrelierte, eine signifikant schlechtere Pro- gnose bei KRAS-mutierten Patienten belegt werden. Ei- ne signifikante Reduzierung des krankheitsfreien Inter- valls und des Gesamtüberlebens wurde nur bei Dukes C- und Dukes-D-Tumoren, nicht jedoch im Stadium Dukes B gefunden (16). So war die Wahrscheinlichkeit, innerhalb einer medianen Beobachtungszeit von 4,7 Jahren nach Operation zu versterben, im Dukes C-Stadi- um 2,8-mal und im Dukes D-Stadium 11,2-mal höher bei Nachweis einer KRAS-Mutation im Vergleich zum KRAS-Wildtyp. Andere Studien konnten diesen Effekt nicht nachweisen (17).

Einfluss der KRAS-Mutation auf die Therapie Studien, die bei vorbehandelten Patienten mit metas- tasierendem kolorektalem Karzinom durchgeführt wurden, weisen darauf hin, dass eine Behandlung mit Cetuximab oder Panitumumab bei Vorliegen einer KRAS-Mutation ineffektiv ist (Tabelle 1) (13, 18–23).

Auf der letztjährigen Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für klinische Onkologie (ASCO) wurden mehrere randomisierte Studien vorgestellt, welche die Aktivität Cetuximab-basierter Kombinationstherapien in der Erstlinientherapie in Abhängigkeit vom KRAS- Status untersuchten. Die CRYSTAL-Studie verglich ei- ne Chemotherapie mit 5-Fluorouracil und Irinotecan (FOLFIRI) plus Cetuximab mit einer alleinigen Chemo- therapie. Bei 540 der 1 198 Patienten konnte eine KRAS- Analyse durchgeführt werden, die bei 36 % der unter- suchten Patienten zu dem Befund einer KRAS-Mutation führte. Während die Zugabe von Cetuximab zu FOLFIRI bei KRAS-Wildtyp-Patienten eine signifikante Steige- rung von Remissionsrate (59 % versus 43 %) und progressionsfreiem Überleben (PFS; progression free survival) (8,7 versus 9,9 Monate) induzierte, wurde bei Patienten mit einer KRAS-Mutation keine Wirkung be- obachtet (Tabelle 2). Vergleichbare Ergebnisse wurden auch in der OPUS-Studie erzielt, die eine Oxaliplatin- basierte Chemotherapie (FOLFOX) plus Cetuximab mit TABELLE 1

Effekt der KRAS-Mutation auf die Ansprechrate bei vorbehandelten Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom

Referenz Behandlung Patienten KRAS-Mutation KRASwt KRASmut

n n (%) ORR (%) ORR (%)

Lièvre et al. 2008 (19) Cetuximab ± CT 114 36 (32) 44 0

De Roock et al. 2008 (20) Cetuximab ± CT 113 46 (41) 41 0

Cappuzzo et al. 2008 (21) Cetuximab ± CT 80 42 (53) 26 10

Di Fiore et al. 2007 (22) Cetuximab + CT 59 16 (27) 28 0

Khambata-Ford et al. 2007 (23) Cetuximab 80 30 (38) 10 0

Karapetis 2008 (18) BSC ± Cetuximab 394 164 (42) 13 1

Amado 2008 (13) Panitumumab 208 84 (40) 17 0

KRASmut, mutiertes KRAS-Gen; KRASwt, KRAS-Wildtyp;

ORR, Ansprechrate (definiert als Anteil der Patienten, welche keine Vergrößerung der Tumormasse unter Chemotherapie zeigten);

CT, Chemotherapie; BSC, beste supportive Behandlung

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einer alleinigen FOLFOX-Behandlung verglich. Auch diese Studie zeigte, dass die Kombination von Cetuxi- mab mit einer Erstlinien-Chemotherapie nur bei KRAS- Wildtyp zu einer Effektivitätssteigerung beiträgt. Da- gegen wurde bei Patienten mit KRAS-mutierten Tumo- ren bei Zugabe von Cetuximab eine deutlich niedrigere Remissionsrate (33 versus 49 %) und eine signifikant niedrigere PFS (5,5 versus 8,6 Monate; p = 0,0192) ge- funden als unter der alleinigen Chemotherapie (Ta- belle 2). Eine aktuelle retrospektive Untersuchung (24) konnte zeigen, dass auch Mutationen im B-RAF (v-raf murine sarcoma viral oncogene homolog B1), einem dem KRASnachgeschalteten Protein (Grafik), zu einer Einschränkung der EGFR-gerichteten Antikörperthera- pie führen kann. Inwieweit diese Erkenntnis klinische Relevanz bekommen wird, ist aktuell noch nicht einzu- schätzen.

Im Gegensatz zu Cetuximab und Panitumumab zielt die Behandlung mit Bevacizumab nicht auf den EGFR, sondern auf VEGF ab, sodass Bevacizumab auch bei KRAS-mutierten Patienten wirksam ist. Bei primär anti- angiogenetisch wirksamen Therapieansätzen ist daher eine Bestimmung des KRAS-Mutationsstatus nicht er- forderlich (25).

Fazit

Bisher waren die therapeutischen Entscheidungen in der Behandlung des metastasierten kolorektalen Karzinoms abhängig vom Stadium, der Progressionskinetik oder der Symptomatik der Erkrankung. Die aktuellen Thera- piestudien führen zu einer neuen Entscheidungsebene auf dem Boden der molekularbiologischen Charakteris- tika des Tumors. Da eine Wirksamkeit der anti-EGFR- Strategie nur bei Tumoren mit einem KRAS-Wildtyp er- wartet werden kann, ist die primäre Analyse des KRAS- Mutationsstatus eine unabdingbare Voraussetzung für eine adäquate Therapieentscheidung. Der Einsatz von Cetuximab oder Panitumumab bei Vorliegen einer KRAS-Mutation birgt das Risiko der Nebenwirkungen und unnötiger Kosten ohne einen nachweisbaren Nut- zen in Aussicht stellen zu können.

Die Relevanz der Studiendaten wird allerdings dadurch eingeschränkt, dass die KRAS-Analysen bisher nur in re- trospektiven Untersuchungen durchgeführt wurden und daher nur in Subpopulationen zur Verfügung stehen.

Überzeugend ist aber die hohe Konsistenz der Ergebnisse.

Die prädiktive Bedeutung des KRAS-Mutationsstatus für die Effektivität einer anti-EGFR-Therapie konnte bis- her durch andere Parameter der Tumorbiologie nicht er- reicht werden. Als weiterer wichtiger prädiktiver/prognos- tischer Faktor bleibt jedoch die Hautreaktion unter der an- ti-EGFR-Therapie bestehen. So kann davon ausgegangen werden, dass Patienten mit einem KRAS-Wildtyp, die unter der Behandlung ein akneiformes Exanthem ent- wickeln, am meisten von der anti-EGFR-Therapie profi- tieren.

Die Bestimmung des KRAS-Mutationsstatus ist tech- nisch aufwändig und hat zur Etablierung einer von den beteiligten Pathologischen Instituten ausgehenden Qua- litätssicherung geführt. Die Kosten, welche durch die Tes- tung entstehen, werden durch die gezielte Vermeidung eines ineffektiven Behandlungsansatzes und der damit verbundenen Nebenwirkungen mehr als ausgeglichen.

Klinische Kernaussagen

> In der Behandlung des metastasierten kolorektalen Kar- zinoms gibt es durch die Entwicklung von Antikörpern neue therapeutische Möglichkeiten.

> Die Behandlung mit Antikörpern ist wirksam.

> Die KRAS-Mutation im metastasierten kolorektalen Kar- zinom konnte als prognostischer Faktor etabliert werden.

> In retrospektiven Untersuchungen konnte gezeigt wer- den, dass eine Therapie mit Cetuximab oder Panitumu- mab bei Patienten, deren Tumor eine KRAS-Mutation aufwiesen, keine messbare Wirkung zeigte.

> Vor einer Behandlung mit EGFR-Antikörpern sollte im- mer eine KRAS-Mutation ausgeschlossen werden.

TABELLE 2

Effekt der KRAS-Mutation auf die Ansprechrate in der Erstlinientherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms

Studie Rekrutierte Analyse der Nachweis Therapie- KRASwt KRASmut KRASwt KRASmut

Patienten KRAS- einer KRAS- Regime ORR (%) ORR (%) PFS (Mo) PFS (Mo) Mutation Mutation

CRYSTAL-Studie 1198 540 192 FOLFIRI 43 40 8,7 8,1

(Van Cutsem, E. (100 %) (45 %) (36 %) FOLFIRI + 59 36 9,9 7,6

ASCO 2008) Cetuximab

OPUS-Studie 337 233 99 FOLFOX 37 49 7,2 8,6

(Bokemeyer, C. (100 %) (69 %) (42 %) FOLFOX+ 61 33 7,7 5,5

ASCO 2008) Cetuximab

KRASmut, mutiertes KRAS-Gen; KRASwt, KRAS-Wildtyp;

ORR, Ansprechrate (definiert als Anteil der Patienten, welche keine Vergrößerung der Tumormasse unter Chemotherapie zeigten);

PFS, progressionsfreie Zeit; Mo, Monate (Daten aus Vorträgen vom ASCO Annunal Meeting 2008)

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Interessenkonflikt

Prof. Heinemann hat finanzielle Unterstützung für klinische Studien von Merck, Roche, Grenzach sowie Honorare für wissenschaftliche Vorträge von Merck, Roche und AMGEN erhalten.

Dr. Moosmann erhielt Vortragshonorare von Merck.

Prof. Kirchner gibt finanzielle Verbindungen zu AMGEN, Merck-Sorono und Roche Diagnostics an.

PD Dr. Jung gibt finanzielle Verbindungen zu AMGEN und Merck-Sorono an.

Prof. Hiddemann und Dr. Stintzing erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 24. 7. 2008, revidierte Fassung angenommen: 19. 11. 2008

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Volker Heinemann Medizinische Klinik und Poliklinik III Klinikum der LMU München Großhadern

Marchioninistraße 15 81377 München

E-Mail: Volker.Heinemann@med.uni-muenchen.de

SUMMARY

Thhee TTrreeaattmmeenntt ooff CCoolloorreeccttaall CCaarrcciinnoommaa WWiitthh MMoonnoocclloonnaall AAnnttiibbooddiieess—— TThhee IImmppoorrttaannccee ooff KKRRAASS MMuuttaattiioonn AAnnaallyyssiiss aanndd EEGGFFRR SSttaattuuss Background: The epidermal growth factor receptor (EGFR) is an impor- tant target in the treatment of metastatic colorectal carcinoma (mCRC).

The combination of anti-EGFR antibodies with chemotherapy has led to a higher response rate of certain kinds of tumor as well as a significant prolongation of the progression-free interval. The KRAS protein is an important mediator in the signal transduction cascade regulated by the EGFR. A KRAS mutation is present in 30 % to 49 % of all colorectal carcinomas. Mutations in the KRAS gene can be demonstrated by the methods of molecular pathology and are a very important factor in the selection of molecular biological treatment options targeted against EGFR.

Methods: Selective literature review.

Results: Patients bearing mutations of the KRAS gene do not benefit from treatment with the EGFR antibodies cetuximab and panitumumab.

Conclusions: Activating mutations of the KRAS gene are biomarkers for resistance to cetuximab or panitumumab. Thus, anti-EGFR therapies are approved for the treatment of metastatic colorectal carcinoma only on condition that the mutation state of the KRAS gene is determined first, because the combination of chemotherapy with anti-EGFR is expected to increase the response rate only in patients with the wild-type KRAS gene.

Dtsch Arztebl Int 2009; 106(12): 202–6 DOI: 10.3238/arztebl.2009.0202 Key words: colorectal carcinoma, cetuximab, molecular medicine, gene mutation, cancer therapy

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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