526 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 31–32⏐⏐3. August 2009
M E D I Z I N
Nachfolgende immunologische Mechanismen Die Effektivität von monoklonalen Antikörpern in der On- kologie und Hämatologie hängt neben der Wirkung auf das „target“ auch davon ab, ob nachfolgende immunologi- sche Mechanismen wie die antikörperabhängige zellulär vermittelte (ADCC) oder die komplementabhängige Zy- totoxizität (CDC) ausgelöst werden. Dabei gilt es als be- stätigt, dass die ADCC und CDC von einer ausreichenden Glykosylierung der Antikörper abhängen. Das Ausmaß der ADCC wird dabei vom FcγRIIA (CD64)- und FcγRIIIa (CD16a)-Polymorphismus des Fc-Anteils des IgG1-Isotyps der monoklonalen Antikörper bestimmt.
Dieser Mechanismus wurde für Rituximab in der Therapie des follikulären Lymphoms (1), für Trastuzumab beim metastasierten Mammakarzinom (2) und für Cetuximab in der Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms gezeigt (3). Panitumumab als humaner monoklonaler An- tikörper vom IgG2-Isotyp löst keine ADCC aus, könnte aber eine CDC und bei sequenzieller Anwendung eine Bildung anti-idiotypischer Antikörper auslösen. Zu er- wähnen bleiben die beiden anderen EGFR-gerichteten Antikörper Matuzumab und Nimotuzumab. Letzterer ist deshalb so interessant, weil er in der Therapie kindlicher maligner Gliome und beim nicht kleinzelligen Bronchial- karzinom keine Symptome der bekannten kutanen Toxi- zität, insbesondere das akneiforme Exanthem, zeigte. Der Antikörper ist in einigen europäischen Ländern bereits zu- gelassen und wird in Phase-III-Studien gegenwärtig bei weiteren Indikationen geprüft.DOI: 10.3238/arztebl.2009.0526a
LITERATUR
1. Weng WK, Levy R: Two immunoglobulin G fragment C receptor polymor- phisms independently predict response to rituximab in patients with folli- cular lymphoma. J Clin Oncol 2003; 21: 3940–7.
2. Musolino A et al.: Immunoglobulin G fragment C receptor polymor- phisms and clinical efficacy of trastuzumab-based therapy in patients with HER-2/neu-positive metastatic breast cancer. J Clin Oncol 2008;
26: 1789–96.
3. Bibeau F et al.: Impact of Fc{gamma}RIIa-Fc{gamma}RIIIa polymor- phisms and KRAS mutations on the clinical outcome of patients with metastatic colorectal cancer treated with cetuximab plus irinotecan.
J Clin Oncol 2009; 27: 1122–9.
4. Stintzing S, Heinemann V, Jung A, Moosmann N, Hiddemann W, Kirchner T: The treatment of colorectal carcinoma with monoclonal anti- bodies—the importance of KRAS mutation analysis and EGFR status [Behandlung des kolorektalen Karzinoms mit monoklonalen Antikörpern – Bedeutung der KRAS Mutationsanalyse und des EGFR-Status]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106: 202–6.
Dr. med. A. G. Tsamaloukas Schulstraße 16–18, 40721 Hilden E-Mail: tsamaloukas@onkologe-hilden.de
Schlusswort
Die antikörpervermittelte zelluläre Zytotoxizität (ADCC) ist, wie Herr Dr. Tsamaloukas zu Recht angemerkt hat, ein weiterer Wirkmechanismus des anti-EGFR-Antikör- pers Cetuximab. Die Arbeiten von Zhang (1) und Bibeau (2) sind die ersten retrospektiven Studien, in denen eine klinische Auswirkung der Fc␥RIIA(CD64)- und Fc-
␥RIIIa(CD16a)-Polymorphismen des Fc-Rezeptors auf Makrophagen und/oder NK-Zellen auf die ADCC ge- zeigt werden konnte.
Es bleibt allerdings zu betonen, dass größere Studien (3) keinen eindeutigen Hinweis auf diese von Bibeau be- schriebene Wirksamkeit von Cetuximab bei KRAS-mu- tierten Tumoren ergeben. In diesen Arbeiten, welche eben- so retrospektive Untersuchungen darstellen, konnte durch Einsatz von Cetuximab bei KRAS-mutierten KRK-Patien- ten (kolorektales Karzinom) keine signifikante PFS-Ver- längerung (progressionsfreies Überleben) erreicht wer- den. In einer Arbeit hatten Patienten, die mit FOLFOX und Cetuximab behandelt wurden, bei Vorliegen einer KRAS-Mutation sogar ein schlechteres Ansprechen und eine signifikant kürzere progressionsfreie Zeit (3) als al- lein mit FOLFOX Therapierte. Demnach bleiben pro- spektive Untersuchungen mit größeren Patientenzahlen abzuwarten, um den konkreten Effekt der ADCC besser beurteilen zu können.
Angesichts des derzeit unklaren Stellenwerts der ADCC sollte bei Vorliegen einer KRAS-Mutation weiter- hin von einem Einsatz von anti-EGFR-Antikörpern Ab- stand genommen werden. DOI: 10.3238/arztebl.2009.0526b
LITERATUR
1. Zhang W et al.: FCGR2A and FCGR3A polymorphisms associated with clinical outcome of epidermal growth factor receptor expressing meta- static colorectal cancer patients treated with single-agent cetuximab.
J Clin Oncol 2007; 25: 3712–8.
2. Bibeau F et al.: Impact of Fc{gamma}RIIa-Fc{gamma}RIIIa polymor- phisms and KRAS mutations on the clinical outcome of patients with metastatic colorectal cancer treated with cetuximab plus irinotecan.
J Clin Oncol 2009; 27: 1122–9.
3. Bokemeyer C et al.: Fluorouracil, leucovorin, and oxaliplatin with and without cetuximab in the first-line treatment of metastatic colorectal cancer. J Clin Oncol 2009; 27(5): 663–71.
4. Stintzing S, Heinemann V, Jung A, Moosmann N, Hiddemann W, Kirchner T: The treatment of colorectal carcinoma with monoclonal anti- bodies—the importance of KRAS mutation analysis and EGFR status [Behandlung des kolorektalen Karzinoms mit monoklonalen Antikörpern – Bedeutung der KRAS Mutationsanalyse und des EGFR-Status]. Dtsch Arztebl Int 2009; 106: 202–6.
Prof. Dr. med. Volker Heinemann Dr. med. Sebastian Stintzing Medizinische Klinik und Poliklinik III Klinikum der LMU München, Großhadern Marchioninistraße 15
81377 München
E-Mail: Volker.Heinemann@med.uni-muenchen.de E-Mail: Sebastian.stintzing@med.uni-muenchen.de
Interessenkonflikt
Die Autoren beider Beiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
zu dem Beitrag
Behandlung des kolorektalen Karzinoms mit monoklonalen Antikörpern
von Dr. med. Sebastian Stintzing, Prof. Dr. med. Volker Heinemann,
PD Dr. med. Andreas Jung, Dr. med. Nicolas Moosmann, Prof. Dr. med. Wolfgang Hiddemann, Prof. Dr. med. Thomas Kirchner in Heft 12/2009