A 1416 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 28–29|
19. Juli 2010BÖRSEBIUS
Bunt bedrucktes Papier
V
iele Anleger finden Gold ei- gentlich klasse. Sie scheuen aber ein Investment in das Edelme- tall, weil das Bunkern im Safe müh- sam ist oder bei größeren Summen die Barren richtig sperrig werden können, die Kopfkissenverwahrung kommt ja wohl kaum infrage.Wo ein Problem ist, da findet die Branche regelmäßig eine adäquate Lösung, der Rubel muss ja schließ- lich rollen. Und siehe da, sogenann- te besicherte Gold-ETFs oder Gold- ETCs sind derzeit total en vogue.
Die Finanzmarktkrise und ihr fol- gende Ängste machen es erst recht möglich, diese Produkte erfolgreich zu vermarkten.
Bei diesen speziellen Exchange Traded Funds oder Exchange Trad- ed Commodities wird das Geld der Anleger durch Hinterlegung von physischem Edelmetall gesichert.
Etliche Banken haben bereits sol- che Zertifikate mit Pfandhinterle- gung herausgebracht, die auf den
recht putzigen Namen COSI (Col - lateral Secured Instrument) hören.
Verpackung ist schließlich alles.
Auf großes Interesse stößt auch die Möglichkeit, sich das Pfand, also das Objekt der Begierde, physisch aushändigen zu lassen (so der Kun- de will), anfassen ist ja im Zweifel eben doch ein Verkaufsargument.
Ein Renner ist deswegen das Pro- dukt „Xetra-Gold“ von „Deutsche- Börse-Commodities“, bei dem jeder Anteil einen Lieferanspruch auf ein Gramm des Edelmetalls verbrieft.
Verbrieft . . . wirklich? So ein- fach ist die Sache dann doch nicht.
Der Auslieferungsanspruch und der tatsächliche Zugriff auf’s Gold sind möglicherweise zwei verschiedene Dinge, vor allem wenn sich die emittierende Bank und der Pfandort in verschiedenen Ländern befinden.
Der Anleger kann im Konkursfall durchaus vor der Schwierigkeit ste- hen, an sein vermeintlich sicheres Pfand zu kommen.
Bleiben wir doch mal bei diesen COSI-Produkten. Dort liegt das Pfand bei der Schweizer zentralen Verwahranstalt SIX SIS. Ein Kon- kursverwalter aus Deutschland kann schon mal nicht ohne weiteres auf das Pfand zugreifen, sondern hat im Zweifel lediglich einen Aus- gleichsanspruch in bar.
Bei den vielverkauften Gold- ETFs lohnt ein Blick ins Kleinge- druckte, um sich schön zu gruseln.
Beim schweizerischen Bankhaus Julius Bär lässt sich im Fondspro- spekt der verblüffende Hinweis nachlesen, daß die Auslieferung des Edelmetalls in „besonderen Fällen“ eingeschränkt sein könne.
Und zwar immer dann, wenn wäh- rungspolitische oder sonstige be- hördliche Maßnahmen die Auslie- ferung des jeweiligen physischen Edelmetalls untersagen oder er- schweren. Eine ähnliche Formulie- rung findet man auch bei der UBS.
Na, bravo.
Der Lieferanspruch auf echtes Gold ist im Zweifel also nicht mehr wert als bunt bedrucktes Papier.
Anders verpackt heißt noch lange nicht anders. Schon gar nicht siche-
rer. ■