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Archiv "Was ist ein Qaly?" (26.03.2010)

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A 546 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 12

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26. März 2010

T H E M E N D E R Z E I T

pro QALY von circa 30 000 Pfund für bestimmte, existenziell-bedrohli- che Situationen nach oben geöffnet („End-of-Life-Regelungen“) (13).

Der Wert eines individuellen Pa- tientennutzens, wie eines individu- ell gewonnenen Lebensjahres oder des Erhalts einer Organfunktion, ist weder im sozialgesetzlichen Rah- men des SGB V noch ethisch ver- tretbar exakt monetär quan- tifizierbar. Dadurch führt eine Arzneimittelvergü- tung, die sich an diesem fiktiven, prinzipiell aber nach oben unbegrenz- ten Wert orientiert, zu ei- ner Asymmetrie der Aus- gabenentwicklung im Ge- sundheitswesen. Arzneimittel dominieren deutlich gegenüber an- deren Ausgabenblöcken. Beispiels- weise wird die erfolgreiche Opera- tion eines entzündeten Blinddarms in keinem Gesundheitswesen nach der fiktiven, impliziten oder expli- ziten Zahlungsbereitschaft der Ge- sellschaft oder auch des einzelnen Patienten für die mit der Operation gewonnenen 30 bis 50 Lebensjahre vergütet. Die Preise insbesondere für nichtsubstituierbare Arzneimit- tel, wie in der Onkologie, sind da- gegen rasant gestiegen. Die US-ame- rikanische Krebsgesellschaft ASCO konstatiert auf ihrer Jahrestagung 2008 eine unmittelbare Gefährdung der qualitativ hochwertigen Patien- tenversorgung durch den Preisan- stieg bei onkologischen Arznei - mitteln (14–16). Der Arzneiverord-

nungsreport 2009 sieht in den pa- tentgeschützten Spezialpräparaten, mit hohen Preisen bei nur niedrigen Verordnungsanteilen, die entschei- denden Kostentreiber bei den Arz- neimittelausgaben der GKV.

An Kurzzeitinterventionen, wie bei der antibiotischen Pharmako- therapie einer Infektion oder eine

Impfung, werden die nega - tiven Konsequenzen einer Preisorientierung an der Zah- lungsbereitschaft für Präfe- renzwerte wie dem QALY deutlich. Da bei befristeten Inter-

ventionen der kumulative Nut- zengewinn in der gesundheits- ökonomischen Modellierung be- sonders hoch sein kann (ähnlich wie bei einer Appendizitisoperation), werden Arzneimittel in dieser Situati- on auch mit sehr hohen Tagesthe - rapiekosten als gesundheitsökono- misch „kosteneffektiv“ eingeschätzt.

An diesen Beispielen wird auch die vollständige Abkopplung der Arznei- mittelpreise von der Kostendeckung der Anbieter besonders deutlich, die nur in einem nichtidealen Markt wie dem Gesundheitswesen möglich ist.

Fazit

Vergütungsbetrags- und Preisfin- dung in der Medizin, vor allem für die Marktsegmente, die nicht von Anbietervielfalt und Wettbewerb geprägt sind, sollten auf messba- ren Aufwendungen der Anbieter sowie auf der qualitätsgesicherten Leistung, auch im Vergleich mit be- reits bestehenden Angeboten, beru-

hen. Beispielhaft ist das auf pau- schalierten Kostenkalkulationen be- ruhende DRG-System. Preise und Vergütungen sollten dagegen nicht vorrangig auf der Zahlungsbereit- schaft für Lebensqualitäts-Präfe- renzmaße wie dem QALY basieren.

Übertragen auf den Markt der Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen sollten

der nach der evidenzbasierten Medizin objektivierbare medizini- sche Nutzen des Arzneimittels

die quantifizierbaren Aufwen- dungen der Industrie

das Vergütungsniveau von im medizinischen (Zusatz-)Nutzen und in den Aufwendungen vergleichba- rer Interventionen

als Grundlage für die Vergü- tungsbeträge herangezogen werden.

Aufwendungen der Industrie könn- ten dabei pauschalierend berück- sichtigt werden, um keinen unver- hältnismäßigen bürokratischen Auf- wand zu verursachen. § 31 Absatz 2 a des SGB V zum Arzneimittel- höchstbetrag mit dem Satz „Dabei sind die Entwicklungskosten ange- messen zu berücksichtigen“ kann einen Hinweis auf die Orientierung des Höchstbetrags an den tatsächli- chen Aufwendungen geben.

Voraussetzung für eine an den Aufwendungen orientierte Vergü- tungsfindung bei Arzneimitteln sind eine höhere Transparenz der Kos- tenblöcke der industriellen Anbieter und der wissenschaftlichen Un - terlagen zum Nutzen beziehungs- weise Zusatznutzen des Arzneimit- tels. Die pharmazeutische Industrie muss gegenüber ihren wichtigsten Geschäftspartnern, der gesetzlichen Krankenversicherung und den ärzt- lichen Leistungserbringern, trans- parenter als bisher sowohl den Nut- zen (Studientransparenz) als auch ihre tatsächlichen Aufwendungen kommunizieren.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2010; 107(12): A 542–6

Anschrift für die Verfasser

Thomas Müller, Gemeinsamer Bundesausschuss, Abteilung Arzneimittel

Wegelystraße 8 10623 Berlin

E-Mail: Thomas.Mueller@g-ba.de

@

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit1210 Die sogenannten QALYs (Quality Adjusted Life

Years) werden genutzt, um die Ergebnisse medizini- scher Leistungen zu messen und zu vergleichen.

Dabei werden sowohl die Verlängerung der Lebens- zeit des Patienten durch eine Therapie als auch die Lebensqualität berücksichtigt. Die Lebensqualität wird anhand eines Nutzwertfaktors bewertet, der zwischen null für die denkbar schlechteste und eins für die bestmögliche Lebensqualität liegt. Der QALY errechnet sich aus der verbleibenden Lebenszeit multipliziert mit dem Nutzwertfaktor. Ein Beispiel:

Lebt ein Patient mit der Standardtherapie nur noch zwei Jahre bei einer Lebensqualität von 0,3, so hat

diese Behandlung einen QALY von 0,6. Eine neue Therapie, bei der der Patient doppelt solange mit einer Lebensqualität von 0,5 überlebt, hätte einen QALY von 2. Durch die neue Behandlung würde der Patient dementsprechend 1,4 QALY gewinnen.

Wie genau der Nutzwertfaktor ermittelt wer- den kann, ist allerdings umstritten, weshalb das IQWiG bisher eine Kosten-Nutzen-Bewer- tung aufgrund von QALYs ablehnt. Das briti- sche NICE führt jedoch solche Bewertungen schon durch. Dort gilt eine Arznei, die mehr als 30 000 Pfund pro QALY kostet, als nicht mehr kosteneffektiv. Dr. rer. nat. Marc Meißner

WAS IST EIN QALY?

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