DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Medizin: Probleme 1964-1984
semination, Hospitalismus, Ideo- logisierung der Medizin, Jobden- ken, Klinifizierung ambulanter Versorgung, Mangelndes Gesund- heitsbewußtsein, Medieneinflüs- se, Strukturelle Mängel, Trans- plantationen, Umweltnoxen, Ver- rechtlichung der Medizin, Ver- trauenskrise.
Forschungsdefizite
Am gewichtigsten unter den bis- her noch nicht einbezogenen Pro- blemen erscheinen Forschungs- mängel mit 24 Punkten.
Festgestellt werden: ein „zuneh- mendes Forschungsdefizit gegen- über den Vereinigten Staaten von Amerika"; daß trotz eines hohen Aufwandes wenig Fortschritte in klinischer und wissenschaftlicher Forschung zu registrieren seien;
daß die Grundlagenforschung nur mangelhaft gefördert werde; daß die Forschung zunehmend behin- dert werde; daß eine mangelnde Integration verschiedener For- schungseinrichtungen an einem gemeinsamen Grundproblem zu beobachten sei; daß zu wenig Wissenschafttheorie und Metho- denforschung betrieben werde;
daß die Überlastung der Universi- täten mit Patientenversorgung und Ausbildung zu Lasten der Forschung gehe und daß einheit- liche ethische Prinzipien so schwer aufzustellen seien.
Wie viele Einflüsse hemmend und störend auf die Klinik einwirken, macht besonders die Anmerkung von Professor Dr. med. Theo N.
Waubke, Essen, deutlich:
„Für uns, die wir unser Fach in Forschung und Lehre zu vertreten haben, ist es bedrückend, je nach Lage der Dinge entweder als fort- schrittsfeindliche ‚Schulmedizi- ner', hemmungslose Anhänger ei- ner seelenlosen Apparatemedizin oder als profitsüchtige Gesund- heitsverkäufer hingestellt zu wer- den. Dieses alles wäre zu ertra- gen, wenn die Hochschulklinken nicht durch die Vervielfachung
der Studentenzahl, die Zunahme komplizierter Diagnostik und Be- handlung, die Einstufung hinsicht- lich Belegung und Verweildauer wie jedes Kreiskrankenhaus bei gleichzeitigen Restriktionen im Personalbereich mit zunehmen- dem Arbeitstempo für alle Mitar- beiter an der Grenze der Belast- barkeit angekommen sind.
,Menschlichkeit im Krankenhaus' kann nur dann verwirklicht wer- den, wenn auch für das Personal menschliche Bedingungen herr- schen."
Unter „Verschiedenes" schließ- lich mußten wir bei keiner ande- ren Frage die meisten Punkte (91) notiert werden, Beweis auch, wie problembelastet die Medizin heu- te erscheint. Dabei werden man- che Probleme zwar selten ge- nannt, gleichzeitig aber von Ein- zelnen als vorrangig beurteilt, wie etwa die Alternativmedizin, unge- löste Infektionsprobleme und weltweit zunehmende Ernäh- rungsschwierigkeiten.
Deutlich wird letztlich auch, wie gewichtig einzelne Fachleute Fehlentwicklungen aus ihrer be- sonderen Fachkenntnis einschät- zen, etwa Therapiefehler bei neu- rologischen Erkrankungen oder den Bettenmangel für Schwer- brandverletzte.
Und was vorher als besonderer Fortschritt anerkannt worden war, wird von anderen bei den Proble- men als besondere Fehlentwick- lung eingestuft — etwa die Dauer- dialyse in ihrem heutigen Ausmaß oder, noch spezieller, eine Sensi- bilisierung des Empfängers von Blut gegenüber heterologen Blut- bestandteilen.
• Wird fortgesetzt
Anschrift des Verfassers:
Dr. h. c. Hans Mohl Fontanestraße 49 6500 Mainz 31
Regierung fordert weitere Lehrkrankenhäuser
BONN. Die Bundesländer sollen noch vorhandene Reserven für akademische Lehrkrankenhäuser ausschöpfen. Die Einbeziehung weiterer Lehrkrankenhäuser soll jedoch nicht zu einer Steigerung der Zulassungen zum Medizinstu- dium führen, da zusätzliche Kapa- zitäten ausschließlich der Verbes- serung der Ausbildungsqualität zugute kommen sollen. Das for- derte der parlamentarische Staatssekretär beim Bundesmini- ster für Bildung und Wissenschaft, Anton Pfeifer. Ende 1983 gab es 277 akademische Lehrkranken- häuser, die gemeinsam von Bund und Ländern mit 91 Millionen DM bezuschußt wurden. EB
Ein Nachtrag
zur Titelseite von Heft 24
Zur Titelseite des Heftes 24/1984 ist nachzutragen, was seinerzeit verse- hentlich unterblieb, daß nämlich in der Thoraxchirurgischen Klinik, Krankenhaus Rohrbach, in Heidel- berg-Rohrbach der längst „archi- vierte" Spirometer, Baujahr 1935 (hier im Schwarzweißphoto wieder- gegeben), eigens zur Illustrierung des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES wiederaufgebaut wurde, wofür wir der Klinik nachträglich danken. DÄ 2234 (30) Heft 30 vom 25. Juli 1984 81. Jahrgang Ausgabe A