Ein Arzt, der sich weigert, im Rahmen der vertragsärzt- lichen Versorgung physika- lisch-medizinische Leistun- gen für Versicherte der Ge- setzlichen Krankenversiche- rung (GKV) ohne gesonderte Zahlung zu erbringen, ver- stößt gegen seine Pflichten (siehe DÄ, Heft 49/2001).
Im zu entscheidenden Fall verfügte der Arzt über die not- wendigen, apparativen Vor- aussetzungen und die erfor- derliche fachliche Qualifika- tion. Mangels Kostendek- kung infolge des zu niedrigen Punktwerts wurden Versi- cherte nach der von ihm fest- gestellten medizinischen Not- wendigkeit von physikalisch- medizinischen Maßnahmen befragt, ob sie die Leistungen auf eigenes Kostenrisiko so- fort wünschten oder die Ent- scheidung ihrer Krankenkas- se über einen Kostenerstat- tungsantrag abwarten woll- ten. Entsprechende Anträge hatte der Arzt bereits vorbe- reitet.
Der Verweis vom Diszipli- narausschuss der Kassenärzt- lichen Vereinigung ist zu Recht erteilt worden. Der Vertragsarzt übernimmt mit seiner Zulassung zur ver- tragsärztlichen Versorgung die Verpflichtung, an ihr unter Beachtung der geltenden Vor- gaben teilzunehmen. Der In- halt der Teilnahmeverpflich- tung wird vor allem durch
§ 73 Abs. 2 SGB V konkreti- siert. Demnach umfasst die vertragsärztliche Versorgung unter anderem die ärztliche Behandlung, die wiederum mit einem entsprechend um- fassenden Leistungsanspruch des Versicherten korrespon- diert. Macht daher ein Arzt Behandlungsmaßnahmen von (zusätzlichen) Zahlungen ein- zelner Versicherter abhängig, verstößt er gegen ein zentra- les Prinzip der GKV und han- delt der mit der Zulassung übernommenen Verpflichtung zuwider.
Ein Versicherter, der vor die „freie Wahl“ zwischen der
Inanspruchnahme einer ko- stenfreien „Kassenleistung“
und einer Leistung gegen
„Privatzahlung“ gestellt wird, besitzt keine echte Entschei- dungsfreiheit. Lehnt er die angebotene und empfohlene, vermutlich „bessere“ privat- ärztliche Leistung ab, läuft er Gefahr, den Arzt seines Ver- trauens zu verlieren. Darüber hinaus wird er bereits um sei- ner Gesundheit willen typi- scherweise auf die angebo- tene privatärztliche Behand- lung nicht verzichten wollen.
Eine solche Offerte führt da- her zu einer faktischen Dis- kriminierung von Versicher- ten der Gesetzlichen Kran- kenversicherung.
Keine Berechtigung zur Leistungsverweigerung Finanzielle Aspekte wie eine vermeintlich unzureichende Honorierung berechtigen den Arzt nicht, dem Versicherten gesetzlich vorgesehene Lei- stungen zu verweigern. Die Frage der kostendeckenden Honorierung hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, von denen einige vom Arzt selbst zu beeinflussen sind.
Deshalb entzieht sich die Fra- ge, ob für eine Leistung ei- ne kostendeckende Vergütung zu erzielen ist, regelmäßig ei- ner generellen Beantwor- tung.
Dem Zuschnitt der ver- tragsärztlichen Versorgung liegt eine Mischkalkulation zugrunde. Es kann durchaus Leistungen geben, bei denen selbst für eine kostengünstig organisierte Praxis kein Ge- winn zu erzielen ist. Entschei- dend ist, dass der Vertragsarzt einen Anspruch auf leistungs- gerechte Teilhabe an der Ge- samtvergütung hat, die in al- ler Regel dazu führt, dass das erzielbare Einkommen Ärz- ten hinreichend Anreiz bie- tet, an der vertragsärztli- chen Versorgung mitzuwirken.
(Bundessozialgericht, Urteil vom 14. März 2001, Az.: B 6
KA 67/00 R) Be
V A R I A
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 5½½½½1. Februar 2002 AA309
Verweis der KV war rechtens
Privatärztliche Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen
Rechtsreport