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Der (Zahn)Arzt als Droge

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Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2020 I 36 I 02

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Der (Zahn)Arzt als Droge

Eine positive Kommunikation gehört zur guten Therapie

Dass der Behandlungserfolg in der Im- plantologie vor allem von den chirurgi- schen Fähigkeiten des Behandlers ab- hängt ist unumstritten. Dass die Wir- kung des Behandlers auf den Patienten hingegen nur zum Teil von diesen Fä- higkeiten abhängt wird im Eifer des Ge- fechts oft übersehen.

Viele Studien zeigen jedoch, dass die Kommunikation des Arztes ein weiteres

zentrales Element für den Behandlungser- folg darstellt. Insbesondere in der Place- boforschung wurden und werden diese Ef- fekte und ihre biochemischen Grundlagen [1, 2] schon seit vielen Jahren intensiv un- tersucht.

Früher wurde nur die Wirkung eines Scheinmedikamentes als Placebowirkung angesehen. Heute wird im weiteren Sinne jeder unspezifische positive Behand- lungseffekt als Placebowirkung und jeder

unspezifisch negativ wirkende Effekt als Noceboeffekt aufgefasst, der negative Auswirkungen haben kann [3].

Die eigene Placebowirkung nutzen.

Zahnärztinnen und Zahnärzte können die Erkenntnisse der Forschung dazu nutzen, ihre eigene positive Placebowirkung auf den Patienten zu verstärken und negative Wirkungen der Kommunikation (Nocebo- wirkung) zu minimieren.

Eine positive Kommunikation ist für den Erfolg einer zahnmedizinischen Behandlung wichtig.

Foto: iStock/Gpoint Studio

I DGI NACHRICHTEN I

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Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2020 I 36 I 02

Steinbeis-Transfer-Institut Management of Dental and Oral Medicine der Steinbeis-Hochschule Berlin | Direktor: Prof. Dr. Günter Dhom Bismarckstr. 27 | 67059 Ludwigshafen | Tel.: +49 621 681244-57 Fax: +49 621 681244-66 | info@dgi-master.de | www.dgi-master.de

Der staatlich anerkannte und akkreditierte erste deutsche Studiengang Orale Implantologie und Parodontologie mit dem Abschluss Master of Science erfüllt die internationalen Bologna-Kriterien. Wissenschaftsbasiert und praxisorientiert vermittelt er profunde

Kenntnisse und Fähigkeiten nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft.

Die Deutsche Gesellschaft für Implantologie und die Steinbeis-Hochschule Berlin gratulieren den Kolleginnen und Kollegen, die den postgradualen Masterstudiengang Orale Implantologie und Parodontologie mit der

Abschlussprüfung erfolgreich beendet haben.

Herzlichen Glückwunsch

Master of Science

Orale Implantologie und Parodontologie

Am 30. November 2019 erhielten in Hamburg ihre Urkunde:

He zli lli lic ich ch H

H

Dr. Cyrus Abazari · 79400 Kandern ZA Nihad Akkad · 83278 Traunstein Dr. Hayder Al-Qaddo · 97342 Seinsheim Dr. Jalil Baradaran-Heravi · 76287 Rheinstetten Dr. Matthias Beck

Dr. Inga Boehncke · 28355 Bremen Dr. Martin Böhland · 52064 Aachen Dr. Christoph Bopp · 70180 Stuttgart

Dr. Fabio Stefano Caldarella · 53721 Siegburg Dr. Birgit Enders-Hofmann · 08645 Bad Elster Dr. Carl Eschig · 55743 Idar-Oberstein

ZÄ Jasmin Festor · 58638 Iserlohn

Dr. (syr) Wahid Ghannam · 28237 Bremen Dr. Frieder Huart · 86153 Augsburg

ZÄ Azita Khandanpour · CH-8152 Opfikon Dr. Leonidas Kontos · 70825 Korntal Dr. Stefan Krebs

ZA Artjom Meier · 55765 Birkenfeld

ZA Maksim Merissov · 30539 Hannover Dr. Miroslaw Miskiewicz · CH-2503 Biel Dr. Selda Olgun · 12163 Berlin

Dr. Onur Deniz Polat · CH-8152 Opfikon

Dr. Vladan Popovic · CH-6403 Küssnacht am Rigi Dr. Simon Prieß · 64560 Riedstadt

Dr. Tomislav Rados · CH-4410 Liestal

Dr. Dr. Sebastian Salomon · A-6820 Frastanz Dr. Kai Schlichter · 76877 Offenbach

Dr. Dr. Volkmar Schneider · 81247 München ZÄ Constanze Schönberg · 12683 Berlin DDS Dimitrios Stergioulas · 80637 München Dr. Sandra Stolz · 40764 Langenfeld

ZÄ Petra Sulik · A-4690 Schwanenstadt Dr. Judith Thurn

ZÄ Stefanie Tiede · 18106 Rostock

Dr. Stephanie Wirnharter · 86551 Aichach

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In der Medizin wurde lange von der An- nahme ausgegangen, dass Angst und Schmerzen beim Patienten dadurch ge- senkt werden können, dass ihm unange- nehme Prozeduren und schmerzhafte Ma- nipulationen vorab realistisch angekündigt und dann die Schmerzäußerung des Pa- tienten empathisch begleitet werden. Stu- dien zeigen jedoch, dass das Gegenteil der Fall ist. Sowohl bei radiologischen Punktionen als auch bei Periduralanäs- thesien verstärken sich Angst und Schmerz bei Patienten, wenn in den An- kündigungen suggerierende Begriffe wie

„stechen“, „brennen“, „wehtun“, „schlimm“,

„Schmerz“ etc. verwendet wurden [4, 5].

Aufklärung entscheidend wichtig. Da gemäß dem Patientenrechtegesetz vor je- der Behandlung eine umfassende Aufklä- rung von Patientinnen und Patienten zu erfolgen hat, wird vor nahezu jedem Ein- griff auch über dessen potenziell negative Folgen gesprochen. Das erzeugt beim Pa- tienten Angst und eine vage Erwartung, dass diese Nebenwirkungen wirklich auf- treten werden.

Falsch: das Risiko am Ende. Meist sind diese Gespräche so aufgebaut, dass zu-

erst über den Behandlungsablauf aufge- klärt wird und anschließend oder wäh- renddessen die potenziellen Risiken und Komplikationen erwähnt werden. Das be- deutet, die Aufmerksamkeit des Patienten wird, nachdem er dem Eingriff zugestimmt hat, auf die negativen Folgen gelenkt. Mit diesen Gedanken im Kopf verlässt der Pa- tient dann die Praxis.

Die Aufklärung muss in die richtige Richtung laufen. Dabei ist es möglich, sowohl in positiver als auch in negativer Richtung aufzuklären, ohne den Wahr- heitsgehalt zu verändern. Werden bei- spielsweise Tumorpatienten über eine 35-prozentige 5-Jahres-Sterblichkeitsrate aufgeklärt, führt das zu deutlich weniger Behandlungszustimmung, als wenn sie über eine 65-prozentige 5-Jahres-Überle- bensrate aufgeklärt werden. Wenn mög- lich, bietet sich also eine Aufklärung mit Betonung einer positiven Erfolgsrate der Behandlung an.

Thema „Nachblutung“ positiv kommu- niziert. Und so kann man das Thema

„Nachblutungen“ mit positiver Ausrichtung ansprechen: „Ganz selten kann es zu Nachblutungen kommen, aber bei 950 von

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Dr. med. dent. Anke Handrock ist Biologin und Zahnärztin. Seit über 20 Jahren ist sie auf strategisch- systemisches Coaching von ent- wicklungsorientierten Zahnarztpra- xen spezialisiert. Als Lehrtrainerin für unterschiedliche Verfahren bietet sie Weiterbildungen in professionel- ler Praxiskommunikation, Patienten- beratung, Positiver Psychologie &

Resilienzförderung und wirksamer Mitarbeiterführung für verschie - dene Institute, Praxen, Kammern und in ihrem eigenen Insti tut in Ber- lin an. Mehr Informationen gibt es unter www.handrock.de

Foto: Peter Adamik, Berlin

Beispiele für „Nocebo-Kommunikation“

Auslösen von Verunsicherung:

Wir probieren jetzt mal.

Vielleicht hilft ....

Versuchen Sie mal ...

Doppeldeutige Begriffe:

Wir machen Sie jetzt fertig.

Wir schläfern Sie gleich ein.

Negative Suggestionen:

Sie sind ja eine Risikopatient.

Das ist schon ein richtig schmerzhafter Eingriff/

das tut schon mal höllisch weh.

Negativer Fokus der Aufmerksamkeit:

Gleich gebe ich Ihnen die Spritze, das piekt jetzt mal.

Tut das noch weh?

Unwirksame Verneinungen und Verkleinerungen:

Sie brauchen keine Angst zu haben.

Das tut nicht weh.

Tabelle 1 Beispiele für „Nocebo-Kommunikation“ und wie man diese durch eine positive Patientenkommunikation („Placebo-Kommunikation“) ersetzen kann (modifi- ziert nach [1])

Alternative Vorschläge für positive Patientenkommunikation – „Placebo-Kommunikation“

Sicherheit geben:

Als ersten Schritt machen wir jetzt ...

Ich gebe Ihnen jetzt ... und dann beschreiben Sie mir, wie stark das bei Ihnen gewirkt hat.

Bitte machen Sie .../nehmen Sie ... (mit exakten Handlungsanweisungen) Eindeutig und positiv formulieren:

Wir sorgen jetzt dafür, dass Sie bequem liegen und wir gut arbeiten können.

Ich gebe Ihnen jetzt ein Medikament, damit Sie gleich ganz entspannt schlafen und dann nachher genauso ent- spannt aufwachen können.

Alternativen:

Die meisten negativen Suggestionen können ersatzlos gestrichen werden. Auf Nachfragen des Patienten können positivere Formulierungen benutzt werden. Dabei sind die Bedenken des Patienten immer ernst zu nehmen!

... ja, das wissen wir, deswegen haben wir Ihnen ja auch ... gegeben, damit wir Sie so sicher wie möglich behandeln können.

... ja, das kann schon unangenehm sein, deswegen geben wir Ihnen ..., damit kommen die allermeisten Patienten wirklich gut zurecht.

Anderer Aufmerksamkeitsfokus:

Ich trage jetzt schon einmal etwas Betäubungssalbe auf und dann können Sie mir helfen: Atmen Sie tief ein und ziehen Sie Ihre Zehen in Richtung Nase. Und jetzt ausatmen!“ (Im Ausatmen injizieren)

Wie kühl und pelzig fühlt sich diese Stelle denn schon an? ... ah, sehr gut!

Anderer Aufmerksamkeitsfokus:

Sie können sich jetzt anlehnen und es sich auf dem Sessel/Stuhl erst mal bequem machen.

Schmerzen werden sinnvollerweise gar nicht erst erwähnt, wenn sie sowieso nicht auftreten.

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1000 Patienten heilt das alles einfach und schnell ab.“

Oder: „Natürlich kann es manchmal vorkommen, dass nach einem solchen Eingriff Nachblutungen auftreten. Aber in den allermeisten Fällen schließt sich die

Wunde wirklich schnell und die Patienten wundern sich wie gut die Heilung verläuft.“

Wenn Sie die Wirkung dieses Musters noch verstärken wollen, betonen Sie die zweite Hälfte des Satzes deutlicher.

Negative Suggestion vermeiden. Oft werden negative Suggestionen gegeben, ohne dass diese bewusst negativ gemeint sind. Eine derartige „Nocebo-Kommunika- tion“ kann einfach durch geeignetere For- mulierung ersetzt werden (siehe Tabelle Seite 140).

Gerade bei umfangreichen medizini- schen Aufklärungen behalten Patienten die letzten Punkte, die im Gespräch er- wähnt wurden, besonders gut im Gedächt- nis. Deswegen ist es sinnvoll, am Ende ei- ner Aufklärung über Komplikationen und Nebenwirkungen auf jeden Fall noch ein- mal den Nutzen des gesamten Eingriffes

und den erwarteten Gewinn für den Pa- tienten darzustellen. Mit diesen Gedanken im Kopf sollte der Patient dann die Praxis verlassen [6].

Durch positive Formulierungen im Ge- spräch können Patienten deutlich ent- spannter und zufriedener behandelt wer- den. Dadurch sinken ihre Ängste und die Schmerzschwelle steigt. Beides verein- facht für den Implantologen die Behand- lung.

Nichts als die Wahrheit. Die zentrale Vo- raussetzung für die Wirkung von Informa- tionen besteht – neben der geschickten Wortwahl – jedoch immer in einer guten, vertrauensvollen Arzt-Patientenbezie- hung. Eine geschickte Formulierung darf niemals der Wahrheit widersprechen. Pa- tienten brauchen die uneingeschränkte Si- cherheit, dass das was sein Arzt ihm sagt wahr ist und er sich auf dessen Wort ver- lassen kann.

Die Botschaften auf den Punkt ge- bracht:

- Placebo-Kommunikation systematisch einsetzen (und auch mit Mitarbeiterin- nen und Mitarbeitern trainieren)!

- Wenn immer möglich nach kurzer Nennung einer potenziellen Komplika- tion über die positiven Heilungsraten aufklären.

- Nach jeder einzelnen erwähnten Kom- plikation noch einmal auf die normale physiologische Heilung eingehen.

- Zum Abschluss der gesamten Aufklä- rung über Komplikationen und Neben- wirkungen noch einmal den zu erwar- tenden Nutzen des Eingriffs und den positiven Endzustand am Ende der Behandlung darstellen.

Dr. Anke Handrock, Berlin

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Deutscher Ärzteverlag I ZZI I 2020 I 36 I 02

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Literatur:

1. Benedetti F, Amanzio M, Vighetti S, Asteggiano G: The biochemical and neuroendocrine bases of the hyperalgesic nocebo effect. J Neu- rosci 2006; 26: 12014–12022 2. Scott DJ, Stohler CS, Egnatuk CM,

Wang H, Koeppe RA, Zubieta JK:

Placebo and nocebo effects are defined by opposite opioid and dopa- minergic responses. Arch Gen Psychiatry 2008; 65: 220–231 3. Häuser W, Hansen E, Enck P:

Nocebophänomene in der Medizin.

Dtsch Arztebl Int 2012; 109(26):

459–465

4. Lang EV, Benotsch EG, Fick LJ et al.: Adjunctive non-pharmacologi- cal analgesia for invasive medical procedures: a randomised trial.

Lancet 2000; 355: 1486–1490 5. Varelmann D, Pancaro C, Cap-

piello EC, Camann WR: Nocebo- induced hyperalgesia during local anesthetic injection. Anesth Analg 2010; 110: 868–870

6. Handrock A: Die erfolgreiche zahnärztliche Beratung. Berlin:

Quintessenz, 2006

Die zentrale Voraussetzung für eine positive Wirkung von Informationen besteht –

neben der geschickten Wortwahl – immer in einer

guten, vertrauensvollen

Arzt-Patientenbeziehung.

Referenzen

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