Kern- und Teilchenphysik I — SS 2006 — Prof. G. Dissertori — Serie 11
L¨osungen
1. Radioaktive Zerfallsreihe
Die Anzahl Kerne gehorchen folgenden Differentialgleichungen:
dN
Adt = −λ
1N
AdN
Bdt = +λ
1N
A− λ
2N
B,
wobei λ
i= 1/τ
i= ln2/t
1/2,idie Zerfallskonstanten der beiden Kerne sind. Integrieren der ersten Gleichung liefert
N
A(t) = N
A(0)e
−λ1t.
Zur L¨osung der zweiten Differentialgleichung verwenden wir den Ansatz
N
B(t) = Ae
−λ1t+ Be
−λ2t.
Die Anfangsbedingung N
B(0) = 0 liefert A = −B. Einsetzen des Ansatzes in die Differential- gleichung und Umformen ergeben
A = λ
1N
A(0) λ
2− λ
1, womit wir das Resultat
N
B(t) = λ
1N
A(0) λ
2− λ
1(e
−λ1t− e
−λ2t) erhalten. Nach hundert Tagen sind noch folgende Anzahl Kerne ¨ ubrig:
N
A(100d) ≈ e
−6.9N
A(0) ≈ 9.8 ∗ 10
−4N
A(0) N
B(100d) ≈ (e
−6.9− e
−13.8)N
A(0) ≈ 9.8 ∗ 10
−4N
A(0).
2. β -Zerfall I
a) Die kinetische Energie des Elektrons ist maximal, wenn die Energie des Neutrinos gegen Null geht:
E
kinmax(e
−) = ∆M − m
e≈ (3 − 0.5) MeV = 2.5 MeV.
b) Die kinetische R¨ uckstossenergie des Kerns betr¨agt
E
kin(M
2) = p
2M22M
2= p
2e2M
2.
Wegen E
kin(e
−) > m
emuss f¨ ur das Elektron die relativistische Energie-Impuls-Beziehung verwendet werden.
E
kin(e
−) =
pp
2e+ m
2e− m
e⇒ p
2e= (E
kin(e
−) + m
e)
2− m
2e= E
kin2(e
−) + 2E
kin(e
−)m
e⇒ E
kin(M
2) = 1
2M
2(E
kin2(e
−) + 2E
kin(e
−)m
e).
Ersetzen von E
kin(M
2) durch E
kin(e
−) mittels E
kin(e
−)+E
kin(M
2) = 2.5 MeV und Aufl¨osen nach E
kin(e
−) f¨ uhren zum Resultat
E
kin(e
−) ≈ 2.499
0966 MeV.
Die Korrektur durch die Ber¨ ucksichtigung der R¨ uckstossenergie ist also sehr klein.
3. β -Zerfall II
a) Der ¨ Ubergang ist m¨oglich, weil die beim β-Zerfall frei werdende Energie E = m
n−m
p−m
egr¨osser ist als die Differenz der Bindungsenergien.
b) E
0= E
kin(e
−)+E
kin(¯ ν
e) = M(
31H) − M(
32He) − m
e= (m
n− m
p− m
e) − (E
B(
31H) − E
B(
32He)) =
18.6 keV
4. Grenze f¨ ur die ν
e-Masse aus Supernova-Explosion
Wir betrachten ein ¯ ν
emit der Energie E, Masse m und Geschwindigkeit v. Wegen E = γm ist v = 1
p1 − m
2/E
2. Es braucht die Zeit t =
dv= √
1 d−m2/E2
, um vom Ort der Supernova zur Erde zu gelangen.
Der Laufzeitunterschied zweier Neutrinos mit den Energien E
1und E
2ist gegeben durch (f¨ ur E
2> E
1m)
∆t = t
1− t
2= d 1
p
1 − m
2/E
12− 1
p
1 − m
2/E
22!
≈ d
1 + m
22E
12
−
1 + m
22E
22
= dm
22
1 E
21− 1 E
22
.
Unter der Annahme, dass die Ursache des gemessenen Zeitunterschieds ausschliesslich in der Energiedifferenz der Neutrinos liegt, erhalten wir
∆t ≈ dm
22
1 E
12− 1 E
22