Skript zur 10. Vorlesung “Quantenmechanik”, Freitag den 20. Mai, 2011.
7.6 Anwendung
Kernschwingungen in einem zweiatomigen Molek¨ul.
V r ( )
1 2 hω hω
r
0−V
0r r : Abstand der Kerne
F¨ur Schwingungen kleiner Amplitude:
V(r) =−V0 +1
2mω2(r−r0)2 f¨ur reduzierte Massem mit m1 = m1
1 +m1
2
• M¨ogliche Energien der Schwingungszust¨ande:
En=
n+1 2
~ω−V0 n = 0,1,2,· · ·
Grundzustand: E0 = −V0 + 12~ω, Unsch¨arfe ∆r = q ~
2mω. (Unsere N¨aherung, V(r) durch das Potential eines harmonischen Oszillators zu ersetzen, ist nur g¨ultig, wenn
∆r≪r0.)
Experimentell kann man ~ω spektroskopisch bestimmen: ¨Uberg¨ange zwischen den Schwingungszust¨anden finden mit Absorption/Emission eines Photons mit Energie~ω statt (f¨ur heteropolare Molek¨ule), oder mit Absorption und Reemission zweier Photo- nen mit Energiedifferenz ~ω (“Raman-Streuung”). Typische Schwingungsfrequenzen:
ω∼1011Hz (infrarot).
7.7 Koh¨ arente Zust¨ ande
Vergleichen wir nun den quantenmechanischen harmonischen Oszillator mit dem klassischen harmonischen Oszillator. Der klassiche harmonischer Oszillator wird durch die Hamilton- funktion
H = p2 2m + 1
2mω2x2
beschrieben. Die Hamilton-Jacobi Gleichungen f¨urx und psind dann
˙ x= p
m, p˙=−mω2x.
Die allgemeine L¨osung dieser Gleichungen ist (mitz einer komplexen Zahl):
x= r 2~
mω Re
ze−iωt , p=√
2~mωIm
ze−iωt .
In dieser Notation findet man, dass H = ~ω|z|2. In dimensionlosen Variablen wird diese L¨osung als
e x= x
x0
=√ 2 Re
ze−iωt , ek = px
~ =√ 2 Im
ze−iωt oder
a(t) = 1
√2(˜x(t) +i˜k(t)) =ze−iωt dargestellt.
Die station¨aren Zust¨ande|ni, die Eigenzust¨ande des quantenmechanischen Hamilton-Operators sind, haben nicht die Eigenschaften des klassischen harmonischen Oszillators: In den sta- tion¨aren Zust¨anden |ni sind die Wahrscheinlichkeitsverteilungen vom Ort x und Impuls p zeitunabh¨angig, w¨ahrendxundpbeim klassichen harmonischen Oszillator zeitabh¨angig sind.
Spezifischer: in den station¨aren Zust¨anden |ni findet man
¯
x= 0, p¯= 0, w¨ahrend x und p nicht null und zeitabh¨angig sind.
Wir haben schon gesehen, dass ¯x= 0 und ¯p= 0 f¨ur den Grundzustand. Dass ¯x= 0 und ¯p= 0 f¨ur beliebige|nigilt, kann man beweisen, indem man die Operatoren ˆxund ˆpdurch die Vernichtungs- und Erzeugungsoperatoren ˆaund ˆa† ausdr¨uckt,
Da
hn|ˆa|ni = √
nhn|n−1i= 0 und
hn|ˆa†|ni = √
n+ 1hn|n+ 1i = 0 folgt, dass
¯
x=hn|xˆ|ni= 0 und ¯p=hn|pˆ|ni= 0.
Die Energieeigenzust¨ande |ni stellen deshalb nicht die Oszillationsbewegung des klassis- chen harmonischen Oszillators dar. Wir wollen jetzt Zust¨ande konstruieren, f¨ur die die Erwartungswerte ¯xund ¯pdie klassischen Schwingungen zeigen, und f¨ur die die Unsch¨arfe in x undp minimal ist. Solche Zust¨ande werden koh¨arente Zust¨ande genannt. Um die Diskus- sion zu vereinfachen, werden wir die dimensionslosen Koordinatenexundekbenutzen, anstatt x und p.
In einem Zustand mit ¯xe6= 0 und ¯ek6= 0 muss auch
¯ a = 1
√2
x¯e+i¯ek
6
= 0.
Ein koh¨arenter Zustand |zi ist definiert als ein normierter Zustand mit a=hz|zˆ|zi=z und ˆa†ˆa=hz|ˆa†aˆ|zi=|z|2.
Ein solcher Zustand entspricht maximal den Anforderungen eines klassischen Teilchens, da f¨ur ein klassisches Teilchen exund ek reelle Zahlen sind, nicht Operatoren, so dass
a = 1
√2
e x+iek
“=”z und ˆa†ˆa= xe2+ek2
2 “=”|z|2. Die koh¨arenten Zust¨ande haben folgende Eigenschaften:
• Die Observablen ˜x und ˜k haben den Erwartungswert
˜ x=√
2Rez(t), k˜=√
2Imz(t).
Beweis: Es gilt
˜
x = 1
√2hz|(ˆa+ ˆa†)|zi
= 1
√2hz|ˆa|zi+ 1
√2hz|aˆ†|zi
= 1
√2(hz|ˆa|zi+hz|ˆa|zi∗)
= √
2Rez, und ¨ahnlich f¨ur ˜k.
• |zi ist ein ˆa-Eigenzustand, mit Eigenwert z, d.h. ˆa|zi=zz.ˆ Beweis: Berechne das Skalarprodukt von (ˆa−z)|zi mit sich selbst:
k(ˆa−z)|zik2 = hz|(ˆa†−z∗) (ˆa−z)|zi
= hz|(ˆa†ˆa−z∗ˆa−zˆa†+zz∗)|zi
= hz|ˆa†ˆa|zi −z∗hz|ˆa|zi −zhz|ˆa†|zi+zz∗hz|zi
= |z|2−z∗z−zz∗+|z|2
= 0.
Hieraus ergibt sich, dass (ˆa−z)|zi= 0.
• Man kann die koh¨arenten Zust¨ande in der Basis der Energieeigenzust¨ande entwickeln:
|zi=e−|
z|2 2
X∞
n=0
zn
√n!|ni.
Beweis: Man findet, dass ˆ
a|zi = e−|
z|2 2
X∞ n=0
zn
√n!ˆa|ni
= e−|
z|2 2
X∞ n=1
zn
p(n−1)!|n−1i
= ze−|
z|2 2
X∞ n=0
zn
√n!|ni
• Normierung der koh¨arenten Zust¨ande:
hz|zi=e−|z|2 X∞
n′=0
X∞
n=0
(z′∗)n′zn
√n′!n! hn′|ni=e−|z|2 X∞
n=0
|z|2n n! = 1.
• Zeitabh¨angigkeit der koh¨arenten Zust¨ande:
|z(t)i=e−iωt/2|ze−iωti.
Da der Operator ˆa in dem koh¨arenten Zustand den Erwartungswert z hat, sind die Erwartungswerte vom Ort xund Impuls p die gleichen wie in der klassischen Theorie.
Konkret:
˜
x(t) =√
2Rez(t) =√
2Reze−iωt, k(t) =˜ √
2Imz(t) =√
2Imze−iωt. Dies sind die gleichen Oszillationen wie f¨ur den klassischen Oszillator.
Beweis: F¨ur Energie-Eigenzust¨ande gilt, dass
|n(t)i=e−iEnt/~|ni=e−iωt/2−iωnt|ni. Damit findet man
|z(t)i = e−|
z|2 2
X∞ n=0
zn
√n!e−iωt/2−iωnt|ni
= e−iωt/2e−|
z|2 2
X∞ n=0
(ze−iωt)n
√n! |ni
= e−iωt/2|ze−iωti.
• In den koh¨arenten Zust¨anden|zisind die Streuungen des Ortesxund des Impulsespminimal, d.h., entsprechen denen im Grundzustand|0i.
Beweis: ¨Ubung.