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Wortlautdokument Dienstag (Vormittag), 29. Januar 2013

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Januarsession 2013 2010.0076 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil

du canton de Berne

Wortlautdokument

Dienstag (Vormittag), 29. Januar 2013 Gesundheits- und Fürsorgedirektion

46 2010.0076 Gesetz

Gesetz über die Integration der ausländischen Bevölkerung (Integrationsgesetz, IntG) Beilage Nr. 04

1. Lesung Detailberatung

Fortsetzung

Präsidentin Therese Rufer-Wüthrich, Zuzwil (BDP) übernimmt wieder den Vorsitz.

Art. 8a Abs. 1 Bst. a

Antrag Gnägi, Jens (BDP)

die Verpflichtung zum Besuch und erfolgreichen Abschluss eines Sprachkurses;

Jan Gnägi, Jens (BDP). Ich beantrage, Artikel 8a Absatz 1 Buchstabe a wie folgt zu ergänzen: «die Integrationsvereinbarung enthält die Verpflichtung zum Besuch und erfolgreichen Abschluss eines Sprachkurses». Das Beherrschen einer Landessprache erachte ich als eine äusserst wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration. Dass man eine Sprache nicht einfach so beherrscht, sondern sie oftmals mühsam erlernt werden muss, ist mir durchaus bewusst. Ich verstehe auch, dass es nicht allen Leuten möglich ist, innerhalb verhältnismässig kurzer Zeit eine Sprache auf einem hohen Niveau zu erlernen. Nicht wenige müssen dabei ganz von vorne anfangen, nämlich bei der Alphabetisierung, weil sie nie lesen und schreiben lernten, nicht in ihrer eigenen Sprache, geschweige denn in einer unserer Landessprachen. Mein Antrag will also die Integration für sprachschwache Leute nicht verunmöglichen. Meine Idee ist folgende: Es soll grundsätzlich nicht möglich sein, dass jemand einen Sprachkurs besucht, die Zeit dort absitzt, ohne sich Mühe zu geben, die Sprache zu erlernen, und trotzdem die Integrationsvereinbarung erfüllen würde. Das ist mein ganz einfaches Anliegen. Dass der Fall besonders oft eintrifft, will ich nicht behaupten. Mir ist aber eine nachhaltige und erfolgreiche Integrationsgesetzgebung wichtig.

Die Unzufriedenheit über die heutige Situation ist auch und gerade bei jungen Leuten spürbar. Man muss eine Semesterarbeit erfolgreich abschliessen, um weiterstudieren zu können; man muss eine Probezeit bestehen, um weiterarbeiten zu können. Viele Junge, die dieser Situation ausgesetzt sind, würden nicht verstehen, warum wir nicht auch bei Ausländerinnen und Ausländern erfolgreiche Abschlüsse verlangen. Damit würden wir auf Widerstand stossen, was nicht zuletzt jenen Ausländerinnen und Ausländern schaden würde, die sich um eine erfolgreiche Integration bemühen.

Warum also nicht auch hier etwas fordern, wie das ja auch im restlichen Gesetz gemacht wird.

Selbstverständlich unter Berücksichtigung aller Schwierigkeiten, die ich eingangs erwähnt habe.

Trotzdem verstehe ich auch gewisse Bedenken im Zusammenhang mit diesem Antrag: Wer nur für eine bestimmte Zeit hierher arbeiten kommt, beispielsweise für einen Schweizer Sitz einer internationalen Firma, müsste einen Kurs machen und bei Nichtbestehen gehen. In einem solchen Fall würde man zwar eher eine Kurzaufenthaltsbewilligung machen und damit nicht einer Integrationsvereinbarung unterliegen. Das ist noch nicht abschliessend geklärt. Weiter machte man mich darauf aufmerksam, dass man juristisch gesehen nicht vorgängig einen erfolgreichen Abschluss verlangen und den Absatz nicht so in ein Gesetz schreiben könne. Diese Bedenken nehme ich nicht zuletzt wegen des Absenders ernst.

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Es gibt also berechtigte Zweifel und auch in Anbetracht der vorher geschilderten Unklarheiten wäre ich damit einverstanden, den Antrag in die Kommission zurückzugeben. Ich hoffe, ich konnte darlegen, welche Idee hinter dem Antrag steht, und wäre dankbar, wenn die Kommission bereit wäre zu prüfen, ob man das Anliegen einfliessen lassen kann oder nicht.

Adrian Kneubühler, Nidau (FDP), Kommissionspräsident. Der Antrag von Jan Gnägi ist in der Kommission so nicht diskutiert worden. Gemäss Protokoll ist bei diesem Artikel die Frage nicht direkt aufgeworfen worden, inwiefern nicht nur der Besuch an sich verbindlich verlangt werden könnte, sondern auch ein erfolgreicher Abschluss. Eine sinngemässe Diskussion hat aber zu Artikel 3 Buchstabe a stattgefunden. Dort hat nämlich die Kommission die ursprüngliche Formulierung der Regierung «sich bemühen» ersetzt durch «sich im Rahmen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten verpflichten, die Amtssprache des Verwaltungskreises zu erlernen». Die Kommission hat mit dieser Kompromissformulierung zum Ausdruck gebracht, dass sie im Sprachkompetenzerwerb nicht nur ein simples Bemühen will, sondern auch eine gewisse Verpflichtung. Diese Verpflichtung kann aber nicht generell abstrakt gefordert werden, sondern muss, ob einem das passt oder nicht, an die individuellen Fähigkeiten angepasst werden. Ein Hilfsarbeiter wird nie auf ein Sprachhochschulniveau kommen. Nach meiner persönlichen Auffassung gilt der Grundsatz in Artikel 3 Buchstabe a indirekt auch für Artikel 8a in Bezug auf die Sprachkurse.

Die harte Formulierung im Antrag von Jan Gnägi hätte den Grundsatz verletzt, wonach die individuellen Fähigkeiten Massstab einer gewissen Verpflichtung sein müssen. Deshalb begrüsse ich es grundsätzlich, dass Grossrat Gnägi sein Anliegen in einen Rückweisungsantrag umformuliert hat mit dem Auftrag zu prüfen, ob eine allfällige Verpflichtung nicht nur den Besuch an sich erfassen soll, sondern auch das aktive Lernen. Der Rat muss jetzt über die Rückweisung in die Kommission befinden. Ich bin nicht grundsätzlich dagegen, möchte aber doch festhalten, dass wir in der Kommission ausführlich über Bemühen, Verpflichtung etc. diskutiert haben. Ich lasse deshalb offen, ob bei einer Rückweisung etwas Sinnvolleres herausschauen würde als das, was in Artikel 3 als Grundsatz enthalten ist.

Präsidentin. Der Kommissionspräsident ist grundsätzlich bereit, das Anliegen generell zu prüfen.

Christine Schnegg-Affolter, Lyss (EVP). Ich bin mit dem Antragsteller darin einig, dass das Erlernen und Verstehen einer ortsüblichen Sprache einer der wichtigen Faktoren einer gelungenen Integration ist und das Erlernen einer fremden Sprache nicht allen Leuten gleichermassen leicht gelingt. Es gibt Leute, die unsere Sprache nie auf hohem Niveau sprechen werden und sich trotzdem gut integrieren können. Anderseits gibt es Menschen, die unsere Sprache gut sprechen, aber schlecht integriert sind. Wichtig für die Integration ist doch, dass die Menschen verstehen, wie das Zusammenleben im Alltag und im Berufsleben funktioniert. Das hängt nicht in jedem Fall mit dem erfolgreichen Abschluss eines Sprachkurses zusammen, sondern möglicherweise mit anderen, individuellen Integrationsmassnahmen. Wir dürfen eine Aufenthaltsbewilligung nicht an den erfolgreichen Abschluss eines Sprachkurses knüpfen bei Personen, die wenig sprachbegabt sind, sich aber sonst nach Kräften um ihre Integration bemühen. Deshalb hätten wir Mühe, dem Antrag zuzustimmen. Wir sind aber mit einer Rücknahme in die Kommission einverstanden.

Barbara Mühlheim, Bern (glp). Wir haben den Fall in der Kommission ausführlich diskutiert. Was passiert, wenn die Person überfordert ist? Gemäss den Erfahrungen in Zürich sind insbesondere Frauen, die wenig oder keine Bildung haben, vielleicht sogar Analphabetinnen sind, nicht in der Lage, innerhalb eines Jahres unsere Sprache zu erlernen, während es Leute, die acht Jahre zur Schule gingen, relativ problemlos schaffen. Deshalb hat die Kommission in Artikel 8a den Buchstaben b eingefügt. Weil man will, dass die Integration erfolgreich sein soll, weil man aber auch sieht, dass es individuelle Massnahmen braucht, enthält die Integrationsvereinbarung auch «die Folgen für den Fall, dass die vereinbarten Ziele nicht erfüllt werden». Die Kommission hat also die Verbindlichkeit festgehalten, indem sie sagt, wenn etwas nicht erfüllt wird, hat das Konsequenzen.

Je nachdem, ob es sich um Frauen handelt, die überfordert sind, oder um eine Person, die sich nicht redlich bemüht, die Sprache zu erlernen, kann man die Folgen differenziert formulieren. Wir sehen keinen Grund, noch einmal darüber zu reden. Wir werden uns aber der Rücknahme in die Kommission nicht widersetzen, wenn dies die Mehrheit des Rats will. Den Antrag Gnägi aber können wir sicher nicht unterstützen.

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Andreas Blaser, Steffisburg (SP). Das Anliegen von Kollega Gnägi ist sicher berechtigt. Wer einen Kurs macht, soll eine Leistung erbringen und gemäss den individuellen Fähigkeiten auch einen Lernerfolg vorweisen. Soweit sind wir mit ihm einverstanden. Das Problem liegt darin: Sie können niemanden zu einem erfolgreichen Abschluss zwingen. Sie können von jemandem verlangen, Autofahren zu lernen, aber wenn er die Prüfung nicht besteht, können Sie keine Sanktionen treffen. Sie können auch bei einer Lehrabschlussprüfung oder bei einem Universitätsabschluss kein erfolgreiches Bestehen verlangen, auch wenn dies selbstverständlich das Ziel sein muss. Ich habe grosse Zweifel, ob es rechtlich möglich ist, jemanden zu einem erfolgreichen Abschluss zu verpflichten.

Daneben gibt es auch einen pragmatischen Ansatz. Bei der Integration wird oft ein Aspekt unterschätzt. Ich gebe an meiner Schule Einbürgerungskurse. Ein Drittel der Absolventen kommt aus sehr bildungsfernen Schichten. Sie sind wohl seit zwanzig Jahren da, haben sich aber schulisch nicht mehr weitergebildet. Von daher ist es schwierig, sie in einem schulischen Angebot zu einem Abschluss zu bringen. Es gibt Leute, welche die Sprache recht gut beherrschen. Wenn sie auf dem Bau arbeiten, kann man mit ihnen komplizierte Gespräche über Abläufe auf der Baustelle führen, aber wenn es um ein allgemeines Thema geht, sind sie überfordert. Aus meiner Sicht kommen wir in der Kommission zu nichts Neuem. Aber die SP-JUSO-PSA-Fraktion wird sich nicht gegen die Rücknahme wehren.

Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Eigentlich haben meine Vorredner schon fast alles gesagt. Die Kommission hat den Antrag so nicht diskutiert. Die BDP hat gewisse Sympathien für das Anliegen des Antragstellers. Dahinter versteckt sich aber vielleicht mehr, als man bis jetzt gemeint hat. Das Anliegen ist klar herübergekommen, aber wir zweifeln, ob die Formulierung glücklich ist. Deshalb kann sich die BDP einer Rückweisung in die Kommission anschliessen.

Natalie Imboden, Bern (Grüne). Ich schliesse mich dem Votum des Kommissionspräsidenten an.

Die Kommission hat in Artikel 3 den Spracherwerb mit «im Rahmen der Möglichkeiten und Fähigkeiten» gekoppelt, weil es eine Realität ist, dass nicht alle Leute die gleichen Kompetenzen zum Erlernen einer neuen Sprache mitbringen und der Alphabetisierungsgrad sehr unterschiedlich ist. Wir sind grundsätzlich nicht gegen eine Rückweisung in die Kommission, möchten aber darauf hinweisen, dass das Anliegen des Antragstellers Artikel 3 widerspricht. Wir fänden es transparenter zu sagen, man habe das Anliegen zur Kenntnis genommen; eine Umsetzung sei aber schwierig, daher mache es nicht Sinn, es in die Kommission zurückzunehmen. Zudem ist, wie der Kommissionspräsident bereits gesagt hat, die Diskussion bereits erfolgt.

Thomas Fuchs, Bern (SVP). Die SVP-Fraktion findet die Idee von Jan Gnägi sehr gut, eine Verpflichtung zum erfolgreichen Abschluss aufzunehmen. Das kann man durchaus machen. Uns kommen nicht die Tränen, weil man das Gefühl hat, es seien nicht alle dazu fähig. Wir reden hier ja vor allem von Leuten, die eine Integrationsvereinbarung brauchen. Grossrat Blaser sagte, beim Autofahren könne man auch niemanden zu einer Prüfung verpflichten; das stimmt, aber dann kann er auch nicht Autofahren. Wer den Nothelferkurs nicht macht, kann nicht sagen, ich habe ihn nicht bestanden, ich bin nicht in der Lage, das zu machen; in diesem Fall gibt es keinen Nothelferkurs

«light».

Ich begrüsse es sehr, dass das Anliegen in die Kommission zurückgenommen wird. Wir werden uns dort dafür einsetzen, dass man eine schlagkräftige Prüfung machen muss, wenn man schon eine Integrationsvereinbarung hat. Was vorhin gesagt wurde, dass die paar IT-Fachleute aus Indien, die drei bis sechs Monate hier arbeiten, dann auch einen Kurs machen müssten, zeigt, dass das Gesetz ein Quatsch ist, weil wir eben genau diese Leute nicht mit diesem Gesetz ansprechen wollen.

Philippe Müller, Bern (FDP). Der Spracherwerb ist eine ganz wesentliche Integrationsmassnahme.

Deshalb ist auch die FDP-Fraktion für etwas mehr Verbindlichkeit. Auf der anderen Seite ist die absolute Formulierung im Antrag Gnägi so nicht umsetzbar. Es braucht eine gewisse Rücksichtnahme auf Fähigkeiten und vielleicht auch auf das berufliche Umfeld. Es braucht ein gewisses Augenmass. Das gilt auch für das Beispiel von Thomas Fuchs mit den IT-Spezialisten aus Indien, die vielleicht drei Monate in der Schweiz sind. Wir sind mit der Rückweisung in die Kommission einverstanden. Wir geben ihr so die Chance, eine bessere Formulierung zu finden.

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Präsidentin. Der Antragsteller verzichtet auf das Wort.

Adrian Kneubühler, Nidau (FDP), Kommissionspräsident. Vermutlich aus Sympathie zum vielleicht jüngsten Ratsmitglied haben fast alle Fraktionen signalisiert, sie seien mit der Rückweisung in die Kommission einverstanden. Ich habe niemanden gehört, der dies energisch und vehement bestritten hätte. Deshalb schauen wir das Anliegen in der Kommission noch einmal an.

Thomas Fuchs, ich wäre froh, wenn das Gesetz richtig ausgelegt würde. Beim IT-Inder ist es fraglich, ob er überhaupt zu einem Erstgespräch muss; wahrscheinlich nicht. Wenn doch, wird man sehen, dass er nur drei Monate in der Schweiz bleiben wird, und deshalb sicher keinen riesigen Integrationszirkus veranstalten. So dämlich waren wir in der Kommission nun auch nicht.

Philippe Perrenoud, Gesundheits- und Fürsorgedirektor. J’irai dans le même sens que le président de la commission, pour une reprise en commission. Je ne fais pas de commentaire sur la dernière partie.

Präsidentin. Wird die Rückweisung von Artikel 8a Absatz 1 Buchstabe a in die Kommission bestritten? – Das ist nicht der Fall. Die Rückweisung ist somit beschlossen.

Art. 8a Abs. 1 Bst. b Angenommen

Art. 8a Abs. 1 Bst. c (neu)

Antrag Grüne (Imboden, Bern) / SP-JUSO-PSA (Schär; Lyss)

Die Regelung der Finanzierung der vermittelten Integrationsmassnahmen.

Art. 8a Abs. 2

Antrag Grüne (Imboden, Bern) / SP-JUSO-PSA (Schär; Lyss) Streichen

Präsidentin. Die Anträge zu Artikel 8a Absatz 1 Buchstabe c und Absatz 2 behandeln wir gemeinsam.

Natalie Imboden, Bern (Grüne). Wir haben beschlossen, die Sprachförderung zu verstärken und verpflichtender zu gestalten. Jetzt geht es um die Frage der Finanzierung. Wir möchten die ursprüngliche Formulierung des Regierungsrats aufnehmen, wonach die Regelung der Finanzierung der Sprach- und Integrationsmassnahmen Gegenstand von Gesprächen ist. So kann man im Einzelfall beurteilen, ob die Person genügend finanzielle Mittel hat, um die Kurse vollumfänglich selber zu zahlen – was der Normalfall sein dürfte. Es gibt aber auch Leute, die diese finanziellen Möglichkeiten nicht haben. Der Antrag der Regierung ist ausgewogen und lässt eine individuelle Beurteilung zu.

Nach Beschluss der Kommissionsmehrheit wird die Finanzierung in jedem Fall den Personen überwälzt. Das ist unseres Erachtens unsozial. Ich habe mich auf dem Sprachenmarkt umgesehen.

Intensiv-Sprachkurse – das sind die tauglichsten – kosten pro Monat rund 580 Franken. Das sind hohe Beträge für Leute mit geringen finanziellen Mitteln und vor allem für Familien mit zwei Erwachsenen plus eine jugendliche Person. Wie wir in der Eintretensdebatte gehört haben, ist die Armut im Kanton Bern bei Migrantinnen und Migranten häufig eine Realität. Gemäss dem Berufsbildungsgesetz werden bereits heute Sprachkurse unterstützt. Das hat eine innere Logik, sind wir doch an einer beruflichen Integration interessiert. Es gibt bereits Angebote. Ich bitte, im Sinn des ursprünglichen Antrags der Regierung eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen. Das heisst, wer die finanziellen Mittel hat, soll die Sprachkurse bezahlen, dort, wo es schwierig ist, soll man nach Lösungen suchen. Wir hoffen auf Ihre Unterstützung. Es ist im sozialpolitischen Interesse, gezielte Lösungen zu suchen und nicht alle über einen Leisten zu schlagen.

Margreth Schär, Lyss (SP). Die grüne Fassung beinhaltete in Artikel 8, wer eine Integrationsvereinbarung erarbeitet, wer sie abschliesst und was sie beinhaltet. Die Kommission hat beschlossen, den Inhalt der Integrationsvereinbarung in einen separaten Artikel 8a zu verschieben.

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Dabei hat sie auch den Inhalt neu formuliert und substanziell verändert. Mit der Verschiebung in einen neuen Artikel sind wir einverstanden, aber nicht mit der Umformulierung. Es ist nicht sinnvoll, um nicht zu sagen, unsinnig, Personen, mit denen man eine Integrationsvereinbarung abschliesst, zu verpflichten, die gesamten Kosten, die aus den Massnahmen entstehen, selber zu tragen. Man muss sich das vor Augen führen. In Buchstabe a des Artikels 8a verpflichten wir Personen per Verfügung zum Besuch eines Sprachkurses oder einer anderen aufenthaltsrechtlich relevanten Integrationsmassnahme. Gemäss Buchstabe b muss in die Vereinbarung aufgenommen werden, mit welchen Folgen zu rechnen ist, wenn die vereinbarten Ziele nicht eingehalten werden. Sehr viele Ausländerinnen und Ausländer arbeiten in Bereichen, in denen keine grossen Löhne bezahlt werden. Was bedeutet es für eine Person, wenn ihr kleines Einkommen nicht reicht, um die Massnahme zu zahlen, zu der sie per Verfügung verpflichtet ist? Natalie Imboden hat vorhin die Kosten eines Sprachkurses erwähnt.

Die ursprüngliche Fassung des Regierungsrats sah vor, dass in diesem Fall in der Vereinbarung geregelt wird, welchen Teil der Kosten die Person übernehmen muss. Wir finden dies sehr sinnvoll.

Ausländerinnen und Ausländer sollen sich im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten an den Kosten beteiligen. Die Formulierung der Kommission in Absatz 2, wonach die verpflichtete Person die Kosten vollumfänglich selber tragen muss, ist unrealistisch und mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht durchführbar. Sie wird darauf hinaus laufen, dass es für Personen mit niedrigem Einkommen unmöglich ist, eine Vereinbarung abzuschliessen. Wollen wir das? Wollen Sie einer Person die Aufenthaltsbewilligung verweigern, weil die Vereinbarung aus finanziellen Gründen nicht möglich ist? Bedenken Sie, dass ein Arbeitgeber diese Person angestellt hat. Er hätte wohl wenig Verständnis, wenn die Aufenthaltsbewilligung aus integrationsrechtlichen Gründen verweigert würde. Wir bitten Sie, wieder auf die ursprüngliche Fassung zurückzukommen und unseren Antrag zu Buchstabe c (neu) zu unterstützen und Absatz 2 konsequenterweise zu streichen.

Christine Schnegg-Affolter, Lyss (EVP). In der Kommission haben wir die Frage der Kosten ausgiebig diskutiert und sind von der Verwaltung so informiert worden, dass das Gesetz grundsätzlich fordert, dass die verpflichteten Personen für die spezifischen Integrationsmassnahmen selber aufkommen müssen. Diese Massnahmen bestehen häufig aus Sprachkursen, und diese werden schon heute von der Erziehungsdirektion gefördert und subventioniert. Die Fraktion EVP ist deshalb der Meinung, die vergünstigten Kurskosten seien tragbar. Wir lehnen beide Anträge ab.

Philippe Müller, Bern (FDP). Die Finanzierung wurde in der Kommission diskutiert. Wir sind klar der Meinung, dass die Kosten durch die Integrationswilligen getragen werden müssen. Viele Kursangebote sind bereits subventioniert. Wenn gesagt wurde, die Personen würden verpflichtet, kann dem entgegengehalten werden, dass sie nicht verpflichtet wurden, in diesen Status zu kommen. Wir finden es berechtigt, dass sie einen Beitrag leisten und die Kosten selber tragen.

Wäre dem nicht so, würde noch mancher Schweizer einen Gratiskurs haben wollen. Die FDP- Fraktion lehnt beide Anträge ab.

Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Auch die BDP-Fraktion lehnt die beiden Anträge ab. Unseres Erachtens hat die verpflichtete Person die Kosten für die Integrationsmassnahmen selber zu finanzieren. Zu Beginn der Debatte haben wir festgestellt, dass es um Personen mit festem Wohnsitz geht, die zudem grossmehrheitlich in einem beruflichen Prozess integriert sind.

Somit ist es zumutbar, ihnen die Kosten für Sprachkurse zu übertragen. Für Personen in finanziellen Engpässen gibt es genügend andere Möglichkeiten, die Finanzierung sicherzustellen.

Barbara Mühlheim, Bern (glp). In meiner Motion habe ich seinerzeit fordern und fördern verlangt.

Im Aspekt «fördern» ist es uns wichtig, dass jede Person eine solche Integrationsmassnahme machen kann und sie wenn immer möglich selber bezahlt. Aber da uns wichtiger ist, dass etwas passiert, soll, wenn die Person es nicht zahlen kann, das Subsidiaritätsprinzip in dem Sinn greifen, dass die Kosten vom Sozialdienst übernommen werden. Das ist immer noch viel billiger als eine Regelung, die in der Praxis nicht durchgezogen werden kann, weil die Ausländerinnen und Ausländer zu wenig Mittel haben, um den Kurs vollumfänglich zu zahlen.

Ich bitte Sie, der ursprünglichen Fassung des Regierungsrats zuzustimmen, die besagt, dass die Finanzierung geregelt werden soll. Das heisst, die finanziellen Verhältnisse werden daraufhin angeschaut, ob die Übernahme der Kosten zumutbar ist. Wo es nicht zumutbar ist, soll der Staat

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einen Anteil übernehmen. Erstes Ziel muss sein, dass die Person überhaupt in eine Integrationsmassnahme geht, und erst ein zweites Ziel ist, dass sie die Kosten wenn möglich vollumfänglich übernimmt. Wo dies nicht möglich ist, soll ihr der Staat unter die Arme greifen können.

Thomas Fuchs, Bern (SVP). Unsere Fraktion wird die beiden Anträge ablehnen. Man soll hier jetzt nicht versuchen, eine Lösung für Ausnahmefälle zu finden, sondern die Regel zu bestimmen, und die heisst: Die Kosten der Integrationsmassnahmen müssen von den verpflichteten Personen getragen werden. Wir haben hier kein Wunschkonzert, es ist auch keine Vollkaskoversicherung, sondern ein Gesetz, bei dem die Leute für die Kosten, die sie verursachen, aufkommen müssen.

Wenn es für jemanden gar nicht geht, gibt es genug Organisationen oder Gruppierungen, um den Leuten zu helfen, wie es schon heute der Fall ist. Deshalb brauchen wir keine Ausnahme zu machen. Ich bitte Sie, die beiden Anträge nicht in die Kommission zurückzuweisen, sondern abzulehnen.

Andrea Lüthi, Burgdorf (SP). Das Pilotprojekt von Ostermundigen hatte einen sehr guten Ansatz, indem in der Integrationsvereinbarung festgehalten wurde, dass den Betroffenen nach erfolgreichem Abschluss eines Sprachkurses mit Zertifikat die Kosten zumindest teilweise zurückerstattet werden. Wir sehen nicht ein, warum die Kosten vollumfänglich von den Ausländerinnen und Ausländern getragen werden sollen. Unserer Meinung nach hat auch das Gemeinwesen im Hinblick auf die Integration ein grosses Interesse daran, dass sich die zuziehenden Leute möglichst rasch und gut verständigen können und die hiesigen Verhältnisse kennen lernen. Davon profitieren beispielsweise auch die Arbeitgeber. Es haben aber nicht alle Ausländerinnen und Ausländer Zugang zu den subventionierten, günstigen Kursen. Je nach Wohnort und Arbeitssituation bzw. Arbeitszeiten müssen sie vielleicht private Kurse besuchen, die teurer sind. Damit entsteht eine Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung der betroffenen Personen. Wir beantragen darum, dass der Grundsatz gestrichen wird, wonach die Integrationsmassnahmen immer von den verpflichteten Personen getragen werden müssen. Die Kostentragung soll vielmehr in der Integrationsvereinbarung individuell geklärt werden. Dabei könnte man die betroffene Person beispielsweise mit einem Fondsgesuch unterstützen. Vielleicht ist sie bedürftig und auf Sozialhilfe angewiesen. Vielleicht leistet sogar der Arbeitgeber einen Beitrag.

Klar darf man auch eine finanzielle Eigenleistung erwarten. Nicht richtig ist aber, grundsätzlich davon auszugehen, dass die Kosten immer durch die verpflichtete Person getragen werden müssen. Wir bitten Sie, unsere Anträge zu unterstützen.

Adrian Kneubühler, Nidau (FDP), Kommissionspräsident. Mit ihren Anträgen wollen die Antragstellerinnen zurück auf die grüne Fassung, also die ursprüngliche Regierungsvariante. Wir haben in der Kommission ausführlich über die Anträge diskutiert. Nach Zusatzabklärungen durch die Verwaltung hat die Kommissionsfassung schliesslich mit 13 gegen 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen obsiegt. Für die Kommissionsmehrheit war es ein Schlüsselartikel in dem Sinn, dass sie die Kostenpflicht bewusst den ausländischen Personen auferlegen wollte. Mich erstaunt als Kommissionspräsident, dass die Opposition gegen das Gesetz von rechts kommt, weil es absolut kein zahnloses Gesetz ist. Bis heute war man, weil die gesetzliche Grundlage fehlte, immer auf Freiwilligkeit angewiesen, von Kostenauferlegung war schon gar keine Rede. Deshalb ist dies für die Kommission ein Schlüsselartikel.

Philippe Perrenoud, Gesundheits- und Fürsorgedirektor. Comme vient de le dire le président de la commission, cette proposition d’amendement renvoie à la version originale du gouvernement. J’ai un peu de sympathie pour cette proposition d’amendement et aussi en particulier pour l’intervention de Mme la députée Mühlheim: Sie erinnert uns, dass das Ziel des Gesetzes fordern und fördern sein muss et en français je dirais exiger et encourager. Avec ces mesures, cela devient gentiment une loi qui demande d’exiger et de décourager! On va passer à côté de la cible, il faut être extrêmement prudents et je trouverais judicieux d’accepter cette proposition.

Präsidentin. Wir stimmen über den Antrag Grüne / SP-JUSO-PSA zu Artikel 8a Absatz 1 Buchstabe c ab.

Abstimmung

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Präsidentin. Der Rat lehnt den Antrag mit 92 gegen 49 Stimmen bei 1 Enthaltung ab. Mit dieser Ablehnung wird der Streichungsantrag Grüne / SP-JUSO-PSA zu Artikel 8a Absatz 2 obsolet. Die graue Fassung bleibt im Gesetz.

Art. 9

Angenommen Art. 10 Abs. 1

Antrag SVP (Fuchs, Bern)

Kanton und Gemeinden erfüllen ihre Aufgaben im Bereich Integration in Zusammenarbeit mit öffentlich-rechtlichen und privaten Organisationen. (Rest streichen)

Thomas Fuchs, Bern (SVP). In Artikel 10 Absatz 1 können wir mit dem ersten Punkt gut leben, in dem steht: «Kanton und Gemeinden erfüllen ihre Aufgaben im Bereich Integration in Zusammenarbeit mit öffentlich-rechtlichen und privaten Organisationen.» Der Passus

«einschliesslich der Sozialpartner und der Organisationen der Ausländerinnen und Ausländer»

macht aus unserer Sicht aber keinen Sinn. Das sind nichts anderes als private Organisationen, wie sie im ersten Satz erwähnt werden. Sonst müsste man als nächstes noch die Unia etc. erwähnen und bei Beratungsstellen für Ausländer eine Aufzählung machen. Ich bitte Sie, nach «privaten Organisationen» einen Punkt zu setzen und nicht im Sinn einer Werbung einzelne speziell zu erwähnen oder hervorzuheben, weil man ihnen mehr Gewicht geben will als anderen. Die privaten Organisationen sind alle gleich zu behandeln und nicht hervorzuheben.

Margreth Schär, Lyss (SP). Schon heute wird bei der Integration der ausländischen Bevölkerung sehr eng mit Organisationen der Ausländerinnen und Ausländer und anderen Organisationen zusammengearbeitet. Das erleichtert die Arbeit der Behörden enorm. Die Organisationen, speziell die Ausländerorganisationen, kennen unsere Kultur und ihre eigene Kultur gut. Sie sind seit Jahren Vermittler und eine grosse Hilfe für eine erfolgreiche Integration. Wir würden uns die Arbeit massiv erschweren, wenn wir auf diese Unterstützung verzichteten. Auch die anderen Player machen wichtige Arbeit in diesem Bereich. Deshalb finden wir die Aufzählung sinnvoll und lehnen den Antrag der SVP ab.

Natalie Imboden, Bern (Grüne). Der Antrag der SVP will etwas streichen, was heute bereits eine Selbstverständlichkeit ist und daher sinnvollerweise in diesem Gesetz abgebildet wird.

Verschiedene private Organisationen – da ist die Aufzählung zum Glück nicht abschliessend – arbeiten bereits heute sehr aktiv zusammen mit der öffentlichen Hand an Integrationsprojekten.

Ohne diese Organisationen wären wir heute nicht da, wo wir sind. Sie sind wichtig und existenziell für die Förderung der Integration. Wir finden es sinnvoll, sie explizit zu erwähnen. Gerade die Migranten- und Migrantinnenorganisationen erfüllen eine wichtige Funktion. Der Kanton tut gut daran, die bereits heute gut funktionierenden Informationsflüsse und Zusammenarbeiten explizit zu benennen und damit aufzuzeigen, wie wichtig sie sind, aber auch, um die Verantwortlichkeit zu klären.

Den Antragsteller kann ich beruhigen: mit «Sozialpartner» sind nicht einseitig die Gewerkschaften gemeint. Der nationale Baumeisterverband hat vor Kurzem zusammen mit den Gewerkschaften im Kanton Bern ein Projekt lanciert, um Deutschkurse auf den Baustellen zu fördern. Wir würden es als Affront empfinden, wenn diejenigen, die sich bereits heute Mühe geben und engagieren, aus dem Gesetz gestrichen würden. Ich schlage Herrn Fuchs vor, einmal mit dem Baumeisterverband Kontakt aufzunehmen. Er wird sehen, dass auch seitens der Arbeitgeber ein grosses Interesse besteht, jedenfalls in gewissen Bereichen, aktiv bei der Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten mitzuhelfen. Die grüne Fraktion beantragt, den Antrag der SVP abzulehnen.

Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Die BDP ist bei diesem Artikel gespalten. Eine Mehrheit der Fraktion ist der Meinung, die Ausländerorganisationen seien sehr gut aufgestellt und es liege auch in deren Interesse, dass sich ihre Landsleute an unsere Spielregeln halten. Gut integrierte Landsleute können dabei helfen, pauschalisierte Meinungen auf der einen Seite zu verhindern; sie können auch eine Art Brückenfunktion innerhalb der Integration wahrnehmen. Einige

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BDP-Mitglieder haben sich für die Streichung gemäss Antrag SVP ausgesprochen; einige werden sich der Stimme enthalten.

Thomas Fuchs, Bern (SVP). Man kommt sich schon vor wie im falschen Film, wenn man gewissen Grossrätinnen und Grossräten zuhört. Frau Imboden, es hat niemand gesagt, die Organisationen der Ausländerinnen und Ausländer könnten nicht mehr mitreden, oder, Frau Schär, die Gewerkschaften hätten nichts mehr zu sagen, wenn man sie hier streicht. Tatsache ist, das sind private Organisationen wie ein Gewerbeverband oder wie ein Baumeisterverband, die hier ja auch nicht speziell erwähnt werden. Das ist ja unser Punkt: Wir sagen nicht, sie seien zu streichen, weil sie nichts zu sagen haben sollen – es ist logisch, wer Kompetenz in diesem Bereich hat, soll mitreden –, aber sie sind mit inbegriffen in den privaten Organisationen. Ich nehme jedenfalls nicht an, dass die Unia unterdessen staatlich ist.

Adrian Kneubühler, Nidau (FDP), Kommissionspräsident. Der Antrag hat der Kommission vorgelegen und wurde mit 4 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt, ohne grosse Diskussion. Sie hörten aus der Begründung von Thomas Fuchs auch, warum. Ob man den Passus drin lässt oder nicht, hat grundsätzlich rechtlich keine grosse Relevanz. Erlauben Sie mir die Bemerkung – es ist mein letztes Kommissionspräsidium, deshalb erlaube ich mir eine gewisse Narrenfreiheit: Es kommen nun eine Anzahl Anträge von rechts und links, die an der normativen Kraft des Gesetzes wenig bis nichts ändern; da wird einfach um des Königs Bart gestritten. Das finde ich schade. Handkehrum habe ich schon sehr früh – ich war bei der Vorbereitung des Gesetzes dabei – gewarnt, Selbstverständlichkeiten aufzunehmen. Es ist selbstverständlich, dass der Kanton und die Gemeinden mit den Sozialpartnern und Ausländerorganisationen zusammenarbeiten müssen. Wir kommen später auf das Diskriminierungsverbot. Auch dies ist eine Selbstverständlichkeit, aber es scheint zu provozieren. Wir werden jetzt dann vermutlich eine halbe oder eine ganze Stunde diskutieren, ohne dass wir an der normativen Kraft des Gesetzes viel werden ändern können.

Präsidentin. Regierungsrat Perrenoud verzichtet auf das Wort. Wir stimmen über den Antrag der SVP zu Artikel 10 Absatz 1 ab.

Abstimmung

Präsidentin. Der Rat lehnt den Antrag mit 86 gegen 48 Stimmen bei 7 Enthaltungen ab.

Art. 10 Abs. 2, Art. 11 Angenommen

Art. 12

Antrag SVP (Fuchs, Bern) Streichen

Thomas Fuchs, Bern (SVP). Der Artikel 12 ist schlicht und einfach unnötig. Sie können zum Artikel 4d zurückblättern. Dort wurde in der Kommission relativ umfassend die Diskriminierung formuliert.

Man erwähnte, dass man nicht diskriminiert werden darf wegen der Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Alter, Sprache, Herkunft, Lebensform, sexuelle Orientierung, politische oder religiöse Überzeugung oder wegen körperlicher, geistiger oder psychischer Behinderung. Artikel 4 zählt also alles auf, was überhaupt hineingenommen werden kann. Deshalb macht es keinen Sinn, unter Artikel 12 nochmals zu sagen, dass Kanton und Gemeinden dafür sorgen, dass keine Diskriminierung gegenüber Ausländerinnen und Ausländern und – das hat man noch ergänzt – gegenüber Personen schweizerischer Nationalität erfolgt. Ich wüsste nicht, wie man das konkret umsetzen will, wenn man den Schutz noch speziell hervorhebt. Das ist eine doppelte Aufführung, die nichts bringt.

Ich bitte Sie, Artikel 12 zu streichen.

Präsidentin. Das Wort wird nicht weiter verlangt.

Adrian Kneubühler, Nidau (FDP), Kommissionspräsident. Die Kommission hat den Antrag

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diskutiert und mit 11 zu 0 Stimmen abgelehnt. In der Kommission wurde zwar tatsächlich ausführlich darüber diskutiert, ob angesichts des übergeordneten Verfassungsrechts und der vorhin vom Antragsteller erwähnten Diskussion zu Artikel 4d ein Diskriminierungsverbot überhaupt noch notwendig sei. Die Kommission hat schliesslich auf eine Streichung verzichtet mit der Begründung, der Artikel sei vor allem ein Zielartikel mit wenig normativer Kraft. Eine Streichung hätte wohl ein Signal gegeben, man wolle kein Diskriminierungsverbot.

Präsidentin. Regierungsrat Perrenoud verzichtet auf das Wort. Wir stimmen über den Streichungsantrag der SVP zu Artikel 12 ab.

Abstimmung

Präsidentin. Der Rat lehnt den Antrag mit 82 gegen 49 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.

Art. 13

Antrag SVP (Fuchs, Bern) Streichen

Antrag Grüne (Imboden, Bern)

Der Kanton informiert die Bevölkerung über die Integrationspolitik und über Themen der Migration, Integration, sowie der Verhinderung und Beseitigung von ethnisch-kultureller Diskriminierung.

Präsidentin. Wir behandeln zuerst den Ergänzungsantrag der Grünen und werden auch bei der Abstimmung zuerst über den Antrag der Grünen befinden.

Natalie Imboden, Bern (Grüne). Uns ist es wichtig, dass der Antrag in der Fassung der Kommission angenommen und der Streichungsantrag der SVP abgelehnt wird. Im Sinn der Ratseffizienz ziehe ich unseren Antrag zurück.

Präsidentin. Der Antrag der Grünen zu Artikel 13 ist zurückgezogen. Wir befinden über den Streichungsantrag der SVP.

Thomas Fuchs, Bern (SVP). Artikel 13 ist nicht viel besser geworden, auch wenn der Antrag der Grünen zurückgezogen wurde. Der Kanton bekäme offene Türen für die Information der Bevölkerung. Wir befürchten eine Informationsflut und entsprechend enorme Kosten, weil sich der Kanton dann immer auf Artikel 13 beziehen kann. Es war ein Schachzug von Frau Imboden, ihren Antrag zurückzuziehen, weil sie genau weiss, dass der Kanton ihr Anliegen trotzdem umsetzen kann. Wir beantragen die Streichung von Artikel 13.

Philippe Müller, Bern (FDP). Wir waren etwas erstaunt über diesen Antrag. Einerseits wird ja schon informiert; es gibt auch schon eine Informationsstelle. Es ist also nichts Neues. Anderseits ist es ein Thema, das die Bevölkerung interessiert. Es ist auch ein wichtiges Thema für die SVP.

Insofern verstehe ich nicht, wieso man nicht informieren können soll. Im Sorgenbarometer steht die Thematik Integration, Migration usw. relativ weit oben. Jetzt hier quasi einen Maulkorb zu erteilen, erscheint uns unverständlich. Wir bitten Sie, den Antrag abzulehnen.

Adrian Kneubühler, Nidau (FDP), Kommissionspräsident. Der Antrag lag bereits der Kommission vor, wo er mit 5 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt wurde. Würde der Rat den Artikel streichen, müsste der Kanton den Informationsauftrag vermutlich trotzdem im bisherigen Rahmen weiterführen, gestützt auf Artikel 56 des eidgenössischen Ausländergesetzes.

Präsidentin. Regierungsrat Perrenoud verzichtet auf das Wort. Wir stimmen über den Streichungsantrag SVP zu Artikel 13 ab.

Abstimmung

Präsidentin. Der Rat lehnt den Antrag mit 93 gegen 47 Stimmen ohne Enthaltungen ab.

(10)

Januarsession 2013 2010.0076 10

Art. 14

Antrag SVP (Fuchs, Bern) Streichen

Thomas Fuchs, Bern (SVP). Ich leide demnächst unter eurem Liebesentzug, fahre aber trotzdem mit den Streichungsanträgen weiter, denn sie sind sehr wichtig. Artikel 14 ist sogar zentral, und da hoffe ich, dass vor allem die bürgerliche Seite die Streichung unterstützt. Der Kanton soll sicherstellen, dass Ausländerinnen und Ausländern bedarfsgerechte Sprachkurse angeboten werden. Das heisst nichts anderes, als dass der Kanton selber solche Kurse anbietet, also neue Aufgaben übernimmt, womit er private Unternehmen konkurrenziert. Es gibt genügend Schulen, die solche Kurse anbieten; es gibt ein grosses Angebot, unter anderem auch von Organisationen von Ausländerinnen und Ausländern und privaten Organisationen, die Sie vorhin in Artikel 10 stehen gelassen haben. Es ist nun wirklich nicht Sache des Kantons, solche Kurse anzubieten. Ich bitte Sie im Namen der SVP dringend, den Artikel zu streichen.

Adrian Kneubühler, Nidau (FDP), Kommissionspräsident. Thomas Fuchs, wenn du unter Liebesentzug leidest, solltest du nicht Anträge stellen mit dem Wort «streichen», sondern besser mit dem Wort «streicheln». Das käme ganz anders an.

Der Antrag wurde in der Kommission nach Diskussion mit 4 gegen 11 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt. Ich möchte festhalten, dass der Artikel absolut keine gesetzliche Grundlage ist, um Gratissprachkurse anzubieten. Vorhin wurde ein Artikel klar angenommen, wonach Integrationsmassnahmen wie Sprachkurse primär von den ausländischen Personen finanziert werden müssen. Die Kostenpflicht bleibt also bei Integrationsmassnahmen bei den ausländischen Personen. Daran ändert Artikel 14 nichts. Warum wurde dieser Artikel überhaupt aufgenommen?

Wenn wir ausländische Personen verpflichten, Sprachkurse zu besuchen, muss es auf der anderen Seite auch genügend Kurse geben. Es ist absolut nicht die Meinung, dass der Kanton selber Sprachkurse anbietet, aber er soll allenfalls mit privaten Anbietern zusammenarbeiten, damit das Pflichtangebot zulasten der ausländischen Personen zur Verfügung steht.

Barbara Mühlheim, Bern (glp). Ich wiederhole es noch einmal. Wir haben 2007 grossmehrheitlich meine Motion überwiesen, die ein Fordern und Fördern verlangte. Dass die SVP jetzt dauernd versucht, das Fördern zu demontieren, und nur noch fordern will, ist für jeden, der in der Kommission war, klar. Aber das war nicht die Absicht des Parlaments. Wenn die SVP nun den Artikel so interpretiert, «stellt sicher» heisse, dass der Kanton selber Sprachkurse anbieten muss, liegt sie völlig falsch. Vielmehr gewährleistet der Kanton ein genügendes Kursangebot, wie er beispielsweise im Spitalbereich eine genügende Grundversorgung sicherstellt. Diese muss er auch nicht selber durchziehen, sondern sie mit klaren Leistungsverträgen Partnern in Auftrag geben. Es geht weder um Wettbewerb noch um Konkurrenz mit privaten Anbietern. Wenn es Ihnen damit ernst ist, dass Fördern eine gesellschaftliche Aufgabe ist und es darum geht, dass auch wir einen Schritt machen, auch einen finanziellen Schritt, müssen Sie den Streichungsantrag ablehnen.

Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Ich schliesse mich der Vorrednerin an und möchte noch ergänzen, dass bereits ein Angebot an Sprachkursen besteht und es wichtig ist, es zu gewährleisten. Es gibt standardisierte Sprachkurse im Kanton und darüber hinaus. Der Kanton muss hier eine koordinierende Funktion übernehmen. In der Schlossbergschule Spiez beispielsweise sind solche Kurse ein Bestandteil des Angebots. Die BDP wird den Antrag einstimmig ablehnen.

Philippe Müller, Bern (FDP). Thomas Fuchs, du verlangst in der Tat etwas zu streichen, was bereits besteht. Wir lehnen den Antrag ab. Wir würden wir es übrigens auch dann tun, wenn darin

«streicheln» stünde, lieber Kommissionspräsident.

Präsidentin. Das Wort wird nicht mehr verlangt. Wir stimmen über den Streichungsantrag der SVP zu Artikel 14 ab.

Abstimmung

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Januarsession 2013 2010.0076 11

Präsidentin. Der Rat lehnt den Antrag mit 99 gegen 37 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.

Art. 15

Antrag SVP (Fuchs, Bern) Streichen

Thomas Fuchs, Bern (SVP). In Artikel 15, den wir streichen wollen, möchte sich der Regierungsrat als beratendes Organ noch eine Kommission geben, was aus unserer Sicht absolut keinen Sinn macht. Wir möchten das Ganze nicht noch mehr aufblähen, dem Ganzen nicht noch mehr Gewicht geben. Der Regierungsrat sollte aufgrund des Gesetzes, bei dem sich abzeichnet, dass es durchkommt, genügend Kompetenzen und Kenntnisse haben, um selber entscheiden zu können – ihm steht ja noch die Kantonsverwaltung zur Verfügung, wenn er nicht mehr weiter weiss, oder sich an die Gemeinden wenden, wenn es nicht reicht. Wir sehen nicht ein, warum man dafür noch eine Kommission einsetzen sollte, die ihn noch zusätzlich berät.

Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Lieber Thomas Fuchs, die Kommission besteht bereits! Es wird also nichts aufgebläht. Diese Kommission setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern von Organisationen von Ausländerinnen und Ausländern, allen Parteien, Vertretern der Migrationsbehörde und der GEF. Ich bin Mitglied dieser Kommission und habe in den letzten drei Jahren mitarbeiten können. Es ist eine sehr gute Kommission. Wir treffen uns zweimal im Jahr und haben immer eine gefüllte Traktandenliste. Wir haben eine gute und auch kontroverse Zusammenarbeit. Gerade im Hinblick auf dieses Gesetz waren die diversen Meinungen und Haltungen innerhalb dieser Kommission nicht nur sehr wertvoll, sie wurden letztlich auch in die Vorlage integriert.

Artikel 15 enthält eine Kann-Formulierung. Wenn uns die Traktanden ausgehen sollten, würden wir keine Sitzung abhalten. Im Zusammenhang mit der Arbeit innerhalb der Integrationskommission habe ich übrigens gegen innen wie gegen aussen schon nur mit der blossen Beantwortung von Fragen von Gemeindebehörden oder von ausländischen Personen helfen können, ohne die Kommission zusätzlich bemühen zu müssen. Ich fände es sehr schade, wenn diese Kommission, die sehr pragmatisch arbeitet, aufgelöst würde. Ich weiss darin auch die Mehrheit der BDP hinter mir. Wir lehnen den Streichungsantrag ab.

Natalie Imboden, Bern (Grüne). Ich kann mich vollumfänglich dem Votum meiner Vorrednerin anschliessen. Ich bin zwar nicht Mitglied dieser Kommission. Ihr Votum zeigte aber sehr gut, dass solche bewährten Praxisinstrumente sinnvoll sind und alle Vertreter der Parteien, einschliesslich der SVP, zusammenarbeiten und präventiv wirken. Wenn die SVP alles, was man für die Integration heute macht, streichen will, zeigt sie klar, worum es ihr geht: Ja keine Integration, nur zu schreien, die Leute seien nicht integriert, um am Schluss gegen diese Leute vorgehen zu können. Wer ein Interesse an einer Integration hat, dem ist klar, dass der Antrag so deutlich wie in der Kommission abgelehnt werden muss.

Barbara Mühlheim, Bern (glp). Die Wege der SVP in der Integrationspolitik sind etwas wirr und unerklärlich. Der Kanton macht immer wieder, wenn es grosse Veränderungen gibt, sowohl auf Kantons- wie auf Gemeindeebene, Begleitgruppen. Ich war Mitglied der Begleitgruppe, als es um Police Bern gegangen ist. Es ging darum zu schauen, ob und wie das, was im Gesetz steht, in der Praxis umgesetzt werden kann. Das ist ein sehr sinnvolles Gefäss. Dass die SVP etwas bodigen will, das sinnvoll ist und den Gemeinden die Möglichkeit gibt, über Feedback-Schlaufen zu sagen, wo was zu wenig berücksichtigt worden ist und Änderungen nötig sind – dass sie dieses Instrument abschaffen will, ist uns unerklärlich. Wir als kleine Fraktion sind nicht Mitglied dieser Kommission, die SVP hingegen hat einen Sitz. Dieses Mitglied könnte sich hier vielleicht auch noch äussern. Wir lehnen den Antrag klar ab.

Thomas Fuchs, Bern (SVP). Vielleicht lese ich es falsch, aber hier steht ganz klar, der Regierungsrat könne eine Kommission einsetzen. Das kann durchaus auch eine neue Kommission sein, denn es steht nicht, er könne eine bestehende Kommission beiziehen. Und wenn es die Kommission schon gibt, braucht es die Erwähnung in diesem Gesetz nicht. Es geht nicht darum,

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Januarsession 2013 2010.0076 12

Sitzungsgelder zu streichen oder jemanden aus der Kommission zu werfen. Wenn dort gute Arbeit geleistet und zweimal im Jahr getagt wird, stört mich das nicht. Die Frage ist allenfalls noch, wo die Kommission in der Geschäftsordnung des Grossen Rats erwähnt wird, die wir demnächst diskutieren, und wie viele Kommissionen es geben soll. Es kommt mir vor wie im Nationalrat, wo in einer Kommission gesagt wurde, man müsse noch eine Unterkommission bilden. Als ich nach dem Grund fragte, hiess es, wegen der Sitzungsgelder. Es wäre interessant zu wissen, was alles es an solchen Gremien gibt. Mit Artikel 15 könnte man auch noch eine neue Kommission bilden. Es steht nichts darin, man wolle die bestehende beiziehen. Sonst muss man es umformulieren.

Adrian Kneubühler, Nidau (FDP), Kommissionspräsident. Der Antrag lag der Kommission vor und wurde mit 3 gegen 13 Stimmen abgelehnt. In der Kommission wurde gesagt, dass es sich um die bestehende Kommission handelt und nicht um die Einsetzung einer neuen Kommission. Weil hier eine Kann-Formulierung steht, kann der Regierungsrat die Kommission abschaffen, wenn er sieht, dass sie den Erwartungen nicht entspricht. Mit einer verbindlichen Formulierung ginge das nicht.

Präsidentin. Regierungsrat Perrenoud verzichtet auf das Wort. Wir stimmen über den Streichungsantrag der SVP zu Artikel 15 ab.

Abstimmung

Präsidentin. Der Rat lehnt den Antrag mit 104 gegen 31 Stimmen bei 5 Enthaltungen ab.

Art. 16

Antrag Grüne (Imboden, Bern)

Abs. 2 (neu): Sie unterstützen den Besuch von Sprach- und Integrationskursen im Rahmen ihrer Möglichkeiten.

Antrag SVP (Fuchs, Bern) Streichen

Natalie Imboden, Bern (Grüne). Im Interesse der Mittagspause halte ich mich kurz. In Artikel 16 geht es um die Rolle der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Sie haben den Auftrag, die ausländischen Mitarbeitenden über Angebote zur Integration zu informieren. Es gibt eine Studie von Integrationsfachorganisationen im Kanton Bern aus dem Jahr 2012 mit dem Titel «Integration der ausländischen Arbeitskräfte – Chancen und Verantwortung von Unternehmen». Mit unserem Antrag, der in der Kommission eine positive Aufnahme, aber keine Mehrheit gefunden hat, möchten wir, dass die Arbeitgeber die ausländischen Arbeitnehmenden motivieren, an den Sprach- und Integrationskursen teilzunehmen, und sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch unterstützen. Es geht nicht primär um finanzielle Anreize, sondern darum, beispielsweise bei der Arbeitszeit den Kursbeginn abends um 18 Uhr zu berücksichtigen oder bei der Schichteinteilung darauf Rücksicht zu nehmen. Viele Leute, welche die Kurse besuchen werden, haben prekäre Arbeitsverhältnisse, arbeiten beispielsweise im Gastgewerbe häufig auch abends. Für sie sind die Kurszeiten nicht immer ideal.

Mit dem Antrag wird der Wunsch ausgedrückt, auf die ausländischen Arbeitnehmenden Rücksicht zu nehmen, wenn sie einen Kurs besuchen müssen. Das ist heute vielerorts bereits eine Selbstverständlichkeit. Dort, wo es nicht üblich ist, ist es wichtig, die Arbeitgeber darauf aufmerksam zu machen, dass sie den Leuten keine Steine in den Weg legen. Den Antrag der SVP, Artikel 16 zu streichen, lehnen wir ab, weil er absolut sinnlos ist. Wo Integration stattfindet, nehmen die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eine Verantwortung wahr. Darin wollen wir sie unterstützen.

Thomas Fuchs, Bern (SVP). Artikel 16 ist zentral, speziell für die FDP und die BDP. Mit diesem Artikel schlägt man eine ganz neue Dimension an, indem man Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber verpflichten will, Massnahmen zu treffen. Bis jetzt hat sich das Gesetz an den Kanton und die Gemeinden gerichtet. Mit Artikel 16 erstreckt es sich auch noch auf die Arbeitgeber und die Arbeitgeberorganisationen. Der Gewerbeverband und die Unternehmer lehnen das klar ab. Sie wollen nicht neue Vorschriften vom Kanton. Die SVP empfiehlt dringend, diesen Artikel zu streichen.

Er ist schon schlecht genug und würde durch die Annahme des Antrags Imboden noch schlechter.

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Januarsession 2013 2010.0076 13

Die Tatsachen und Folgen sind die gleichen. Mit Artikel 16 macht der Kanton den KMU Auflagen.

Sie können sich etwa vorstellen, was an Aufwand auf die KMU zukommt angesichts der Flut von Wünschen und Forderungen, dieses Wunschkonzerts, sobald das Gesetz in Kraft ist.

Adrian Kneubühler, Nidau (FDP), Kommissionspräsident. Die Frage der Arbeitgeberbeteiligung im Rahmen der Integrationspolitik war in der Kommission sehr umstritten. Die Kommission hat einen Teil der ursprünglichen Fassung des Regierungsrats gestrichen und die jetzt vorliegende Formulierung mit 12 gegen 2 Stimmen bei 1 Enthaltung gutgeheissen. Der Streichungsantrag, den die SVP bereits in der Kommission stellte, wurde relativ knapp mit 7 zu 9 Stimmen abgelehnt. Der Antrag Imboden lag der Kommission ebenfalls vor und wurde ebenfalls mit 7 zu 9 Stimmen abgelehnt. Das Hauptargument der Kommissionsmehrheit war, warum die Arbeitgeber nur ausländische Arbeitnehmer über Sprachkurse informieren sollen und nicht auch die schweizerischen. Im Namen der Kommission bitte ich Sie, beide Anträge abzulehnen.

Barbara Mühlheim, Bern (glp). Ich sagte letzte Woche, ein Gütesiegel dieses Gesetzes sei, dass es nur noch von den Exponenten links und rechts aussen bekämpft wird. Im «Bund» vom Freitag konnte man lesen, Konsequenz daraus sei, dass beide Seiten das Referendum androhen. Artikel 16 ist ein typischer Artikel jener Leute, die vernünftig und lösungsorientiert politisieren wollen, auch in der Integrationspolitik. Artikel 16 nimmt nämlich einen Kompromiss auf. Vielleicht erinnern Sie sich daran: Gemäss dem ersten Entwurf hätten die Arbeitnehmer von den Arbeitgebern Arbeitsstunden erhalten, damit sie die Kurse machen können. Das war bereits in der ersten Vernehmlassung nicht mehrheitsfähig, weshalb die GEF darauf verzichtete. Der Kompromiss besteht darin, dass die Arbeitnehmer informiert werden sollen. Nicht mehr und nicht weniger. Umgekehrt wollen die Grünen die Arbeitgeber verpflichten, noch mehr zu tun. Das wurde als zu weit gehend angeschaut. Wer bereit ist, dem Gesetz eine Chance zu geben und der Sache zuliebe auch Kompromisse einzugehen, sollte die beiden Anträge ablehnen. Sie sind typische Beispiele einer Politik, die sich in den Aussenbereichen bewegt.

Philippe Müller, Bern (FDP). Bei allem vorangegangenen Liebesentzug für Thomas Fuchs finden wir diesen Streichungsantrag jetzt gut, wird doch mit Artikel 16 versucht, auch noch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu bemühen, und zwar auf eine relativ hilflose Art und Weise. Es steht da: «Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber informieren mit Unterstützung des Kantons.» Was heisst das konkret? Der Kanton wird den Arbeitgebern ein Blatt geben, das die Ausländerinnen und Ausländer ohnehin bereits haben. Was ist heute Praxis? Die grossen Integrationsprofis sind doch die Arbeitgeber, die Betriebe! Sie sind es, die den Leuten am Arbeitsplatz alles erklären, mit ihnen am Abend «eis gö ga zieh», mit ihnen im Sportclub sind. Von dem allem haben die Ausländerinnen und Ausländer viel mehr, als wenn die Arbeitgeber ihnen einfach ein Blatt Papier abgeben, damit sie auch noch etwas machen und die Linken zufrieden gestellt sind. Ich bitte Sie, den Artikel zu streichen. Er führt lediglich zu administrativem Aufwand. Es ist zwar nicht der absolut entscheidende Artikel. Wenn er angenommen wird, wird man es irgendwie machen, aber es wird nichts bringen. Ich bitte Sie, auch den Antrag der Grünen abzulehnen.

Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Den Antrag der Grünen lehnen wir ab, wie wir dies bereits in der Kommission getan haben. In der Integrationskommission habe ich die gleiche Meinung vertreten: Wir würden eine Diskrepanz zwischen ausländischen und schweizerischen Mitarbeitenden schaffen. Sollen wir dem ausländischen Mitarbeiter, der einen Sprachkurs machen will, «im Rahmen der Möglichkeiten» während der Arbeitszeit frei geben, dem Lehrling, der einen Stützkurs oder einen Englischkurs machen will, hingegen nicht?

Wir können auch den Streichungsantrag der SVP nicht unterstützen. Jetzt rede ich als Arbeitgeberin. Ich fände es sehr schade, wenn der einzige Artikel, der nicht den Kanton, sondern uns KMU anspricht, gestrichen würde. Warum? Als Arbeitgeberin gehe ich davon aus, dass jeder neu Angestellte an einem Personalprozesses teilnimmt, der bereits mit der Ausschreibung beginnt und während der Angestelltenzeit bis zum Austritt Gespräche und Betreuung beinhaltet. Die dafür zuständige Person oder in einem grösseren Unternehmen die dafür zuständige Stelle innerhalb der Linie nimmt sich beim Stellenantritt des Angestellten an, sei es ein Lehrling, ein ausländischer oder ein Schweizer Angestellter. Im Rahmen des Eintrittsgesprächs ist es durchaus möglich, den ausländischen Angestellten, sofern es nötig ist, auf das Angebot aufmerksam zu machen. Das Angebot kann ein A4-Merkblatt sein, das ich dem Angestellten in die Hand geben oder es mit einem

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Reissnagel am roten Brett aufhängen kann. So verstehen wir diesen Artikel. Es braucht vielleicht etwas Zeit, aber es braucht kein Geld und geschieht im normalen Prozess eines Unternehmens, wie er jetzt schon abläuft: ein Merkblatt aufhängen, ein Gespräch mit einem Angestellten, mit dem wir vorgängig einen Vertrag unterschrieben haben und mit dem wir zusammenarbeiten wollen. Die KMU Kanton Bern haben sich in der Vernehmlassung dahin gehend geäussert, sie könnten mit dem Artikel leben. Ich bitte Sie, den Streichungsantrag abzulehnen.

Hier wird die Beratung dieses Geschäfts unterbrochen.

Schluss der Sitzung um 11.45 Uhr

Die Redaktorinnen:

Gertrud Lutz Zaman (d) Catherine Graf Lutz (f)

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