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Archiv "Zwangsernährung von Häftlingen: III. Unter Pflegschaft stellen" (17.07.1975)

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen

Zwangsernährung von Häftlingen

ob der absichtlich Hungernde oder auch die anderen akut Erkrankten Anspruch auf Soforthilfe haben.

Alle in der vorliegenden Thematik offenen Fragen und Widersprüche lassen sich klarstellen durch eine gesetzliche Anerkennung der einfa- chen Tatsache, daß Hungerstreik eine Demonstration des freien Wil- lens ist. Die Grundlage ärztlichen Handelns räumt der Gesetzesexe- kutive nicht das Recht ein, den An- staltsarzt zum Mittel der Gewaltan- wendung zu machen.

Einschlägige Anweisungen von An- staltsleitungen an ihre Anstaltsärz- te legen die Annahme nahe, daß unklare Rechtsverhältnisse hinter dem ärztlichen Berufsethos ver- steckt werden sollen, indem man den Hauptanteil negativer Vorgän- ge, in ein scheinbar ethisches Pa- ket verschnürt, den Ärzten aufpackt.

An sich muß es genügen, wenn dem absichtlich hungernden Häft- ling die Folgen seines Verhaltens klargelegt werden. Jenseits seiner dann folgenden Willensbekundung gibt es keine Verantwortlichkeit zu Lasten Dritter. Der Gesetzgeber möge dieses bedenken, und er möge auch erkennen, daß alle noch so ethisch formulierten Bezüge nichts ändern können an der Tat- sache, daß bei Zwangsernährung absichtlich hungernder Häftlinge nicht der hungernde Häftling selbst, sondern der unter Zwang und mit Zwang künstlich ernähren- de Arzt der eigentliche Vergewal- tigte ist.

In England hat man derlei Wider- sprüchlichkeiten am 17. Juli 1974 ausgeräumt und damit weitere Hungerstreiks uninteressant ge- macht. Der bundesdeutsche Ge- setzgeber möge ebenfalls dafür sorgen, daß eine solche Anwei- sung, wie sie eingangs dieser Zei- len zitiert wurde, nicht mehr mög- lich ist.

Dr. med. Rudolf Lodes Arzt für Orthopädie 8 München 40 Bauerstraße 31

Widerspruch

Der Beschluß des Präsidiums des Deutschen Ärztetages über die Zwangsernährung von Häftlingen, daß kein Arzt zu einer derartigen Zwangsbehandlung verpflichtet werden dürfe, widerspricht der so oft gerade von dieser Stelle ange- sprochenen ärztlichen Ethik. Ich halte es da lieber mit dem Frauen- arzt Kollegen Dr. Poettgen, Düren, der (im selben Heft des DEUT- SCHEN ÄRZTEBLATTES, in dem die Erklärung zur Zwangsernäh- rung erschien. Die Red.) schreibt:

„Der Arzt kann unmöglich auf der Seite derer stehen, die so genau wissen, was Recht und Unrecht ist, die die Welt so eilfertig in weiße und schwarze Schafe einzuteilen vermögen. Ich jedenfalls vermag als Arzt nur auf der Seite derer zu stehen, die — sei es schuldig oder unschuldig — in Not geraten sind."

Dr. med. F. Hangen Nervenarzt

85 Nürnberg

Oskar-von-Miller-Straße 44

III. Unter Pflegschaft stellen

Das, was die Untersuchungshäftlin- ge unternehmen, ist doch wohl das, was man

in

anderer Situatio-h als Selbstmordversuch bezeichnen kann und muß. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Arzt einem Selbstmörder seine Hilfe versagen wird. Auch dann nicht, wenn der Selbstmörder mit seiner Selbst- mordabsicht einen freien Entschluß verwirklichen will. Kann man einen solchen Selbstmordkandidaten nicht unter Pflegschaft stellen las- sen und einen Pfleger für diesen Teilbereich seiner Persönlichkeits- äußerung bestellen lassen? Das ist eine Verfahrensweise, die unter an- deren Umständen mit Erfolg ange- wendet werden kann. Ich denke dabei an Angehörige gewisser Sekten, die ihre Kinder nicht ope- rieren oder die ihnen keine Blut- übertragung zukommen lassen wollen. Mit Hilfe des Vormund- schaftsgerichts ist es in verschie- denen Fällen gelungen, die not-

wendigen Behandlungsmaßnahmen auch gegen den erklärten Willen durchzuführen. Und ich möchte den Arzt sehen, der sich in solchen Fällen weigern würde. Ist die Situa- tion bei einem Hungerstreikenden in einer gewissen Phase nicht ebenso zu beurteilen?

Dr.

med. Joachim Simon Medizinaldirektor 45 Osnabrück Hegertorwall 18

Briefe an die Redaktion

LAUSIGE ZEITEN

Gedanken zum Merkblatt 51 des Bun- desgesundheitsamtes:

Das einzig probate Mittel

Es ist kaum glaublich, aber amt- lich, mit welchem strategischen und taktischen Aufwand das der- zeitige Bundesgesundheitsministe- rium auf „Merkblatt 51 für Ärzte" ir dem derzeitigen Kopfläusekrieg zu Felde zu ziehen rät! Die da als Kampfmittel gegen die nun bereits en- oder epidemische Läuseplage angegebenen Verfahren sind samt und sonders unnötig und überflüs- sig, weil auf die Dauer unwirksam, denn solange es die zur Zeit gras- sierende Langhaarmode gibt und geben wird, werden die dazu gehö- renden Läuse nicht aussterben.

Das einzige probate Mittel dazu und dagegen ist die Schere, also der Kurzschnitt der Haare, und re- gelmäßige Kopfwäsche mit Seifen- spiritus ...

Dr. med. Helmut Robert 3053 Steinhude Schlesierweg 51

INTERPRETATION

Zu der jüngsten „Spiegel"-Serie (siehe auch Seite 2040 f.):

Warum tut der „Spiegel" so was?

Der „Spiegel" hält den Ärzten wie- der einmal — zum wievielten Mal?

— einen Spiegel ihrer Schandtaten

2124 Heft 29

vom 17. Juli 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen BRIEFE AN DIE REDAKTION

und ihres Versagens vor. Er tut es nicht korrekt und sachlich, sondern aggressiv und polemisch in der un- verkennbaren Absicht, die Ärzte vor einer breiten Öffentlichkeit zu diffamieren und zu provozieren.

Dennoch — wir sollten nicht Glei- ches mit Gleichem vergelten und in unsachlicher Polemik darauf rea- gieren. Gleichzeitig aber müssen wir uns fragen, warum die „Spie- gel"-Journalisten das eigentlich tun. Ginge es ihnen zu allererst um eine Abhilfe der Mängel, die sie aufgedeckt zu haben meinen, gäbe es dazu wirksamere Wege als die unsachliche öffentliche Polemik.

Einmal aber schreiben Journali- sten, um das zu tun, was sie den Ärzten vorwerfen, nämlich damit gutes Geld zu verdienen. Wer sich mit ärztlichen Belangen beschäf- tigt, kann immer auf ein breites Pu- blikumsinteresse rechnen, und das dient der Auflagenhöhe der Zeit- schrift. Das andere und wichtigere Motiv aber dürfte der Neid sein.

Nicht einmal so sehr der Neid auf das Geld, das die Ärzte verdienen.

Das verdienen andere auch, und man nimmt es ihnen nicht übel.

Vielmehr ist es der Neid auf die Achtung und das Ansehen, das die Ärzte in der Gesellschaft genießen.

Daß dies trotz der jahrelangen Dif- famierungen der Ärzteschaft durch die Massenmedien unverändert so ist, muß den Journalisten die Er- folglosigkeit ihrer Bemühungen vor Augen führen und sie frustrieren.

Sich durch Tatsachen verunsichern zu lassen — sich etwa zu fragen, ob man sachlich vielleicht falsch liegt — ist nicht die Art der Ideolo- gen, die ausgezogen sind, das Sy- stem zu verbessern (und System- veränderung ist doch letztlich das Ziel aller Attacken gegen die freie Ärzteschaft!). So werden die An- griffe nur immer heftiger werden, und die Systemkritiker werden nicht eher ruhen, bis es ihnen ge- lungen ist, diejenigen, die in ihren Augen „Halbgötter in Weiß" sein wollen, endgültig anzuschwärzen.

Daß unsere Gesellschaft dann kei- ne bessere, sondern nur eine schlechtere und vor allem eine in- humanere Medizin haben wird, kann auf Grund vieler Indizien und

der Vergleichsmöglichkeit mit „so- zialistischen" Gesundheitssyste- men in anderen Ländern mit Si- cherheit vorausgesagt werden.

Damit es nicht so weit kommt, dür- fen wir Ärzte nicht nur verärgert und gekränkt auf diese Attacken gegen uns reagieren. Wir müssen vielmehr Signale der Zeit in ihnen erkennen, die uns auffordern, Re- formen und Verbesserungen dort vorzunehmen, wo sie vonnöten sind. Wenn wir es nicht selbst tun, wird es von anderer Seite mit uns getan werden!

Dr. med. Klaus Franke 7267 Bad Teinach

MONITUM

Die umstrittene „Monitor"-Sendung von Dr. Rüdiger Hoffmann zum Thema Arz- neimittelforschung war Inhalt von zwei Zuschriften an den WDR-Intendanten.

Daraus ein Auszug (zum Vorgang selbst vgl. DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 7 1975).

Meinungsmacher in „Monitor"

... Ihre Aufgabe, Herr von Bis- marck, ist es doch schließlich, zu verhindern, daß im Fernsehen ver- antwortungsloser Journalismus be- trieben wird. Ihre Zuschauer sind zwar gewohnt, in politischen Ange- legenheiten unsachliche Meinungs- duschen hinzunehmen, aber im Ge- sundheitsbereich sind unsachliche selbstherrliche Meinungsmacher einfach nicht am Platze. Ein Jour- nalist, der derart unverantwortlich handelt, wie der für die obenge- nannte Monitorsendung verant- wortliche, ein solcher Journalist gehört nicht in die Redaktionsstu- ben und schon gar nicht in diejeni- gen einer öffentlich-rechtlichen An- stalt. Eigentlich finde ich es sehr verwunderlich, daß Ihrerseits nicht schon längst öffentlich erklärt wur- de, welche personellen Konse- quenzen aus dieser empörenden und für den WDR äußerst blama- blen Misere gezogen wurde.

Dr. med. Hans-Guido Weiser 6382 Friedrichsdorf 3 Adalbert-Stifter-Straße 6

ROTE LISTE

Zu dem Leserbrief von Dr. med. M.

Hopmann im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT, Heft 16/1975:

Zusammenfassung nach Indikation unsinnig

Endlich jemand, der mir aus dem Herzen spricht und die so ange- priesene neue Rote Liste als das bezeichnet, was sie wirklich ist, nämlich unpraktisch und fehlerhaft.

In der alten Roten Liste fanden wir eine schnelle Information über ein bestimmtes Präparat bezüglich zu rezeptierender Packungsgröße, Verordnungsform und Preis. Die jetzige Zusammenfassung nach In- dikationen ist m. E. völlig unsinnig, da es hierfür andere Bücher gibt.

Auch ist nichts so fehlerhaft wie die Zusammenstellung von Medika- menten nach Indikationen, da sich die Indikationsgebiete vielfältig überschneiden. Das geht sogar so weit, daß die Herausgeber der neu- en Roten Liste ein und dasselbe Präparat, welches in Deutschland unter zwei verschiedenen Namen im Handel ist, unter zwei verschie- denen Indikationsgebieten einge- ordnet haben, aber das eine Präpa- rat nur unter der einen Indikation und das andere Präparat unter der anderen Indikation. Die eigentliche Absicht der Neuordnung der Roten Liste, daß gleichartige Präparate unter einer gleichen Indikations- gruppe zusammengefaßt werden sollen, wird hier also auf den Kopf gestellt.... Es wäre wirklich sinn- voller, die Rote Liste wieder wie früher in alphabetischer Anord- nung der Präparate erscheinen zu lassen; diesem alphabetischen Präparateregister mag dann ein Verzeichnis der Arzneispezialitäten nach Indikationsgruppen in Kurz- form angehängt sein.

Privatdozent

Dr. med. Berend Willms Leitender Arzt

der Klinik für Diabetes und Stoffwechselkrankheiten 3422 Bad Lauterberg/Harz Kirchberg 21

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 29 vom 17. Juli 1975 2125

Referenzen

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