A 1998 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 111|
Heft 46|
14. November 2014NAV-VIRCHOW-BUND
Enteignungen und Scheinlösungen
Mit deutlichen Worten hat der NAV-Virchow-Bund die Pläne von Union und SPD kritisiert, Arztsitze in überversorgten Regionen aufzukaufen oder bei den KVen Servicestellen zur Vermittlung von Facharztterminen einzurichten. Stattdessen rief der Verband zur Stärkung der Freiberuflichkeit auf.
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er NAV-Virchow-Bund hat den von Union und SPD geplanten Aufkauf von Arztsitzen in überversorgten Regionen als„schwerwiegenden Eingriff in die Niederlassungsfreiheit“ abgelehnt – so das Votum der Delegierten auf der Bundeshauptversammlung des Verbandes am 7. November in Ber- lin. „Die heutige Bedarfsplanung ist eine reine Fortschreibung von Verhältniszahlen und berücksichtigt nicht ausreichend die Mitversorger- effekte sowie den tatsächlichen Behandlungsbedarf der Patienten heute und zukünftig“, heißt es in dem Beschluss. Durch eine Reduk- tion von Arztsitzen in vermeintlich überversorgten Gebieten werde zu- dem das zukünftige Modell der Mitversorgung durch stadtansässige Praxisärzte in unterversorgten Re- gionen des Umlandes von vornhe- rein verhindert.
Verunsicherung junger Ärzte
Der Aufkauf eines Arztsitzes inner- halb einer Gemeinschaftspraxis sei darüber hinaus ein Eingriff in das Gemeinschaftsvermögen und daher ein klarer Fall von rechtswidriger Enteignung. Auch würden Koope- rationsformen beeinträchtigt, die nach dem Willen von Gesetzgeber, Krankenkassen und Ärzteschaft verstärkt gefördert werden sollten.
Für die jungen Ärzte werde die Niederlassung durch mangelnde Planungssicherheit sowie Rechts- unsicherheit zu einer weitgehend bedeutungslosen Option werden.
Der Bundesvorsitzende des NAV-Virchow-Bundes, Dr. med.
Dirk Heinrich, kritisierte, dass sich die Politik mit dem Versorgungs- stärkungsgesetz erneut um die Me- gathemen der Versorgung herum- drücke. So werde weder die Finan- zierung geklärt noch die demografi-
sche Entwicklung und der Ärzte- mangel wirklich beachtet. Auch ge- gen die Budgetierung werde nichts getan. Stattdessen doktere die Poli- tik an Symptomen herum.
Die in dem Gesetzentwurf ge- planten Servicestellen der Kassen- ärztlichen Vereinigungen (KVen) zur Vermittlung von Facharzttermi- nen bezeichnete Heinrich als „eine populistische Scheinlösung“ für ein Problem, das zwar in einigen Re- gionen bestehe, das man aber durch diese Regelung nicht lösen könne.
Wenn kein Hausarzt mehr vor Ort sei, nütze auch eine Servicestelle nichts, denn „die KVen können sich schließlich keine Ärzte schnitzen“.
Auch die in dem Gesetzentwurf vorgesehene paritätische Besetzung in den Vertreterversammlungen der KVen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung lehnt der NAV- Virchow-Bund ab. „Eine solche Pa- rität führt zu einer organisatori- schen Spaltung des Systems und führt faktisch ein grundgesetzwidri- ges gewichtetes Stimmrecht ein“, heißt es in einem Beschluss.
In einem weiteren Beschluss for- derten die Delegierten „alle Universi- täten, ärztlichen Verbände und Kör- perschaften auf, das Wesen des freien Berufes Arzt in Ausbildung, Weiter- bildung und Fortbildung stärker her- auszustellen und klarzumachen, dass
die Freiberuflichkeit das Grundprin- zip der ärztlichen Berufsausübung ist“. Sowohl berufstätigen Ärzten als auch dem ärztlichen Nachwuchs sei dies immer weniger bewusst.
Zudem forderten die Delegier- ten einen verpflichtenden Teil der ärztlichen Weiterbildung im nie- dergelassenen Bereich – möglichst am Ende der Weiterbildungszeit.
Denn große Teile der Weiterbil- dung zum Facharzt seien heute lü- ckenhaft. Weiterbildungsassisten- ten lernten viele wichtige Teile ih- res Fachgebietes gar nicht mehr kennen, da diese ausschließlich im niedergelassenen Sektor zum Tra- gen kämen. Neben der fehlenden Vermittlung wichtigen Wissens werde der Kontakt zur ambulanten Medizin und zu den Aspekten der Niederlassung verhindert und nicht vermittelt, dass die Nieder- lassung eine attraktive Berufsaus- übungsform ist.
Heinrich im Amt bestätigt
Mit jeweils 96 Prozent der Stim- men wurden Heinrich als Bundes- vorsitzender des NAV-Virchow- Bundes und Dr. med. Veit Wam- bach als sein Stellvertreter in ihren Ämtern bestätigt. Den Vorstand komplettieren der Berliner Internist Dipl.-Med. Mathias Coordt (52), die Hallenser Gynäkologin Dr.med. Kerstin Jäger (56), der Esse- ner Gefäßchirurg Fritz Stagge (60), der Kölner Facharzt für Hals-Na- sen-Ohrenheilkunde Dr. med. Dr.
vet. med. Rainer Broicher (49) und der Duisburger Internist Dr. med.
Helmut Gudat (60). Als Ziele für seine neue Amtszeit nannte Hein- rich die Verbesserung der Arbeits- bedingungen für ambulant tätige Ärzte und die Einführung fester Preise für ärztliche Leistungen.
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Falk Osterloh Dirk Heinrich wur-
de mit großer Mehr- heit erneut zum Bundesvorsitzenden des NAV-Virchow- Bundes gewählt. In den kommenden vier Jahren will er sich vor allem für die Einführung fes- ter Preise einsetzen.
Foto: Svea Pietschmann