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Archiv "E-Mail " (12.05.2000)

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A-1257 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 19, 12. Mai 2000

Wie sagen immer die Al- ten: „Wir konnten doch nicht anders.“

Dr. med. Wolfgang Lenze, Normannenstraße 4, 33647 Bielefeld

Auf Zeitzeugen hören

Es ist sicher und nie be- stritten worden, dass Prof.

Ibrahim, wie auch andere deutsche Pädiater in der Na- zizeit, Kinder, die (insbeson- dere wegen ihrer Behinde- rung) von der Diktatur be- droht wurden, geschützt und bewahrt hat. Es ist ebenso zweifelsfrei, dass derartige Rettungsversuche für die Retter in höchstem Maße le- bensgefährlich waren. Daher bedurften sie sorgfältig ge- wählter Wege und Vorge- hensweisen, von denen einige bekannt geworden sind. Ein solcher Weg bestand zum Beispiel darin, dass ein in der Klinik befindliches Kind, des- sen Gefährdung erkannt wor- den war, dem Zugriff der Staatsorgane durch Verle- gung in ein anderes Kranken- haus unter Verwischung des Weges entzogen und von dort in möglichst sichere Obhut entlassen wurde. Dass der wirkliche Grund der Verle- gung nicht beim Namen ge- nannt werden konnte, ist klar, deshalb musste man den Hin- weis auf die Gefährdung in ei- ner für Spitzel unverfängli- chen Art formulieren und vereinbarte Codes verwen- den. Es ist bekannt, dass sich Ibrahim ähnlicher Methoden bedient hat. Auf diese Weise konnten manche Kinder ge- rettet werden.

Um die Ziele der in der Klinik auftauchenden Kom- missionen oder Gutachter zu

erkennen, bedurfte es sicher- lich großer Aufmerksamkeit.

Nur so konnte man, falls man erkannte, dass sie ein Kind für die Euthanasie vormerk- ten, sogleich einen Vermerk darüber im Krankenblatt an- bringen. Man stiftete dadurch bei den Nazi-Institutionen Verwirrung, gleichzeitig aber wurde deren Maßnahme da- durch behindert, dass die an- gestrebte strenge Geheimhal- tung durch den Eintrag durchbrochen und Öffent- lichkeit hergestellt wurde.

Dass dies bei den Nazi-Insti- tutionen unerwünscht war, zeigt die im Artikel zitierte Beschwerde des Leiters der Euthanasiemaßnahmen über derartige Eintragungen in Krankenblättern der Univer- sitäts-Kinderklinik Jena an den damaligen Rektor der Universität Jena, Prof. Astel (der als Parteigänger der Na- zis bekannt war).

Es klingt absurd, dass ge- rade Teile der Hilfsmaßnah- men, die zur Rettungsaktion eingesetzt wurden, heute ge- gen die Retter als Indiz für ih- re Tötungsbeteiligung ver- wendet werden. Es muss schlimm um die Auseinan- dersetzung mit der Nazizeit in Deutschland bestellt sein, wenn man sich heute, mehr als ein halbes Jahrhundert nach Beendigung dieser ent- setzlichen Diktatur, noch eher auf Aussagen oder Schrift- sätze von Nazifunktionären stützt, als Berichten von Zeit- zeugen und Betroffenen der Naziverbrechen Glauben zu schenken, und dass Men- schen, die damals unter Ein- satz ihrer Existenz und ihres Lebens Menschen gerettet haben, heute als Mordhelfer diffamiert werden.

S P E K T R U M LESERBRIEFE

E-Mail

Briefe, die die Redaktion per E-Mail erreichen, wer- den aufmerksam gelesen. Sie können indessen nicht ver- öffentlicht werden, es sei denn, sie würden ausdrücklich als „Leserbrief“ bezeichnet. Voraussetzung ist ferner die vollständige Anschrift des Verfassers (nicht die bloße E-Mail-Adresse). Die Redaktion behält sich ohne weite- re Mitteilung vor, E-Mail-Nachrichten, die als Leserbrief erscheinen sollen, zu kürzen. DÄ

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Vielleicht werden die Menschen in den nächsten zwei Jahrtausenden fähig werden, eine Mentalität zu überwinden, die gute Men- schen zu vernichten sucht, weil sie ihr zu groß sind.

Prof. Dr. med. Harald Haupt, Marienburger Ufer 23 a, 47279 Duisburg

Umweltmedizin

Zu dem Medizin-Beitrag „Psychisch Kranke in der Umweltmedizin“ von Dr. Hanns Rüdiger Röttgers, M. A., in Heft 13/2000:

Leider nicht anerkannt

Ich bin nur Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin und in einer freien Praxis tätig. Nicht, weil ich es so will, sondern weil die Umweltme- dizin von den Krankenkassen nicht anerkannt wird und die guten Kassenärzte aus unse- rer Arbeit eine Gewinn-Be- einträchtigung erwarten.

Ich habe 1999 einen Be- trag von etwa 24 000 DM er- wirtschaftet und musste da- von meine Praxis unterhalten und eine Familie versorgen – wir dürfen ja keine Werbung betreiben. Dass dies selbst bei größter Sparsamkeit nicht gehen kann und sich durch die Tücken der grün- sozialdemokratischen Steu- erwucherei zum absoluten Problem aufschaukelt, ist si- cher kein Geheimnis. Und dass es trotzdem geht, mag sich damit begründen, dass ich so ganz nebenbei Tiere schnitze und wunderschöne Geigen baue und gelegent- lich dafür Interessenten fin- de. So kann ich mir als Schnitzer und Geigenbauer auch das Hobby leisten, Arzt für Hygiene und Umweltme- dizin zu sein. Und was das nun bedeutet, will ich an ei- nem Beispiel belegen:

Eine Patientin (28 Jahre) wurde wegen psychisch-neu- rologischer Auffälligkeit und Muskelschmerzen von ihrem Dienstherrn fristgerecht ent- lassen und von den Kas- senärzten so nach dem Tenor

„wer möchte noch was ver-

dienen“ durch Fach-Kliniken gereicht. Es wurden Proben aus Geweben entnommen und dolle neurologische Tests durchgeführt. Der errechnete Kostenaufwand dürfte wohl bei weit über 30 000 DM lie- gen. Mir wurde sie quasi als abschließendes Alibi für den psychiatrischen Notfall vor- gestellt. Bei genauer Erhe- bung der Anamnese stellte sich sehr schnell eine Pyre- throid-Sensibilisierung her- aus, die auch im Urintest sehr einfach zu belegen war. Ko- stenpunkt des von der Patien- tin getragenen freien Gutach- tens 120 DM. Den Urintest

„bezahlte“ der Hausarzt. Es war wirklich sehr einfach, da die Patientin in einem Blu- mengeschäft als Floristin ar- beitete. Und damit ist doch deutlich belegt, dass wir in Deutschland eine Umwelt- medizin gar nicht brauchen können. – Es begründet aber auch, warum die Menschen solche Meinung vom Luxus- leben der Ärzte haben.

Med.-Rat Dr. med. Kretsch- mer, Haasenweg 3, 09618 Brand-Erbisdorf

Andere Diagnosen

Der Beitrag liefert eine differenzierte Beschreibung der Klientel umweltmedi- zinischer Ambulanzen in Deutschland und betont die Bedeutung psychischer Stö- rungen in diesem Patienten- kollektiv. Nach den Erfah- rungen des Autors scheinen am häufigsten hypochondri- sche und konversionsneuro- tische Erkrankungen vorzu- liegen. Im Rahmen eines Ko- operationsprojektes mit der Umweltmedizinischen Am-

A-1258 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 19, 12. Mai 2000

S P E K T R U M LESERBRIEFE

Absenderangabe

Der Redaktion ge- hen immer wieder Briefe mit unvollständiger Ab- senderangabe zu. Des- halb unsere Bitte: Ver- merken Sie neben Ihrem Namen auch Ihre voll- ständige Adresse auf dem Briefbogen. DÄ

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A-1260 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 19, 12. Mai 2000

S P E K T R U M LESERBRIEFE/BÜCHER

bulanz an der Toxikologi- schen Abteilung am Klini- kum rechts der Isar der TU München haben wir in den vergangenen Jahren mehr als 200 Patienten mit um- weltassoziierten Beschwerden standardisiert psychiatrisch (Strukturiertes Klinisches In- terview für DSM-IV) unter- sucht. Etwa 80 Prozent unse- rer Patienten wiesen psychi- sche Störungen auf. Dabei handelte es sich in erster Li- nie um somatoforme Störun- gen wie Somatisierungs- oder Schmerzstörung, affektive und Angststörungen. Nur in wenigen Einzelfällen ließ sich die Diagnose einer Kon- versionsstörung beziehungs- weise einer Hypochondrie stellen (zur Publikation ein- gereicht). Die Tatsache, dass in unserem Kollektiv andere Diagnosen vorherrschen als im Patientengut des Autors, mag an einer unterschiedli- chen Patientenstruktur lie- gen, könnte aber auch mit den Unterschieden in der dia- gnostischen Herangehenswei- se zu tun haben (klinischer Eindruck versus strukturier- tes Interview).

Dr. med. Susanne Bornschein, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der TU Mün- chen, Ismaninger Straße 22, 81675 München

Österreich

Zu dem Beitrag „Ärzte nicht isolie- ren“ von Nils Bergemann in Heft 13/2000:

Solidarität bekunden

Die Stimmung, die zur Zeit gegen Österreich ge- schürt wird, ist alarmierend.

Was treibt die EU, ein Land, das eine demokratisch ge- wählte Regierung hat, mit ei- ner derartigen Kampagne zu überziehen? Herr Prodi hat es deutlich gesagt: „Alle, die sich nicht fügen, haben mit ähnlichen Maßnahmen zu rechnen.“ Herr Dr. Fried- mann weiß genau, dass der Boykott nicht nur die Regie- rung selektiv treffen kann, sondern er trifft das ganze

österreichische Volk. Die Kampagne soll natürlich auch die Ärzte isolieren. Ich möchte als deutscher Kinder- arzt meine Solidarität mit dem österreichischen Volk und den österreichischen Kollegen bekunden. Ich wer- de meine Freundschaft zu den Kollegen in Österreich nicht abbrechen, und ich wer- de weiter sehr gern nach Österreich reisen. Als freier Bürger erwarte ich, dass sich die Genossen der Sozialisti- schen Internationale wie Pro- di, Guterres, Chirac usw. bei dem österreichischen Volk entschuldigen. Auch vom DÄ erwarte ich eine klare Stellungnahme zu den un- demokratischen, rechtswidri- gen Boykottmaßnahmen der EU gegen die Ärzte in Öster- reich.

Dr. med. Andreas Bau, Her- thastraße 12, 22179 Hamburg

Armutszeugnis

Meines Erachtens ist es ein Armutszeugnis für die internationale Ärzteschaft, wenn sie sich für einen politi- schen Boykott missbrauchen lässt. Es empört mich, dass ausgerechnet Prof. Ludwig, als Österreicher, sein Land als Veranstaltungsort für wissen- schaftliche Kongresse aus- schließt und damit in voraus- eilendem Gehorsam dem lin- ken EU-Filz Rechnung trägt.

Gerade weil wir Ärzte eine gesellschaftliche Verantwor- tung haben, dürfen wir nie- manden wegen seiner Staats- oder Religionszugehörigkeit ausgrenzen. Gerade weil wir uns als Ärzte gegen jedes Un- recht wenden, unabhängig von wem es verübt wird, dür- fen wir uns nicht zum Spiel- ball politischer Machenschaf- ten machen. Dies sollte Herr Friedmann zur Kenntnis neh- men. Wir haben aus der Ge- schichte gelernt und brauchen seine Belehrung nicht.

Österreich bleibt weiter- hin für internationale Kon- gresse ein guter und char- manter Gastgeber.

Dr. med. Marianne Winter- stein, Ludwig-Wilhelm-Straße

NS-Geschichte

Verfolgte Ärzte

Verfolgte Ärzte im National- sozialismus. Dokumentation zur Ausstellung über das SA-Gefäng- nis General-Pape-Straße. Robert Koch-Institut, Berlin, 1999, 71 Seiten, kartoniert

Dort wo heute das Robert Koch-Institut an der General- Pape-Straße in Berlin-Tempel- hof zwei Gebäude nutzt, be- fand sich 1933 ein Gefängnis der SA. Als im März 1933 die

Gegner des NS-Regimes in

„Schutzhaft“ genommen wur- den, richtete die SA dort eine der vielen Folterstätten ein.

Auch Ärzte gehörten zu den frühen Opfern. Erst 1992 wur- den die Kellerräume des Ge- fängnisses durch den Hinweis eines Zeitzeugen wiederent- deckt. Ausstellung und Be- gleitdokumentation des Ro- bert Koch-Instituts wollen an die hier inhaftierten Ärzte und Gesundheitspolitiker erinnern.

Die Ausstellung rekonstruiert ihre Lebenswege vor 1933 und – sofern sie überlebten – nach 1945. Deutlich wird, dass viele sozialmedizinische Ansätze, die im Berliner Gesundheits- wesen während der Weimarer Republik verwirklicht worden waren, von den Nationalsozia- listen zerschlagen wurden.

Die Ausstellung in der General-Pape-Straße ist von Montag bis Freitag zwischen 9 und 15 Uhr zugänglich. Die Bestelladresse für die kosten- freie Begleitdokumentation lautet: Robert Koch-Institut, General-Pape-Straße 62–66,

12101 Berlin. EB

Kardiologie

Prägnant und präzise

Martin Kaltenbach (Hrsg.):

Kardiologie kompakt.Dr. Diet- rich Steinkopff Verlag, Darm- stadt, 2000, XVI, 368 Seiten, kar- toniert, 69 DM

Mehrere umfangreiche Darstellungen und Lehrbü- cher liegen heute zum Thema Kardiologie in Englisch und Deutsch vor. Kurz gefasste Darstellungen sind selten.

Umso mehr überrascht das vorliegende Buch: Es enthält alle wesentlichen Aspekte der aktuellen Kardiologie, von der Klinik über die apparative Diagnostik bis hin zu den ver- schiedenen Krankheitsbildern einschließlich der Gefäßer- krankungen des Gehirns und der peripheren Gefäße. Alle wichtigen Therapieprinzipien werden dargestellt, bemer- kenswert ein eigenes Kapitel zum Thema Herz-Kreislauf-

Erkrankungen und Sport, das im deutschsprachigen Raum eher stiefmütterlich behandelt wird. Hervorzuheben ist ein eigenes, vorzüglich geschrie- benes Kapitel zur Molekular- biologie bei kardialen Erkran- kungen. Diese Subspezialität nimmt inzwischen einen ho- hen Stellenwert innerhalb der Kardiologie ein.

Alle Kapitel sind prägnant und präzise verfasst; sie lie- fern in der Tat kompaktes Wissen für alle, die an der Kardiologie interessiert sind.

Wenn man Kritik üben will, dann daran, dass bei der Lite- ratur wichtige Standardwerke und Übersichtsartikel fehlen oder nicht ausreichend zu er- kennen sind. Hier wäre – eventuell als eigenes Kapitel – eine kurze Zusammenstel- lung der aktuellen Lehr- bücher zum Thema hilfreich.

In dieser Form wäre eine re- gelmäßig aktualisierte Dar- stellung ein Gewinn.

Herbert Löllgen, Remscheid

Referenzen

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